Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts nahm die Verstädterung im von der Montanindustrie geprägten Oberschlesien stark zu. Es kamen zu den Oberschlesisch sprechenden Schlesiern auch viele Deutsche aus Niederschlesien und den benachbarten österreichischen Gebieten sowie außerdem eine große Zahl von Polen aus der preußischen Provinz Posen oder dem angrenzenden russischen „Kongresspolen“ nach Oberschlesien.
Nach dem Ersten Weltkrieg sollten nach dem Versailler Vertrag Teile des Grenzverlaufs zwischen dem neugegründeten Polen und dem Deutschen Reich durch Volksabstimmungen geregelt werden. Im Vorfeld der Volksabstimmung in Oberschlesien beschloss die Preußische Nationalversammlung am 14. Oktober 1919 das am 8. November 1919 in Kraft getretene Gesetz, betreffend die Errichtung einer Provinz Oberschlesien.[2] Zwischen 1919 und 1921 kam es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen (drei Aufstände in Oberschlesien) zwischen polnischen Einwohnern, die den Anschluss an Polen forderten, und deutschen Polizeieinheiten sowie Freikorps. Am Abstimmungstag 20. März 1921 stimmten (bei einer Wahlbeteiligung von 97,8 %) 707.554 Oberschlesier (59,6 %) für den Verbleib bei Deutschland, während 478.820 (40,4 %) für Polen votierten.
Am 3. September 1922 wurde im deutsch gebliebenen Teil Oberschlesiens eine Volksabstimmung durchgeführt, bei der über die Bildung eines eigenen Landes Oberschlesien im Deutschen Reich entschieden werden sollte. Jedoch sprachen sich über 90 % für den bisherigen Status quo, also den Verbleib Oberschlesiens im Freistaat Preußen des Deutschen Reiches während der Weimarer Republik aus.[3][4] Von 1938 bis 1941 war Oberschlesien mit der Provinz Niederschlesien zur Provinz Schlesien zusammengefasst. Von 1941 bis zum Kriegsende 1945 bildete Oberschlesien wieder eine eigenständige Provinz.
Am Ende des Zweiten Weltkrieges wurde Oberschlesien 1945 von der Roten Armee erobert und fiel bis auf das Hultschiner Ländchen, welches wieder zur Tschechoslowakei kam, an Polen. Anders als in Niederschlesien gab es im oberschlesischen Industriegebiet aus ethnischen und ökonomischen Gründen keine flächendeckende Zwangsaussiedlung, da viele Einwohner zweisprachig waren, weil sie entweder den schlesischen Dialekt gebrauchten oder in der Zeit zwischen den Weltkriegen in der Woiwodschaft Schlesien (zwangsweise) Polnisch erlernen mussten. Darüber hinaus verfügten viele Oberschlesier über berufliche Qualifikationen, die in der Kohle- und Stahlindustrie nicht kurzfristig ersetzt werden konnten. Wer einen, mehr oder weniger streng gehandhabten, polnischen Sprachtest bestand und als „autochthon“ eingestuft wurde, erhielt ein Bleiberecht. Auch Oberschlesier, die als (allein) deutschsprachig eingestuft wurden, erhielten ein Bleiberecht, wenn sie in wichtigen Industrien arbeiteten. Schließlich wurden von der oberschlesischen Bevölkerung „nur“ etwa 40 % und nicht, wie in Niederschlesien, mehr als 90 %, zwangsausgesiedelt. Insbesondere um Oppeln und Kattowitz blieb daher bis heute eine deutsche Minderheit zurück.
Heute gehört der größte Teil Oberschlesiens zu Polen, das Hultschiner Ländchen zu Tschechien. Die Region ist auch die Heimat der nach den ethnischen Schlesiern (Volkszählung 2002) größten ethnischen Minderheit Polens, der Polendeutschen. Etwa 250.000 Bewohner Schlesiens verfügen neben der polnischen seit 1991 auch über die deutsche Staatsbürgerschaft.
Die Provinz Oberschlesien hatte eine Fläche von 9.702 km², die Bevölkerung Betrug 1933 1,482 Mio. Einwohner, von denen der Großteil römisch-katholischen Glaubens Glaubens war, was eine (weitere) Besonderheit darstellte, da die Mehrheit im östlichen Deutschland protestantisch war. Dies war auf eine polnische Minderheit im Osten der Region sowie der Nichtdurchführung der Reformation zurückzuführen. Doch auch im Westen Oberschlesiens gab es vereinzelt protestantische Gemeinden.
1933: NSDAP 43,1 % – 24 Sitze | Zentrum 33,3 % – 18 Sitze | DNVP 8,3 % – 5 Sitze | SPD 6,6 % – 4 Sitze | KPD 6,4 % – 4 Sitze An 100 % fehlende Stimmen = Nicht im Provinziallandtag vertretene Wahlvorschläge.
Entwicklung der ethnolinguistischen Struktur
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Zahl der Polnischsprachigen und Deutschsprachigen Bevölkerung im Regierungsbezirk Oppeln
Paul Weber: Die Polen in Oberschlesien: eine statistische Untersuchung. Verlagsbuchhandlung von Julius Springer, Berlin 1913, archive.org
Einzelnachweise
↑ abcdPreußisches Statistisches Landesamt (Hrsg.): Statistisches Jahrbuch für den Freistaat Preußen. Band23, 1927, Anhang I. Fläche, Wohnbevölkerung und Zugehörigkeit zu Religionsgemeinschaften nach den endgültigen der Volkszählungen vom 16. Juni 1925 in den Freistaaten Preußen und Waldeck, S.238 (Digitalisat an der Schlesischen Bibliothek in Kattowitz).
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Georg Hassel: Statistischer Umriß der sämmtlichen europäischen und der vornehmsten außereuropäischen Staaten, in Hinsicht ihrer Entwickelung, Größe, Volksmenge, Finanz- und Militärverfassung, tabellarisch dargestellt. Erster Heft: Welcher die beiden großen Mächte Österreich und Preußen und den Deutschen Staatenbund darstellt. Verlag des Geographischen Instituts, Weimar 1823, S. 34; (Gesamtbevölkerung 1819: 561.203; Mährer: 12.000; Juden: 8.000 und Tschechen: 1.600)