Dorfen liegt im Tal der Isen etwa 45 Kilometer östlich von München und 20 Kilometer östlich der Kreisstadt Erding. Mit einer Fläche von 99,56 km²[2] ist Dorfen die flächenmäßig viertgrößte Stadt Oberbayerns, nur München, Beilngries und Ingolstadt haben eine größere Fläche.
Die Gemarkung Dorfen liegt, wie der gesamte Verlauf des Isentals von Lengdorf in Richtung Osten, am Übergang zweier großräumlicher Landschaftsformen. Nördlich des Tals befindet sich das Isar-Inn-Hügelland, das durch Molasseablagerungen eine leicht hüglige Landschaft mit vielen Bächen und Waldstücken (Erdinger Holzland) formte. Südlich der Isen beginnt eine durch eiszeitliche Moränen geformte Landschaft mit langgezogenen Bergen, tiefen Tälern und viel Wald (Gattergebirge).
Klima
Die durchschnittliche jährliche Niederschlagsmenge sank von 944 mm in den Jahren 1961 bis 1990 auf 831 mm im Zeitraum von 1991 bis 2020.[3] Der meiste Niederschlag fällt in den Sommermonaten Juni bis August mit einem Spitzenwert von 106 mm im Juli. Im Februar fällt der geringste Niederschlag mit durchschnittlich 41 mm.
Nach Daten des Bayerischen Landesamts für Statistik, Stand 31. Dezember 2020[6]
Geschichte
Bis zum 18. Jahrhundert
Dorfen wurde im Jahre 773 zum ersten Mal urkundlich erwähnt, das trifft auch für Oberdorfen zu, da nicht nach Dorfen und Oberdorfen unterschieden wurde.
Durch Herzog Ludwig den Kelheimer wurde Dorfen um 1230 systematisch angelegt als Stützpunkt gegen das Hochstift Freising (Herrschaft Burgrain) und gegen die Grafschaft Haag und als wirtschaftliches Zentrum für das Gebiet zwischen Erding, Landshut, Wasserburg am Inn und Mühldorf am Inn. Zwischen 1229 und 1237 bekam der Ort wohl durch seinen Nachfolger Herzog Otto II. den Erlauchten das Marktrecht verliehen. Die niederbairischen Herzöge statteten den Markt mit Rechten und Freiheiten aus und verliehen ihm 1331 das Landshuter Marktrecht mit zahlreichen Verbesserungen gegenüber den früheren Privilegien. Dorfen wurde zum Sitz eines Landrichters und bekam 1324 und 1331 die selbständige niedere Gerichtsbarkeit sowie die bürgerliche Selbstverwaltung verliehen – so dass das Dorfen des 13. und 14. Jahrhunderts nach seiner Anlage und seinem Wirtschaftsleben nicht den Städten der damaligen Zeit nachstand.
1422 fand in Dorfen der „Ochsenkrieg“ statt; Graf Georg III. nahm mit seinem Haager Fähnlein das stark befestigte Dorfen ein. Die Ritter plünderten und verwüsteten den Markt, hunderte Menschen starben.[7]
Im Dreißigjährigen Krieg besetzten die Schweden 1632 und 1634 den Markt, plünderten, mordeten und brannten die Häuser nieder. In ihrem Gefolge raffte die Pest ein Drittel der noch verbliebenen Bevölkerung hinweg. Im 17. und 18. Jahrhundert war Dorfen mit der Gnadenmutter von Dorfen eine der meistbesuchten Wallfahrtsstätten Südbayerns.
19. bis 21. Jahrhundert
Um 1885/90 wurde das Haager Tor abgebrochen und die Wallanlage entfernt sowie der Wassergraben zugeschüttet und als Fußweg angelegt. 1910 fand der Dorfener Bierkrieg statt: Als die Maß Bier aufgrund eines Malzaufschlags um zwei Pfennige teurer werden sollte, kochte die Volksseele. Streik- und Boykottaufrufe heizten die Stimmung weiter an. Die Wirtschaften der beiden Brauereien gingen durch Brandstiftung in Flammen auf, das Feuer griff auf weitere Häuser über. In München wurden Pioniere in Bereitschaft gesetzt, sie kamen aber nicht zum Einsatz, denn die Preiserhöhung wurde zurückgenommen. Mehrere Verhaftungen und Strafverfahren beendeten die Unruhen. In den 1920er-Jahren wurde nach einer verheerenden Überschwemmung die Isen begradigt, die vorher in Schleifen um den Markt verlaufen war. In den Jahren nach 1945 entwickelten sich die Moosener Siedlung, die Isener Siedlung und die Lerchenhuber Siedlung, die heute zusammen etwa 2500 Bewohner zählen.
