Der Kreis war seit 1832 eine staatliche Verwaltungseinheit im Großherzogtum Hessen und nachfolgend im Volksstaat Hessen, eine Ebene zwischen den Gemeinden einerseits und der Zentralverwaltung oder den Provinzverwaltungen – je nach Sachgebiet – andererseits. An der Spitze des Kreises stand der Kreisrat.
Das Großherzogtum Hessen stand im 19. Jahrhundert auch vor der Aufgabe, seine von der Landgrafschaft Hessen-Darmstadt und anderen Rechtsvorgängern durch den Reichsdeputationshauptschluss von 1803, den Gebietsgewinnen anlässlich des Beitritts zum Rheinbund 1806, den von Frankreich 1810 übernommenen (überwiegend ehemals kurfürstlich-hessischen) Territorien und den in Folge des Wiener Kongresses eingesammelten Gebieten, einen einheitlichen, modernen Staat zu formen. Dabei wurde zunächst die aus dem Mittelalter und der frühen Neuzeit herrührende Amtsverfassung, die in all diesen Gebietsteilen verbreitet war, übernommen. Die Funktionen von Verwaltung und Rechtsprechung der ersten Instanz waren in den Ämtern nicht getrennt.
In einer Verwaltungsreform, die sich von 1820 bis 1823 erstreckte, wurden zum einen Rechtsprechung und Verwaltung getrennt. Für die Rechtsprechung wurden Landgerichte eingerichtet, die Verwaltung auf Landratsbezirke verlagert. Der Hauptschub der Reform erfolgte 1821.[1] Dabei wurde zugleich versucht, die teils zerstreut liegenden Teile der Ämter in geografisch zusammenhängende Einheiten zu fassen. Störend war dabei, dass in die staatliche Zuständigkeit eingelagert Gebiete existierten, in denen die Patrimonialgerichtsbarkeit adeliger Familien weiter bestand. Im Gegensatz zu der Benennung ging es dabei nicht nur um Rechtsprechung, sondern auch in großem Umfang um polizeiliche Aufgaben im Bereich der Öffentliche Sicherheit und Ordnung. Der Staat versuchte dieser „Konkurrenz“ mit zwei Strategien beizukommen: Zum einen schloss er Verträge mit kleineren Patrimonialgerichtsherren mit dem Ziel, dass diese zugestanden, dass die mit dem Patrimonialgericht verbundenen Rechte – wenn auch im Namen der Patrimonialherrschaft – von staatlichen Gerichten und Behörden ausgeübt wurden. Zum anderen drängte er bei den Inhabern größerer Patrimonialgerichte – etwa den Fürsten und Grafen von Isenburg oder Solms – darauf, dass sie ihre Herrschaftsrechte wenigstens analog zur staatlichen Struktur organisierten.
Die Reform von 1820 bis 1823 erwies sich schon bald als zu kurz gegriffen. Die Einheiten der „mittleren Ebene“, der Landratsbezirke, erwiesen sich immer noch als zu klein, zu personalintensiv und zu teuer. So kam es 1832 zu einer weiteren Gebietsreform, in der „Kreise“ geschaffen wurden, was in der Regel dadurch geschah, dass zwei Landratsbezirke zusammengelegt wurden.
Dies alles spielte sich in den beiden rechtsrheinischen Provinzen des Großherzogtums, Starkenburg und Oberhessen ab. Die linksrheinische Provinz Rheinhessen hatte dagegen aus der Zeit, als sie zu Frankreich gehörte, ein modernes Verwaltungssystem mitgebracht, Rechtsprechung und Verwaltung waren hier schon lange getrennt und Privilegien des Adels, wie die Patrimonialgerichtsbarkeit, beseitigt. So war die Reform hier nicht so dringend. Um Einheitlichkeit im ganzen Staat zu erreichen, wurde sie dann 1835 gleichwohl vorgenommen.[2] Die Kreise waren in Rheinhessen eine Zusammenfassung der bis dahin bestehenden Kantone.
Durch Edikt vom 6. Juni 1832 wurden die Landratsbezirke aufgehoben und räumlich umfangreichere Kreise gebildet.[3] Deren Zuschnitt wurde kurz darauf mit einer weiteren Verordnung festgelegt.[4]
In der Folge der Märzrevolution 1848 wurden – den Forderungen der Revolutionäre nachkommend – am 31. Juli 1848 die Provinzen und Kreise zugunsten der Errichtung von elf Regierungsbezirken aufgegeben. Diese Reform wurde in der Reaktionszeit nach der Revolution am 12. Mai 1852 wieder rückgängig gemacht und die frühere Gliederung in Provinzen Kreise grundsätzlich wiederhergestellt.[20] Es kam aber zu einer „kleinen Gebietsreform“: In einigen Fällen wurden Änderungen des Gebietsstandes gegenüber dem Stand von 1848 vorgenommen. Flächendeckend wurden 26 Kreise geschaffen. Die standesherrlichen Hoheitsrechte, die in der Revolution beseitigt worden waren, wurden nicht wiederhergestellt. Aus diesen Gebieten wurden weitere, neue Landkreise gebildet: Erbach, Büdingen, Lauterbach, und Schotten. Zudem wurde die Kreise Vilbel und Oppenheim durch Ausgliederung aus anderen Kreisen geschaffen.
Durch die Gebietsverluste und -gewinne in der Folge des Krieges von 1866 ging der Kreis Biedenkopf verloren, andere Kreise veränderten dadurch ihren Zuschnitt, die prinzipielle Struktur aber blieb bestehen.
1871 wurde das Großherzogtum Hessen Teil des Deutschen Reichs. Es nahm 1874 nach preußischem Vorbild eine Reform der Kreisverfassung vor.[21] Auch wurden die Kreise Grünberg, Lindenfels, Neustadt, Nidda, Vilbel und Wimpfen aufgelöst und bei den meisten Kreisen in den Provinzen Starkenburg und Oberhessen änderte sich der Zuschnitt.[22] Die Einführung der Republik 1918 änderte an der Gebietseinteilung des nun Volksstaats Hessen benannten Staates nichts.
Bis 1917 trugen die Spitzenbeamten der Kreise den Titel „Kreisrat“, ab 1917 den Titel „Kreisdirektor“.[23]
1938 wurde im Zuge einer reichsweiten Vereinheitlichung die Bezeichnung „Kreis“ in „Landkreis“ geändert.[24] Dies fand mit Wirkung vom 1. Januar 1939 Anwendung.
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