Die deutsche Architektur ist durch ein großes Maß an regionaler Vielfalt geprägt, bedingt durch die jahrhundertelange Aufgliederung des deutschen Territoriums in Fürstentümer, Königreiche und andere Herrschaftsgebiete. Dadurch entstand ein sehr heterogenes Bild, teilweise gibt es architektonische Unterschiede von Stadt zu Stadt, von Dorf zu Dorf. Dies beschert dem heutigen Deutschland ein besonders reichhaltiges historisches Bauerbe. Nicht zu übersehen sind in vielen deutschen Städten allerdings die Folgen der Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg; gerade in den Stadtzentren größerer Städte sind die historischen Bauten meist nur – rekonstruierte – Inseln inmitten der einfacheren Architektur des Wiederaufbaus. Von den etwa 16 Millionen Wohnungen der Vorkriegszeit haben sich etwa zwei Drittel erhalten.[1][2][3] Unter den kleineren und mittleren Städten gibt es hingegen viele überwiegend gut erhaltene Altstädte, siehe Liste von Städten mit historischem Stadtkern in Deutschland. Einige von ihnen sind durch bekannte Themen- und Ferienrouten wie die Deutsche Fachwerkstraße und die Romantische Straße miteinander verbunden.
Deutschlands Architektur ist naturgemäß auch eng mit der seiner Nachbarstaaten und anderer europäischer Länder verwoben. Architekturstile machen so gut wie nie an Staatsgrenzen halt, so dass man architekturgeschichtlich von einer rein „deutschen“ Architektur nicht sprechen kann. Architektur ist immer ein grenzüberschreitendes Medium, das einen Kulturkreis verbindet und zugleich symbolisiert. So war es bei den durch Mitteleuropa wandernden Bauhütten im Mittelalter, bei der Barock-Baukunst etwa an der Würzburger Residenz und so ist es in verstärktem Maße auch in der eng vernetzten heutigen Welt, in der Architekten häufig international tätig sind und Stilentwicklungen global prägen. Als prägend für die deutsche Kultur- und Architekturlandschaft gelten unter anderem Altstädte mit vielen Fachwerkhäusern und Schrägdächern, Monumentalbauten (vor allem Kirchen) der Romanik und Gotik, ein reichhaltiges Erbe an Burgen und Schlössern, ausgedehnte Villen- und Blockrandviertel aus der Zeit der industriellen Revolution (meist Historismus), im norddeutschen Raum Backsteingotik und -expressionismus, die hier entstandene modernistische Bauhaus-Bewegung und nachfolgende eher nüchtern gehaltene Stile sowie die Postmoderne.
Die Kelten bauten die ersten Städte nördlich der Alpen, zum Beispiel die Heuneburg.
Antike
Das Römische Imperium erstreckte sich einst über weite Teile der heutigen Bundesrepublik Deutschland. Überreste des um 100–150 n. Chr. entstandenen Limes, der römischen Grenzbefestigung, sind heute noch erhalten. Neben den Militärbauwerken wie Kastellen und Militärlagern errichteten die Römer z. B. auch typische Thermen, Brücken und Amphitheater.
Eine bedeutende Metropole dieser Zeit war Trier, wo heute unter anderem noch die Porta Nigra, das wohl am besten erhaltene Stadttor der Antike, die Überreste von verschiedenen Thermen, eine Römerbrücke und die (wiederaufgebaute) Konstantinbasilika zu sehen sind.
Mit dem Abzug der Römer verschwand ihre städtische Kultur und auch ihre Fortschritte in der Baukunst (z. B. Heizung, Fensterglas) – von den Germanen gibt es kaum erhaltene Bauwerke, da sie in Hüttensiedlungen lebten.
Vorromanik
Wichtige vorromanische Bauten sind die unter Karl dem Großen etwa um 800 errichtete Pfalzkapelle in Aachen, heute Teil des Aachener Doms, die nach byzantinischen Vorbildern erbaut ist; weiterhin die Klosterkirchen der Insel Reichenau und die Torhalle des Klosters von Lorsch aus dem frühen 9. Jahrhundert, die ein besonders schönes Beispiel unter den wenigen erhaltenen karolingischen Bauten in Deutschland ist. Die Kunstblüte dieser Zeit ist auch als Karolingische Renaissance bekannt und gilt als erste klassische Architekturbewegung, die Motive der Antike wiederaufgreift.
Ein Bauwerk, das nach Meinung mancher Architekturhistoriker die Romanik vorbereitete, die in Deutschland ca. 1030 einsetzt, ist die Klosterkirche St. Michael in Hildesheim (ca. 1010–1033).
Romanik
Das bedeutendste romanische Bauwerk der Bundesrepublik ist der Dom zu Speyer. Er entstand in mehreren Bauphasen ab etwa 1030, war im 11. Jahrhundert das größte Bauwerk der christlichen Welt und ein bauliches Machtsymbol der Salier.
Der Wormser Dom und der Mainzer Dom sind ebenfalls oft zitierte Beispiele der romanischen Baukunst.
Sehenswert ist auch das Kloster Maulbronn, das als bedeutendes Beispiel der Baukunst der Zisterzienser gilt. Es entstand zwischen dem 12. und 15. Jahrhundert und besitzt daher gotische Bestandteile.
Im 11. Jahrhundert lag auch der Baubeginn zahlreicher Burgen, etwa der Nürnberger Burg und der Wartburg, die beide später im gotischen Stil erweitert wurden.
