Titan wird heute üblicherweise zu den Leichtmetallen gezählt. Mit einer Dichte von 4,50 g/cm3 bei Raumtemperatur ist es das schwerste Element dieser Kategorie und liegt damit nahe an der heute meist verwendeten Grenze zwischen Leicht- und Schwermetallen von 5 g/cm3.
In der Erdkruste gehört Titan zu den zehn häufigsten Elementen, kommt jedoch fast ausschließlich chemisch gebunden als Bestandteil von Mineralen vor. Nur in wenigen Lagerstätten ist das Auftreten von elementarem Titan nachgewiesen.
Titan wurde 1791 in England von dem Geistlichen und Amateurchemiker William Gregor im Titaneisen entdeckt. Nur zwei Jahre nach der Veröffentlichung von Gregors Entdeckung trennte der deutsche Chemiker Martin Heinrich Klaproth von einer in Boinik (Ungarn) gefundenen Probe roten Schörls das Mineral Rutil (TiO2) ab. Als er seine Ergebnisse 1795 veröffentlichte, verwies er auf Gregors Arbeit und die Ähnlichkeit des von ihm gefundenen Oxids und bezeichnete Gregors Mineral als „Eisenhaltiges Titanit aus Cornwall“. Er gab damit dem Element – angelehnt an das griechische Sagengeschlecht der Titanen – seinen heutigen Namen.[12][13][14]
Es gelang jedoch erst im Jahre 1831 Justus von Liebig, aus dem Erz unreines metallisches Titan in Form eines dunkelvioletblauen Pulvers oder von zusammenhängenden kupferglänzenden Blättern zu gewinnen.[15][16]
Die Herstellung von reinem Titan gelang erstmals 1875 dem russischen Chemiker Dmitri Kirillowitsch Kirillow.[12][17] Seine Veröffentlichung unter dem Namen „Forschungen über Titan“ (russischИсследования над титаном), in dem er die Ergebnisse seiner Experimente zur Isolierung von reinem Titan behandelte, blieb jedoch unbeachtet. Im Jahr 1887 gelang Lars Fredrik Nilson (Entdecker des Elements Scandium) und Otto Pettersson (Chemieprofessoren an der Universität Uppsala bzw. der Universität Stockholm, alle Schweden) die Herstellung von Titan mit einer Reinheit von 95 Prozent, indem sie Titantetrachlorid mit Natrium in einem luftdichten Stahlzylinder reduzierten. Dabei entstanden gelbe Schuppen mit bläulicher Oberfläche. Der französischen Chemiker Henri Moissan veröffentlichte 1895 ein Verfahren, mit dem er Titan mit einer Reinheit von 97 % gewinnen konnte.[12][18] Zu 99,9 % reines Titan stellte 1910 erstmals Matthew A. Hunter (1878–1961) mit dem Hunter-Verfahren her, indem er in einer Stahlbombe Titantetrachlorid (Titan(IV)-chlorid) mit Natrium auf 700 °C bis 800 °C erhitzte. Doch auch seine gewonnene Materialprobe war durch vorhandene Verunreinigungen bei normalen Temperaturen spröde und ließ sich nur bei Rotglut gut formen.[19][12] Erst 1925 konnten Anton Eduard van Arkel und Jan Hendrik de Boer mit Hilfe des Van-Arkel-de-Boer-Verfahrens Titan von hoher Reinheit darstellen, welches sich als auffällig duktil zeigte.[20]
Ende der 1930er Jahre entwickelte William Justin Kroll schließlich ein für die Technik geeignetes Verfahren, den sogenannten Kroll-Prozess, das 1940 patentiert wurde.[21] In der Folge konnte durch Einführung der großtechnischen Reduktion von Titantetrachlorid mit Magnesium das Titan für kommerzielle Anwendungen erschlossen werden. Die erste Pilotanlage welche Stücke von 100 lb (45 kg) produzieren konnte, wurde 1944 in Boulder City, Nevada, USA, errichtet.[14]
