Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa).
Wasserstoffperoxid wurde zum ersten Mal 1818 von Louis Jacques Thénard durch Reaktion von Bariumperoxid mit Salpetersäure hergestellt.[9] Das Verfahren wurde zunächst durch den Einsatz von Salzsäure, dann von Schwefelsäure verbessert. Letzteres eignet sich besonders gut, da das Nebenprodukt Bariumsulfat dabei ausfällt. Thénards Verfahren wurde vom Ende des 19. Jahrhunderts bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts benutzt.[10]
Lange Zeit glaubte man, dass reines Wasserstoffperoxid instabil sei, da Versuche, es vom bei der Herstellung anfallenden Wasser zu trennen, scheiterten. Dies war der Tatsache geschuldet, dass Festkörperspuren und Schwermetallionen zu einem katalytischen Abbau oder gar zu einer Explosion führen. Absolut reines Wasserstoffperoxid wurde erstmals 1894 von Richard Wolffenstein per Vakuumdestillation gewonnen.[11]
Die Verbindung ist mit Wasser in jedem Verhältnis mischbar. Obwohl die Schmelzpunkte der reinen Komponenten relativ ähnlich sind, werden in Mischungen signifikant niedrigere Schmelzpunkte beobachtet. Dabei wird ein definiert bei −52,1 °C schmelzendes Dihydrat (H2O2·2H2O) gefunden.[12] Dieses bildet mit den Reinstoffkomponenten zwei Eutektika bei einem Wasserstoffperoxidgehalt von 452 g/kg mit −52,4 °C und von 612 g/kg mit −56,5 °C.[12] Wasserstoffperoxid und Wasser bilden kein azeotrop siedendes Gemisch.[13]
Das H2O2-Molekül ist hinsichtlich der beiden O–O–H-Ebenen gewinkelt (Diederwinkel = 90,2 ±0,6°).[14] Die O–O-Bindungslänge beträgt 145,3 ±0,7 pm, die O–H-Bindungslänge 99,8 ±0,5 pm sowie der O–O–H-Bindungswinkel 102,7 ±0,3°.[14] In flüssiger Phase werden wie beim Wasser Wasserstoffbrücken gebildet. Die gewinkelte Struktur und geänderte Wasserstoffbrückenstruktur führt zu einer im Vergleich zu Wasser wesentlich höheren Dichte und etwas höheren Viskosität.
Physikalische Eigenschaften von wässrigen Wasserstoffperoxidlösungen[13]
Wasserstoffperoxid ist eine sehr schwache Säure. In Wasser stellt sich das folgende Gleichgewicht ein:
Die Säurekonstante beträgt KS = 1,6·10−12 bzw. pKS = 11,8.[19]
Chemische Eigenschaften
Wasserstoffperoxid ist ein starkes Oxidationsmittel. Es neigt außerdem dazu, in Wasser und Sauerstoff zu zerfallen. Insbesondere bei hochkonzentrierten Lösungen und bei Kontakt mit Metalloberflächen beziehungsweise in der Gegenwart von Metallsalzen und Oxiden kann eine spontane Zersetzung erfolgen. Dabei entstehen als Reaktionsprodukte nur Wasser und Sauerstoff. Die Zerfallsreaktion verläuft mit einer Reaktionsenthalpie von −98,20 kJ·mol−1 bzw. −2887 kJ·kg−1 stark exotherm.[3] Zudem wird mit 329 l·kg−1 Wasserstoffperoxid eine erhebliche Gasmenge freigesetzt:
Disproportionierung zweier Moleküle Wasserstoffperoxid zu Wasser und Sauerstoff.
Die spezifischen Zersetzungswärmen relativieren sich mit zunehmender Verdünnung, wobei ein praktisch linearer Zusammenhang mit der Wasserstoffperoxidkonzentration besteht.[20]
Diese Zersetzungsreaktion wird unter anderem durch Schwermetallionen, I−- und OH−-Ionen katalysiert. Daher werden H2O2-Lösungen im Handel mit Stabilisatoren (unter anderem dem AntioxidansPhosphorsäure) versetzt.[21] Schwer abzutrennende oder störende Nebenprodukte fallen nicht an, was seine Anwendung im Labor vereinfacht.
Abhängig von der Lage beider Redox-Potentiale kann H2O2 auch als Reduktionsmittel wirken, so wird im Sauren das MnVII (im Kaliumpermanganat) reduziert.[22]
Wasserstoffperoxid ist eine sehr schwache Säure; seine anorganischen Salze und organischen Ester sind die Hydroperoxide und Peroxide.
