Andreas Roloff (* 15. Mai 1955 in Bremen[1]) ist ein deutscher Forstwissenschaftler.
Spezialisiert auf die Fachgebiete Forstbotanik und Dendrologie, hatte er von 1990 bis 1993 eine Professur für diese beiden Fachgebiete an der Georg-August-Universität Göttingen und seit 1994 den Lehrstuhl für Forstbotanik an der Forstlichen Hochschule Tharandt Fachrichtung Forstwissenschaften der Technischen Universität Dresden inne.
Roloff wuchs in Bremen auf, wo er auch die Schule besuchte und 1974 am Alten Gymnasium sein Abitur ablegte. Danach war er im Zivildienst und dann bis zum Studium als Erziehungshelfer im Heilpädagogischen Kinderheim für schwer erziehbare Kinder und Jugendliche in Rosdorf-Obernjesa bei Göttingen tätig.[1] Im Anschluss begann er 1976 an der Georg-August-Universität Göttingen ein Studium der Psychologie.
Nach dem 1979 bestandenen Vordiplom wechselte Roloff jedoch zum Fachbereich Forstwissenschaften. Diesen Studiengang schloss er 1984 als Diplom-Forstwirt ab.[1] Er blieb anschließend am Forstwissenschaftlichen Fachbereich der Universität, arbeitete dort als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Forstbotanik und forschte zugleich für seine Dissertationsschrift Morphologie der Kronenentwicklung von Fagus sylvatica L. (Rotbuche) unter besonderer Berücksichtigung möglicherweise neuartiger Veränderungen, mit der er 1986 am Forstwissenschaftlichen Fachbereich zum Dr. forest. promoviert wurde. Die Arbeit, in der Roloff aufzeigte, wie sich Rotbuchen den Luftraum nutzbar machen, stieß auf ein großes Echo in der forstlichen Fachwelt – nicht zuletzt auch vor dem Hintergrund der Debatten um das so genannte Waldsterben. Aufbauend auf diesen Erkenntnissen entstand ein viel verwendeter Schlüssel zur Ansprache von Wuchsanomalien der Buche.[2] Für seine Forschungsleistung wurde Roloff zum Jahresende mit dem Thurn- und Taxis-Förderpreis für die Forstwissenschaft 1986 ausgezeichnet.[3] Bei der Preisverleihung an der Ludwig-Maximilians-Universität München sagte deren Präsident Wulf Steinmann:
„Wer hätte gedacht, dass es im Zeitalter der Biochemie, der Physiologie, Molekulargenetik oder Biomathematik möglich sein würde, mit Hilfe der Morphologie, einer eher beschreibenden, sehr alten Wissenschaft, die Kenntnis des Baumlebens zu erweitern und gleichzeitig einen wichtigen Beitrag zum Verständnis der Vorgänge zu leisten, die unter dem Begriff neuartige Waldschäden bekannt geworden sind.“[2]
Roloff blieb bis 1987 am Institut für Forstbotanik, um dann bis 1990 als Wissenschaftlicher Mitarbeiter an das thematisch eng verbundene Institut für Waldbau des Fachbereichs zu wechseln.[4]
Seine an der Rotbuche angewandten Untersuchungsmethoden weitete er auf andere Baumarten aus. 1988 habilitierte er sich mit der Schrift Kronenentwicklung und Vitalitätsbeurteilung ausgewählter Baumarten der gemäßigten Breiten am Forstwissenschaftlichen Fachbereich der Göttinger Universität und erhielt die Lehrbefugnis im Fach Forstbotanik. Im Anschluss war er bis 1990 als Wissenschaftlicher Assistent am Institut für Waldbau der Universität Göttingen tätig, was auch die Lehrverantwortung für das Fach Forstliche Vegetationskunde einschloss.[4]
1990 wurde Roloff auf den Lehrstuhl für Forstbotanik und Dendrologie am Institut für Forstbotanik der Universität Göttingen berufen. Dazu gehörte auch die wissenschaftliche Leitung des Forstbotanischen Gartens der Universität Göttingen, wobei ihn Andreas Bärtels als technischer Leiter unterstützte.
1993 nahm Roloff einen Ruf auf den Lehrstuhl für Forstbotanik an der Fachrichtung Forstwissenschaften der Technischen Universität Dresden in Tharandt an, wo er seit 1994 lehrt und forscht. Verbunden ist diese Professur mit der Tätigkeit als Direktor des Instituts für Forstbotanik und Forstzoologie sowie des Forstbotanischen Gartens Tharandt der TU Dresden, eine der weltweit ältesten und größten wissenschaftlichen Gehölzsammlungen.[4] Außerdem ist er Leiter des eng mit der TU verbundenen Instituts für Dendrochronologie, Baumpflege und Gehölzmanagement Tharandt e. V. (kurz Dendro-Institut) an.[5]
Ende März 2021 endete seine Dienstzeit. Er war danach weitere drei Semester als 50 % Senior-Professor an beiden Instituten und im Forstbotanischen Garten bis 2022 tätig; Nachfolger wurde Bernhard Schuldt. Seitdem ist er als Seniorprofessur für Forschung und Wissenstransfer zur Baumbiologie weiterhin Mitglied am Institut.