In den Vereinigten Staaten stiegen Ende der 1940er/Anfang der 1950er Jahre mehrere Unternehmen mit starker staatlicher Unterstützung in das Titangeschäft ein. So steigerte eine 1947 von DuPont errichtete Pilotanlage die Produktion bis 1952 auf 800 t Titanschwamm pro Jahr. Im Vereinigten Königreich begann die ICI 1948 mit der Produktion von Titanschwamm. In Kontinentaleuropa wurde das Schmelzen und die Herstellung von Barren etwa 1955 begonnen und durch Unternehmen in Frankreich, Deutschland und Schweden durchgeführt. Die Geburtsstunde der sowjetischen Titanindustrie war das Jahr 1950 und die Produktion von Titanschwamm nach dem Kroll-Prozess begann im Jahr 1954. Auch in Japan begann ab 1952 die Produktion von Titanschwamm.[22]
In den frühen 1950er Jahren wurden Titanlegierungen mit verbesserten Eigenschaften durch Zusatz von Aluminium, Mangan und Vanadium entdeckt. So die Legierungen Ti-8Mn, Ti-4Al-4Mn (1951) und die viel verwendete Legierung Ti-6Al-4V (1954), die von Crucible Steel patentiert und zuerst im Triebwerk Pratt & Whitney J57 für die Lockheed U-2 eingesetzt wurde. Die erste Beta-Legierung, B120VCA (Ti-13V-11Cr-3Al), wurde ebenfalls von Crucible Steel entwickelt und in großem Umfang für das Aufklärungsflugzeug SR-71 (1955) verwendet. Siliziumzusätze für den Einsatz bei höheren Temperaturen wurden 1956 in Großbritannien eingeführt. Im Rolls-RoyceAvon-Triebwerk wurde bereits ab 1954 Ti-2Al-2Mn verwendet. Zur etwa gleichen Zeit fand Titan als Material in korrosiven Umgebungen und für medizinische Implantate Anwendung.[22]
Seit diesen Jahren stieg die Produktion von Titanlegierungen für Flugzeuge stark an und erreichte zwischen 2003 und 2007, mit der Einführung des Airbus A380, des Joint Strike Fighter (JSF, F-35) und der Boeing 787 (sowie den militärischen Konflikten im Irak und in Afghanistan), einen Höchstwert.[22]
Vorkommen und Abbau
Titan kommt in der Erdkruste kaum in elementarer, d. h. metallischer Form, sondern beinahe ausschließlich als Bestandteil von chemischen Verbindungen vor. Es ist keineswegs selten, steht es doch mit einem Gehalt von 0,565 % an 9. Stelle der Elementhäufigkeit in der kontinentalen Erdkruste.[23] Meist ist es nur in geringer Konzentration vorhanden.
Die wichtigsten Minerale, die Titan enthalten, sind aufgrund dessen hoher Sauerstoffaffinität oxidische Verbindungen wie:
Die bekannten Hauptvorkommen liegen in Australien, China, Norwegen, Indien, Russland, Ukraine, Brasilien, Kanada und Südafrika. Im Jahr 2010 wurden auch in Paraguay Lagerstätten entdeckt[24], die aber bisher kaum genutzt werden. 2020 wurden weltweit 8,4[25] bis 8,6[26] Millionen Tonnen Titan (gemessen als TiO2) abgebaut. Hauptabbauland war China, weitere große Abbauländer waren Australien, Mosambik, Südafrika, Kanada und die Ukraine. 90 % der abgebauten Titanminerale waren dabei Ilmenit und der Großteil wurde zur Erzeugung von TiO2-Pigmenten für Farbstoffe, Papier und Kunststoffe verwendet. In den USA betrug dieser Anteil 2021 95 %, aus den restlichen 5 % wurden Überzüge für Schweißstäbe, Carbide, Chemikalien oder metallisches Titan hergestellt.[26] Titan steht auf der Liste kritischer Rohstoffe der USA[27] und wurde 2020 auch von der EU neu in die Liste kritischer Rohstoffe aufgenommen.[28]
Meteoriten können Titan enthalten. In der Sonne und in Sternen der Spektralklasse M wurde ebenfalls Titan nachgewiesen. Auf dem Erdmond sind ebenso Vorkommen vorhanden.[29][30] Gesteinsproben der Mondmission Apollo 17 enthielten bis zu 12,1 % Titan(IV)-oxid. Auch in Kohleaschen und Pflanzen ist es enthalten.
