Der Markt liegt am nördlichen Rand der Fränkischen Schweiz, von Kulmbach etwa 10 und von Bayreuth 15 km entfernt. Die Autobahn A 70 durchquert das Gemeindegebiet von Ost nach West.[3]
Der nördliche 50. Breitengrad verläuft entlang der südlichen Gemeindeteile Felkendorf, Kröglitzen und Leesau quer durch das Gemeindegebiet.
Der Ort wurde 1137 als „Durnowa“ erstmals urkundlich erwähnt. Grundwort ist ouwe (mhd. für Wiesenland), Bestimmungswort ist wahrscheinlich durre (mhd. für dürr, mager). Demnach wäre der Ortsname auf einen Flurnamen zurückzuführen, der eine magere Wiesenlandschaft bezeichnet. Erst später kam es zur Umdeutung des Bestimmungswortes zu Turm (s. u. Abschnitt Wappen).[9]
Thurnau war Sitz des Ministerialengeschlechts der Förtsch. Lehnsherr war seit 1292 der Bischof von Bamberg. Nach dem Aussterben der Familie von Förtsch 1564 wurden ihre Rechtsnachfolger Hans-Georg von Giech und Hans Adam von Künsberg. 1699 bestätigten die Markgrafen von Bayreuth den Grafen Giech die lange umstrittene Hohe Gerichtsbarkeit und damit die Landeshoheit. 1731 kauften die Grafen Giech den Künsberg’schen Anteil des Condominats.
Die Steuer und die Vogtei beider letztgenannter Grundherren stand dem Amt Thurnau zu. Neben den Anwesen gab es noch herrschaftliche Gebäude (2 verbundene Schlösser, mit Kanzlei- und Amtsgebäude, Hoffbüttnereiwohnung, Fallmeistergebäude, einem Vorwerksgebäude und zwei Schafflecken mit Gebäuden; 1 Amtshaus und 1 Büttelei des Rittergutes Thurnau), kirchliche Gebäude (1 Kirche, 1 Friedhofskirche, 1 Pfarrhaus, 1 Diakonatswohnung) und kommunale Gebäude (1 Schulhaus).[10]
Erste Bestrebungen Thurnaus, den Ort an das Eisenbahnnetz anzuschließen, sind bereits 1872 dokumentiert. Im April 1882 wurde mit dem Ziel einer Eisenbahnverbindung nach Bayreuth das Lokalbahnkomitee Thurnau gegründet. Am 14. Juli 1904 genehmigte der Bayerische Landtag den Bau einer Lokalbahn von Bayreuth über Thurnau nach Kulmbach; der erste Zug nach Kulmbach verkehrte am 11. Oktober 1908, am 28. Juli 1909 ging der Abschnitt nach Bayreuth in Betrieb. Der Bahnhof Thurnau wurde Betriebsmittelpunkt der Strecke, an dem die Personenzüge beider Richtungen begannen und endeten.[13]
Eingemeindungen
Der heutige Markt Thurnau entstand im Zuge der Gebietsreform in Bayern. Am 1. Januar 1972 wurden die Gemeinden Berndorf, Hutschdorf und Tannfeld eingegliedert.[14] Am 1. Januar 1973 kam Menchau hinzu. Alladorf folgte am 1. Juli 1975. Mit Limmersdorf (mit dem am 1. April 1971 eingegliederten Felkendorf) wurde am 1. Mai 1978 die Reihe der Eingemeindungen abgeschlossen.[15]
Einwohnerentwicklung
Im Zeitraum von 1988 bis Dezember 2019 wuchs der Markt von 3995 auf 4046 Einwohner bzw. um 1,26 %. Am 31. Dezember 1998 hatte Thurnau 4589 Einwohner.
Erster Bürgermeister ist seit 2014 Martin Bernreuther (CSU). Er wurde 2020 mit mehr als 90 % im Amt bestätigt. Vorgänger waren ab 2008 Dietmar Hofmann (SPD-Offene Liste) und ab 2002 Rita Fischer (parteilos).
Thurnau führt seit dem 16. Jahrhundert ein Wappen.