Im Zuge der Gebietsreform in Bayern wurden am 1. Januar 1972 die Gemeinde Watzling und ein Teil der Gemeinde Eibach eingegliedert. Am 1. Juli 1972 kamen Hausmehring und Schwindkirchen (mit dem am 25. November 1864 eingegliederten Stollnkirchen) hinzu.
Die am 1. Januar 1972 aus dem Zusammenschluss der damaligen Gemeinden Grüntegernbach und Wasentegernbach neu gebildete Gemeinde Tegernbach wurde am 1. Mai 1978 fast vollständig in die Stadt Dorfen eingegliedert. Die Gemeindeteile Endsberg und Stetten mit insgesamt elf Einwohnern wurden an die Gemeinde Schwindegg (Landkreis Mühldorf) abgetreten. Außerdem wurde die Gemeinde Zeilhofen eingegliedert.
Die eingemeindeten Gemeinden bestehen in den heutigen Gemarkungen der Stadt Dorfen fort, auch wenn deren Flächen nicht mehr komplett deckungsgleich sind.
Zusätzlich gehört dem Stadtrat der Erste Bürgermeister an.
Bürgermeister
Erster Bürgermeister ist Heinz Grundner (CSU). In der Stichwahl 2008 wurde er mit 56,06 % der gültigen Stimmen gewählt. Bei der Kommunalwahl 2014 wurde er mit 57,0 % der Stimmen wiedergewählt.[11] Zum zweiten Mal wiedergewählt wurde er bei der Kommunalwahl 2020 mit 53,5 % der Stimmen.[12] Zweiter Bürgermeister ist Ludwig Rudolf (CSU) und Dritter Bürgermeister Sven Krage (ÜWG).
Das Wappen der Stadt ist historisch und geht auf Siegel aus dem 14. Jahrhundert zurück: „In Blau drei, zwei zu eins gestellte silberne Häuschen mit goldenen Dächern.“ Neben dem Wappen führt die Stadt eine Flagge in den Farben Blau-Rot.[13]
Sehenswert ist die aus vier kreuzförmig angelegten Plätzen gestaltete Dorfener Innenstadt (angelegt im 13. Jahrhundert) mit drei mittelalterlichen Stadttoren und stattlichen Bürgerhäusern mit Fassaden aus Barock und Biedermeier.
Frühklassizistische Wallfahrtskirche Maria Himmelfahrt. 1783/84 wurde sie nach dem Langhausgewölbe-Einsturz unter Einbeziehung der spätgotischen Gebäudeteile neu errichtet. Die Marienleben-Deckenfresken wurden von Johann Huber angefertigt. Der original vorhandene Asam-Altar wurde 1868 abgebrochen und durch einen neugotischen Altar ersetzt. Die Verwendung von kirchlichen Spendengeldern für den Rückbau des Altars nach den alten Plänen führte 1971 zu Jugendprotesten.
Wallfahrtsstätte Mariä Himmelfahrt
Nach Altötting galt Mariä Himmelfahrt in Dorfen bis vor 100 Jahren als der zweitgrößte Marienwallfahrtort Bayerns. Bis zu 300.000 Pilger kamen pro Jahr, um die Gnadenmutter von Dorfen zu grüßen. Auch heute noch machen sich bayernweit viele Wallfahrer auf den Weg dorthin.
