Appenweier besteht aus der Hauptgemeinde Appenweier, den Ortsteilen Urloffen und Zimmern sowie dem in der Vorbergzone gelegenen Nesselried.
Der Ortsteil Nesselried zieht sich durch das Wannenbachtal in die Rebberge, Urloffen und Zimmern liegen hingegen nördlich von Appenweier.
Gemeindegliederung
Zu Appenweier gehören die früher selbstständigen Gemeinden Nesselried und Urloffen. Zur Gemeinde Appenweier in den Grenzen von 1970 gehört das Dorf Appenweier. Zur ehemaligen Gemeinde Nesselried gehören das Dorf Nesselried und die Weiler Illental und Kohlstatt. Zur ehemaligen Gemeinde Urloffen gehören das Dorf Urloffen und der Weiler Zimmern, welcher baulich mit Urloffen verbunden ist. Im Gemeindeteil Appenweier lag der in Appenweier aufgegangene Weiler Heetlisberg. Im Gemeindeteil Nesselried lag das aufgegangene Gehöft Weilerhof und die abgegangenen Ortschaften Schweighof und Ufholz. Im Gemeindeteil Urloffen lagen die abgegangenen Ortschaften Rüchelnheim und Wisungen[2]
Geschichte
Appenweier
Die erste urkundliche Nennung Appenweiers erfolgte im Jahre 884 als Abbunuuileri. Damit zählt Appenweier zu den ältesten schriftlich überlieferten Orten im Ortenaukreis. Der Name geht auf den althochdeutschen Personennamen Abbo und wilari zurück und bedeutet ‚Weiler des Abbo‘.[3]
In Appenweier wurden von 1575 bis 1630 Hexenverfolgungen durchgeführt. 35 Frauen und Männer gerieten in Hexenprozesse und wurden hingerichtet.[4]
Im Dreißigjährigen Krieg wurde der Ort Opfer schlimmster Verwüstungen, die in den folgenden Revolutionskriegen fortgesetzt wurden. 1632 wurde Appenweier von schwedischen Truppen niedergebrannt, 1689 folgten Brandschatzungen durch französische Truppen.
Zum ersten Mal urkundlich erwähnt wurde Nesselried im Jahre 1120. Die ursprünglichen Gemeinden Unternesselried und Obernesselried vereinigten sich im Jahre 1871 zu Nesselried. Genau hundert Jahre später wurde am 1. Dezember 1971 diese Gemeinde nach Appenweier eingemeindet und wechselte somit vom Landkreis Offenburg in den Landkreis Kehl, bis auch dieser infolge der Kreisreform aufgelöst wurde.[5] Nesselried besteht zudem noch aus den beiden Weilern Illental und Kohlstatt.
Urloffen und Zimmern
Urloffen wurde im Jahre 1150 zum ersten Mal in einer Urkunde erwähnt. Am 1. Januar 1975 wurde die Gemeinde gegen großen Widerstand ihrer Einwohner nach Appenweier eingemeindet.[6] Bereits zwei Jahre zuvor, am 1. Januar 1973, gelangte Urloffen vom Landkreis Kehl in den neuen Ortenaukreis. Der Weiler Zimmern liegt direkt an der Bundesstraße 3 nördlich von Appenweier und ist baulich durch die Rheintalbahn von Urloffen getrennt.
Einwohnerentwicklung
Einwohnerzahlen nach dem jeweiligen Gebietsstand. Die Zahlen sind Schätzungen, Volkszählungsergebnisse (¹) oder amtliche Fortschreibungen des Statistischen Landesamtes Baden-Württemberg[7]
Jahr
Einwohner
1834
1.325
1864
1.494
01. Dezember 1871
4.245
01. Dezember 1880
4.435
01. Dezember 1890
4.473
01. Dezember 1900
4.727
01. Dezember 1910
5.163
1913
1.881
16. Juni 1925
5.443
16. Juni 1933
5.309
17. Mai 1939
5.535
13. September 1950
5.933
06. Juni 1961
2.307
Jahr
Einwohner
27. Mai 1970
2.732
31. Dezember 1980
7.859
25. Mai 1987
8.229
31. Dezember 1990
8.862
31. Dezember 1995
9.348
31. Dezember 2000
9.683
31. Dezember 2005
9.708
31. Dezember 2010
9.802
31. Dezember 2015
10.068
31. Dezember 2020
10.217
Politik
Gemeinderat
Der Gemeinderat in Appenweier besteht aus 19 Mitgliedern und dem Bürgermeister als Vorsitzendem. Der Bürgermeister ist im Gemeinderat stimmberechtigt. Die Kommunalwahl am 26. Mai 2019 führte zu folgendem vorläufigen Endergebnis.[8]
Das Wappen von Appenweier zeigt vor goldenem Hintergrund den Heiligen Michael mit blauem Gewand und ausgebreiteten Flügeln, stehend auf einem grünen Drachen. In seiner Rechten hält der Heilige Michael eine schwarze Lanze, in seiner Linken einen Schild. Die offizielle Blasonierung lautet: In Gold ein blau gerüsteter Erzengel (Michael) auf dem Bauch eines liegenden, zweibeinigen, grünen Drachen stehend, diesem mit der Rechten einen schwarzen Speer in den Rachen stoßend, in der Linken einen blauen Schild mit durchgehendem goldenem Kreuz haltend.
