Nationalerbe-Baum ist eine Auszeichnung, mit der die Deutsche Dendrologische Gesellschaft (DDG) seit 2019 außergewöhnliche Uralt-Bäume in Deutschland unter besonderen Schutz zu ihrer Erhaltung stellen möchte. Dazu wurde ein Fach-Kuratorium ins Leben gerufen, das sich um die Auswahl der geeigneten Kandidaten, die Öffentlichkeitsarbeit und die Weiterentwicklung der Initiative kümmert.
Im Unterschied zur Auszeichnung zum Baum des Jahres, welche in Deutschland jährlich von der „Baum des Jahres – Dr. Silvius Wodarz Stiftung“ für eine bestimmte Baumart vergeben wird, wählt die DDG einzelne Baumexemplare zum Nationalerbe-Baum.
Ziel der Initiative ist es, insgesamt einhundert ausgewählte Uralt-Bäume zu finden und diese mit dem Titel Nationalerbe-Baum auszuzeichnen. Damit soll das Bewusstsein für diese besonderen Bäume sowie ihre Erhaltung und Pflege geschärft werden. Durch Beachtung des Lebensraumes – auch aus wissenschaftlichen Sichtweisen (zum Beispiel hinsichtlich der Biologie, Genetik und Pathologie von Bäumen) – sollen Bedingungen für ein hohes Alter der Baumexemplare geschaffen werden.
Das innerhalb der DDG 2019 gegründete (derzeit) fünfköpfige Kuratorium, dessen Initiator und Leiter Andreas Roloff ist, vertritt nicht nur die Ziele der Initiative nach außen, sondern sucht über eine Kandidatenliste mit eingereichten Vorschlägen geeignete potenzielle Bäume, wählt diese aus und organisiert die Ausrufung und Bekanntmachung der Preisträger. Dabei wird die Finanzierung der Initiative durch die Eva Mayr-Stihl Stiftung getragen.[2]
Ausgezeichnete Bäume
Im Oktober 2019 wurde die geschätzt 600 bis 800 Jahre alte riesige Sommerlinde(Tilia platyphyllos) in der niedersächsischen Gemeinde Heede als erster „Nationalerbe-Baum“ ausgezeichnet[3][4], nachdem sie bereits 2016 der deutsche Vertreter beim Wettbewerb Europäischer Baum des Jahres[5] war. Seitdem wurden weitere Bäume ausgezeichnet und weitere Kandidaten ausgerufen. Mit der im Mai 2022 erfolgten Auszeichnung der etwa 800 Jahre alten Polchower Linde in Mecklenburg-Vorpommern befindet sich in jedem deutschen Bundesland mindestens ein zum Nationalerbe ausgewähltes Baumexemplar.[6]
Sommerlinde (Tilia platyphyllos) Die Riesenlinde zu Heede, 1000-jährige Linde oder Dicke Linde soll die Burglinde der ehemaligen Schärpenburg gewesen sein, die vom Schwedischen General Rabenhaupt im letzten holländischen Krieg des Bischofs von Galen zerstört wurde.[8]
Sommerlinde (Tilia platyphyllos) Die Käppeles-Linde oder Dorflinde ist eine der stärksten Linden Deutschlands und einer der ältesten Bäume in Baden-Württemberg. Der irische Gelehrte und Poet James Henry hat 1856 von der Linde in seinen Reisebeschreibungen „Wanderung von Karlsruhe nach Bassano“ berichtet.[13][14]
Bergahorn (Acer pseudoplatanus) Der Baum steht im HamburgerHirschpark am südöstlichen Ende der Lindenallee, nahe Eingang von der Elbchaussee.[15][16]
Flatterulme (Ulmus laevis) Die Ulme steht auf dem Anger hinter der Kirche im Dorf Gülitz. Sie ist die wohl stärkste bekannte Ulme Europas, vielleicht auch der ganzen Welt und einer der stärksten Bäume Deutschlands.[17]
Winterlinde (Tilia cordata) Die Prangerlinde steht direkt am Hang vor der Kirche am Anger im Dorf Großpörthen, etwa fünf Kilometer südöstlich von Zeitz und ist die wohl dickste Winterlinde Deutschlands. Bisher war sie fast unbekannt, weil nicht als Naturdenkmal registriert. Früher diente sie wahrscheinlich als Gerichtsbaum.[18]