Weihnachtskrippe
Die Dorfener Krippe mit prächtig ausgestattete Krippenfiguren (Gliederpuppen mit spätbarocken Schnitzköpfen) von 1720, restauriert 1990–1995, wird jährlich zur Weihnachtszeit in der Kirche Maria Dorfen ausgestellt.[14]
Der Jakobmayersaal ist der Ballsaal im ersten Stock eines nach dem Bierkrieg von 1910 errichteten Großgasthauses.[15] Das Gebäude wurde von der Stadt Dorfen gekauft. Nach umfangreichen Sanierungsmaßnahmen wurde der Saal im Oktober 2011 wieder eröffnet,[16] ein Kinogebäude wurde in Form eines Kubus im nördlichen Teil des Jakobmayeranwesens angebaut.[17]
Hemadlenzn
Überregional bekannt ist der „Hemadlenzn-Umzug“, der seit 1891 am Unsinnigen Donnerstag durchgeführt wird.[18] Der Name „Hemadlenz“ ist vom Heiligen Laurentius abgeleitet, weil dieser auf alten Abbildungen ein „Hemad“ (ein Hemd) trägt.[19]
Bei dem Umzug, der eigentlich als konjunkturelle Maßnahme eingeführt wurde, kam es 1952 zu umfassenderen Änderungen, als die Verbrennung der Hemadlenz-Puppe eingeführt wurde und erstmals Frauen zum Umzug zugelassen wurden.[18] Heutzutage ziehen rund 5000 Dorfener und Touristen in weißen Nachthemden singend und feiernd durch die Straßen der Innenstadt. Nach einem Rundgang wird der Hemadlenz kurz vor 12 Uhr am Marienplatz dem Feuer übergeben. An diesem Tag, der in Dorfen schulfrei ist, kam es in der Vergangenheit immer wieder zu Zwischenfällen.[20]
Dorfner Liedertafel
Im Jahre 1875 entschlossen sich 22 Bürger, einen Männergesangsverein, die Liedertafel zu gründen. Es wurden in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts Theaterstücke mit Gesang und Operetten aufgeführt. Mit der Zeit nahm der Verein auch Frauen auf. Die 1200-Jahr-Feier der Stadt Dorfen wurde 1973 mit einem Festkonzert der Liedertafel geschmückt. Heute ist die Liedertafel Dorfen ein gemischter Chor mit 50 Mitgliedern.
Bekannt ist der sogenannte Bierkrieg: Im Jahre 1910 wurde angekündigt, dass das Bier um 2 Pfennig teurer wird. Die aus der Wut der Bürger entstandenen Folgen waren abgebrannte Häuser sowie ein Streit mit der Brauerei Bachmayer. Ein Theaterstück über diese Ereignisse wurde 1995, 1999 und 2010 als Festspiel aufgeführt.
Freizeit
Vereine
Die Stadt und ihre Gemeindeteile haben über 150 Vereine in den Bereichen Kultur und Brauchtum, Wohlfahrts- und Rettungsdienst sowie in vielen Sportsparten. Der 1965 gegründete Skiclub Dorfen mit über 1700 Mitgliedern ist der größte, die Soldaten-, Reservisten- und Veteranenkameradschaft Dorfen 1832 der älteste Verein. Daneben gibt es den 1869 gegründeten Breitensportverein TSV Dorfen mit über 1100 Mitgliedern und den Sportarten Basketball, Faustball, Fußball, Judo, Karate, Leichtathletik, Turnen und Volleyball, den seit 1967 bestehenden ESC Dorfen, der das Eisstadion Dorfen betreibt, den seit 1954 bestehenden Post-SV Dorfen mit den Abteilungen Schach und Tischtennis sowie den TC Dorfen, einen der größten Tennisclubs in Oberbayern.
Museum
Südlich der Altstadt befindet sich das Heimatmuseum des Historischen Kreises Dorfen im ehemaligen Gefängnis am Herzoggraben 10.[21] Gezeigt wird eine umfassende Darstellung der Geschichte der Stadt und ihrer Umgebung, von der Ur- und Frühgeschichte bis in die Gegenwart.
Kirchen
Im Stadtgebiet gibt es die Pfarr- und Wallfahrtskirche Mariä Himmelfahrt, die Marktkirche St. Veit, die evangelische Versöhnungskirche am Rathausplatz, die Pestkirche St. Sebastian und die Etzkapelle, im Umland St. Johannes der Täufer in Jaibing, St. Peter und Paul in Hampersdorf, St. Jakobus in Jakobrettenbach und St. Nikolaus in Staffing sowie die Klosterkirche Algasing.
Wirtschaft und Infrastruktur
Industrie, Handel und Gewerbe
Mit der Ziegelei Meindl befand sich in Dorfen eines der größten Dachziegelwerke Deutschlands, das 2005 durch die belgische Etex Group übernommen und Ende 2015 geschlossen wurde. Weitere Betriebe mit größerer Mitarbeiterzahl sind Doma Fördertechnik und Kiefer (Boki) sowie das Kloster der barmherzigen Brüder und zugleich Behindertenheim Algasing im gleichnamigen Gemeindeteil.
