1901 wirkte Külz zunächst als Stadtschreiber in Zittau, ab 1903 als stellvertretender Bürgermeister von Meerane. Von 1904 bis 1912 war er Bürgermeister (ab 1909 Oberbürgermeister) von Bückeburg. Er wurde in den Landtag von Schaumburg-Lippe gewählt, dem er von 1906 bis 1912 angehörte, und bekleidete ab 1910 das Amt des Landtagspräsidenten.[3]
1907 wurde Külz außerdem zum Reichskommissar für Selbstverwaltung in Deutsch-Südwestafrika berufen und war ein Jahr in Afrika. Die dort 1909 eingeführte Kommunalverwaltung wurde von ihm entworfen. 1912 wurde Wilhelm Külz zum Oberbürgermeister von Zittau gewählt. Külz diente vier Jahre bei der sächsischen Armee[4] im Ersten Weltkrieg und wurde als Major der Reserve demobilisiert. 1923 wechselte er als 2. Bürgermeister nach Dresden, wo er für die Stadtfinanzen verantwortlich war.
Abgeordneter, Reichsinnenminister und Stadtverordneter
Im Januar 1926 wurde er zum Reichsinnenminister im Kabinett des Kanzlers Hans Luther berufen. Diese Position behielt er auch im folgenden Kabinett unter der Führung des Zentrumspolitikers Wilhelm Marx bis zu dessen Sturz im Dezember desselben Jahres bei.
Bei den Wahlen zum Dresdner Stadtverordnetenkollegium am 17. November 1929 errang Külz ein Mandat. Die DDP erhielt hierbei insgesamt fünf Sitze von insgesamt 75.[5]
Als Reichskommissar für die Pressa in Köln 1928 und die Internationale Hygiene-Ausstellung Dresden 1930 oblagen ihm überregionale Koordinierungsaufgaben. In letzterer, die der wissenschaftlichen Leitung von Marta Fraenkel unterstand, sah er einen großen lehrreichen Beitrag zur „Volksgesundheitspflege“ und würdigte dabei die regionale und internationale Arbeit des Deutschen Hygiene-Museums anlässlich der Eröffnung seines neuen Gebäudekomplexes im Jahre 1930.[6] Als späterer Oberbürgermeister Dresdens hatte er für die verlängerte Ausstellung im Jahr 1931 eine noch umfassendere Verantwortung.
Oberbürgermeister von Dresden
Am 9. Februar 1931 wurde Külz mit 36 von 70 abgegebenen Stimmen im Stadtverordnetenkollegium zum Oberbürgermeister von Dresden gewählt.[7] Da er sich lange weigerte, unliebsame Mitarbeiter und Mandatsträger zu entlassen, und im März 1933 ablehnte, die Hakenkreuzflagge auf dem Rathaus zu hissen, wurde er vom ReichskommissarManfred von Killinger am 14. März 1933 des Amtes enthoben.[8] 1935 zog er nach Berlin-Wilmersdorf, arbeitete als Rechtsanwalt und Mitarbeiter von Wirtschaftsverbänden und pflegte Kontakte zu verschiedenen Widerstandskreisen.
Bereits nach einem Dreivierteljahr scheiterte der Versuch einer zonenübergreifenden Partei an der Teilnahme der LDP am von der SED dominierten 1. Deutschen Volkskongress für Einheit und gerechten Frieden. Külz wollte der SED auf dem Kongress das Feld nicht allein überlassen. Stattdessen wollte er als Vertreter der zweitstärksten Partei in der sowjetischen Besatzungszone eigene Akzente setzen.[9] Der LDP-Hauptausschuss am 6. Januar 1948 in Weimar diskutierte darüber kontrovers, stellte sich aber mehrheitlich hinter seinen Vorsitzenden.[10]
Von der DPD-Vorstandssitzung am 18. Januar 1948 in Frankfurt am Main wurde Külz ausgeladen.[11] Heuss warf der LDP dort vor, mit der Beteiligung am Volkskongress habe sie sich „für die russische Auffassung von der Einheit Deutschlands“ entschieden.[12][13] Der Vorstand verabschiedete ein Pressekommuniqué, das der LDP nahegelegte, personelle Folgerungen zu ziehen.[14] LDP-Geschäftsführer Arthur Lieutenant erklärte, dass für die Ost-Liberalen unter diesen Umständen eine „Weiterarbeit … zunächst unmöglich“ sei.[15] Das war das faktische Ende der DPD. Eine formale Auflösung gab es nicht. Nach Külz’ Tod am 10. April 1948 gab es keine Nachwahl eines Vorsitzenden.