Biologische Eigenschaften (Physiologie)
Wasserstoffperoxid wirkt bereits in geringen Konzentrationen ätzend, besonders als Dampf. Falls man Wasserstoffperoxid auf die Haut bekommt, sollte man die Stelle mit Wasser gut spülen (Verdünnung) oder das Wasserstoffperoxid zumindest sofort von der Haut entfernen. Dringt es in die Haut ein, so zersetzt es sich dort rasch.
Wasserstoffperoxid entsteht bei zahlreichen biochemischen Prozessen. Im biologischen Kreislauf entsteht es durch die oxidative Metabolisierung von Zucker. Der Organismus schützt sich gegen seine toxische Wirkung mittels Enzymen – Katalasen, Peroxidasen –, die es wieder zum ungiftigen O2 und H2O zersetzen.
Deutsche und britische Forscher gaben in einer Studie im März 2009 bekannt, dass die „Graufärbung“ (eigentlich Weißfärbung) von Haaren im Alter Folge eines geringeren Abbaus von Wasserstoffperoxid in den Haaren ist. Man konnte im Laborversuch zeigen, dass Wasserstoffperoxid die Funktion des Enzyms Tyrosinase behindert, das für die Melaninproduktion benötigt wird. Dies geschieht durch Oxidation der in der Tyrosinase enthaltenen Aminosäure Methionin.[23]
Verwendung
Wasserstoffperoxid als starkes Oxidationsmittel eignet sich dazu, als Sauerstoffträger für auf Verbrennung basierende Sprengstoffe zu dienen. Daher sind bei Konzentrationen ab 120 g/kg in der EU die Abgabe, der Besitz, die Verwendung und die Verbringung durch Personen, die nicht zu beruflichen oder gewerblichen Zwecken handeln, verboten und nur bis 349 g/kg genehmigungsfähig.[24] Für den Industriebedarf gibt es wässrige Lösungen mit Konzentrationen von bis zu 70 % H2O2. Hochkonzentrierte Lösungen von Wasserstoffperoxid können sich spontan unter Explosion zersetzen, wobei viele Schwermetalle als Katalysatoren wirken und Beimischungen von organischen Lösungsmitteln zu einer Schlagempfindlichkeit führen.[25]
Bleichmittel
Wasserstoffperoxid ist ein Bleichmittel. Weltweit die häufigste Anwendung ist das Bleichen von Zellstoff. Zellstoff wird aus Holz gewonnen, und das enthaltene Lignin gibt dem Zellstoff einen Gilbton, der bei der Hauptverwendung von Zellstoff für Papier und Papiererzeugnisse als störend empfunden wird.
Es kommt beim Blondieren sowie Färben, Tönen und Intensivtönen und zur Fixierung dauerhafter Umformungen (Dauerwelle und Volumenwelle) sowie zum Fixieren permanenter Glättung von Haaren zum Einsatz. Ein sehr heller, künstlicher Blondton wird daher „wasserstoffblond“ genannt. Noch deutlicher wird der Zusammenhang in der englischen Bezeichnung peroxide blonde.
Häufig wird es als an Carbamid gebundenes Peroxid eingesetzt.
Wasserstoffperoxid und wasserstoffperoxidhaltige Bleichmittel, wie etwa ein Peroxyessigsäure-Wasserstoffperoxid-Gemisch, werden in der Werbesprache auch mit dem Kunstwort „Aktiv-Sauerstoff“ bezeichnet. Außer dem Wasserstoffperoxid kommen für Bleichzwecke auch andere Peroxide in Frage, die beim Zutritt von Wasser zerfallen und den aktiven atomaren Sauerstoff abgeben.
Auch bei der Tierpräparation wird es verwendet, um bei Tierschädeln den Knochen weiß zu bleichen. Die hierfür erforderlichen Konzentrationen erfordern entweder ein Gewerbe (Berufsjäger) oder eine Genehmigung nach Art. 5 Abs. 3 der EU-Verordnung.
