Ein gleichseitiges Dreieck ist ein Dreieck mit drei gleich langen Seiten bzw. Kanten sowie drei gleichen Winkeln von jeweils 60°. Ein gleichseitiges Dreieck wird auch als regelmĂ€Ăiges Dreieck bezeichnet und zĂ€hlt zu den regelmĂ€Ăigen Polygonen. Alle gleichseitigen Dreiecke sind einander Ă€hnlich. Gleichseitige Dreiecke sind rotationssymmetrisch (Drehung um den Mittelpunkt um 360°/3 = 120° oder Vielfache davon), spiegelsymmetrisch bezĂŒglich der drei Mittelsenkrechten und spitzwinklig. Ihre Isometriegruppe ist die DiedergruppeD3. Mit gleichseitigen Dreiecken ist die lĂŒckenlose Parkettierung einer Ebene möglich. Ein gleichseitiges Dreieck ist immer auch ein gleichschenkliges Dreieck, wobei hier nicht festgelegt ist, welche Seite die Basis ist. Die Menge der gleichseitigen Dreiecke ist also eine Teilmenge der Menge der gleichschenkligen Dreiecke.
Die Konstruktion eines gleichseitigen Dreiecks mit Zirkel und Lineal ist einfach. Ist die SeitenlÀnge bzw. eine Seite als Strecke vorgegeben, so zeichnet man um die beiden Endpunkte der Strecke jeweils einen Kreis, dessen Radius die Strecke selbst ist. Jeder der beiden Schnittpunkte der Kreise bildet mit den Endpunkten der vorgegebenen Strecke ein gleichseitiges Dreieck.[1]
Ist stattdessen der Umkreis des gleichseitigen Dreiecks vorgegeben, so zeichnet man zunÀchst eine Gerade durch den Kreismittelpunkt M. Diese schneidet den Kreis in zwei Punkten C und D. Dann schlÀgt man einen Kreisbogen mit dem Radius des Umkreises um den Punkt D. Dieser schneidet den Umkreis in den Punkten A und B. Die Punkte A, B und C sind die Ecken des gesuchten gleichseitigen Dreiecks.[2]
Gleichseitiges Dreieck, SeitenlÀnge vorgegeben
Gleichseitiges Dreieck, Umkreis vorgegeben
Ausgezeichnete Punkte
Im gleichseitigen Dreieck schneiden sich die Höhen, die Mittelsenkrechten (Seitensymmetralen), die Seitenhalbierenden (Schwerelinien) und die Winkelhalbierenden in einem gemeinsamen Punkt. Daher sind auch die fĂŒnf ausgezeichneten Punkte, der Höhenschnittpunkt , der Umkreismittelpunkt , der Schwerpunkt, der Inkreismittelpunkt und der Mittelpunkt des Feuerbachkreises derselbe Punkt. Dieser Punkt teilt die Höhen, z. B. , im VerhĂ€ltnis d. h. Wie im nebenstehenden Bild erkennbar, fĂ€llt der Feuerbachkreis (hellblau) mit dem Inkreis (rot) zusammen; fĂŒr beide gilt der gleiche Radius
SĂ€tze
Konstruiert man ĂŒber den Seiten eines beliebigen Dreiecks gleichseitige Dreiecke, so bilden die drei Schwerpunkte dieser gleichseitigen Dreiecke ein weiteres gleichseitiges Dreieck, das sogenannte Napoleon-Dreieck. Die Eigenschaft, dass die drei Schwerpunkte unabhĂ€ngig von der Form des Ausgangsdreiecks immer ein gleichseitiges Dreieck bilden wird auch als Satz von Napoleon bezeichnet.
Das Morley-Dreieck ist ein weiteres gleichseitiges Dreieck, das aus einem beliebigen Dreieck durch bestimmte Konstruktionsvorschrift entsteht. Die Eigenschaft, dass man dabei immer ein gleichseitiges Dreieck erhÀlt wird entsprechend als Satz von Morley bezeichnet.
Der Satz von Viviani besagt fĂŒr einen Punkt im Inneren eines gleichseitigen Dreiecks, dass die Summe der AbstĂ€nde des Punktes von den Dreiecksseiten der LĂ€nge der Höhe des Dreiecks entspricht.
Der Satz von Möbius-Pompeiu stellt fĂŒr ein gleichseitiges Dreieck und einen beliebigen Punkt, der nicht auf dessen Umkreis liegt, fest, dass die LĂ€ngen der drei Verbindungsstrecken des Punktes zu den Eckpunkten des Dreiecks stets die Dreiecksungleichung erfĂŒllen, das heiĂt, dass ein Dreieck mit diesen SeitenlĂ€ngen konstruiert werden kann. Liegt der Punkt auf dem Umkreis des gleichseitigen Dreiecks, so erhĂ€lt man ein entartetes Dreieck und die LĂ€nge der lĂ€ngsten Verbindungsstrecke entspricht der Summe der LĂ€ngen der beiden kĂŒrzeren Verbindungsstrecken. Letztere Aussage nennt man auch den Satz von van Schooten.
Platons gleichseitiges Dreieck
Nachdem Platon die fĂŒnf platonischen Körper den Elementen zuordnet (TetraederâFeuer, OktaederâLuft, IkosaederâWasser, DodekaederâKosmos und HexaederâErde), beschreibt er im Timaios (53b-56c) diejenigen regulĂ€ren Vielecke, welche die OberflĂ€chen der platonischen Körper bilden.[3] Er unterteilt die Vielecke in besondere gleichseitige Dreiecke (direkt vorhanden in Tetraeder, Oktaeder und Ikosaeder bzw. virtuell in den FĂŒnfeckflĂ€chen des Dodekaeders) sowie in besondere gleichschenklig-rechtwinkligen Dreiecke (virtuell vorhanden in den QuadratflĂ€chen des Hexaeders).