Sein Zwillingsbruder war der Tropenarzt und Hochschullehrer Ludwig Külz. Sein Sohn Helmut R. Külz (1903–1985) war für die LDP in den Jahren 1946 bis 1948 Justizminister des Landes Thüringen und gehörte nach seiner Flucht in die Westzonen von 1953 bis 1971 dem Bundesverwaltungsgericht als Senatspräsident an. Gemeinsam mit seiner Frau Erna und seinem Sohn Helmut fand Wilhelm Külz seine letzte Ruhestätte auf dem Friedhof Wilmersdorf.[16]
Ehrungen
1925 erhielt er die Ehrensenatorwürde der TH Dresden.
In Dresden wurden nach dem Zweiten Weltkrieg die beiden Abschnitte des inneren Rings, die an seiner früheren Wirkungsstätte als Oberbürgermeister vorbeiführen (ehem. Johannesring und Friedrichsring), in Dr.-Külz-Ring umbenannt, diese Adresse hat auch das Dresdner Rathaus.
Als Kommunalpolitiker, Demokrat und Antifaschist wurde Külz in mehreren sächsischen Städten durch Orts- und Straßennamen geehrt. Im Zuge antikolonialistischer und antirassistischer Debatten sind diese Ehrungen lokal in Zweifel geraten. So versuchten die Grünen in Dresden im Jahr 2020, eine Umbenennung der Straße Dr.-Külz-Ring zu erreichen. Als Begründung wird seine Rolle als Reichskommissar in der Kolonie Deutsch-Südwestafrika genannt, womit er für Kolonialismus und Rassismus stehe. Die Initiative Dresden-Postkolonial nannte Külz „eine zwiespältige Person, da sie sich zwar gegen die Nationalsozialisten zur Wehr setzte, jedoch eng mit dem deutschen Kolonialismus verstrickt war“. Er sei ein „begeisterter Propagandist“ gewesen. Dem wird insbesondere aus der Wilhelm-Külz-Stiftung widersprochen: Dafür gebe es keine Belege, Külz sei sogar als zu freundlich gegenüber den Einheimischen angegriffen worden, und er habe sich für das Wohl des Landes eingesetzt.[20][21][22]
Külz war insofern tatsächlich „Propagandist“, weil er sich öffentlich gegen die anschwellende innenpolitische Kritik gegen das deutsche Kolonialengagement stemmte. Belegt werden kann, dass sich Külz in Schriften und auf Vortragsreisen nicht nur für die weitere Besiedlung und wirtschaftliche Erschließung Namibias aussprach und sich der damals üblichen abwertenden Begriffe für Indigene bediente („Hottentotten“, „Kaffer“, „Neger“ u. a.), sondern sich deutlich für ein abgrenzendes „Rassebewusstsein“ deutscher Siedler und scharf gegen Mischehen aussprach. Darum warb er – ganz im Sinne der Position des Frauenbunds der Deutschen Kolonialgesellschaft – für die verstärkte Ansiedlung deutscher Frauen in der Kolonie.[23] „Sie würden veredelnd wirken. Vor allem aber würden die vielen Mischehen aufhören. Zahllos sind die Mischlinge, die fast durchweg entartet sind und eine Gefahr vorstellen. Diese Kolonie muss in diesem Sinne erst germanisch werden“, wurde Külz bei einem Vortrag in Halle 1910 zitiert.[24]
Schriften
Leben und Streben des Akademischen Gesangvereins Arion während der 50 Jahre seines Bestehens. Festschrift zum 50jährigen Jubiläum. Allen Arionen gewidmet von einem Alten Herrn. Leipzig 1899.