Gotik
Die Gotik hat ihren Ursprung in Frankreich; das erste gotische Bauwerk in Deutschland, der Magdeburger Dom, wurde ab 1209 errichtet. In den Jahren darauf folgten weitere Bauten, etwa die Liebfrauenkirche in Trier (ca. 1233–1283) und die Elisabethkirche in Marburg (ca. 1235–1283). Das Freiburger Münster, dessen Baubeginn um 1200 liegt, besitzt einen authentisch gotischen Turmhelm, der etwa 1340 vollendet war; dieses Münster zählt zu den bedeutenden Bauwerken der Gotik in Deutschland.
Wegen der langen Bauzeit der Kirchen und Dome, die von in Bauhütten organisierten Handwerkern errichtet wurden, wurden etliche der bekanntesten Bauwerke erst im 19. Jahrhundert vollendet, als der gotische Stil im Rahmen der Romantik bzw. des Historismus wieder in Mode kam: Das gilt vor allem für den Kölner Dom, der nach dem Mailänder Dom die größte gotische Kathedrale der Welt ist und den man nach jahrhundertelangem Baustopp mit Hilfe von wiederentdeckten gotischen Plänen schließlich 1880 vollendete.
Auch das Ulmer Münster stellte man nach einem sehr langen Baustopp erst Ende des 19. Jahrhunderts fertig, sein 161,55 Meter hoher Turm war um 1890 vollendet – er ist bis heute der höchste Kirchturm der Welt.
Im Gebiet der Ostseeküste herrschte die so genannte Backsteingotik vor. Städte wie Lübeck, Rostock, Wismar, Stralsund und Greifswald sind von dieser regionalen Stilvariante geprägt. Da es in der Küstenregion nur geringe Natursteinvorkommen gibt, musste man auch beim Bau großer Bauten auf den Ziegelstein zurückgreifen. Durch die Entwicklung von Formziegeln entstand eine eigene Formensprache, und der Ziegel verlieh den Bauten zudem eine besondere Farbigkeit. Als Vorbild für den Baustil vieler norddeutscher Kirchen diente St. Marien in Lübeck, die zwischen 1200 und 1350 entstand.
In der Gotik tritt neben den Kirchenbauten auch der Bau von Zunfthäusern und vor allem von Rathäusern als Bauaufgabe auf – ein Zeichen für das aufstrebende Bürgertum. Berühmt sind hier das Rathaus von Stralsund (um 1350) und das Bremer Rathaus (1410), dessen Fassade jedoch während der Renaissance-Zeit umgestaltet wurde. Ein besonderes Beispiel für einen gotischen Profanbau ist auch das (wiederaufgebaute) Rathaus von Münster in Westfalen (ursprünglich von 1350).
Da die deutschen Baumeister weder Italien noch die Bauten der Antike gesehen haben, gerät im 16. Jahrhundert die italienische Renaissance-Architektur unter den Händen deutscher Baumeister „zunächst zum reinen Mißverständnis“.[6] Aus Musterbüchern wird das Dekor der lombardisch und venezianischen Frührenaissance übernommen. Damit werden die Fassaden verkleidet, die gotischen Treppengiebel mit Voluten verschleift und „manieristisch-antikisierendes Gekröse“[6] aus Stein verwendet. So entsteht in Deutschland des 16. Jahrhunderts eine bürgerliche „Lego-Antike“[6] mit einer kleinteiligen Elemente-Sammlung, deren Einzelförmchen angeklebt wirken. Der Anschluss an die italienische Renaissance gelingt bei den Schlossbauten in Dresden, Berlin, Torgau, Brieg und bei der Münchner Kirche St. Michael, wo jedoch oft nur das Ornament überwiegt. In Deutschland entwickelt sich parallel zur italienischen Spätrenaissance bis 1650 auch eine bewusst antiklassische Architektur, der Manierismus. Manieristische Darstellungen, Labyrinth, Kugel, Ei, Würfel (Hieronymus Bosch) weisen auf den Surrealismus des 20. Jahrhunderts hin. Merkmal des Manierismus in Deutschland ist die Dekoration der nordischen Renaissance, geprägt durch den nach den Niederländer Cornelis Floris benannten Florisstil. In Nordeuropa, insbesondere in Deutschland, schmücken nun Beschlag-, Roll-, Knorpel- und Ohrmuschelwerk, Obelisken und Voluten die Giebel der Gebäude und bilden das „Schweifwerk“.
Als die Fugger 1509 ihre Familienkapelle in der Augsburger Kirche St. Anna im „italienischen Stil“ gestalten ließen, bereiteten sie der italienischen Renaissance in Deutschland den Boden. Augsburg, die Handelsstadt, war in dieser Zeit eine der bedeutendsten Metropolen in Europa. Über die Handelsverbindungen wurde auch ein Stück italienischer Kultur importiert. Allerdings konnte sich die Renaissance, die dann um 1520 in Deutschland Fuß fasste, durch die politischen Bedingungen der Zeit nicht wirklich gut im Lande ausbreiten. Deutschland war in zahlreiche Fürstentümer zersplittert, die Bürger hatten meist wenige Rechte und bewaffnete Konflikte, vor allem die Religionskonflikte im Zuge der Reformation, sorgten dafür, dass weite Landstriche quasi unterentwickelt blieben. Manche Fürsten förderten allerdings die „moderne Kunst“ verstandene Renaissance, etwa in Torgau (Schloss Hartenfels, Rathaus), Aschaffenburg (Schloss Johannisburg) oder Landshut. In Landshut steht mit der Landshuter Stadtresidenz ein sehr authentischer, weil von italienischen Handwerksmeistern erbauter Renaissance-Bau. Als bedeutender Renaissancebau nördlich der Alpen gilt auch St. Michael in München (Baubeginn ca. 1581). Das Augsburger Rathaus ist ebenfalls ein bedeutender Renaissancebau, er wurde allerdings erst spät, zwischen 1614 und 1620, vom Augsburger Baumeister Elias Holl errichtet.