Wasseraufbereitung
Trinkwasser
Bei der Einwirkung von UV-Strahlen auf Wasserstoffperoxid wird das Hydroxyl-Radikal, ein wesentlich stärkeres Oxidationsmittel als das Peroxid selbst, gebildet. Nachfolgend die Gleichung für die Bildung:
Diese starke Oxidationswirkung wird in der Wasseraufbereitung zum Abbau organischer Verunreinigungen verwendet. Als Beispiel das sogenannte UVOX-Verfahren (UV-Licht und OXidation), mit dem das HerbizidAtrazin und sein Abbauprodukt Desethylatrazin oder auch andere toxische Inhaltsstoffe aus dem Trinkwasser sicher entfernt werden können.[26] Durch diese „nasse Verbrennung“ des Atrazin werden nur Abbauprodukte wie Wasser, Sauerstoff, Kohlenstoffdioxid und Stickstoff gebildet, und es tritt keine zusätzliche Aufsalzung des Wassers auf. Zudem ersetzt diese Methode die Verwendung von Aktivkohle, die deutlich kostenintensiver ist.
Kühlwasser
Wasserstoffperoxid wird auch Kühlkreisläufen zugesetzt, um ein Verkeimen, u. a. mit Legionellen, zu verhindern. Dazu wird dem Kühlwasser in periodischen Zeitabständen höherprozentiges (maximal 349 g/kg) Wasserstoffperoxid automatisch dosiert zugesetzt.
Desinfektion und Sterilisation
Eine 3-prozentige Lösung Wasserstoffperoxid wird zur Desinfektion, auch im Haushaltsbereich, eingesetzt. Einsatzbeispiele sind Mund- und Rachenraum (zur Mundspülung wird es auf 0,3 % verdünnt), die Zahnmedizin, die Desinfektion von Kontaktlinsen in Reinigern, die Entkeimung von Packstoffen oder die Desinfektion der Hände in Krankheitsfällen. Demgemäß kommt es in Gesichtscremes zum Einsatz: zur Reinigung der Poren und der Bekämpfung von Pickeln und Hautverunreinigungen. Auch bei der Reinigung von industriellen Abwässern und in der Schwimmbadtechnik erfolgt damit die Desinfektion des Wassers.
Die 35-prozentige Lösung von Wasserstoffperoxid wird in der Lebensmittelindustrie in aseptischen Abfüllanlagen zur Sterilisation von PET-Flaschen, Kunststoffbehältern und den typischen mehrschichtigen Kartonverpackungen verwendet. Zahlreiche Lebensmittel (Getränke, Milch, Milchprodukte, Soßen, Suppen) werden heute zur besseren Haltbarkeit und Produktqualität in Kartons, Becher, Flaschen und Folien aseptisch abgepackt. Dabei wird das Verpackungsmaterial mit 35-prozentigem Wasserstoffperoxid desinfiziert, bevor das jeweilige Lebensmittel eingefüllt wird.
Ein weiteres Anwendungsgebiet ist der Einsatz von gasförmigem H2O2 zur Reinraumdekontamination. Dazu wird eine üblicherweise 35-prozentige Lösung in einem speziellen Apparat verdampft und in den zu dekontaminierenden Bereich (Raum, Kammer usw.) geblasen.
Die hohe bakterizide Wirkung von H2O2, die Umweltverträglichkeit und die gute technische Realisierbarkeit sind die Gründe für die weite Verbreitung dieses Verfahrens.
Ein anderes Verfahren zur Raumdesinfektion mit Wasserstoffperoxid stellt die Kaltverneblung dar. Dabei wird Wasserstoffperoxid in ein Aerosol überführt und je nach Konzentration (ab 3 %) nach einem festgelegten Prozesszyklus durch einen Aerosolerzeuger im Raum verteilt. Die Aerosole haben eine Tröpfchengröße von 0,5–40 µm. Die Tröpfchengröße ist abhängig von der eingesetzten Technologie zur Generation der Aerosole. Die Aerosole verteilen sich nach kurzer Zeit gleichmäßig im Raum. Eine geringe Tröpfchengröße wirkt sich positiv auf die Verteilung und die Schwebefähigkeit der Tröpfchen aus. Je nach klimatischen Ausgangsbedingungen des Raumes wird ein Teil der in flüssiger Phase vorliegenden Tröpfchen in die Gasphase überführt. Die dazu notwendige Energie wird der Raumtemperatur entnommen. Der Prozess ist identisch zur adiabaten Befeuchtung. Das Medium durchmischt sich mit dem Medium Luft und bewirkt bei fachgerechter Anwendung eine holotische Desinfektion. Die Apparatur (Generator) zur Verneblung sowie das spezielle Verfahren müssen im Vorfeld zur Wirksamkeit validiert werden. Darüber hinaus ist diese auf Basis vorliegender Normung auf Wirksamkeit zu überprüfen. Hierbei wird das System aus Desinfektionsprodukt und Aerosolerzeuger in einem Labor auf seine Wirksamkeit getestet.