Deutsch-Südafrika im 25. Jahre deutscher Schutzherrschaft. Süsserott, Berlin 1909.
Die Gemeindepolitik der Deutschen Demokratischen Partei. Demokratischer Verlag, Berlin o. J. (1920).
Deutsche Wiedergeburt. Parteileitung d. Liberal-Demokratischen Partei Deutschlands, Berlin o. J. (1947).
Aus Reden und Aufsätzen. Hrsg. von Manfred Bogisch, Buchverlag Der Morgen, Berlin 1984.
Ein Liberaler zwischen Ost und West: Aufzeichnungen 1947–1948. Hrsg. von Hergard Robel, Oldenbourg, München 1989, ISBN 3-486-54101-3.
Literatur
Gabriele Baumgartner: Külz, Wilhelm. In: Gabriele Baumgartner, Dieter Hebig (Hrsg.): Biographisches Handbuch der SBZ/DDR 1945–1990. Band1. K. G. Saur, München 1996, ISBN 3-598-11176-2, S.448f.
Armin Behrendt: Wilhelm Külz. Aus dem Leben eines Suchenden. Der Morgen, Berlin 1968.
Christel Hermann: Oberbürgermeister der Stadt Dresden Wilhelm Külz. In: Stadtmuseum Dresden (Hrsg.): Dresdner Geschichtsbuch. Band 5. Selbstverlag, Altenburg 1999, S. 138–149.
Wolfgang Hofmann: Wilhelm Leopold Friedrich Külz (1875–948) In: Kurt G. A. Jeserich, Helmut Neuhaus (Hrsg.): Persönlichkeiten der Verwaltung. Biographien zur deutschen Verwaltungsgeschichte 1648–1945. Kohlhammer, Stuttgart 1991, ISBN 3-17-010718-6, S. 337–340.
Jörg Meyer zu Altenschildesche: Vom Monarchisten zum liberalen Demokraten – Der Politiker Wilhelm Külz (1875–1948). In: Liberal. 33. Jg., 1993, Heft 3, S. 78–85.
Wolfgang Mischnick: Erinnerungen an Wilhelm Külz. Wilhelm-Külz-Stiftung, Dresden 1995.
Gerhard Papke: Die Nachkriegspolitik von Wilhelm Külz – Aspekte einer Neubewertung. In: Tilman Mayer (Hrsg.): „Macht das Tor auf“. Jakob-Kaiser-Studien. Spitz, Berlin 1996, ISBN 3-87061-529-X, S. 67–94.
Helmut Stubbe da Luz: Wilhelm Külz – Stadtoberhaupt im Duodezfürstentum. In: Das Rathaus. Zeitschrift für Kommunalpolitik. 36 Jg., 1983, S. 61–64.
Thorsten Tonndorf: Die Politiker-Karriere des Wilhelm Külz bis zur Errichtung der nationalsozialistischen Diktatur. In: Sächsische Heimatblätter. 41. Jg., 1995, Heft 1, S. 28–35.
Helge Bei der Wieden: Wilhelm Külz als Oberbürgermeister von Bückeburg. In: Schaumburg-Lippische Mitteilungen. Nr. 21, 1971, S. 107–126.
Wilhelm-Külz-Stiftung (Hrsg.): Wilhelm Külz – ein sächsischer Liberaler. Kolloquium der Wilhelm-Külz-Stiftung am 4. April 1998 anläßlich des 50. Todestages von Wilhelm Külz im Stadtmuseum Dresden. Wilhelm-Külz-Stiftung, Dresden 1999.