Blasonierung: „In Rot ein über Eck gestellter silberner Zinnenturm, der mit einem von Silber und Rot gevierten Schild belegt ist; 1 und 4: nebeneinander zwei aufrechte rote Schafscheren, 2 und 3: ein silberner Schwan.“[32]
Wappenbegründung: Das älteste Siegel mit der Umschrift „SIGILLVM OPPIDI THVRNAVIAE“ zeigt den Burgturm, belegt mit den Schilden der Familie Giech (Schafscheren) und der Künsberg (silberne Spitzen in Blau). Beide Adelsgeschlechter waren mit dem Aussterben der Förtsch von Thurnau im Jahr 1551 Rechtsnachfolger. Als die Herren von Künsberg 1731 als Mitbesitzer ausschieden, stand im Siegel aus dem gleichen Jahr das gemehrte Wappen der Herren von Giech. Seit dem 19. Jahrhundert ist der Schild geviert; Feld eins ist golden, Feld zwei und drei rot, Feld vier blau. In den Feldern eins und vier steht eine aufrechte silberne Schafschere, in zwei und drei ein silberner Schwan. Der Turm steht auf einem Dreiberg.
Mit dem historischen Ortskern, den das Schloss Thurnau mit dem Brückengang zur St.-Laurentius-Kirche dominiert, dem Schlossweiher, dem Töpfermuseum und Sehenswürdigkeiten in den Gemeindeteilen ist Thurnau ein beliebtes Ziel für Ausflüge.
Schloss Thurnau gehört zu den größten innerörtlichen Schlossanlagen Frankens. Der älteste Teil der siebenstöckigen Kemenate wurde im 13. Jahrhundert durch das Geschlecht der Ritter von Förtsch gebaut. Als siebtes und letztes Gebäude wurde im Jahre 1731 der Carl-Maximilian-Bau fertiggestellt. Heute befindet sich neben einem Tagungshotel das Forschungsinstitut für Musiktheater der Universität Bayreuth im Schloss; seit 2017 hat dort auch das gemeinsam von den Universitäten Bayreuth und Bamberg getragene Institut für Fränkische Landesgeschichte seinen Sitz.[34]
An das Schloss schließt sich der weitläufige Schlossgarten an, dessen Geschichte in den Jahren 1703 bis 1706 mit der Pflanzung einer Lindenallee zum Paille-Maille-Spiel begann. In der Mitte des 19. Jahrhunderts war die Lindenallee der Kern einer umfassenden Erweiterung im Stile des Englischen Landschaftsgartens, die von verschiedenen Einbauten begleitet wurde. Der Thurnauer Schlossgarten wurde von reisenden Dichtern während der Romantik wie von der einheimischen Bevölkerung von Thurnau und dem Umland geliebt. Im Jahre 1968 fiel die Lindenallee weitgehend einem Hagelschauer zum Opfer und wurde fortan für den öffentlichen Zugang gesperrt. Park und Einbauten wie das Teehaus waren seither dem Verfall preisgegeben. Das Teehaus wurde im Herbst 2007 im Rahmen einer Notsicherung mit einem Schutzdach versehen.[35] Das Rathaus befindet sich im 1751 erbauten Künsberghof, der von 1986 bis 1988 umgebaut wurde.
Direkt neben der Kirche in Limmersdorf steht die Tanzlinde, welche die älteste der wenigen verbliebenen Tanzlinden ist. Unter ihrer Krone wird noch regelmäßig getanzt. Wegen der Besonderheit der Limmersdorfer Lindenkirchweih wurde sie 2014 als einer von 27 Bräuchen als fränkischer Vertreter in das Nationale Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes (IKE) aufgenommen.
Schloss Thurnau mit dem Brückengang zur St.-Laurentius-Kirche
Bekannt ist Thurnau vor allem als Töpferstädtchen. Die Geschichte des Thurnauer Töpferhandwerks reicht bis in das 14. Jahrhundert zurück. Das Töpfermuseum wurde 1985 gegründet; seit 1991 findet am zweiten Adventswochenende im Schloss Thurnau der weihnachtliche Töpfermarkt statt, bei dem neben regionalen auch Töpfereien aus ganz Europa ihre Waren anbieten.
