Der in französische Anführungszeichen eingeschlossene Titel »Beständig ist das leicht Verletzliche« zitiert die erste Zeile des Gedichts Die Laubwolke (1933)[1] von Oskar Loerke, das ebenfalls in die Anthologie aufgenommen wurde. (S. 280)
Das Buch ist Alfred Kittner gewidmet, der „dieses Kompendium … selbstlos mit einer Vielzahl wichtiger Fingerzeige begleitet hat.“ (S. 933)
Diese Sammlung Gedichte in deutscher Sprache von Nietzsche bis Celan (so der Untertitel) „wurde in der Absicht zusammengetragen, Bekanntes, Bewährtes mit Fundstücken so zu mischen, daß ein neuer Kontext entsteht, der kanonische Festschreibungen in Frage stellt“, um „das Grundmuster der Genesis moderner Lyrik in deutscher Sprache für einen kurzen Zeitabschnitt durchscheinen zu lassen.“ (S. 907) Die Anthologie enthält auch zahlreiche vergessene Autoren, Opfer des Holocausts, für die „oft kein genaues Todesdatum in Erfahrung zu bringen [war],“ und auch solche, deren Leben nach 1945 „unbemerkt zu Ende ging“. (S. 909–910) Da für viele Autoren keine kritische Ausgabe vorhanden war, war nicht nur die Recherche für den umfangreichen bio-bibliographischen Anhang aufwändig, sondern auch die Beschaffung der Textquellen (Erstausgaben).
Dem Herausgeber war es ein Bedürfnis, die breite Basis der modernen deutschsprachigen Lyrik vorzustellen, ohne die Gipfelleistungen nicht zu erreichen wären. (S. 907) Daher geht die Auswahl in die Breite: Von den 364 vertretenen Autoren sind mehr als die Hälfte nur mit einem oder zwei Gedichten präsent. Die Proportionen bleiben jedoch gewahrt; die vorzüglichsten Dichter sind stärker vertreten. (Rilke mit 9 Gedichten, Benn, Brecht, George, Heym, Huchel, Kramer, Lasker-Schüler, Loerke, Morgenstern, Trakl mit jeweils 8, usw).[2]
In der Anthologie sind die Dichter weder alphabetisch noch nach Geburtsjahrgängen angeordnet. „Dem Herausgeber schien es sinnfälliger, die ausgewählten Gedichte, wo angängig, in stilgeschichtlich relevanten Blöcken zusammenzufassen, ohne auf Einzelgänger, auf Vorläufer wie auf Nachklänge zu verzichten.“ (S. 908) Dieses Prinzip ist für den Leser sehr wohltuend, da die Brüche zwischen den einzelnen Gedichten damit geglättet werden.[2]
Vorgeschichte
Schon seit seiner Jugendzeit hatte Wulf Kirsten intensiv Gedichte gelesen und Abschriften angefertigt (1948–1953 in der StadtbüchereiMeißen, 1957–1964 in der Deutschen BüchereiLeipzig). „Aus der Rezeption ging die Anmaßung hervor, eigene Anthologien anzulegen in Gestalt von Typoskripten. Das Abschreiben erwies sich immer wieder als Prüfstein für die Qualität eines Gedichts.“ (S. 936) Zahlreiche „Entdeckungen, die zunächst enthusiasmierten, nach mehrmaligem Lesen … jedoch nicht standhielten“, wurden ausgeschieden. (S. 908)
Nachdem Wulf Kirsten im Aufbau Verlag, für den er als Lektor arbeitete, 1981 die Anthologie Deutschsprachige Erzählungen 1900–1955 herausgegeben hatte (zusammen mit Konrad Paul), plante der Verlag dazu ein lyrisches Gegenstück. Nach dem Ende der DDR wurden die Pläne aufgegeben, und erst zwanzig Jahre später konnte die Anthologie im Ammann Verlag (kurz vor dessen Auflösung) erscheinen. Man kann also resümieren, dass Kirsten an seiner Anthologie sechzig Jahre gearbeitet hat.
Ausgabe
Wulf Kirsten (Hrsg.): »Beständig ist das leicht Verletzliche« Gedichte in deutscher Sprache von Nietzsche bis Celan Ammann Verlag, Zürich 2010, ISBN 978-3-250-10535-0. 1119 Seiten, davon 900 Seiten Gedichte von 364 Dichtern.
Einzelnachweise
↑Quelle: Oskar Loerke: Die Gedichte. Suhrkamp, Frankfurt 1984.
↑ abFür jeden Autor kann die Anzahl der Gedichte und die Seite, auf der sie beginnen, der unten folgenden Tabelle entnommen werden.
Enthaltene Autoren
Autoren in «Beständig ist das leicht Verletzliche»