Ein Beispiel für Renaissancebaukunst mit „niederländischen Einflüssen“[6] ist das Heidelberger Schloss. Beispiele für die niederländische Renaissance sind in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen zu finden, wo im Bereich der Weser zahlreiche Schlösser und Herrensitze im Stil der Weserrenaissance entstanden sind. Ein hervorragendes Stadtbild im Stil der Renaissance haben die Städte Hameln und Lemgo. In Wolfenbüttel sind das Schloss der Welfen sowie die evangelische Stadtkirche Beatae-Maria-Virginis als besondere Beispiele der Renaissance erwähnenswert.
In Thüringen und Sachsen sind viele Kirchen und Schlösser im Stil der Renaissance erbaut worden. So zum Beispiel die Wilhelmsburg mit Schlosskapelle in Schmalkalden, die Stadtkirche von Rudolstadt, das Schloss in Gotha, das Rathaus in Leipzig, das Innere des Chorraums das Freiberger Domes, das Schloss in Dresden oder der Schönhof in Görlitz.
In Norddeutschland sind das Güstrower Schloss sowie die besonders reiche Innenausstattung der Stralsunder Nikolaikirche von Interesse.
Die barocke Herrschaftsarchitektur der deutschen Königs- und Fürstenhäuser orientierte sich, ebenso wie das Hofzeremoniell, stets am Vorbild Frankreich, vor allem am Hof des Sonnenkönigs in Versailles. So entstand der Dresdner Zwinger in Dresden, den Matthäus Daniel Pöppelmann zwischen 1709 und 1728 errichtete, zunächst zur Abhaltung höfischer Feste, wie sie am Hofe des Sonnenkönigs üblich waren.
Die Architektur des Absolutismus stellte stets den Herrscher in den Mittelpunkt, so erhöht z. B. die Raumkomposition die Machtstellung des jeweiligen Herrschers – etwa in Form der prächtigen Treppenhäuser, die zur Person des Herrschers führen – auch die Wand- und Deckenmalerei und die Skulpturen an den plastisch geformten Wänden preisen mit ihren Motiven meist den fürstlichen oder königlichen Bauherren.
Das Zusammenspiel von Architektur, Malerei und Plastik ist ein wesentliches Merkmal der Barockarchitektur. Ein bedeutendes Beispiel ist die Würzburger Residenz mit dem Kaisersaal und dem Treppenhaus, deren Bau, unter Federführung von Johann Balthasar Neumann, im Jahr 1720 begann. Viele verschiedene Architekten und Künstler aus ganz Europa haben an ihrem Bau mitgewirkt, deshalb gilt die Würzburger Residenz als „Synthese des europäischen Barock“. Die Fresken im Treppenhaus etwa schuf Giovanni Battista Tiepolo zwischen 1751 und 1753.
Rokoko ist die Spätphase des Barock, in der das Dekor noch weitaus üppiger geriet und die verwendeten Farben meist hellere Töne zeigten.
Bei Schloss Sanssouci, das zwischen 1745 und 1747 entstand, spricht man gar von „Friderizianischem Rokoko“, da der üppige Stil hier in einer gewissen Strenge ausgeführt ist.
Die 1754 vollendete Wieskirche bei Steingaden ist ein überragendes Beispiel des Rokoko und wegen seiner beiden Baumeister Dominikus Zimmermann und Johann Baptist Zimmermann ein Höhepunkt der Sakralarchitektur im Voralpenland. Durch die vielen Klöster und Kirchen in der Region, auch Pfaffenwinkel genannt, konnten sich hier sehr versierte, auf Sakralbauten spezialisierte Baumeister und Handwerker herausbilden, wie etwa die Brüder Zimmermann.
Der Klassizismus kam in Deutschland in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts auf. Er orientierte sich, wie es der Name besagt, an der klassischen Baukunst der Antike. Der Klassizismus ist als Gegenbewegung zum Barock zu verstehen und grenzt sich auch ideell von dem Architekturstil des Absolutismus ab. Dies galt nicht nur für die Architektur, sondern auch für die Landschaftsarchitektur.
Die baulichen und theoretischen Impulse für diesen Stil kamen aus England; so gleicht das Schloss Wörlitz auch einem englischen Landsitz, die englischen Landsitze wiederum orientierten sich an der italienischen Renaissance, vor allem an Palladio.
Am bayerischen Hof machte sich der Architekt Leo von Klenze einen Namen. Der Königsplatz in München (ab 1816) mit der Glyptothek, den Propyläen und der letztlich von Georg Friedrich Ziebland erbauten Antikensammlung ist wohl sein berühmtestes Werk; es ist einer griechischen Tempelanlage nachempfunden.
Zu den bedeutenden Bauten der Zeit gehört außerdem das Schloss Wilhelmshöhe in Kassel (Baubeginn 1786), dessen Park aus der barocken Anlage des Karlsberg und dem ab 1763 ausgebauten Landschaftsgarten besteht.
Spezielle Repräsentationsbauten des Kaiserreiches wurden hingegen deutschlandweit häufig in einem ähnlichen Stil geschaffen, die preußischen Reichspostämter z. B. meist in neogotischer Klinkerbauweise, Museen und Justizbauten oft im Stil des Neoklassizismus und Musentempel bzw. Opern nach Vorgaben des Neobarock. Viele Rathäuser entstanden in neogotischer Architektur, als Referenz auf die ersten Rathäuser im Mittelalter, bspw. das Münchner Rathaus. Die venezianische Renaissance hingegen war Vorbild für viele private Gebäude des Handels, etwa die Hamburger Alsterarkaden. Diese Tendenz der Zuweisung von Baustilen zu einem bestimmten Zweck ist später im gesamten Deutschen Kaiserreich zu beobachten, entsprechend ihrer „moralisch-assoziativen Bedeutung“.[7]
Die Vorliebe für mittelalterliche Bauten, die aus der Kunst der Romantik hervorging, findet sich auch im weltbekannten Schloss Neuschwanstein wieder, das Ludwig II. ab 1869 errichten ließ.