Für den Spezialfall SARS-CoV-2/COVID-19 kommt eine systematische Übersichtsarbeit aus dem Jahr 2020 über Wasserstoffperoxid (H2O2)-Mundspülungen zu dem Schluss, dass diese keinen Einfluss auf die viruzide Aktivität haben, und empfiehlt, dass „Zahnpflegeprotokolle während der COVID-19-Pandemie überarbeitet werden sollten.“[27][28]
Sauerstoffzuführung
Wasserstoffperoxid kann in Aquarien zum Zuführen von Sauerstoff benutzt werden. Die Sauerstofferzeugung geschieht in einem Oxidator. Dazu wird in einem Gefäß im Aquarium Wasserstoffperoxid mit Hilfe eines Katalysators in Wasser und Sauerstoffradikale gespalten.
Gegen Schimmelbefall
Bei der Innenrenovierung kann Schimmelpilzbefall mit Wasserstoffperoxid bekämpft werden. Dabei wirkt es desinfizierend sowohl gegen die biologisch aktiven Pilzzellen – als Fungizid – als auch gegen die „Konidien“ genannten Sporen der Schimmelpilze.
Durch die bleichende Wirkung entfernt es auch „optisch“ die Rückstände des Schimmelbelags von porösen Untergründen. Wasserstoffperoxid hat gegenüber Alkohol oder Chlorbleichlauge einige Vorteile, da es im Gegensatz zu Alkohol unbrennbar ist, bleichende Wirkung hat und im Gegensatz zu Chlorbleichlauge keine chlorierten Nebenprodukte hinterlässt.
Medizin
In der Zahnmedizin wird H2O2 als dreiprozentige wässrige Lösung zur lokalen Desinfektion des Zahngewebes und zur Blutstillung bei kleineren Eingriffen verwendet. In der Medizin und Notfallmedizin kann die Substanz zur Desinfektion von Oberflächen, Instrumenten, Haut und Schleimhaut verwendet werden. Bei der Reinigung von Wunden kommt Wasserstoffperoxid heutzutage zwar noch vereinzelt zum Einsatz, hat aber seine traditionell bedingte Bedeutung inzwischen verloren, denn es wird innerhalb der Wunde bei Kontakt mit roten Blutkörperchen unter Aufschäumen schnell inaktiviert und entfaltet daher seine Wirkung nur kurz.[29]
Seit geraumer Zeit wird ein Verfahren zum Sterilisieren von bestimmten Medizinprodukten und chirurgischen Instrumenten angewandt, in dem H2O2 als Prozesschemikalie Verwendung findet (H2O2-Plasmaverfahren). Besonders bei thermolabilen Produkten bringt es Vorteile gegenüber der Dampfsterilisation. Es kann z. B. im Vakuum bei Raumtemperatur verdampft und zusätzlich ionisiert werden.[30]
Zudem wird H2O2 zur Desinfektion von Piercings verwendet. Dort soll es die betroffene Stelle desinfizieren und eine mögliche Blutung gerinnen lassen, wodurch ein schnellerer Heilprozess eintreten soll.
Landwirtschaft
In der Landwirtschaft wird Wasserstoffperoxid zur Desinfektion in Gewächshäusern und zur Sauerstoffanreicherung in Nährlösungen von Hydrokulturen benutzt.
Wasserstoffperoxid wird auch zur Desinfektion von Tränkeleitungssystemen oder Stalleinrichtungen zum Beispiel in der Schweinehaltung verwendet.
Biologie
Für die Bestimmung von Bakterienkulturen wird der Katalase-Test mit dreiprozentiger Wasserstoffperoxidlösung durchgeführt. Die meisten aeroben und fakultativ anaeroben Bakterien wie auch Pilze haben das Enzym Katalase, das imstande ist, das für die Zellen giftige H2O2 zu spalten.
Bei der Obduktion stark fäulnisveränderter Leichen kann Wasserstoffperoxid-Lösung eingesetzt werden, um durch Hautveränderungen unkenntlich gewordene Tatöwierungen wieder sichtbar zu machen. Dies kann bei der Identifikation von Bedeutung sein.[31][32]
Ätzmittel
In der Mikroelektronik benutzt man das Gemisch von Schwefelsäure und Wasserstoffperoxid – „Piranha“ genannt – zur Reinigung der Oberfläche von Wafern und zur Erzeugung einer dünnen, etwa drei bis vier Nanometer dicken hydrophilen Oxidschicht auf den Wafern. Heutzutage ist die Bezeichnung „SPM“ (Sulfuric Peroxide Mixture) geläufiger. Die Hauptanwendung ist das Entfernen von Fotolacken auf Wafern.
