Titanit kristallisiert im monoklinen Kristallsystem und entwickelt meist tafelige oder keilförmig zugespitzte Kristalle und Zwillinge mit glas- bis diamantähnlichem Glanz auf den Oberflächen. Er kommt aber auch in Form körniger bis massiger Mineral-Aggregate vor. In reiner Form ist Titanit farblos und durchsichtig. Durch vielfache Lichtbrechung aufgrund von Gitterbaufehlern oder polykristalliner Ausbildung kann er aber auch durchscheinend weiß erscheinen und durch Fremdbeimengungen eine grüne, gelbe, rote, graue oder braune bis schwarze Farbe annehmen.
Das Synonym Sphen (altgr. σφήν sphén „Keil“) erhielt Titanit aufgrund seiner oft keilförmigen Kristallformen.
Titanit war bereits lange vor der Gründung der International Mineralogical Association (IMA) bekannt und als eigenständige Mineralart anerkannt. Damit hätte Titanit theoretisch den Status eines grandfathered Mineral. In der 1967 erfolgten Publikation der IMA: Commission on new minerals and mineral names wurde Titanit als offizieller Mineralname festgelegt.[10] Da dies automatisch eine nachträgliche Ankerkennung für den Titanit bedeutete, wird das Mineral seitdem in der „Liste der Minerale und Mineralnamen“ der IMA unter der Summenanerkennung „1967 s.p.“ (special procedure) geführt.[1]
Im zuletzt 2018 überarbeiteten und aktualisierten Lapis-Mineralienverzeichnis nach Stefan Weiß, das sich im Aufbau noch nach dieser alten Form der Systematik von Karl Hugo Strunz richtet, erhielt das Mineral die System- und Mineral-Nr. VIII/B.12-010. In der „Lapis-Systematik“ entspricht dies ebenfalls der Abteilung „Inselsilikate mit tetraederfremden Anionen“, wo Titanit zusammen mit Malayait, Natrotitanit, Trimounsit-(Y), Vanadomalayait und Żabińskiit eine unbenannte Gruppe mit der Systemnummer VIII/B.12 bildet.[4]
Die von der IMA zuletzt 2009 aktualisierte[11]9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Titanit in die erweiterte Mineralklasse der „Silikate und Germanate“ und dort in die Abteilung der „Inselsilikate“ ein. Diese ist weiter unterteilt nach der möglichen Anwesenheit zusätzlicher Anionen und der Koordination der beteiligten Kationen, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „Inselsilikate mit zusätzlichen Anionen; Kationen in meist [6] und >[6] Koordination“ zu finden ist, wo er nur noch zusammen mit Malayait und Vanadomalayait die „Titanitgruppe“ mit der System-Nr. 9.AG.15 bildet.
In der vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchlichen Systematik der Minerale nach Dana hat Titanit die System- und Mineralnummer 52.04.03.01. Dies entspricht der Klasse der „Silikate“ und dort der Abteilung „Inselsilikate: SiO4-Gruppen und O, OH, F und H2O“, wo das Mineral zusammen mit Malayait und Vanadomalayait in der „Titanitgruppe“ mit der Systemnummer 52.04.03 innerhalb der Unterabteilung „Inselsilikate: SiO4-Gruppen und O, OH, F und H2O mit Kationen in [6] und/oder >[6]-Koordination“ zu finden ist.
Titanit hat einen relativ weiten Stabilitätsbereich, das heißt, er kann sich bei Drücken bis 1,4 Gpa und Temperaturen bis 700 °C bilden (nach W. G. Ernst und Jun Liu 1996[15]) und entsprechend entweder direkt durch magmatische oder indirekt durch metamorphe Vorgänge in Pegmatiten entstehen.