In der Gotikbegeisterung dieser Epoche wurden auch der Kölner Dom und das Ulmer Münster vollendet und Neubauten wie die Wiesbadener Marktkirche begonnen. Später entstanden auch große neobarocke Sakralbauten wie der Berliner Dom.
Nach dem Krieg 1870/71 fand das „vaterländische Bewusstsein zur sogenannten Deutschen Renaissance zurück“[7], worunter hauptsächlich deren manieristische Phase verstanden wird. Ein Beispiel dafür ist das Rathaus in Bielefeld. Auch dank französischer Reparationsleistungen infolge des Krieges wächst der Wohlstand im Reich, es entstehen noch viele historistische Neubauten in der Phase nach der eigentlichen Gründerzeit. Um viele bedeutende Städte wachsen Villenkolonien, teilweise werden auch ganze Stadtteile in urbaner Blockrandbauweise neu geschaffen bzw. komplett überformt, z. B. Berlin-Charlottenburg und die Leipziger Südvorstadt.
Ein bekanntes Bauwerk der Spätphase des Historismus ist das Reichstagsgebäude (1894) von Paul Wallot, dessen Fassade die Stilsuche und den daraus resultierenden Stilmix seiner Zeit spiegelt.
Jugendstil
Der Jugendstil begann im Bereich des Kunsthandwerks etwa um 1890 und währte nur bis etwa 1910. Der Begriff geht auf die ab 1896 erschienene Münchner Zeitschrift Die Jugend zurück.
Ein bedeutendes Beispiel für Jugendstil-Architektur in Deutschland ist die Künstlerkolonie auf der Mathildenhöhe in Darmstadt, wo Joseph Maria Olbrich, der Architekt der Wiener Secession, zwischen 1901 und 1908 zahlreiche Bauten verwirklichte, darunter der Hochzeitsturm, ein Wahrzeichen Darmstadts. Peter Behrens, der später als Architekt und Designer für AEG tätig war, baute hier ebenfalls ein Wohnhaus.
Der Belgier Henry van de Velde war prägend für die deutsche Jugendstilbewegung. Er sah in dem Jugendstil einen neuen Stil, der die ersehnte Formenvielfalt einer neuen Zeit versprach. In Weimar baute er eine Kunstgewerbeschule (1906) und eine Kunstschule (1911), letztere ist heute das Hauptgebäude der Bauhaus-Universität Weimar und war auch der Sitz der Staatlichen Bauhaus-Institution.
Walter Gropius gründete das Bauhaus 1919, kurz nachdem er die Nachfolge Henry van de Veldes in Weimar als Leiter der Kunstgewerbeschule angetreten hatte. Das Bauhaus sollte sich zur einflussreichsten Kunst- und Architekturschule des 20. Jahrhunderts entwickeln. Zwar hatte das Bauhaus zunächst keine Architekturabteilung, doch Gropius sah in der Architektur das „Endziel aller bildnerischen Tätigkeit“. Anfänglich waren manche Bauhäusler der expressionistischen Architektur zugeneigt – Bauwerke wie der Einsteinturm von Erich Mendelsohn (1921) oder das Hamburger Chilehaus von Fritz Höger (1924) hatten eine visionäre, Aufsehen erregend neue Formensprache und prägten damit für kurze Zeit das Architekturgeschehen. Dies ist ein für Deutschland spezifischer moderner Stil mit teils regionalen Ausprägungen.
In Zeiten der Inflation und wirtschaftlicher Not war man am Bauhaus schließlich bestrebt, kostengünstige, modern gestaltete und funktionale Wohnhäuser zu entwickeln. So entstand 1923 in Weimar das Musterhaus Am Horn von Georg Muche und Adolf Meyer.
1925, ein Jahr nachdem die nationalistischen Parteien im Thüringer Landtag die Mehrheit erlangt hatten, musste das Bauhaus in Weimar schließen. Noch im selben Jahr begann Gropius in Dessau eine neue Schule zu bauen, die 1926 fertiggestellt wurde. Das Bauhaus Dessau ist das mit Abstand berühmteste Bauwerk der Klassischen Moderne in Deutschland.
Doch auch in Dessau machten die Nationalsozialisten den Bauhäuslern das Leben schwer. Seit 1930 leitete Mies van der Rohe das Bauhaus, der versuchte, das Bauhaus so unpolitisch wie möglich zu halten; doch als die Nationalsozialisten 1932 auch hier die Macht im Landtag errangen, musste das Bauhaus schließen. Der versuchten Übersiedlung nach Berlin folgte schließlich die Selbstauflösung 1933. Nach der Machtergreifung emigrierten viele Meister und Schüler des Bauhauses in die USA oder in andere Länder, wurden dort Lehrer oder auch Architekten und verbreiteten den Bauhaus-Stil in alle Welt, so dass er später im International Style, dem Internationalen Stil aufging.
Eine besondere Rolle für die Architekturmoderne spielte auch der Deutsche Werkbund, er veranstaltete 1927 unter Leitung von Mies van der Rohe eine Ausstellung zum zeitgemäßen Wohnen in Stuttgart, und errichtete die Weißenhofsiedlung. Hier sind heute noch Wohnhäuser der berühmtesten Architekten der europäischen Moderne wie Le Corbusier, Mies van der Rohe, Hans Scharoun, Mart Stam oder J.J.P. Oud zu sehen.