Bei der Herstellung von gedruckten Leiterplatten (Platinen) werden konzentrierte Wasserstoffperoxid-haltige Kupferchlorid-Ätzbäder zum Entfernen des Kupfers verwendet:
Zur Regeneration der Kupferchlorid-Ätzbäder wird Wasserstoffperoxid zusammen mit Salzsäure eingesetzt:
.
Durch Reaktion des Kupfer(I)-chlorid mit Wasserstoffperoxid und Salzsäure wird das Kupfer(II)-chlorid regeneriert. Das Kupferatom wird dabei oxidiert.
Dabei werden die Wasserstoffperoxid- und Salzsäurezugabe über das Redoxpotential gesteuert; die hier verwendeten Fotolacke sind stabil gegen Wasserstoffperoxid.
In britischen Raketen (z. B. Black Arrow) wurde 85-prozentiges Wasserstoffperoxid als bei Normaltemperatur flüssiger Sauerstoffträger benutzt und mit Kerosin verbrannt. Für den Antrieb der Turbopumpen wurde Wasserstoffperoxid („T-Stoff“) durch katalytische Zersetzung (Verdampfung) mittels Kaliumpermanganat („Z-Stoff“) im Aggregat 4 und seit 1957 im Triebwerk RD-107 der sowjetischen R-7 sowie deren Nachfolger Sojus eingesetzt.[35][36] Bei geringem Wassergehalt steigt der Wirkungsgrad an.[37]
Ein derartiges Treibstoffgemisch (85–98 % Wasserstoffperoxid) für Raketen und Torpedos wird im Englischen auch als HTP (High Test Peroxide) bezeichnet.[35]
Wasserstoffperoxid neigt zu unkontrollierter Zersetzung. So starben am 16. Juli 1934 Kurt Wahmke und zwei Techniker in Kummersdorf bei der Explosion eines mit Wasserstoffperoxid betriebenen Triebwerkes. Für den Versuch wurde ein Gemisch aus Wasserstoffperoxid und Ethanol hergestellt, um einen Einkomponenten-Treibstoff zu erhalten. Wahmke hatte aber unwissentlich einen hochbrisanten Flüssigsprengstoff hergestellt, der nach der Zündung des Triebwerks explodierte.[38] Aufgrund der Gefährlichkeit in Einsatz und Handhabung (Ätzwirkung, unkontrollierte Zersetzung, Explosion bei Verunreinigungen in Tank und Leitungssystem) ist der Gebrauch heute auf Kleinraketentriebwerke (Rekordversuche, Steuertriebwerke) beschränkt.
Die polnische Höhenforschungsrakete ILR-33 Burstyn verwendet als Treibstoff 98%iges Wasserstoffperoxid, welches katalytisch zersetzt wird.[39]
Sprengstoffherstellung
Durch die Peroxidgruppe ist die Verbindung energiereich und zerfällt unter Sauerstofffreigabe. Wasserstoffperoxid reagiert in Anwesenheit eines geeigneten Katalysators mit Aceton zu Acetonperoxid, das ein Triaceton-Triperoxid ist und als Sprengstoff mit TATP bezeichnet wird. Unter Verwendung von Wasserstoffperoxid wird auch der InitialsprengstoffHexamethylentriperoxiddiamin (HMTD) hergestellt.
Analytik
Klassische qualitative und quantitative Analytik
Diese klassischen Methoden verlieren wegen ihrer geringen Nachweisgrenzen und ihrer Umständlichkeit ihre Bedeutung in der Laborpraxis.
Nachweis als blaues Chromperoxid (CrO(O2)2)
Chromtrioxid CrO3 wird im stark sauren Bereich (pH<0) durch Wasserstoffperoxid zum tiefblau gefärbten und etherlöslichen Chrom(VI)-peroxid umgesetzt. Dazu wird Kaliumdichromat im Reagenzglas mit verdünnter Schwefelsäure angesäuert und mit etwas Ether überschichtet. Bei Anwesenheit von H2O2 färbt sich die Etherphase bläulich. Wegen der Verwendung giftiger und karzinogener Chrom(VI)-Verbindungen ist dieser Test heute nur noch von akademischem Interesse.