Als häufige Mineralbildung ist Titanit an vielen Fundorten anzutreffen, wobei weltweit bisher über 6000 Fundorte dokumentiert sind (Stand 2023).[16]
Attraktive, sammelwürdige Titanite mit teilweise bis zu 18 cm großen Kristallen fand man auf alpinotypen Gängen in Österreich (Zillertal, Felbertal), der Schweiz (Tujetsch, Binntal) und in Russland (Dodo-Mine, Njoroika, nördlicher Ural). Große, aber unvollkommene Kristalle mit einem Gewicht von bis zu 40 kg wurden in Kanada (Ontario) und den USA (New York) entdeckt.[17] Ein weiterer berühmter, historischer Fundpunkt in Deutschland ist der Plauensche Grund zwischen Dresden und Freital. Im dort anstehenden Monzonit wurden die berühmten Titanitspiegel gefunden.
Kristallstufe mit grünlichen Titaniten aus dem Tormiqtal, Haramosh Mountains, Pakistan
Große Titanitkristalle (schwarz) neben Diopsid (dunkelgrün) und Quarz (weiß) in einem Pegmatit (Radium Creek, South Australia)
Idiomorpher Titanit-Kristall im Syenit aus dem Plauenschen Grund bei Dresden
Gelblicher Titanit aus Ochtendung in der Eifel
Verwendung
Rohstoff
Titanit dient bei lokaler Anhäufung als Rohstoff zur Herstellung von Titandioxid (TiO2). Bevorzugt werden allerdings die bereits natürlich vorkommenden Titandioxide Rutil, Anatas und Brookit.
Schmuckstein
Klare Varietäten werden zu Schmucksteinen verarbeitet und dienen im Facettenschliff vor allem als Diamantersatz. Allerdings ist das Mineral aufgrund seiner Empfindlichkeit gegenüber Säuren, Laugen und Wärmeeinflüssen nicht leicht zu verarbeiten.[19][20]
Martin Heinrich Klaproth: Untersuchung eines neuen Fossils aus dem Passauischen. In: Beiträge zur Chemischen Kenntniss der Mineralkörper. Band1, 1795, S.245–252 (rruff.info [PDF; 429kB; abgerufen am 27. Dezember 2023]).
J. Alexander Speer, G. V. Gibbs: The crystal structure of synthetic titanite, CaTiOSiO4, and the domain texture of natural titanites. In: American Mineralogist. Band61, 1976, S.238–247 (englisch, rruff.info [PDF; 1,1MB; abgerufen am 27. Dezember 2023]).
Walter Schumann: Edelsteine und Schmucksteine. Alle Arten und Varietäten. 1900 Einzelstücke. 16., überarbeitete Auflage. BLV Verlag, München 2014, ISBN 978-3-8354-1171-5, S.210.
Titanite search results. In: rruff.info. Database of Raman spectroscopy, X-ray diffraction and chemistry of minerals (RRUFF); abgerufen am 27. Dezember 2023 (englisch).
↑ abcdeHugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S.553 (englisch).
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Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
↑Hans Jürgen Rösler: Lehrbuch der Mineralogie. 4. durchgesehene und erweiterte Auflage. Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie (VEB), Leipzig 1987, ISBN 3-342-00288-3, S.472.
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Heinrich Mache: Ueber die Entstehung radioaktiver Quellen. In: Mitteilungen des Alpenländischen geologischen Vereines. Band34, 1941, S.75 (zobodat.at [PDF; 542 kB] [abgerufen am 27. Dezember 2023]).
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W. G. Ernst, Jun Liu: Experimental phase-equilibrium study of Al- and Ti-contents of calcic amphibole in MORB—A semiquantitative thermobarometer. In: American Mineralogist. Band83, 1998, S.952–969 (englisch, minsocam.org [PDF; 181kB; abgerufen am 27. Dezember 2023]).
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Petr Korbel, Milan Novák: Mineralien-Enzyklopädie (= Dörfler Natur). Edition Dörfler im Nebel-Verlag, Eggolsheim 2002, ISBN 978-3-89555-076-8, S.206–207.
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Fundortliste für Titanit beim Mineralienatlas (deutsch) und bei Mindat (englisch), abgerufen am 27. Dezember 2023.