Nach Platon sind die gleichschenklig-rechtwinkligen Dreiecke alle zueinander Ă€hnlich, dies gilt nicht fĂŒr rechtwinklige Dreiecke mit ungleichen Schenkeln. Er wĂ€hlt unter den letzteren aus (dabei meint er das rechtwinklige Dreieck mit den Winkeln ):
Zwei Dreiecke wollen wir also ausgewĂ€hlt haben: eines das gleichschenklige und das andere dasjenige, in welchem das Quadrat der gröĂeren Kathete das Dreifache von dem der kleineren betrĂ€gt.[3]
Nimmt man als Baustein ein rechtwinkliges Dreieck, beispielsweise mit den Katheten und sowie der Hypotenuse , erfĂŒllt es Platons obige Bedingung. Die Zusammensetzung sechs solcher Dreiecke liefert das gleichseitige Dreieck mit den SeitenlĂ€ngen .
Die Konstruktion eines solchen gleichseitigen Dreiecks ist einfach. Sie besteht aus neun Kreise mit dem Radius gleich (auch mit einem sogenannten kollabierenden Zirkel machbar), drei geraden Linien mit der LĂ€nge sowie aus drei Mittelsenkrechten mit der LĂ€nge .
Im Koordinatensystem
Mittelpunkt
Der Mittelpunkt , das heiĂt der Schnittpunkt der Mittelsenkrechten, Seitenhalbierenden und Höhen, eines Dreiecks mit Ecken , und besitzt die folgenden Koordinaten:
Beispiel
Gegeben: , und
Gesucht:
.
Somit ergibt sich
.
Dritter Eckpunkt
Sind vom gleichseitigen Dreieck die Koordinaten von zwei Ecken bekannt, so können die Koordinaten der dritten Ecke durch 60°-Drehung von Ecke B um Ecke A berechnet werden. Es gibt zwei Lösungen:
Die Zahlen unter den Abbildungen geben an, wie viele Ecken die regelmĂ€Ăigen Polygone haben, die jeweils an einem Punkt zusammenstoĂen. Die Innenwinkel ergeben zusammen 360°.
Zerlegung in zwei kongruente regelmĂ€Ăige Sechsecke
Ein gleichseitiges Dreieck, dessen Seite ohne BeschrĂ€nkung der Allgemeinheit die LĂ€nge 1 hat, lĂ€sst sich so in zwölf kongruente gleichschenklige Dreiecke zerlegen, dass man hieraus zwei kongruente regelmĂ€Ăige Sechsecke mit der SeitenlĂ€nge bilden kann.
Die Aussage folgt nach elementaren algebraischen Umformungen aus dem Ansatz
Gegeben sei eine unendliche Folge gleichseitiger Dreiecke, in der jedem Dreieck jeweils das nachfolgende Dreieck so einbeschrieben ist, dass jede Seite von durch den Eckpunkt des Nachfolgers halbiert wird. O.B.d.A. wird der Seite des Ausgangsdreiecks die LĂ€nge 1 zugeordnet. Dann gilt:
Linienspirale
Ist die halbe SeitenlÀnge des n-ten gleichseitigen Dreiecks (Figur 1), so ist eine geometrische Folge mit dem Bildungsgesetz und dem Grenzwert[5]
.
FlÀchenspirale
BetrĂ€gt ein Viertel der FlĂ€chenmaĂzahl des n-ten gleichseitigen Dreiecks (Figur 2), so ist eine geometrische Folge mit dem Bildungsgesetz und dem Grenzwert[5]
.
Die Folgen und lassen sich geometrisch jeweils als Spirale darstellen.[5]
Das Foto zeigt zwei zu einer Raute positionierte Schachtdeckel in Form von zwei kongruenten gleichseitigen Dreiecken. In jedem der beiden Dreiecke sind die Höhen ersichtlich.
âJohann Friedrich Lorenz: Euklidâs Geometrie oder die sechs ersten BĂŒcher der Elemente nebst dem eilften und zwölften. Waisenhaus-Buchhandlung, Halle / Berlin 1818, Erstes Buch: Der 1. Satz. Aufgabe. âŠ, S.5 (babel.hathitrust.org).
âJohannes Kepler: Weltharmonik. ĂŒbersetzt und eingeleitet von Max Caspar. 1939, XXXVIII. Satz: Seiten des Dreiecks âŠ, S. 37. (Neuauflage: Verlag R. Oldenbourg, MĂŒnchen 2006. eingeschrĂ€nkte Vorschau in der Google-Buchsuche)
â abDietmar Herrmann: Die antike Mathematik. 7.1 Die schönsten Dreiecke Platons. Springer-Verlag, Berlin, Heidelberg 2014, ISBN 978-3-642-37611-5, S.63â65.
âEckard Specht, Erhard Quaisser, Patrick Bauermann (Hrsg.): 50 Jahre Bundeswettbewerb Mathematik - Die schönsten Aufgaben Zweite, erweiterte Auflage, Springer Spektrum, Springer-Verlag BerlinHeidelberg 2020, ISBN 978-3-662-61165-4, S. 135â139
â abcHans Walser: Spiralen, Schraubenlinien und spiralartige Figuren - Mathematische Spielereien in zwei und drei Dimensionen, Springer Spektrum, Springer-Verlag GmbH Berlin 2022, ISBN 978-3-662-65131-5, Seiten 67â69