Das Territorium von Roßwein liegt im Mittelsächsischen Bergland, beiderseits der Freiberger Mulde. Der Kern der namensgebenden Stadt befindet sich auf dem sanft aufsteigenden Gelände am rechten Muldenufer. Roßwein liegt etwa 50 km westlich von Dresden in der Nähe der Städte Freiberg und Meißen.
Roßwein war im frühen Mittelalter ein altsorbisches Fischerdorf. Im 12. Jahrhundert entwickelte sich daraus im Rahmen der deutschen Ostsiedlung eine markgräflich-meißnische Stadtanlage mit einem Herrensitz.[2]
Die erste urkundliche Erwähnung von Roßwein stammt aus dem Jahr 1220. Ein Jahr später wird ein villicus de Rosewin genannt.
Der Name der Stadt geht auf das altsorbische Wort Rusavin, abgeleitet vom Personennamen Rusava zurück. Roßwein ist also die Siedlung eines Sorben mit Namen Rusava. Der Name geht auf rusy rötlich, blond, braun zurück.[3] Der Ortsname legt nahe, dass Roßwein eine sorbische Gründung ist. Unbekannt ist das Jahr der Gründung und auf wessen Initiative die Gründung erfolgte.
Im Jahr 1286 wird Roßwein erstmals in einer Urkunde als Stadt (civitas seu oppidum)
bezeichnet. Es gibt eine wechselvolle Geschichte. Roßwein wurde durch den Markgrafen Heinrich den Erlauchten (1221–1286) an seinen Enkel Friedrich den Freidigen (den Gebissenen), Pfalzgraf von Sachsen, verpfändet und ging nach dem Tode Heinrichs in den Besitz von Friedrich den Freidigen über. Friedrich der Freidige übergab Roßwein durch Schenkung am 18. Mai 1293 an das Zisterzienserkloster Altzella bei Nossen.
Seit 1360 hatte Roßwein einen Bürgermeister und einen Rat. Die Stadt unterstand nachweislich ab 1590 dem Amt Nossen. Rat und Bürgermeister zu Roßwein erhielten die Gerichtsbarkeit sowohl vom Kloster Altzella als auch vom Amt Nossen nur auf Zeit verpfändet. Den Stadtrichter wählte der Rat aus seiner Mitte. Später besaß Roßwein auch eine umringende Stadtmauer von 1.221 m Länge mit durchgezogenem Wehrgang. Vom Marktplatz aus verliefen fünf Straßen zu fünf Stadttoren: dem Kreuztor, dem Bergtor, dem Mühlentor, dem Döbelnschen bzw. Lommatzscher Tor sowie dem Brückentor, welches einen Wachturm trug. Als Baumaterial dienten Bruchsteine aus dem nahen Steinbruch. Auch Steine aus der Freiberger Mulde, die man Katzenköpfe nannte, fanden Verwendung. Torwachen mussten von den Bürgern selbst gestellt werden. Sie erhielten eine Ausbildung in der Waffenführung von Spieß, Armbrust und Schwert. Kurz vor Einbruch der Dunkelheit verschloss man die Tore. Säumige hatten dann vor den Toren der Stadt ihr Nachtlager zu suchen. Ab 1805 entfiel das Verschließen der Stadttore. Die Torwachen löste man aber erst 45 Jahre später auf.
Um 1550 lebten 259 besessene Mann und 360 Inwohner in Roßwein. 1748 waren es 477 besessene (grundbesitzende) Bürger und der Ort bestand der Größe nach aus 29 Hufen.
1871 war die Bevölkerung bereits auf 6848 angestiegen.
Roßwein zählte neben Nossen und Siebenlehn zum bedeutendsten Besitz des Klosters. Dadurch hatte aber die Stadt die meisten Abgaben zu leisten. Alle Anlieger waren verpflichtet, für ihren Wohnbereich den Bau auszuführen und zu erhalten.
Auch in Roßwein forderte 1613 die schwarze Pest ihre Opfer. Im Jahre 1834 lebten bereits 4202 Einwohner in Roßwein. 1868 wurde die Eisenbahnverbindung nach Leipzig und Dresden sowie 1874 nach Chemnitz eröffnet. Seit dem 19. Jahrhundert war die Stadt ein wichtiger Industriestandort; hier siedelten sich Metallwaren-, Schuh-, Textil- und Zigarrenfabriken an. Mit Einführung der Allgemeinen Städteordnung erlangte das Stadtgericht 1834 seine Eigenständigkeit. Nach Abtretung an den Staat ging die städtische Gerichtsbarkeit zusammen mit der vom Justizamt Nossen ausgeübten Ober- und Erbgerichtsbarkeit in der Stadt Roßwein und ihren Fluren am 1. September 1853 auf das Königliche Gericht Roßwein über.