Reines, metallisches Titan kommt in Lagerstätten kaum vor und wird deshalb aus Titaneisenerz (Ilmenit) oder Rutil gewonnen. Der dabei verwendete Herstellungsprozess ist sehr aufwendig, was sich im hohen Preis für Titan niederschlägt. Der Weltmarktpreis ist Schwankungungen unterworfen, insbesondere seit dem Boykott westlicher Staaten gegen Russland. Titan in Barrenform war Ende 2023 für rund 10,5 US$ pro kg aus China erhältlich[31] und damit günstiger als noch im Jahr 2022. Titan als Metall und auch seine Legierungen sind generell teurer als Aluminiumlegierungen oder Stähle.
Seit Entdeckung des Kroll-Prozesses ist die Herstellung fast unverändert. Meist vom Ilmenit oder Rutil ausgehend, wird Titandioxid in der Hitze mit Chlor und Kohle zu Titantetrachlorid und Kohlenstoffmonoxid umgesetzt (siehe chemische Formeln und Abbildung). Anschließend erfolgt mit flüssigem Magnesium die elektrochemische Reduktion des Titantetrachlorids zu Titan-Schwamm. Pro Tonne Titan werden etwa 55.000 kWh[32]elektrische Energie benötigt, was circa 3,7-mal soviel ist wie bei der ebenfalls energieintensiven Aluminiumherstellung mit rund 15.000 kWh/t[33]. Das Verfahren ist nur in Ländern mit geringen Kosten für elektrische Energie rentabel, also nicht in Mitteleuropa. Deshalb ist Recycling wirtschaftlich und ökologisch besonders sinnvoll.
Im letzten Reaktionsschritt kann alternativ Natrium statt Magnesium verwendet werden.[34]
Zur Herstellung von kompaktem Metall wird der poröse Titanschwamm im Vakuum-Lichtbogenofen oder seltener mit dem Elektronenstrahl bei über 1700 °C umgeschmolzen. Dieser Prozess ist technologisch sehr anspruchsvoll, da Titan im glühenden Zustand so reaktionsfreudig ist, dass es mit fast allen Materialien, mit denen es in Kontakt kommt, verunreinigt wird. Diese Verunreinigung kann zur Versprödung und zum Verlust der nützlichen Eigenschaften führen. Folglich ist es eine Herausforderung, ein geeignetes Material zu finden, das Titan im geschmolzenen Zustand enthält und Verunreinigungen vermeidet.[22] Schon in den 1950er-Jahren kamen Metallurgen zu der Erkenntnis, dass man Titan nicht in einem üblichen keramischen Tiegel schmelzen kann, weil es der Keramik Sauerstoff entzieht. Auch in Graphit lässt es sich nicht folgenlos schmelzen, weil es mit dem Kohlenstoff reagiert und das Metall dadurch spröde wird.[14] Deshalb werden u. a. wassergekühlte Kupfertiegel verwendet[35].
Ultrareines Titan gewinnt man nach dem Van-Arkel-de-Boer-Verfahren. Da es sich um einen Gasphasenprozess handelt, ist die Produktionsrate relativ gering; es entsteht kein Schwamm als Zwischenprodukt, sondern unmittelbar kompaktes Titan.
Globale Erzeugung von Titanschwamm, geschätzt[36][37]
Titan bildet an der Luft spontan eine äußerst beständige oxidische Schutzschicht (Passivierungsschicht) aus, die es gegen viele Medien schützt.
Zu beachten ist die hohe Reaktivität von Titan mit vielen Medien bei erhöhten Temperaturen oder erhöhtem Druck, wenn die Passivierungsschicht diesen Bedingungen nicht standhält. Hier kann die Reaktionsgeschwindigkeit bis zur Explosion anwachsen. In reinem Sauerstoff bei 25 °C und 25 bar verbrennt Titan von einer frischen Schnittkante ausgehend vollständig zum Titandioxid. Trotz Passivierungsschicht reagiert es bei Temperaturen oberhalb von 880 °C mit Sauerstoff, bei Temperaturen ab 550 °C mit Chlor. Titan reagiert („brennt“) auch in reinem Stickstoff.