Als ein besonderes Werk der Moderne gilt außerdem die Zeche Zollverein in Essen; sie wurde zwischen 1927 und 1932 von Fritz Schupp und Martin Kremmer errichtet. Hervorzuheben ist auch, dass zwischen 1926 und 1940 die meisten Sendetürme in Deutschland aus Holz gebaut wurden. Diese Türme waren die höchsten Holzbauwerke, die je errichtet wurden. Heute ist von ihnen nur noch der Sendeturm Gleiwitz im seit 1945 polnischen Gleiwitz erhalten.
Eine Begleitbewegung zur in Europa und vor allem Deutschland entstehenden modernistischen Bewegung war ab 1904 bis in die frühen 1960er Jahre die Heimatschutzarchitektur, welche die regionaltypische Architektur vieler Orte pflegte und dabei weiter entwickelte, ohne generell an einem Konflikt mit anderen zeitgenössischen Bewegungen interessiert zu sein. Alle neuen Bauwerke sollten sich harmonisch in die sie umgebende Kulturlandschaft einfügen.[8]
Die Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 bedeutete das vorläufige Ende der Architekturmoderne in Deutschland. Die Architektur im Nationalsozialismus bevorzugte einen strengen, monumentalen, stark vereinfachten Neoklassizismus. Repräsentative Bauwerke und Stadtumbauten zeigen einen deutlichen Hang zur Überdimensionierung. Die Architektur diente zur Selbstdarstellung der Nationalsozialisten, die den Anschein von Größe, Ewigkeit und Macht vermitteln wollten und daher antike Formen mit (Vorhang)-Fassaden und Wandbekleidungen aus Naturstein bevorzugten.
Großen Einfluss auf die Nachkriegsarchitektur hatte der Generalsekretär der SEDWalter Ulbricht, den man als Gegner moderner Architektur beschreiben kann und der durch seine Machtstellung mehr Einfluss auf den Architekturstil hatte als seinerzeit die Architekten. Zum Vorbild der frühen Bauten wurde zum einen die mitunter monumentale sozialistisch-klassizistische (auch: „stalinistische“) Architektur der UdSSR, und zum anderen war es die traditionell preußische Baukultur im Geiste Karl Friedrich Schinkels.
Die Herrschaftsarchitektur Preußens inspirierte auch die erste große Bauaufgabe der DDR, das deutsche Prestigeprojekt des Sozialistischen Klassizismus: die Stalinallee, heute Karl-Marx-Allee. Es war ein gewaltiges Wiederaufbauprojekt, mit dem die Parteiführung darüber hinaus die Stärke des Sozialismus demonstrieren wollte, hier sollten Arbeiter in Palastarchitektur wohnen. Zu den federführenden Architekten des ersten Bauabschnitts (1951–1958) zählte Hermann Henselmann, weiterhin sind zu nennen: Egon Hartmann, Richard Paulick, Kurt Leucht, Hanns Hopp und Karl Souradny. Im Übrigen waren es Bauarbeiter der Stalinallee, die den Aufstand vom 17. Juni 1953 mit einem Protestmarsch am Vortag einläuteten.
Ab 1955 fiel der sozialistische Klassizismus und Regionalismus jedoch bei der SED-Parteiführung in Ungnade (in einem späteren DDR-Architekturführer wird der erste Abschnitt der ehemaligen Stalinallee gar nicht erwähnt), und die Zeit der uniformen industrialisierten Bauweisen wie der Plattenbauten begann. Durch diese Systembauweise mit massenweise einfachen, vorgefertigten Bauteilen, sollte ein effizienteres, kostengünstigeres Bauen möglich sein, so dass der Bedarf an Wohnungen schneller gedeckt werden konnte. Bereits der zweite Abschnitt der Karl-Marx-Allee (vom Strausberger Platz bis zum Alexanderplatz) ist in Plattenbauweise errichtet.
Besonders zu erwähnen ist der Ingenieur-Architekt Ulrich Müther, dessen Schalenbauten, wie etwa der 1968 fertiggestellte Teepott (mit Erich Kaufmann und Hans Fleischhauer) in Warnemünde und das Café Seerose in Potsdam, bemerkenswerte Einzelbauten sind.
Große städtebauliche Projekte neben Eisenhüttenstadt waren auch der spätere Siedlungsbau in Hoyerswerda und Halle-Neustadt.
Das auf tragische Weise berühmteste Bauwerk der DDR ist zweifellos die ab 13. August 1961 errichtete Berliner Mauer. Nicht vergessen werden sollte zudem der zunehmende Verfall der Bausubstanz vieler Stadtkerne und Wohnbauten während des real existierenden Sozialismus.
Der bekannteste erhaltene Einzelbau aus der DDR-Zeit ist der Berliner Fernsehturm, der das höchste Bauwerk Deutschlands ist und nach der Wiedervereinigung ab 1990 einen Wandel vom politisch vereinnahmten Symbol des Sozialismus zum ideologiefreien Gesamt-Berliner Symbol und zu einer deutschen Erkennungsmarke durchlebte. Er besitzt durch seine markante Gestaltung und seinen „Retro-Charme“ einen Wiedererkennungswert von globaler Tragweite und ist heute eine der beliebtesten Sehenswürdigkeiten Deutschlands.[9]
Bundesrepublik Deutschland
Nach dem Zweiten Weltkrieg stand wie in der DDR auch in der Bundesrepublik Deutschland der Wiederaufbau an erster Stelle. Hinsichtlich des Städtebaus teilten sich die Stadtplaner hier in zwei Lager: die einen wollten möglichst den Vorkriegszustand der Städte wiederherstellen, um die Identität der Stadt und auch ihrer Bewohner wiederherzustellen – so wie es etwa in München praktiziert wurde – die anderen wollten einen städtebaulichen Neuanfang im Sinne der Architekturmoderne mit viel Grün, freien Räumen und einer zukunftstauglichen, modernen Infrastruktur, kurz: die autogerechte Stadt, so verwirklicht z. B. in Hannover. Die Ergebnisse waren z. T. unterschiedlich und auch heute wird noch bzw. wieder über die Rekonstruktion von kriegszerstörten Innenstädten diskutiert, wie etwa im Jahr 2007 in der Altstadt Frankfurt am Main (Dom-Römer-Projekt).