Schwerpunkte seiner Tätigkeit sind seit längerem Trockenstress-Reaktionen und -Anpassung, Baumartenwahl, Baumalterung, Schutz alter Bäume und Umgang mit invasiven Baumarten.
Roloff ist verheiratet und hat vier erwachsene Kinder.[6] Er wohnt mit seiner Frau in Diera-Zehren.
Roloff hat in den Anfangsjahren vor allem dem Fachgebiet der Morphologie und Dendrologie innerhalb der Forstbotanik wieder mehr Aufmerksamkeit verschafft und daraus auch wichtige Erkenntnisse für praktische Anwendungen abgeleitet. Seine jahrelangen Forschungen auf diesem Gebiet mündeten in das 2001 veröffentlichte Standardwerk Baumkronen – Verständnis und praktische Bedeutung eines komplexen Naturphänomens. In Bäume – Phänomene der Anpassung und Optimierung/Trees – Phenomena of Adaptation and Optimization (2004), das sich auch an dendrologische Laien richtete, rückte er die ganzheitliche Betrachtung des Lebewesens Baum und dessen Überlebensstrategien in den Mittelpunkt. Nachdem sich die Waldsterbens-Debatte auch in der forstwissenschaftlichen Fachwelt beruhigt hatte und von der Annahme eines Klimawandels mit weltweit dramatischen Auswirkungen abgelöst wurde, hat sich Roloff in seinen Forschungsarbeiten mit baumbiologischen Fragestellungen zu diesem Themenkomplex beschäftigt.
Zudem hat sich Roloff, der seit den 1980er Jahren regelmäßig als Baumsachverständiger gutachterlich für Gerichte tätig ist,[6] auch intensiv mit den Themenfeldern Baumpflege und der so genannten Urban Forestry auseinandergesetzt. So gehören seit etwa Mitte der 2000er Jahre Stadtbäume, insbesondere ihre Biologie, Verwendung und Pflege, zu seinen Forschungsschwerpunkten.[6] Dazu hat Roloff auch erfolgreich Fäden zur Praxis gesponnen und mit mehreren Städten Straßenbaumkonzeptionen entwickelt (u. a. Jena, Hamburg, Erfurt). Gemeinsam mit Detlef Thiel, Leiter des Amtes für Stadtgrün und Abfallwirtschaft in Dresden, ist er Initiator und Organisator der Dresdner StadtBaumtage, die seit 2007 abwechselnd in Dresden oder Tharandt veranstaltet werden.[7][8] Seit 2016 leitet er den Regelwerksausschuss Baumkontroll-Richtlinie der FLL, der die Überarbeitung der Vorschriften zur Verkehrssicherheitskontrolle von Bäumen vornimmt. Die neue Ausgabe wird 2020 erscheinen.
Daneben ist er auch bei vielen anderen Weiterbildungsveranstaltungen auf dem Gebiet der Baumbiologie und Baumpflege Referent. Diese gibt er zusätzlich zu seinen regulären akademischen Lehrverpflichtungen für Forstwissenschaftler, Landschaftsarchitekten und Geographen.[6] Roloff engagiert sich auch in der akademischen Selbstverwaltung der TU Dresden, war von 1994 bis 2003 Studiendekan der Fachrichtung Forstwissenschaften und ist seit 2018 Vorsitzender des Prüfungsausschusses.[4]
Neben zahlreichen Veröffentlichungen in den unterschiedlichsten Fachpublikationen[9] ist Roloff auch Autor oder Mitautor mehrerer Bücher. Neben den schon genannten verfasste er zusammen mit Andreas Bärtels die vorrangig für die forstliche und gärtnerische Praxis gedachte Flora der Gehölze (erstmals 1996[10]). Seit 1997 ist Roloff außerdem zusammen mit Horst Weisgerber, Ulla M. Lang und Bernd Stimm Herausgeber der von Peter Schütt begründeten und weltweit verbreiteten Enzyklopädie der Holzgewächse und deren Auskoppelungen in Buchform. Zugleich hat er auch selbst an zahlreichen Monografien der Enzyklopädie mitgearbeitet.[6] Des Weiteren ist er Herausgeber der Contributions to Forest Sciences und des Lehrbuches Baumpflege – Baumbiologische Grundlagen und Anwendung (2008/2013).
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