In Dorfen gibt es die aktiven Brauereien Bräu z’Loh[22] und Kellerbräu.[23][24] Bachmayer stellte im Mai 2023 seine Produktion ein.[25]
Land- und Forstwirtschaft
Bestanden im Jahr 1999 noch 361 landwirtschaftliche Betriebe, ging deren Zahl bis 2010 auf 245 zurück.
Dorfen liegt an der Bundesstraße 15 zwischen Landshut und Rosenheim. Im südlichen Stadtgebiet verläuft die am 1. Oktober 2019 eröffnete A 94 (München-Pocking) mit der Dorfen über die Anschlussstelle 15 angebunden ist. Als weitere wichtige regionale Verbindungsstraße durchquert die Staatsstraße St 2086 die Stadt in Ost-West-Richtung.
Eine kreuzungsfreie Tieferlegung der auszubauenden Bahnstrecke ABS 38 München–Mühldorf–Freilassing im Bereich Dorfen wird seitens des Vorhabenträgers Bahn als zu kostenintensiv abgelehnt.[29][30]
Die Stadt selbst besitzt zwei Grundschulen, eine Mittelschule, ein Gymnasium, sowie ein Förderzentrum. Über eine Eröffnung einer Realschule wird seit Jahren diskutiert;[31] die nächstgelegene Realschule befindet sich in Taufkirchen (Vils). Die Kreisstädte Mühldorf und Erding bieten eine Fachoberschule, eine Kreismusikschule und eine Berufsschule an.
Für die medizinische Krankenversorgung gibt es das Kreiskrankenhaus Dorfen, eine Filiale des Kreiskrankenhauses Erding, eine Fachklinik für Innere Medizin sowie das MVZ Dorfen (Ärztehaus) mit chirurgischen Fachpraxen. Über die Stadt verteilt gibt es zahlreiche Allgemeinärzte und Zahnarztpraxen.
Tourismus
Obwohl Dorfen eine gut erhaltene Altstadt besitzt, landschaftlich reizvoll gelegen ist und mit den südlich angrenzenden Landschaften Lappachtal, Goldachtal und dem Gattergebirge einige der schönsten Landschaften der Region aufweisen kann, ist die Stadt – vom Wander- und Radwegenetz abgesehen – touristisch nicht erschlossen.
Das Isental ist bekannt für seine harmonische Hügellandschaft rund um das Tal, die eine Vielzahl von Quellen und Bäche hervorbringt. Hier finden teils stark bedrohte Vogelarten einen Lebensraum. Im Volksmund werden die nahegelegenen Hügel auch als die „Dorfner Alpen“ oder die „Dorfner Gebirgsketten“ bezeichnet.
Persönlichkeiten
In Dorfen geboren bzw. aufgewachsen
Angela Ascher (* 1977), Schauspielerin, geboren in Landshut, aufgewachsen in Dorfen
Simone Ascher (* 1980), Schauspielerin, Sängerin, geboren in Landshut, aufgewachsen in Dorfen
Ferdinand Reisner (1721–1789), Regens und Professor des Priesterseminars in Dorfen
Traugott Roser (* 1964), ev. Theologieprofessor in Münster, 1992/93 Vikar in Dorfen
Hans Söllner (* 1955), bayrischer Liedermacher, nahm einige Platten in der Soafa in Dorfen auf: Für Marianne und Ludwig (1987), Wos reimt se scho auf Nicki… (1987) und …Ungehörtes und Unerhörtes (1992).
Lorenz Wachinger (* 1936), Theologe, Psychologe, Therapeut, laisierter Priester, Autor, Kaplan in Maria Dorfen
Hermann Winter (1922–1988), Maler, wirkte und starb in Dorfen.
Literatur
Bernhard Zöpf: Nachrichten über die ehemaligen Edelsitze Schwindkirchen, Schiltern, Giebing und Schönbrun, Dulzheim, Lappach und Burgrain im kgl. Landgerichte Haag. In: Oberbayerisches Archiv für vaterländische Geschichte, Band 23, München 1863, S. 359–368 (online).
Weblinks
Commons: Dorfen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
↑Gemarkungs- und Gemeindeverzeichnis. Landesamt für Digitalisierung, Breitband und Vermessung, 17. Februar 2022, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 2. Februar 2021; abgerufen am 22. Februar 2022.
↑Amtsblatt Nr. 35. Landratsamt Erding, 31. August 2022, S. 322, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 20. September 2022; abgerufen am 16. September 2022.