Hinsichtlich des Architekturstils wollten die meisten bundesrepublikanischen Architekten an die Vorkriegsmoderne anknüpfen, bzw. ihn weiterentwickeln – der Neoklassizismus war in Westdeutschland weitgehend verpönt.
Neu gebaut bzw. rekonstruiert wurden auch viele zerstörte Kirchen. Zum 100. Jahrestag der ersten deutschen Parlamentsversammlung 1948 wurde die Frankfurter Paulskirche wieder aufgebaut (Rudolf Schwarz u. a.), die als Symbol der Demokratie ein politisches Zeichen in der jungen Bundesrepublik setzte. Ein wichtiger Kirchenbau der Nachkriegszeit ist die von Egon Eiermann geplante
Matthäuskirche in Pforzheim. Diese wurde unter anderem zum Vorbild für Eiermanns bekanntestes Werk, die Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche (1963), die neben der Ruine der alten Gedächtniskirche zum Sinnbild des Wiederaufbaus wurde.
Bedeutend für den Wohnungsbau war 1957 die Interbau (Hansaviertel), in Berlin, die unter der Leitung von Otto Bartning stattfand und an der auch zahlreiche internationalen Architekten teilnahmen, darunter Alvar Aalto, Walter Gropius und Le Corbusier.
In den 1960er und 1970er Jahren folgte dann auch in der Bundesrepublik Deutschland der Massenwohnungsbau wie etwa zwischen 1962 und 1974 im Märkischen Viertel in Berlin (Stichwort: Brutalismus).
Die Anknüpfung an die Vorkriegsmoderne schien auch deshalb erfolgreich, weil etliche Architekten der frühen Moderne nun in der Bundesrepublik bauten. In erster Linie sind hier zu erwähnen: Mies van der Rohe, der die Neue Nationalgalerie (1968) in Berlin plante und Hans Scharoun, der mit Edgar Wisniewski gleich gegenüber die ikonische Philharmonie (1956–1963, 1979–1984) und die Staatsbibliothek zu Berlin (1967–1976) baute.
Großen Einfluss hatte die Architektur der USA, d. h. der dort vorherrschende Internationale Stil, was bei den damals erbauten Firmensitzen am deutlichsten wird, z. B. am Dreischeibenhaus bzw. Thyssen-Hochhaus in Düsseldorf, das am zeitgenössischen amerikanischen Hochhausbau orientiert ist.
Das von Behnisch & Partner geplante Bundeshaus in Bonn (1988–1992), zählt ebenfalls zu den repräsentativen demokratischen Bauten, jedoch übt es durch die politische Wende und den folgenden Teilumzug der Regierung nach Berlin seine eigentlichen Funktion nicht länger aus.
Postmoderne
Der Architekturstil „Postmoderne“ setzte etwa Mitte der 1970er Jahre in den USA ein und währte bis Ende der 1980er Jahre, weshalb sie in ihrer Verbreitung auf Westdeutschland beschränkt blieb. Die Postmoderne gilt als Gegenbewegung des Internationalen Stil und hat ihren theoretischen Unterbau in der gleichnamigen philosophischen bzw. literaturtheoretischen Strömung.
Die postmoderne Formensprache arbeitet typischerweise mit architekturgeschichtlichen Zitaten, die von manchen Architekten zum Teil karikaturhaft überhöht werden; auch soll die Architektur nicht nur auf die Funktion beschränken, sondern auch „erzählen“ bzw. Inhalte vermitteln.
Ein Beispiel für Postmoderne in Deutschland ist das Deutsche Architekturmuseum (1984 eröffnet) in Frankfurt am Main. Oswald Mathias Ungers hat eine bestehende Villa entkernt und im Innern ein „Haus im Haus“ eingebaut. Das eingebaute „Haus“ ist ein baugeschichtliches Zitat: es verkörpert die legendäre Urhütte, die für den Beginn der Baukunst steht.
Als eines der bedeutendsten Werke der Postmodernen Architektur gilt die von James Stirling seit 1977 geplante und ebenfalls 1984 fertiggestellte Neue Staatsgalerie Stuttgart, die durch Monumentalität, das Spiel mit historischen Zitaten und gewagte Farbgebung Aufsehen erregte.
Aufsehen erregten die dekonstruktivistischen Bauten für die Firma Vitra in Weil am Rhein: das Vitra Design Museum (1989) von Frank O. Gehry und die Feuerwache (1993) von Zaha Hadid. In Deutschland wurde damit der Grundstein für eine weltweite Erneuerungsbewegung in der Architektur gelegt.
Der Dekonstruktivismus zählt auch zu den zeitgenössischen Architekturströmungen, wie man an jüngeren Planungen – etwa der Entwurf für den Neubau der Europäischen Zentralbank in Frankfurt am Main von Coop Himmelb(l)au – sehen kann.
Zeitgenössische Strömungen
Das zeitgenössische Architekturgeschehen in Deutschland wird – vor allem in der öffentlichen Wahrnehmung – von einer Reihe bekannter, international tätiger Architekten („Stararchitekten“) geprägt. Diese Firmen erhalten viele Aufträge für größere Projekte und repräsentative Bauten. Auch deutsche Architekten sind heute oftmals weltweit aktiv.