Stieleiche (Quercus robur) Die Dicke Marie steht ein wenig versteckt im Wald, abseits der Wege, im Nordwesten Berlins, nahe dem Schlosspark Tegel und dem nordöstlichsten Zipfel des Tegeler Sees, der sogenannten „Großen Malche“. Den Namen soll sie in Anspielung auf die Köchin des Schlosses von den Brüdern Alexander und Wilhelm von Humboldt bekommen haben, die ihre Jugendjahre hier verbrachten.[19] Selbst Goethe soll 1778 bei seinen Reisen den Baum besucht haben.[20]
Edelkastanie (Castanea sativa) Die Kastanie steht zu 4/5 auf privatem und 1/5 auf öffentlichem Grund an einer steilen Böschung oberhalb des Brunnens bei dem Haus Bergstraße 19. Ein Hohlweg führt links an ihm vorbei.[22]
Stieleiche (Quercus robur) Die Femeiche steht auf einer alten Gerichtsstätte, nicht weit von einem merowingischen Gräberfeld entfernt. Bis ins Mittelalter wurden hier die sogenannten Femegerichte abgehalten. Die Erler Femeiche ist der erste Nationalerbe-Baum im Westmünsterland und in Nordrhein-Westfalen.[23]
Riesenmammutbaum (Sequoiadendron giganteum) Der Mammutbaum befindet sich am südöstlichen Rand des Riensberger Friedhofs, Eingang Riensberger Straße, von dort etwa 50 m linker Hand, hinter einer gusseisern umzäunten Grabstelle. Er wurde wegen seines Schiefstands im Jahr 2012 um rund 5 m in der Höhe gekürzt.[24]
Sommerlinde (Tilia platyphyllos) Die Mahllinde – eigentlich eine Gruppe aus drei Linden – steht auf einer Anhöhe in der Gemeinde Vogtei an der Grenze zwischen den Ortsteilen Niederdorla und Oberdorla.[25]
Sommerlinde (Tilia platyphyllos) Die Polchower Linde steht auf dem Kirchhof neben der Kirche von Polchow, einem Ortsteil der Gemeinde Wardow im Landkreis Rostock in Mecklenburg-Vorpommern.[26]
Stieleiche (Quercus robur) Die Richteiche ist eine von sechs als Naturdenkmale ausgewiesenen Alteichen auf dem Hofgut St. Gangolf in der Nähe der gleichnamigen Kirche zwischen Besseringen und Mettlach im Landkreis Merzig-Wadern im Saarland. Sie steht als Grenzeiche an einem Wegesrand unweit der Saarschleife.[27]
Traubeneiche (Quercus petraea) Die Königseiche – auch Muttereiche oder lokal Moaderkoos genannt – befindet sich im Kammerwald unweit des Schlosses Roth an einem Wegrand in unmittelbarer Nähe zur luxemburgischen Grenze. Zu ihrem Schutz ist sie von einem Holzzaun umgeben sowie mit einem Blitzableiter ausgestattet.[28]
Sommerlinde (Tilia platyphyllos) Die Hindenburglinde wächst auf 850 m Höhe weit außerhalb des Ortskerns von Ramsau im Landkreis Berchtesgadener Land in Bayern. Ihr Platz liegt an der Deutschen Alpenstraße in unmittelbarer Nachbarschaft eines nach ihr benannten Hotels.[29]
Säuleneiche (Quercus robur ‚Fastigiata) Die Schöne Eiche steht inmitten einer von einem Holzzaun umringten Gruppe aus anderen Eichen, Linden, Weißdornen und Fliederbüschen rund 600 m nördlich des Ortskerns von Harreshausen, einem Ortsteil von Babenhausen im Landkreis Darmstadt-Dieburg in Hessen. Ihre Krone mit einer Gesamthöhe von 16 Metern ist – bei 1781 gemessenen 30 Metern – infolge von Blitzschlägen und Sturmschäden erheblich zusammengestutzt.[30]
Es gilt als gesichert, dass alle in Mittel- und Nordeuropa vorhandenen Säuleneichen von ihr abstammen.