Historische Schreibweisen und Bedeutung des Ortsnamens
Der Schreibweise des Ortsnamens Roßwein hat im Laufe seiner Geschichte variiert und es gab verschiedene Schreibweisen. Folgende Schreibweisen sind aus historischen Quellen überliefert:[4]
1220: Ros(s)ewin
1221: Bertoldus antiquus villicus de Rosewin
1286: Russewyn
1349: Ruswin
1393: Rüssewin
um 1500: Russewein
seit 1555/56: Roßwein
Der Name kommt vom altsorbischen Rusavin. Das geht auf den Personennamen Rusva, zu rusy, rötlich, blond zurück.
Es war also die Siedlung eines Rusava.[5]
Ein Gedenkstein und zwei Gedenktafeln in der Kadorfer Straße 31b, in der Gartenstraße 42 und in der Goldbornstraße erinnern ebenfalls an Paul Rockstroh.
Ein Gedenkstein im Ortsteil Haßlau, Zweiniger Grund, an der Zufahrtsstraße zur Margarethenmühle, erinnert an einen polnischen Zwangsarbeiter, der wegen einer unerlaubten Beziehung zu einer deutschen Frau 1943 öffentlich gehenkt wurde.
Am Schweizerberg im Ortsteil Mahlitzsch wurden im April 1945 sieben unbekannte KZ-Häftlinge eines Todesmarsches aus dem AußenlagerColditz des KZ Buchenwald von SS-Männern erschossen. Ein dort 1975 errichteter Ehrenhain beherbergt ein Denkmal, das an dieses Geschehen erinnert, bei dem von 1.000 Häftlingen nur 17 überlebt haben. Die Toten von Mahlitzsch wurden auf dem Friedhof des Ortsteiles Niederstriegis begraben. An sie erinnert ein 1974 errichteter Grabstein.
Am Bismarckplatz stand das Bismarckdenkmal mit einem Reliefmedaillon des Deutschen Reichskanzlers.
In Roßwein gibt es neben den im Stadtrat und Kreistag vertretenen Parteien eine Ortsgruppe der Grünen. Weiterhin ist in Roßwein eine einstmals vom Bürgermeister 2001 ins Leben gerufene „Arbeitsgruppe Stadtgestaltung und Stadtentwicklung“ aktiv, die für alle Roßweiner Bürger offen ist, auf basisdemokratische Weise funktioniert und dem Stadtrat zuarbeitet.
Stadtrat
Seit der Stadtratswahl am 9. Juni 2024 verteilen sich die 21 Sitze des Stadtrates wie tabellarisch aufgelistet. Auch vorherige Wahlen sind aufgelistet.
Seit dem 8. September 2022 ist Hubert Paßehr (CDU) der Bürgermeister von Roßwein. Er hatte sich am 3. Juli 2022 im 2. Wahlgang mit 43,8 % gegen seine Mitbewerber durchgesetzt.[17] Von 2001 bis 2022 war Veit Lindner (parteilos) Bürgermeister.
Seit der Kreistagswahl am 26. Mai 2019 ist Roßwein durch Veit Lindner (parteilos, Fraktion SPD), Peter Krause (DIE LINKE.) und Ines Luft (AfD) im Kreistag vertreten.
Blasonierung: „Ein weißes Pferd steht mit dem Kopf nach links schauend auf einem grünen „Drei-Berg“ (Berg mit drei Kuppen). Drei Weinreben und sieben Weinblätter sind ebenfalls auf dem Wappen zu sehen.“
Das historische Hallenbad in der Stadtbadstraße wurde im Jahre 1897 eingeweiht. Es handelt sich um das „erste behördlicherseits errichtete Hallenbad Sachsens“, wie der damalige Bürgermeister C.A. Rüder bei der Einweihungsfeier ausführte.
Weitere bauliche Sehenswürdigkeiten sind:
Rathaus von 1862 mit Portal von 1529.
Tuchmacherhaus aus 16. Jh. (ehemaliges Abthaus des Klosters Altzella)
Die Stadtmauer, von der noch Reste überall in der Stadt zu sehen sind, z. T. auch wieder restauriert.
Die Villa Constanze in der Böhrigener Straße (Jugendstilvilla von 1905).
Die Muldenpromenade, entlang der Freiberger Mulde mit Feuerwehr- und Industriemuseum und Irrgarten.