Eine Abgrenzung der Architektur in Deutschland zum Rest der Welt ist inzwischen oftmals unmöglich, die Architekturentwicklung ist häufig nur noch im globalen Kontext zu erfassen. Diese globale Austauschbarkeit und Gleichförmigkeit von zeitgenössischer Architektur wird vielfach auch kritisiert.[10] Deutsche Architekturbüros leiten u. a. städtebauliche Großprojekte (z. B. Albert Speer & Partner in der Volksrepublik China, Ingenhoven Associates in Singapur und Australien). Auf der anderen Seite realisieren Büros aus dem Ausland Projekte in Deutschland, oft in Zusammenarbeit mit lokal ansässigen Büros. Zum Beispiel entwarfen die Schweizer Herzog & de Meuron die Allianz Arena in München und die Elbphilharmonie in Hamburg oder Zaha Hadid das „phæno“-Wissenschaftsmuseum in Wolfsburg (2005).
Derzeit lassen sich verschiedene globalisierte Strömungen in der Architektur beobachten. Aus dem Dekonstruktivismus hat sich durch den verstärkten Einsatz von Computern auch in der Entwurfsphase eine Art Neo-Expressionismus entwickelt. So entstehen jeweils individuell geformte, skulpturale Baukörper, die ihren Inhalten, zum Teil auch nur dem Bauwerk selbst, einen künstlerischen Ausdruck verleihen sollen. Beispiele sind der Erweiterungsbau des Jüdischen Museums Berlin von Daniel Libeskind oder Frank O. GehrysBauten am so genannten Medienhafen in Düsseldorf.
Die Strömung des technikorientierten, neuen Funktionalismus vertritt zum Beispiel Norman Foster, wie an der Kuppel des Reichstagsgebäudes in Berlin oder dem Commerzbank Tower in Frankfurt am Main zu sehen ist. Vor allem Letzteres ist ein Bauwerk, das im Sinne des „ökologischen Bauens“ geplant und vom Entwurf bis zur technischen Ausrüstung ressourcenschonend konzipiert ist.
Diese Bauweise sowie das „Nachhaltige Bauen“ (z. B. Anna Heringer und Christoph Ingenhoven) gehören zu den richtungsweisenden, wenn auch nicht stilprägenden Entwicklungen in der deutschen Architekturszene. Deutschland gilt nicht zuletzt wegen der hohen technischen Standards im Bauwesen als Vorreiter in Sachen „ökologische“ Architektur. Mit Hilfe neuer Techniken und Materialien werden energiesparende Bauwerke entwickelt, etwa die so genannten Passivhäuser oder „Solarhäuser“ (siehe Solararchitektur). Auch die Verwendung regionaler und natürlicher Baumaterialien gewinnt in diesem Zusammenhang wieder an Bedeutung, z. B. Natursteine wie Sandstein, Kalkfarben, Ton/Lehm, Backstein, Schiefer, Reet und Holz.
Die zunehmend öffentliche Diskussion von Architektur und Städtebau führt heute dazu, dass engagierte Bürger wie auch prominente Interessenvertreter bauliche Entscheidungen beeinflussen. So gelang es beispielsweise durch den Einsatz gemeinnütziger Vereine und die Aufwendungen mehrerer bekannter Personen (u. a. TV-Moderator Günther Jauch, SAP-Gründer Hasso Plattner), statt eines modernen Neubaus für den Landtag Brandenburg die Rekonstruktion des historischen Potsdamer Stadtschlosses durchzusetzen. Das Schloss wurde in leicht veränderter Kubatur und mit seinen barocken Fassaden am Originalstandort wiederaufgebaut.
In diesem Zusammenhang zeichnet sich auch ein genereller Trend zu einer Wiederaufnahme von klassischen Maßstäben, Proportionen und architektonischen Details ab, der auch als neuklassische Architektur bezeichnet wird. Dieser Trend ist bedingt durch eine zunehmende Ablehnung modernistischer Baustile in der Bevölkerung, da diese Art der zeitgenössischen Architektur häufig als kalt, unpersönlich, belanglos oder unmaßstäblich empfunden wird. So sehnen sich die Menschen nach „menschlicheren“ Maßstäben, mehr Kleinteiligkeit, nach regionaler Erdung und nach klassisch gestalteten und gegliederten Fassaden (z. B. durch Ornamente, Gesimse und Pilaster).[12] Diese Entwicklung zeigt sich u. a. im Neuen Urbanismus (engl. New Urbanism), der zunehmend die Bundesrepublik erfasst und statt aufgelockerter Zeilenbebauung die urbane Blockrandbauweise befördert. Einzelne Architekten widmen sich bereits länger diesem Thema bzw. arbeiten nach dessen Idealen, so z. B. Hans Kollhoff, Sergei Tchoban, das Büro Patzschke & Patzschke, Weise und Treuner Architekten, Tobias Nöfer Architekten oder der Berliner Stadtplaner Hans Stimmann. Sie zeichnen sich durch Rückgriffe auf klassisch-bewährte Architekturelemente, Materialien und Gebäudeanordnungen aus, kombinieren diese teilweise neu bzw. führen sie weiter. Mitunter entstehen neue Spielarten der Postmoderne.
Gesellschaftliche Bedeutung
2007 wurde die Bundesstiftung Baukultur gegründet, deren Anliegen es ist „die Qualität der gebauten Umwelt zu fördern“ und unter anderem die Wahrnehmung der Planungs- und Bauleistungen aus Deutschland im In- und Ausland zu befördern.
Hans-Joachim Kadatz: Deutsche Renaissancebaukunst. Von der frühbürgerlichen Revolution bis zum Ausgang des Dreißigjährigen Krieges. Verlag für Bauwesen, Berlin 1983 (zugl. Dissertation Humboldt-Universität Berlin 1986).