Titan in Pulverform ist pyrophor, also selbstentzündlich. Schon bei Raumtemperatur reagiert es mit der umgebenden Luft, die Reaktionswärme erhitzt das Material bis sich unter Beschleunigung der Reaktion eine rauchende Flamme ausbildet. Die Zündbereitschaft hängt unter anderem sehr stark von der Korngröße und dem Verteilungsgrad ab. Das Metall in kompakter Form ist nicht brennbar. Es nimmt jedoch bei höheren Temperaturen leicht Sauerstoff, Stickstoff und Wasserstoff auf, dies bewirkt Versprödung und Härtesteigerung.[10]
Nachweis
TiO2+ bildet mit Wasserstoffperoxid einen charakteristischen gelb-orangen Komplex (Triaquohydroxooxotitan(IV)-Komplex), der auch zum photospektrometrischen Nachweis geeignet ist. Die Probe wird mit einem Überschuss konzentrierter Schwefelsäure gekocht und in ein Eisbad mit Wasserstoffperoxid gegossen. Bei lautem Zischen färbt sich das Eisbad gelb-orange[38][39].
Aufgrund der großen farblichen Ähnlichkeit wird dieser Nachweis umgangssprachlich auch als „Tequila Sunrise-Nachweis“ bezeichnet.
Kristallstruktur
Titan kristallisiert im Magnesium-Typ mit der RaumgruppeP63/mmc (Raumgruppen-Nr. 194)Vorlage:Raumgruppe/194 in einer hexagonal dichtesten Kugelpackung mit a = 295,04 pm sowie c = 468,33 pm[40] und bildet dann die sogenannte α-Phase (siehe links in der Abbildung). Das Achsenverhältnis c/a beträgt 1,587 und weicht leicht vom Idealwert 1,633[41] der hexagonal dichtesten Kugelpackung ab. Bei Erhitzung auf über 882 °C bildet sich die β-Phase, die ein raumzentriertes Gitter darstellt (siehe rechts in der Abbildung). Die β-Phase kann in Titanlegierungen schon bei Raumtemperatur auftreten, wenn sie Vanadium, Niobium oder Tantal als Legierungselement enthalten.
Elektrische Leitfähigkeit
Die elektrische Leitfähigkeit von Titan beträgt nur S/m und damit erheblich weniger als bei Kupfer und Aluminium, die in der Elektrotechnik als Leiterwerkstoffe verwendet werden. Unterhalb einer Temperatur von 0,4 K[42] wird Titan supraleitend.
(Hinweis: Weitere physikalische Kennwerte sind in der großen Tabelle zu Beginn des Artikels zu finden)
Farbgebung
Titan kann durch gezieltes Erzeugen einer Oxidschicht mittels Anodisieren farblich gestaltet werden. Dabei wird die Farbe durch Lichtbrechung an unterschiedlich dicken Schichten und nicht durch Farbpigmente erzielt, vgl. Dünnschichtinterferenz. Bei 10–25 nm Schichtdicke ergibt sich eine Goldfarbe, bei 25–40 nm Lila, bei 40–50 nm Dunkelblau, bei 50–80 nm Hellblau, bei 80–120 nm Gelb, bei 120–150 nm Orange, bei 150–180 nm Lila, bei 180–210 nm Grün.
Reintitan als Werkstoff
Für Anwendungen steht reines, d. h. unlegiertes Titan in vier unterschiedlichen Reinheitsgraden zur Verfügung[43]:
Titan Grade 1 (DIN Werkstoffnummer 3.7025)
Titan Grade 2 (DIN Werkstoffnummer 3.7035)
Titan Grade 3 (DIN Werkstoffnummer 3.7055)
Titan Grade 4 (DIN Werkstoffnummer 3.7065)
Der Reinheitsgrad (englisch „grade“) nimmt von Titan Grade 1 bis Titan Grade 4 ab. Die wichtigsten Begleitelemente sind Eisen, Kohlenstoff, Stickstoff, Sauerstoff und Wasserstoff, deren Konzentration jedoch immer deutlich unter 1 % liegt. Die Festigkeit nimmt von Titan Grade 1 in Richtung Titan Grade 4 zu, während die Duktilität in derselben Richtung abnimmt.
Obwohl Reintitan keine metallischen Legierungselemente enthält, hat es für eine Reihe von Anwendungen eine ausreichende Festigkeit. (Hierin unterscheidet sich Titan von dem Metallen Eisen und Aluminium, die nur durch zusätzliche Legierungselemente eine hohe Festigkeit erreichen). Der Elastizitätsmodul beträgt 105 000 – 110 000 N/mm² und ist damit etwa halb so groß wie der von Stahl. Die Zugfestigkeit hängt außer vom Reinheitsgrad auch von der Wärmebehandlung ab und liegt zwischen 290 und 740 N/mm²[43], also im Bereich von vielen Stählen, jedoch bei geringerer Dichte (4,5 g/cm³ statt rund 7,9 g/cm³).