Bürgermeister
1969–1977: Günter Kaufmann (SPD)
1977–2001: Siegfried Götz
2001–2010: Hansjürgen Stein (durch Tod ausgeschieden)
Sehenswert im Ortsteil Urloffen ist die klassizistischeSankt Martinskirche, entworfen und ausgeführt von Hans Voß im Weinbrenner-Stil. Sie zeigt ein spätes Beispiel des für Baden typischen Klassizismus. Monumental stößt der Kirchturm aus der Vorderseite des Kirchenschiffes in die Höhe. Durchaus untypisch für den Weinbrenner-Stil ist ein gewisser Schmuckreichtum für die Fassaden des Langhauses. Der Baldachin über dem Hochaltar aus dem Jahr 1915 wurde von den Gebrüdern Moroder geschaffen.[10] Die Urloffener Kirche zählt zu den schönsten Kirchen im Stil des Klassizismus in Baden.
Skaterszene
In Urloffen hat sich seit den 1990er Jahren eine Skater-Szene etabliert, die ihren zentralen Treffpunkt am Skaterplatz an der Gewerbestraße in Urloffen hat. Hauptbeschäftigung ist das Skaten mit dem Skateboard, wobei in der Szene auch Inlineskater und BMX-Fahrer aktiv sind.
Die Gemeinde Appenweier investierte 2012 und 2013 in neue Rampen aus Beton und die Erweiterung der Anlage um eine Miniramp. Neben der Erweiterung des Einzugsgebiets der Skateanlage auf die Region um Bühl, Offenburg, Achern und Oberkirch erhöhte dies die Vielfältigkeit der Skate-Möglichkeiten und die personelle Aufnahmefähigkeit der Anlage.
Religionen
Seit der Dekanatsreform am 1. Januar 2008 gehört Appenweier und seine Ortsteile Urloffen und Nesselried mit der St. Michael-, der St. Martin- und der Mariä Himmelfahrt-Kirche zum Dekanat Offenburg-Kinzigtal und gehört zudem zur Seelsorgeeinheit Appenweier-Durbach.
Wirtschaft und Infrastruktur
Unternehmen
Die Weiss Automotiv GmbH ist der größte Arbeitgeber in der Gemeinde Appenweier mit über 500 Mitarbeitern. Weiss ist Systemlieferant der Automobilindustrie für die Herstellung, Lackierung, Montage und Logistik von Kunststoffanbauteilen im Exterieurbereich.
Die Firma Klocke Pharma-Service, die zur Klocke-Gruppe gehört, mit Sitz im Ortsteil Urloffen, ist mit über 300 Mitarbeitern der zweitgrößte Arbeitgeber in der Gemeinde Appenweier. Die Unternehmen der Gruppe sind spezialisiert auf die Auftragsherstellung und Verpackung von Arzneimitteln, Impfstoffen und kosmetischen Produkten.
Im Ortsteil Urloffen gibt es mehrere Meerrettich anbauende und verarbeitende Betriebe.[11] Zweimal im Jahr wird dort das Meerrettichfest gefeiert.[12]
Der ehemalige Plattenspielerhersteller Dual betrieb im Ortsteil Urloffen ein Werk, das von 1971 bis 1980 produzierte.
Ein großes Problem stellt für Appenweier die vorgesehene neue Einfädelung der Europabahn in die Rheintalbahn dar. Geplant ist eine Schnellfahrstrecke, die den Ort Appenweier faktisch teilen würde, wogegen sich starker Widerstand regt.[13] Alternativ wäre es möglich, die Hochgeschwindigkeitszüge zwischen Frankreich und Deutschland über die stillgelegte und teilweise abgebaute Bahnstrecke Rœschwoog–Rastatt zu führen, was eine erhebliche Beschleunigung erlauben und in Appenweier keine größeren Baumaßnahmen erfordern würde.
Oscar Müller (1877–1960), Journalist und beamteter Pressechef der Reichsregierung
Franz Geiler (1879–1948), Gewerkschafter, Landtagsabgeordneter (SPD)
Georg Lechleiter (1885–1942), Vorsitzender der kommunistischen Fraktion im Landtag der Republik Baden und Kopf einer Widerstandsgruppe in der Zeit des Nationalsozialismus
Paul Werner (1900–1970), SS-Standartenführer und Ministerialrat
↑Das Land Baden-Württemberg. Amtliche Beschreibung nach Kreisen und Gemeinden. Band VI: Regierungsbezirk Freiburg Kohlhammer, Stuttgart 1982, ISBN 3-17-007174-2. S. 303–306
↑Manfred Niemeyer (Hrsg.): Deutsches Ortsnamenbuch. De Gruyter, Berlin 2012, ISBN 978-3-11-018908-7, S.36.
↑Franz Volk: Hexen in der Landvogtei Ortenau und Reichsstadt Offenburg, 1882, Nachdruck Offenburg 1978
↑Werner Scheurer: Die Altäre der Offenburger Altarbauer Moroder. In: Medizinhistorische Mitteilungen. Zeitschrift für Wissenschaftsgeschichte und Fachprosaforschung. Band 36/37, 2017/2018 (2021), S. 147–182, hier: S. 177.