Wilfried Koch: Baustilkunde. Europäische Baukunst von der Antike bis zur Gegenwart. Orbis-Verlag, München 1988, ISBN 3-572-05927-5, S. 216 (Renaissance, Manierismus Deutschland).
Barock
Stephan Hoppe: Was ist Barock. Architektur und Städtebau Europas 1580–1770. 2. Auflage. Primus-Verlag, Darmstadt 2010, ISBN 978-3-89678-694-4.
Frank-Andreas Bechtoldt und Thomas Weiss (Hrsg.): Weltbild Wörlitz. Entwurf einer Kulturlandschaft. Hatje, Ostfildern-Ruit 1996, ISBN 3-7757-0603-8 (Katalog der gleichnamigen Ausstellung der Staatlichen Schlösser und Gärten Wörlitz, 21. März bis 2. Juni 1996).
Historismus
Valentin W. Hammerschmidt: Anspruch und Ausdruck der Architektur des späten Historismus in Deutschland (1860–1914). Lang, Frankfurt am Main 1985, ISBN 3-8204-8351-9 (zugl. Dissertation, Universität Stuttgart 1984).
Jugendstil
Stefanie Lieb: Was ist Jugendstil? Eine Analyse der Jugendstilarchitektur 1890–1910. 2. Auflage. Primus Verlag, Darmstadt 2002, ISBN 978-3-89678-693-7.
Romana Schneider und Vittorio Magnago Lampugnani (Hrsg.): Moderne Architektur in Deutschland 1900 bis 1950. Expressionismus und Neue Sachlichkeit. Hatje, Ostfildern-Ruit 1994, ISBN 3-7757-0452-3.
Romana Schneider und Vittorio Magnago Lampugnani(Hrsg.): Moderne Architektur in Deutschland 1900 bis 1950. Reform und Tradition. Ostfildern-Ruit 1992, ISBN 3-7757-0363-2.
Romana Schneider, Winfried Nerdinger und Wilfried Wang (Hrsg.): Architektur im 20. Jahrhundert. Deutschland. Prestel, München 2000, ISBN 3-7913-2293-1 (Katalog der gleichnamigen Ausstellung, Deutsches Architekturmuseum, Frankfurt am Main 25. März bis 25. Juni 2000).
Andreas Butter, Ulrich Hartung (Hrsg.): Ostmoderne. Architektur in Berlin 1945–1965. JOVIS Verlag, Berlin 2004, ISBN 978-3-936314-41-0 (Katalog der gleichnamigen Ausstellung, Deutscher Werkbund Berlin e. V.).
Architektur im Nationalsozialismus
Romana Schneider und Wilfried Wang (Hrsg.): Moderne Architektur in Deutschland 1900 bis 2000. Macht und Monument. Hatje, Ostfildern-Ruit 1997, ISBN 3-7757-0713-1, S. 101–161 (Katalog der gleichnamigen Ausstellung, Deutsches Architekturmuseum, Frankfurt am Main 24. Januar bis 5. April 1998).
Winfried Nerdinger (Hrsg.): Architektur, Macht, Erinnerung. Stellungnahmen 1984–2004. Prestel, München 2004, ISBN 3-7913-3227-9
Nachkriegszeit DDR
Romana Schneider und Wilfried Wang (Hrsg.): Moderne Architektur in Deutschland 1900 bis 2000. Macht und Monument. Hatje, Ostfildern-Ruit 1997, ISBN 3-7757-0713-1, S. 163–231 (Katalog der gleichnamigen Ausstellung, Deutsches Architekturmuseum Frankfurt am Main 24. Januar bis 5. April 1998).
Klaus von Beyme u. a. (Hrsg.): Neue Städte aus Ruinen. Deutscher Städtebau der Nachkriegszeit. Prestel, München 1992, ISBN 3-7913-1164-6.
Winfried Nerdinger u. a. (Hrsg.): Neue Städte aus Ruinen. Deutscher Städtebau der Nachkriegszeit. Prestel, München 1992, ISBN 3-7913-1164-6.
Winfried Nerdinger und Ines Florschütz (Hrsg.): Architektur der Wunderkinder. Aufbruch und Verdrängung in Bayern 1945–1960. Pustet, Salzburg 2005, ISBN 978-3-7025-0505-9.
Heinrich Klotz (Hrsg.): Die Revision der Moderne. Postmoderne Architektur. 1960–1980. Prestel, München 1984, ISBN 3-7913-0664-2 (Katalog der gleichnamigen Ausstellung, Deutsches Architekturmuseum, Frankfurt am Main 1. Juni bis 10. Oktober 1984).
Ingeborg Flagge und Romana Schneider (Hrsg.): Die Revision der Postmoderne. Post-Modernism Revisited. Hamburg 2004, ISBN 3-88506-558-4
Dekonstruktivismus
Ingeborg Flagge und Romana Schneider (Hrsg.): Die Revision der Postmoderne. Post-Modernism Revisited. Junius-Verlag, Hamburg 2004, ISBN 3-88506-558-4.
↑ abcdWilfried Koch: Baustilkunde - Europäische Baukunst von der Antike bis zur Gegenwart, Orbis-Verlag, München 1988, ISBN 3-572-05927-5, S. 216
↑ abWilfried Koch: Baustilkunde – Europäische Baukunst von der Antike bis zur Gegenwart, Orbis-Verlag, München 1988, ISBN 3-572-05927-5, S. 375.
↑Gottfried Kiesow: Expressionismus und Heimatschutzstil. In: Monumente, Magazin für Denkmalkultur in Deutschland. Nr. 3, Juni 2011, ISSN0941-7125, S. 56 ff.