Nachweis als gelbes Peroxotitanyl(IV)-Ion
Der Nachweis als Titangelb (nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen organischen Reagenz) ist sehr empfindlich. Titan(IV)-Ionen reagieren mit Spuren von Wasserstoffperoxid zu intensiv orangegelb gefärbten Peroxotitanyl-Komplexionen.
Redox-Titration mit Kaliumpermanganat
Die Konzentration von Wasserstoffperoxid in schwefelsaurer wässriger Lösung kann mit Kaliumpermanganat titrimetrisch ermittelt werden. Ist stattdessen Salzsäure vorhanden, wird Reinhardt-Zimmermann-Lösung hinzugefügt. Der Titration liegt folgende Reaktion zu Grunde:
Der Farbumschlag erfolgt von farblos bis zur schwachen Rosafärbung, die für eine Minute bestehen bleiben sollte. Der Verbrauch von 1 ml KMnO4-Lösung (0,02 mol/l = 0,1N) entspricht 1,701 mg H2O2. Auf diesem Weg können auch Verbindungen titriert werden, die in schwefelsaurer Lösung H2O2 abspalten, wie Peroxide, Perborate oder Percarbonate.[40]
Nachweis mit Iodidstärke-Papier
Iodid-getränktes und stärkehaltiges Filterpapier zeigt bereits geringe Peroxidmengen durch Blaufärbung an. Hierbei oxidiert das Peroxid das Iodid zu Iod, das wiederum mit Stärke zusammen einen charakteristischen blauen Komplex bildet.
Instrumentelle quantitative Analytik
Optische Methoden
Photometrie
Das Oxidationsvermögen von H2O2 ermöglicht eine Vielzahl von (zum Teil enzymatisch katalysierten) chromogenen Reaktionen. Dadurch sind photometrische oder reflektometrische Bestimmungen von H2O2 möglich. Eine der bewährtesten Oxidationsreaktionen ist die „Trinder-Reaktion“ von Phenol mit 4-Aminoantipyrin zu einem violetten Farbstoff. Die Absorbanz ist proportional zur Analytkonzentration und kann bei 510 Nanometer gemessen werden.[41] Chemische Modifikationen der Reagenzien erlauben auch eine Messung bei Wellenlängen von 550 und 750 Nanometer. Mit dieser Methode konnte eine Nachweisgrenze von 1 µmol erzielt werden.[42]
Fluorometrie
Eine der wohl wichtigsten Nachweismethoden für Wasserstoffperoxid ist die peroxidase-katalysierte Oxidation von Amplex Red durch H2O2 zu Resorufin. Resorufin zeigt nach Anregung bei 535 Nanometer eine deutliche Fluoreszenz bei 590 Nanometer, während Amplex Red nicht fluoresziert. Die Wasserstoffperoxidkonzentration kann so mit einer Nachweisgrenze von 5 nmol/l bestimmt werden.[43]
Amperometrische Sensorik
Amperometrische Sensoren zum Nachweis von Wasserstoffperoxid sind schon länger bekannt. Das Messprinzip beruht darauf, dass Wasserstoffperoxid an einer Arbeitselektrode bei einem konstanten Potential entweder kathodisch reduziert oder anodisch oxidiert wird.[44] Der resultierende Strom ist dabei proportional zur Konzentration des H2O2. Das Potential für die kathodische Reduktion liegt meist zwischen −100 und −200 mV und das Potentialfenster für die anodische Oxidation reicht von 600 bis 800 mV bezogen auf eine Ag/AgCl-Referenzelektrode.[45]
Ein weiterer Ansatz ist die Immobilisierung von Enzymen (etwa der Meerrettichperoxidase) auf einer Kompositschicht aus Kohlenstoffnanoröhren und Chitosan.[46] Mit diesen Biosensoren wurde eine Nachweisgrenze von 10,3 µmol/l erzielt.[47] Eine zunehmend wichtigere Rolle spielen biomimetische, nichtenzymatische Sensoren auf Basis von magnetischen Eisenoxid-Nanopartikeln. Diese übernehmen die katalytische Funktion der Peroxidase und ermöglichen eine Nachweisgrenze von 3,6 µmol/l.[48][49] Weitere Sonden bedienen sich sogenannter Mn-NTA-Nanodrähte (Mangan-Nitrilotriacetat-Komplex), die amperometrisch die elektrochemische Oxidation des Wasserstoffperoxids verfolgen. Es wurde eine Nachweisgrenze von 0,2 µmol/l beschrieben.[50]
Vorschriften
Situation in Deutschland
Die jeweils geltenden Vorschriften für den Stoff und seine wässrige Lösung hängen von der in „Massen-Prozent“ oder auch „g/kg“ angegebenen massebezogenen Konzentration ab. Hier gibt es verschiedene Grenzwerte.