↑Immo Eberl, Helmut Marcon (Bearb.): 150 Jahre Promotion an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Tübingen. Biographien der Doktoren, Ehrendoktoren und Habilitierten 1830-1980 (1984). Stuttgart 1984, S. 53 (Nr. 164).
↑Helge Dvorak: Biographisches Lexikon der Deutschen Burschenschaft. Band I: Politiker. Teilband 7: Supplement A–K. Winter, Heidelberg 2013, ISBN 978-3-8253-6050-4, S. 611.
↑Hubert Höing (Hrsg.): Schaumburger Profile. Verlag für Regionalgeschichte, Bielefeld 2008, S. 184.
↑Statistisches Amt der Stadt Dresden (Hrsg.): Die Verwaltung der Stadt Dresden 1930. Dresden 1931, S. 10–11.
↑Wilhelm Külz: Der Menschheitsgedanke der Intern. Hygiene-Ausstellung. In: Internationale Hygiene-Ausstellung Dresden 1930. Amtlicher Führer. Dresden 1930.
↑Statistisches Amt der Stadt Dresden (Hrsg.): Die Verwaltung der Stadt Dresden 1930. Dresden 1931, S. 5.
↑Gunda Ulbricht: Errichtung der NS-Herrschaft. In: Holger Starke (Hrsg.): Geschichte der Stadt Dresden. Band 3: Von der Reichsgründung bis zur Gegenwart. Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 2006, ISBN 978-3-8062-1928-9, S. 413–424, hier S. 416, 419.
↑Karl-Heinz Grundmann (Hrsg.): Zwischen Verständigungsbereitschaft, Anpassung und Widerstand. Die Liberal-Demokratische Partei Deutschlands in Berlin und der Sowjetischen Besatzungszone 1945–1949. FDP-Bundestagsfraktion, Bonn 1978, S. 99 ff., 105.
↑Wolfgang Hoffmann: Versuch und Scheitern einer gesamtdeutschen demokratischen Partei 1945–1948. Buchverlag Der Morgen, Berlin 1965, S. 171 f.
↑Über die Wilhelm Külz-Stiftung. Wilhelm-Külz-Stiftung, abgerufen am 19. August 2022: „Die Wilhelm-Külz-Stiftung ist liberalen Grundwerten verbunden. Sie ist eine ausschließlich gemeinnützigen Zwecken dienende, rechtsfähige Stiftung des bürgerlichen Rechts.“
↑Wilhelm-Külz-Stiftung. Wilhelm-Külz-Stiftung, abgerufen am 19. August 2022: „Ausgehend von der Notwendigkeit nach sechs Jahrzehnten Diktatur und einer die persönliche Freiheit des Einzelnen unterdrückenden und entmündigenden Politik, den Liberalismus als geistige und politische Kraft auch in Sachsen zu neuem Leben zu erwecken und zu stärken, haben mit Sachsen verbundene liberale Persönlichkeiten die Wilhelm-Külz-Stiftung als Einrichtung für die politische Erwachsenenbildung ins Leben gerufen.“
↑Walgenbach, Katharina. „Rassenpolitik und Geschlecht in Deutsch-Südwestafrika (1907-1914“. In: Frank Becker (Hg.), Rassenmischehen - Mischlinge - Rassentrennung : zur Politik der Rasse im deutschen Kolonialreich [Tagung vom 8.–10. Oktober 2003 in der Akademie Franz-Hitze-Haus in Münster], Beiträge zur Europäischen Überseegeschichte Bd. 90. Stuttgart, Franz Steiner Verlag 2004, S. 167. Bezug zu Quelle: Wilhelm Külz, Kolonie und Heimat, Jg. 3, Nr. 8, S. 8.
↑May, Richard. „Hallescher Kolonial-Verein“. Saale-Zeitung Bd. 44, Nr. 188, 23. April 1910, Beiblatt 1 Digitalisat MLU, Volltext