Die letzte Dampfmaschine Roßweins[18], eine Tandem-Verbundmaschine der Fa. Hanomag Hannover, Baujahr 1911
Die historische Signalbrücke am Bahnhof
Saubrunnen
Herrschaftliches Gutshaus im Ortsteil Otzdorf
Kirche im Ortsteil Otzdorf
Rundes Haus und Ruine der Burg Kempe im Ortsteil Mahlitzsch
Rathaus
Marktplatz (2016)
Postmeilensäule
Uferpromenade
Portal des Heimatmuseums
Naturdenkmäler
Die mit über 200 Jahren wahrscheinlich zweitälteste Kamelie nördlich der Alpen ist in Roßwein zu finden. Ferner gibt es an der Straße nach Döbeln mit dem Troischaufelsen einen einzigartigen geologischen Aufschluss. Der unter Naturschutz stehende Felsen besteht aus dem in der Region seltenen Gabbro. Bis zum Bau der Döbelner Straße um 1860 wurde an dieser Stelle noch Silber und Kupfer in einem Stollen abgebaut.
Zwei Kilometer östlich von Roßwein befindet sich das Flächendenkmal der vormaligen Bergwerksanlagen von „Segen Gottes Erbstolln“. Seit dem Jahre 1980 betreibt der gemeinnützige Verein „Segen Gottes Erbstolln“ aktive Denkmalspflege an diesem bedeutenden montanhistorischen Denkmal.
Geotop „Gabbrofelsen“ in Roßwein
Gabbrogestein in Roßwein
Wirtschaft und Infrastruktur
Verkehr
Roßwein liegt im Städtedreieck Chemnitz–Leipzig–Dresden, die Straßenverkehrsanbindungen erfolgt über die nahe gelegene A 4 und A 14 sowie die B 175. Roßwein verfügt über einen Bahnhof an der Bahnstrecke Borsdorf–Coswig, der seit Dezember 2015 ohne Personenverkehr ist. Die Stadt war Ausgangspunkt für die umgangssprachlich als Striegistalbahn bekannte, Bahnstrecke Roßwein–Hainichen–Niederwiesa. Diese Strecke ist im Abschnitt Roßwein–Hainichen vom Eisenbahnverkehr freigestellt.
Ansässige Unternehmen
Neben einigen regionalen Bauunternehmen wird die Unternehmensstruktur heute von zwei Autozulieferern bestimmt. Im Jahre 2005 siedelte sich der japanische Hitachi-Konzern im Industriegebiet Goldene Höhe an. Er produziert dort Hochdruckpumpen für die Benzineinspritzung. Im ehemaligen Press- und Schmiedewerk wurden von der Frauenthal Powertrain GmbH Pleuelstangen hergestellt.
Bildung
Weitere wichtige Bildungs- und Forschungseinrichtungen:
Bis 2014 gab es eine Außenstelle der Hochschule Mittweida mit den Fachbereichen Soziale Arbeit und Metalltechnik. Diese wurden an den Hauptsitz Mittweida verlagert.
Karl Friedrich Böhmert (1797–1882), Pfarrer, Gründer der Sonntagsschule (1832), des Gewerbevereins (1834) und der Krankenkasse (1849) von Roßwein. Ehrenbürger (1839)
Karl Gautsch (1810–1879), Heimatforscher, Politiker und Rechtsanwalt
Othmar Faber (1927–2008), päpstlicher Ehrenprälat im Bistum Dresden-Meißen, ab 1955 Lokalkaplan und Pfarrvikar in Roßwein
Dialekt
Roßwein liegt an einer Grenze dreier Formen des sächsischen Dialekts: nördlich davon das Nordmeißenische, südlich das Südmeißenische, und östlich stößt das Südostmeißenische an; welche alle drei zu den Meißenischen Dialekten zuzurechnen sind.
Literatur
Cornelius Gurlitt: Rosswein. In: Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Königreichs Sachsen. 25. Heft: Amtshauptmannschaft Döbeln. C. C. Meinhold, Dresden 1903, S. 191.
Günther Hanisch: Roßwein in alten Ansichten, Bd. 1–9, Europäische Bibliothek – Zaltbommel/Niederlande, (C)1992
Eine Überlieferung des Stadtgerichts Roßwein für den Zeitraum 1591–1853 zu Gerichts- und Lokalverwaltung, Straf-, Zivil- und Freiwilliger Gerichtsbarkeit, Gerichtsbüchern und Gerichtsprotokollen befindet sich im Sächsischen Staatsarchiv, Staatsarchiv Leipzig, Bestand 20623 Stadt Roßwein (Stadtgericht).[19]
↑ abcdefghijStatistisches Bundesamt (Hrsg.): Gemeinden 1994 und ihre Veränderungen seit 01.01.1948 in den neuen Ländern. Verlag Metzler-Poeschel, Stuttgart 1995, ISBN 3-8246-0321-7.
↑ abcdStatistische Bureau des königlichen Ministeriums des Inneren (Hrsg.): Gemeinde- und Ortsverzeichnis für das Königreich Sachsen. 1904.
↑ abcdefMinisterium des Innern des Landes Sachsen (Hrsg.): Verzeichnisse der seit Mai 1945 eingemeindeten Gemeinden und Nachweis über die Aufgliederung der selbständigen Gutsbezirke und Staatsforstreviere. 1952.