Sommerlinde (Tilia platyphyllos) Die Tumuluslinde steht auf einem 6–7 m hohen Grabhügel von 34 m Durchmesser aus der späten Stein- bis frühen Bronzezeit an der Landesstraße L 625. Sie überragt weite Teile des Dorfs Evessen und ist auch in dessen Ortswappen symbolisch abgebildet.[31]
Stieleiche (Quercus robur) Die Pfarreiche in Klein Lübars, einem Ortsteil der Stadt Möckern, wird auch als Kircheiche oder Breitkroneneiche bezeichnet. Sie befindet sich am Dorfrand und ist ausschließlich über einen Fußpfad erreichbar.[33]
Winterlinde (Tilia cordata) Die Klosterlinde steht im Amt Britz-Chorin-Oderberg am Südufer des Parsteiner Sees auf der Halbinsel Pehlitzwerder auf dem Campingplatz-Gelände unmittelbar neben der Klosterruine; etwa 20 km nordöstlich von Eberswalde im Landkreis Barnim.[34]
Stieleiche (Quercus robur) Die Kroneiche bei Röbel/Müritz befindet sich am Rand des Stadtwaldes von Röbel/Müritz östlich vom Leizener Ortsteil Minzow.[35]
Flatterulme (Ulmus laevis) Die am südöstlichen Dorfende in Bierde stehende Ulme hat den vermutlich viertgrößten Stammumfang aller Ulmen in Deutschland.[38]
Europäische Eibe (Taxus baccata) Mit einem Stammumfang von fast fünf Metern gilt sie als dickste öffentlich zugängliche Eibe in Deutschland. Sie soll im Jahr 1621 als vierjähriger Setzling zur Vollendung des Schlossgartens gepflanzt worden sein. Es handelt sich um ein weibliches Exemplar.[39]
Holländische Linde (Tilia x europaea) Die Linde am Kloster Isenhagen ist eine der fünf ältesten bekannten Holländischen Linden. Sie befindet sich nördlich vor dem Klosterhauptgebäude.[40]
Stieleiche (Quercus robur) Auf dem Kirchhof im Ortsteil Markendorf steht die Drillingseiche. Der Name bezieht sich auf den Stamm, welcher sich in etwa 4 m Höhe in drei Stämmlinge aufteilt.[42]
Sommerlinde (Tilia platyphyllos) Vor dem Eingang zur Burg Homberg befindet sich die als Hohler Baum bezeichnete Sommerlinde, deren Krone vor etwa 100 Jahren bei einem Sturm vollständig abbrach.[43]
Sommerlinde (Tilia platyphyllos) Der als Burkhartlinde bezeichnete Baum im Ortsteil Bonndorf wurde nach dem Minnesänger Burkhart von Hohenfels benannt.[47]
Sommerlinde (Tilia platyphyllos) Der am weitesten nördlich stehende Nationalerbe-Baum ist die zur Reformation gepflanzte Linde in Steinbergkirche, welche daher als Reformationslinde bezeichnet wird.[49]
Sommerlinde (Tilia platyphyllos) Die Schmorsdorfer Linde wurde bereits etwa 1630 während des Dreißigjährigen Krieges schriftlich erwähnt. Sie befindet sich mitten im zur Gemeinde Müglitztal gehörenden Ortsteil Schmorsdorf.[51]
Winterlinde (Tilia cordata) Bei dem Baum handelt es sich um eine der fünf stärksten Winterlinden Deutschlands. Er befindet sich in Schlieben auf einer Anhöhe über der denkmalgeschützten Weinkelleranlage.[52]
Stieleiche (Quercus robur) Der Baum steht direkt an der Hauptstraße. Er besitzt einen hohlen Stamm, der mit Beton ausgegossen wurde. Zudem verhindern Kronensicherungen ein Auseinanderbrechen.[53]
Edelkastanie (Castanea sativa) Der Baum befindet sich auf einer Weidefläche im Landschaftsschutzgebiet Aachen, was die Zugänglichkeit erschwert hat. Anlässlich der Auszeichnung zum Nationalerbe-Baum wurde daher ein Fußweg angelegt.[54]