Die mechanischen Eigenschaften und das Korrosionsverhalten lassen sich durch meist geringfügige Legierungszusätze von Aluminium, Vanadium, Mangan, Molybdän, Palladium, Kupfer, Zirconium und Zinn erheblich verbessern. Dadurch sind Titanlegierungen besonders für Anwendungen geeignet, bei denen es auf hohe Korrosionsbeständigkeit, Festigkeit und geringes Gewicht ankommt. Oberhalb einer Temperatur von 400 °C gehen die Festigkeitseigenschaften aber zurück.
Abhängig davon, welche Phasen in den Titan-Legierungen vorkommen, unterscheidet man zwischen:
Die folgende Tabelle erläutert, welche Legierungselemente die Bildung der α-Phase oder der β-Phase bewirken, und fasst die wesentlichen Eigenschaften der Legierungstypen zusammen.
Der wirtschaftlich bedeutendste (auch für Turbolader-Schaufeln) eingesetzte[46] Werkstoff Ti-6Al-4V („Ti64“; 6 % Aluminium, 4 % Vanadium, ASTM: Grade 5) hat die Nummer 3.7165 für industrielle Anwendungen und 3.7164 für Luftfahrtanwendungen.[47] Er gehört zum Typ der α+β-Ti-Legierungen.
Weitere wichtige Titanlegierungen, die hauptsächlich in der Luftfahrtindustrie eingesetzt werden:
Ti-6Al-4V wird wie die meistens anderen Titanlegierungen bei erhöhter Temperatur umgeformt, d. h. heiß geschmiedet oder warm gewalzt. Bei der Herstellung von Blechen aus Blöcken macht z. B. Walzen ca. 50 % der gesamten Kosten des Produktes aus. Beim Verformen von Titanlegierungen tritt ähnlich wie bei rostfreiem StahlVerfestigung auf.
Bei spanender Bearbeitung tritt Hitzeentwicklung auf, wobei reines Argon als Schutzgas eingesetzt wird. Um die Werkzeugschneiden zu schonen, kann der Einsatz eines flüssigen Kühlmittels zweckmäßig sein.[51]
In Flugzeugen und Raumschiffen für besonders beanspruchte Teile, die trotzdem leicht sein müssen (beispielsweise Außenhaut bei Überschallgeschwindigkeit, Verdichterschaufeln und andere Triebwerksteile, Fahrwerk[52])
In der Rüstung: Einige U-Boot-Typen der Sowjetunion hatten Druckkörper aus einer Titanlegierung (z. B. Mike-Klasse, Alfa-Klasse, Projekt 661 oder Sierra-Klasse). Daneben kommt Titan, stärker als bei der zivilen Luftfahrt, in der militärischen Luftfahrt zum Einsatz. Dies führte dazu, dass zu Hochzeiten der sowjetischen Rüstungsproduktion ein Großteil der weltweiten Titanherstellung und -verwendung in der Sowjetunion erfolgte.
Wegen seiner geringen Dichte bei der Herstellung von Niveauanzeigen und Schwimmern
Liner für carbonfaserumwickelteDruckbehälter (Typ III). Um beim Wiedereintritt von Weltraumsatelliten ein vollständiges Verglühen/Zerstäuben zu gewährleisten, ist jedoch das niedrigerschmelzende Aluminium vorteilhaft.[53]
Anwendungen in Seewasser und chloridhaltigen Medien:
Als Biomaterial für Implantate in der Medizintechnik und Zahnheilkunde (Zahnimplantate, jährlich ca. 200.000 Stück allein in Deutschland) wegen seiner sehr guten Korrosionsbeständigkeit im Gegensatz zu anderen Metallen. Eine immunologischeAbstoßungsreaktion (Implantatallergie) gibt es grundsätzlich nicht. Bei Zahnkronen und Zahnbrücken wird es wegen der erheblich niedrigeren Kosten im Vergleich zu Goldlegierungen verwendet. Allerdings kann es zu Komplikationen wie Unverträglichkeits- oder allergischen Reaktionen durch aus dem Implantat auftretende Partikel kommen.[54] In der Unfallchirurgie und chirurgischen Orthopädie ist es heute das Standardmaterial für Endoprothesen (Hüftgelenksersatz, Schultergelenksersatz) und Osteosynthesen (Platten, Nägel, Schrauben). Die Titan-Oxidschicht ermöglicht das feste Anwachsen von Knochen an das Implantat (Osseointegration) und ermöglicht damit den festen Einbau des künstlichen Implantates in den menschlichen Körper.