Konzentration unter 8 %
Nur recht allgemeine Sicherheitsregeln.
Konzentration 8 bis unter 35 %
Ab 80 g/kg gilt die Lösung als Gefahrstoff. Die Zersetzungstemperatur liegt oberhalb von 100 °C. Es gilt:
Durchfahrverbot für Tunnel der Kategorie E.
Einstufung als Gefahrgut der Klasse 5.1 (brandfördernd)
UN-Nummer 2984 / Kennzeichnung 50.
Ab 120 g/kg zählt die EU Wasserstoffperoxid zu den beschränkten Ausgangsstoffen für Explosivstoffe mit der Folge, dass die Verwendung, der Besitz, die Verbringung und die Abgabe durch und an Personen verboten ist, die nicht zu beruflichen oder gewerblichen Zwecken handeln; die berufliche oder gewerbliche Zweckbestimmung ist bei Verkauf zu überprüfen und verdächtige Transaktionen sowie Diebstahl sind meldepflichtig.[51] Verstöße gegen das Besitz- und Verwendungsverbot sind in Deutschland strafbar.[52] Ausnahmegenehmigungen sind jedoch für Gemische bis 35 % möglich.[24]
Ab 200 g/kg ist die Lösung auch als Gefahrgut Klasse 8 (ätzend) zu deklarieren. Die Kennzeichnung erfolgt mit der UN-Nummer 58 / 1014.[53]
Konzentration 35 bis unter 50 %
Ab 350 g/kg sind Genehmigungen nach Art. 5 Abs. 3 der EU-Verordnung nicht mehr möglich.[24] Daher ist 349 g/kg eine verbreitete genaue Konzentration im Handel, wenn von „35 %“ geschrieben wird. die Zersetzungstemperatur liegt oberhalb von 60 °C.[54]
Konzentration 50 bis unter 60 %
Hier verschärfen sich besonders Empfehlungen und Sicherheitsregeln. Die Neigung zur Zersetzung steigt erheblich, die Zersetzungstemperatur liegt aber immer noch über 60 °C.[55]
Konzentration ab 60 %
Aufgrund der extremen Zersetzungsgefahr gilt bei mind. 600 g/kg die Einstufung H271: „Kann Brand oder Explosion verursachen; starkes Oxidationsmittel“. Auch der Kontakt mit schlecht entflammbaren Substanzen kann zur Selbstentzündung führen. Aus diesem Grund gelten beim Transport viel strengere Regeln.
Lagerklasse ist 5.1 A statt 5.1 B
Kennzeichnung der Gefahr: 558, UN-Nummer 2015
Wird es in Tanks befördert, so dürfen auch Tunnel der Kategorien B, C, und D nicht durchfahren werden.[56]
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County in Kentucky, United States County in KentuckyBoone CountyCountyThe old Boone County courthouse in Burlington FlagSealLogoLocation within the U.S. state of KentuckyKentucky's location within the U.S.Coordinates: 38°58′N 84°44′W / 38.97°N 84.73°W / 38.97; -84.73Country United StatesState KentuckyFounded1798Named forDaniel BooneSeatBurlingtonLargest cityFlorenceArea • Total256 sq mi (660 km2) • Land246 s...
Ini adalah daftar sejarah perang atau konflik militer lainnya di luar batas geografis Jepang di mana tentara Jepang berpartisipasi, tidak lengkap. Sejarah kuno dan Abad Pertengahan Menurut beberapa interpretasi, terutama oleh para sarjana Jepang, sebuah monumen batu kuno (Prasasti Raja Gwanggaeto) didirikan untuk menghormati Goguryeo Raja Gwanggaeto pada tahun 414, mencatat bahwa pada tahun 391, Yamato mengirim pasukan invasi melawan aliansi antara kerajaan Korea kuno Baekje dan Silla dan men...
Student nation at Lund University This article needs additional citations for verification. Please help improve this article by adding citations to reliable sources. Unsourced material may be challenged and removed.Find sources: Smålands Nation, Lund – news · newspapers · books · scholar · JSTOR (February 2024) (Learn how and when to remove this template message) Office and housing Smålands nation is one of thirteen student nations of Lund University...