Von 1903 bis zu ihrer Einstellung im Jahr 1938 hatte der Ort eine eigene Zeitung. Der Fränkische Landbote als „Zeitung für die schaffenden Stände“ erschien dreimal in der Woche.[36][37]
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde in der Parteymühle die Schuhfabrik Grelich gegründet. Drei weitere Produktionsstätten entstanden in der Jägerstraße, der Hutschdorfer Straße und der Bahnhofstraße, bis zu 106 Personen waren in dem Unternehmen beschäftigt.[38]
Die Wirtschaft Thurnaus ist vor allem durch die Gewerbegebiete direkt an der Bundesautobahn 70 geprägt. Ein breit gefächertes Einzelhandelsangebot und umfassende Gesundheitsdienstleistungen bestimmen zusammen mit der vielfältigen Gastronomie und bodenständigen Handwerksbetrieben, insbesondere im Bereich Möbel und dem Baugewerbe, das Leben in Thurnau.
Verkehr
Thurnau liegt an der Autobahn A 70 und ist dadurch mit den oberfränkischen Oberzentren Bamberg (40 km), Bayreuth (20 km), Hof (55 km) und Kulmbach (10 km) verbunden. Die Gemeinde ist deshalb auch als Wohnort sehr beliebt.
Bis zu deren Stilllegung im Jahr 1993 lag der Ort an der Lokalbahn Bayreuth–Thurnau–Kulmbach. Dort verläuft weitgehend als Bahntrassenweg der Radweg im Rotmaintal von Bayreuth nach Kulmbach, an den Thurnau mit der Schleife durch den Limmersdorfer Forst angebunden ist, das mit ca. 3300 Hektar größte geschlossene Waldgebiet Oberfrankens.
Das Bachsystem Aubach/Friesenbach, das den nördlichen Teil des Gemeindegebietes geographisch prägt, fließt direkt in den Roten Main, der sich sieben Kilometer nördlich von Thurnau in der Nähe von Kulmbach mit dem Weißen Main zum Main vereinigt. Durch diese Lage ist Thurnau als Standort für touristische Aktivitäten im ganzen oberfränkischen Raum beliebt.
Besondere regionale Bedeutung erlangt Thurnau durch eine Vielzahl traditioneller ländlicher Feste und ein ganzjähriges, vielfältiges kulturelles Angebot.
Seit 1980 befand sich in der Nähe von Thurnau ein Mittelwellensender des Deutschlandfunks (Koordinaten: 49° 59′ N, 11° 23′ O49.987511.376666666667). Der von der Deutschen Telekom betriebene Sender strahlte das Programm des Deutschlandfunks auf der Sendefrequenz 549 kHz mit einer Sendeleistung von 100 kW (bis Mitte der 1990er Jahre 200 kW) ab. Er verwendete als Sendeantenne einen 240 Meter hohen, gegen Erde isolierten selbststrahlenden Stahlfachwerkmast.
Am 31. Dezember 2015 wurde der Sender abgeschaltet[40] und am 27. Februar 2018 gesprengt.[41]
Südlich des Gemeindeteils Tannfeld steht ein 69 Meter hoher Fernmeldeturm als freistehende Stahlfachwerkkonstruktion der Deutschen Telekom AG. In der Nähe der Kleetzhöfe befindet sich ein Funkturm in außergewöhnlicher Bauweise.
Antenne des Mittelwellen-Senders in Thurnau
Fernmeldeturm Thurnau
Funkturm bei den Kleetzhöfen
Söhne und Töchter der Gemeinde
Christoph Schleupner (1566–1635), lutherischer Geistlicher und Theologe, geboren in Trumsdorf
Thomas Münch: Der Markt Thurnau mit seinen Ortsteilen. Geiger, Horb am Neckar 1993, ISBN 3-89264-785-2
Uta von Pezold: Die Herrschaft Thurnau im 18. Jahrhundert. (= Die Plassenburg; Band 27). Freunde der Plassenburg e. V./Stadtarchiv, Kulmbach 1968 (zugl. Dissertation, Universität Erlangen)
Sparkasse Kulmbach in Zusammenarbeit mit dem Landkreis (Hrsg.): Unser Landkreis Kulmbach. Deutscher Sparkassenverlag, Stuttgart 1985, OCLC159885915, S.156–159.
↑W.-A. v. Reitzenstein: Lexikon fränkischer Ortsnamen, S. 222. Nach E. F. v. Guttenberg: Land- und Stadtkreis Kulmbach, S. 163 ff., Ersterwähnung 1239.
↑R. Barth: Kulmbach: Stadt und Altlandkreis, S. 643 f. Dort werden für die Gesamtzahl der Anwesen abweichend 130 angegeben.
↑ abcR. Barth: Kulmbach: Stadt und Altlandkreis, S. 774 f.