In der Mittelohrchirurgie findet Titan als Material für Gehörknöchelchenersatz-Prothesen und für Paukenröhrchen bevorzugte Verwendung.
In der Neurochirurgie haben Titan-Clips für Aneurysma-Operationen wegen ihrer günstigeren NMR-Eigenschaften solche aus Edelstahl weitgehend verdrängt.
(Taucher-)Messer mit Titan- oder Titanlegierungsklingen, ebenso Essbestecke
Als Zeltheringe (hohe Festigkeit trotz geringen Gewichts)
Bei Golfschlägern als Schlägerkopf. Etwa 25 % des Titans wird hierfür verwendet.[55]
Beim Stockschießen als äußerst stabiler Stab beim Eisstockstiel
Als besonders leichte Eisschraube beim Bergsteigen
Als Lacrosse-Schaft für höhere Festigkeit bei geringerem Gewicht
Als bissfestes Vorfach beim Angeln auf Raubfische mit scharfen Zähnen
Elektronik:
Im Jahr 2002 brachte Nokia das Handy-Modell 8910 und ein Jahr später das Handy 8910i auf den Markt, die ein Gehäuse aus Titan haben.
Im April 2002 brachte Apple das Notebook PowerBook G4 Titanium auf den Markt. Große Anteile des Gehäuses waren aus Titan gefertigt, und das Notebook besaß in der 15,2-Zoll-Bildschirm-Ausführung bei einer Dicke von einem Zoll (2,54 cm) ein Gewicht von nur 2,4 kg.
Im September 2019 brachte Apple die Apple Watch in 5. Generation Apple Watch in einer Titan-Edition auf den Markt. Die im September 2022 eingeführte Apple Watch Ultra besitzt ein 49-Millimeter Titangehäuse und wiegt 61,3 g.
Die im September 2023 von Apple veröffentlichen iPhone-Modelle iPhone 15 Pro und iPhone 15 Pro Max verwenden eine Titanlegierung im Rahmen der Geräte.
Einige Notebooks der ThinkPad-Serie von Lenovo (früher IBM) besitzen ein titanverstärktes Kunststoffgehäuse oder einen Gehäuserahmen aus einem Titan-Magnesium-Verbundstoff.
Membranen der Lautsprecher von HiFi-Lautsprecherboxen, insbesondere für den Hochtonbereich
Elektrische Zigaretten:
Titandraht wird hier als Heizspirale verwendet, da sich der elektrische Widerstand von Titan abhängig von der Temperatur messbar verändert. Auf dieser Grundlage bilden die neuesten elektrischen Akkuträger eine Temperaturregelung der Wicklung (Heizspirale) nach, um Temperaturschäden am Dochtmaterial (organische Watte) zu verhindern. Neben Nickel-200-Drähten und V2A-Stahldrähten gewinnt Titan in der Szene für diesen Zweck an Beliebtheit.
in der Galvanotechnik als Trägergestell bei der anodischen Oxidation von Aluminium (ELOXAL)
als Bestandteil der nach CRISAT standardisierten beschusshemmenden Westen
als Musikinstrument: Gongs aus Titan, wegen ihrer besonderen Klangeigenschaften
Verwendung als Legierungselement:
Titan wird unter anderem als Mikrolegierungselement für Stahl (und andere Metalle) verwendet. Es verleiht Stahl bereits in Konzentrationen von 0,01–0,1 Prozent Massenanteil eine hohe Zähigkeit, Festigkeit und Duktilität. In rostfreien Stählen verhindert Titan die interkristalline Korrosion.
Titanzink (Zink mit Titanzusatz) dient als witterungsbeständiger Werkstoff für Bleche z. B. für Dächer, Dachrinnen oder Wetterverkleidungen.