Halaman ini berisi artikel tentang Reuters Corporation. Untuk kantor berita yang dimiliki perusahaan ini, lihat Reuters. Untuk organisasi amal dari perusahaan ini, lihat Thomson Reuters Foundation. Thomson Reuters CorporationKantor pusat di Bay Adelaide Centre di Bay Street no. 333, TorontoJenisPublikKode emitenTemplat:Toronto Stock ExchangeKomponen S&P/TSX 60NYSE: TRIIndustriMedia massaPendahuluReuters GroupThe Thomson CorporationDidirikan17 April 2008; 15 tahun lalu (2008-04-17)Tor...
South Korean singer This biography of a living person needs additional citations for verification. Please help by adding reliable sources. Contentious material about living persons that is unsourced or poorly sourced must be removed immediately from the article and its talk page, especially if potentially libelous.Find sources: Yesung – news · newspapers · books · scholar · JSTOR (April 2018) (Learn how and when to remove this template message) In this...
Comics character SaydSayd, as she appeared in Green Lantern (vol. 4) #15 (November 2006); art by Ivan Reis, Oclair Albert, and Moose Baumann.Publication informationPublisherDC ComicsFirst appearanceGreen Lantern: Legacy - The Last Will & Testament of Hal Jordan (2004)(Named)Green Lantern (vol. 4) #15 (November 2006)Created byJoe KellyGeoff JohnsJudd WinickIn-story informationSpeciesOanPlace of originOaTeam affiliationsGuardians of the UniverseBlue Lantern CorpsAgent OrangeAbilities Cosmic...
WahaiNegeriNegara IndonesiaProvinsiMalukuKabupatenMaluku TengahKecamatanSeram Utara Wahai adalah sebuah negeri yang berada di Kecamatan Seram Utara, Kabupaten Maluku Tengah, Provinsi Maluku. Ibu kota kecamatan Seram Utara terletak di negeri Wahai. Transportasi Bandar Udara Wahai terletak di desa ini. Bandar udara ini memiliki panjang landasan pacu 750 M dan lebar 23 M. Landasan pacu tersebut dapat menampung maksimal 2 pesawat DHC-6 Twin Otter, serta terdapat gedung terminal penumpang den...
Disambiguazione – Se stai cercando l'ex colonia belga ed ex Zaire, vedi Repubblica Democratica del Congo. Disambiguazione – Se stai cercando altri significati, vedi Repubblica del Congo (disambigua). Repubblica del Congo (dettagli) (dettagli) (FR) Unité, Travail, Progrès(IT) Unità, Lavoro, Progresso Repubblica del Congo - Localizzazione Dati amministrativiNome completoRepubblica del Congo Nome ufficialeRépublique du Congo Lingue ufficialifrancese Altre linguelingala, kituba CapitaleB...
Campaign during the Syrian Civil War For other uses, see Latakia offensive (disambiguation). 2013 Latakia offensivePart of the Syrian Civil WarThe situation in the Latakia Governorate in August 2013 Syrian Army control Opposition controlDate4–19 August 2013(2 weeks and 1 day)LocationLatakia Governorate, SyriaResult Syrian Army victory Rebel forces initially captured 13 villages[4] Army counter-attack recaptures all of the villages[5] Rebels ...
Device placed near the ears that plays sound For other uses, see Headphones (disambiguation). This article needs additional citations for verification. Please help improve this article by adding citations to reliable sources. Unsourced material may be challenged and removed.Find sources: Headphones – news · newspapers · books · scholar · JSTOR (April 2017) (Learn how and when to remove this message) Headphones on a stand Wireless headphones Headphones ...
Czech footballer and coach Karel Brückner Brückner (grey suit) coaching Czech Republic in a UEFA Euro 2004 matchPersonal informationFull name Karel BrücknerDate of birth (1939-11-13) 13 November 1939 (age 84)Place of birth Olomouc, Bohemia and MoraviaYouth career1946–1958 Spartak MŽ OlomoucSenior career*Years Team Apps (Gls) MŽ Olomouc 1970–1971 Baník Ostrava 2 (0)Managerial career1973–1979 Sigma Olomouc1979–1981 Železárny Prostějov1981–1983 Zbrojovka Brno1983–1987 S...
Natural history of Scotland concerns the flora, fauna and mycota of Scotland. Part of a series on theBiodiversity of Scotland BiodiversityFloraFaunaBirdsScottish breedsHighland fauna ConservationSpecial Areas of Conservation OrganisationsWildlife Trusts Scottish Wildlife Trust Areas Local nature reserves National nature reserves Protected areas National parks National Scenic Areas Natural historyNatural history vte Flora Main article: Flora of Scotland The Birnam Oak located in the Tay Valley...