Als Titannitrid für Beschichtungen von Wendeschneidplatten, Bohrern und Fräsern in der Fertigungstechnik
Verbindungen des Titans mit Bor, Kohlenstoff oder Stickstoff finden Verwendung als Hartstoffe. Auch zur Herstellung von Cermets, speziellen Hartmetallsorten, werden Titanverbindungen eingesetzt.
Titandioxid kann außerdem Bestandteil der Färbung von Arznei- und Nahrungsergänzungsmitteln in Tablettenform sein.
Normen
Titan und Titanlegierungen sind unter anderem genormt in:
DIN 17850, Ausgabe:1990-11 Titan; chemische Zusammensetzung
ASTM B 348: Standard Specification for Titanium and Titanium Alloy, Bars and Billets
ASTM B 265: Standard Specification for Titanium and Titanium Alloy, Sheets and Plates
ASTM F 67: Standard Specification for Unalloyed Titanium, for Surgical Implant Applications
ASTM F 136: Standard Specification for Wrought Titanium-6Aluminum-4Vanadium ELI (Extra Low Interstitial) Alloy for Surgical Implant Applications
ASTM B 338: Standard Specification for Seamless and Welded Titanium and Titanium Alloy Tubes for Condensers and Heat Exchangers
ASTM B 337: Specification for Seamless and Welded Titanium and Titanium Alloy Pipe
ASTM F2885-11: Standard Specification for Metal Injection Molded Titanium-6Aluminum-4Vanadium Components for Surgical Implant Applications
Sicherheitshinweise
Titan ist als Pulver feuergefährlich, kompakt ungefährlich. Die meisten Titansalze gelten als harmlos. Unbeständige Verbindungen wie Titantrichlorid sind stark korrosiv, da sie schon mit Spuren von Wasser Salzsäure bilden.
Titantetrachlorid wird in Rauchgranaten eingesetzt; es reagiert mit der Luftfeuchte und bildet einen weißen Rauch aus Titandioxid, außerdem Salzsäurenebel.
Biologische Nachteile des Titans im menschlichen Körper sind zurzeit unbekannt. So lösten die bisher aus Titan hergestellten Hüftgelenke oder Kieferimplantate, im Gegensatz zu Edelstahl, welcher Nickel enthält, keinerlei Allergien aus.[15]
Während metallisches Titan wegen der hohen Herstellungskosten nur anspruchsvollen technischen Anwendungen vorbehalten bleibt, ist das relativ preiswerte und ungiftige Farbpigment Titandioxid ein Begleiter des alltäglichen Lebens geworden. Praktisch alle heutigen weißen Kunststoffe und Farben enthalten Titandioxid. Die Verwendung von Titandioxid in Lebensmittelfarben (es war in Lebensmitteln als E 171 zu finden) ist seit 2022 in der EU verboten, da eine langfristige schädigende Wirkung auf das menschliche Erbgut nicht ausgeschlossen werden kann.[56] Aber auch in der Elektro- und Werkstofftechnik und neuerdings auch in der Herstellung von Hochleistungsakkumulatoren für den Fahrzeugantrieb (Lithium-Titanat-Akku) werden Titanverbindungen eingesetzt.
Titandihydrid ist ein in Reinform metallisch glänzendes Pulver. Sonst ist es hellgrau und kann eine durch Sauerstoff- oder Stickstoffspuren blau oder gelb getönte Oberfläche aufweisen. Es wird als Treibmittel zur Herstellung von Metallschäumen verwendet. Es wird mit Metallpulver vermischt und das Gemisch dann bis fast zum Schmelzpunkt des Metalls erhitzt, das Titandihydrid setzt dabei Wasserstoffblasen frei, wodurch Metallschaum entsteht.
↑ abcdeEintrag zu titanium in Kramida, A., Ralchenko, Yu., Reader, J. und NIST ASD Team (2019): NIST Atomic Spectra Database (ver. 5.7.1). Hrsg.: NIST, Gaithersburg, MD. doi:10.18434/T4W30F (physics.nist.gov/asd). Abgerufen am 11. Juni 2020.
↑Robert C. Weast (Hrsg.): CRC Handbook of Chemistry and Physics. CRC (Chemical Rubber Publishing Company), Boca Raton 1990, ISBN 0-8493-0470-9, S. E-129 bis E-145. Werte dort sind auf g/mol bezogen und in cgs-Einheiten angegeben. Der hier angegebene Wert ist der daraus berechnete maßeinheitslose SI-Wert.
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↑
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