Hakkâri (kurdischColemêrg, syrisch ܐܰܟ݁ܳܪܳܐ Akkare) ist eine der 81 türkischen Provinzen. Sie liegt im gebirgigen südöstlichsten Teil der Türkei und grenzt im Osten an den Iran und im Süden an den Irak. In ihrem Norden liegt die Provinz Van und im Westen die Provinz Şırnak. Hauptstadt ist das gleichnamige Hakkâri.
Die Provinz Hakkâri ist ein sehr gebirgiges Gebiet und liegt über 1700 m hoch. Es gibt mindestens 30 Berge, die höher als 3000 m sind. Der höchste ist der 4116 m hohe Cilo Dağı (Reşko), gefolgt von den Gipfeln Mordağ (3810 m), Sandil (3818 m) und Geveruki (3680 m). Hakkâri besteht zu zehn Prozent aus Plateaus. Bekanntere unter ihnen sind Kandil, Shandil, Berçelan, Kanimehan und Vare Berkizan.
Die Provinz gehört mit 13 weiteren Provinzen zur Region Ostanatolien (Doğu Anadolu Bölgesi). Sie belegt etwa 4,8 % der Fläche und 4,63 % der Bevölkerung. Damit belegt Hakkâri hintere Plätze beim Ranking: Platz 11 bzw. 12 bei der Fläche (verschiedene, veraltete Quellen) und Platz 10 in der Bevölkerungsliste. Die Bevölkerungsdichte liegt mit etwa 39 Einwohnern je km² knapp unterhalb des Provinzdurchschnitts.
Namensgebung
Hakkâri war der Name eines kurdischen Stammes, der in der Nähe des Vansees lebte. Arabische Historiker und Geographen nannten die Region Hakkāriyya. Der syrisch-aramäische Name für Hakkâri ist Akkare und bedeutet Landwirt.[3][4] In dem sogenannten Geniza-Dokument aus dem frühen 12. Jahrhundert wird der Name in der heutigen Form bereits erwähnt. Verwaltungszentrum und Sitz der Hakkâri-Fürsten war Çölemerik. Die Armenier nennen diese Stadt Ilmar, die Assyrer Gülarmak und die Mamluken, die auch hier herrschten, Colamerg. Die Kurden nennen es Colemerg und auf Türkisch heißt es Çölemerik. Heute heißen Stadt und Provinz Hakkâri.
Landkreise, die erst nach Gründung der Türkei (1923) gebildet wurden.
Gemeinden, Mahalle, Dörfer
Nachfolgende Einwohnerzahlen basieren auf der Bevölkerungsfortschreibung vom 31. Dezember 2020.[8]
Gemeinden
Neben den Kreisstädten existieren noch drei weitere Gemeinden (Belediye):
Büyükçiftlik (Kreis Yüksekova, 3.452 Einwohner),
Esendere (Kreis Yüksekova, 3.340),
Durankaya (zentr. Landkreis, 2.891).
Mahalle
Die Provinzhauptstadt Hakkâri (15 Mahalle mit durchschnittlich 3.964 Einwohnern) und die größte Stadt Yüksekova (10 Mahalle mit durchschnittlich 7.171 Einwohnern) haben die meisten Mahalle. Im Durchschnitt ist jede Mahalla der Provinz von 3.139 Einwohnern bewohnt, die meisten Menschen leben in diesen drei Mahalle:
Yeni Mah (15.473 Einwohner),
Güngör Mah (11.852),
Cumhuriyet Mah. (10.816).
Sie gehören alle zur Stadt Yüksekova. Die kleinste Mahalla hat 166 Einwohner.
Dörfer
Es gibt in der Provinz 125 Dörfer (Köy) mit einer Durchschnittsbevölkerung von 838 Bewohnern je Dorf. Die meisten Bewohner je Dorf gibt es im Kreis Derecik (3.106), die wenigsten im zentralen Kreis Hakkâri (449). Kein Dorf hat über 5.000 Einwohner, Altınsu im Kreis Şemdinli ist mit 4.828 Einwohnern das größte Dorf. Wie schon 2018 und 2019 ist Bulancak aus dem zentralen Kreis das kleinste Dorf der Provinz (8 Einwohner).
Bevölkerung
Die Bevölkerungsmehrheit stellen die Kurden. Die vier Dörfer Beyyurdu, Boğazköy, Uğuraçan und Yaylapınar werden ausschließlich von Türken bewohnt und liegen alle im Landkreis Şemdinli. Von den einst zehntausenden syrischen Christen (auch Aramäer/Assyrer genannt) leben heute nur noch einige Personen in der Provinz Hakkâri wie im Dorf Konak.
Ergebnisse der Bevölkerungsfortschreibung
Nachfolgende Tabelle zeigt die jährliche Bevölkerungsentwicklung am Jahresende nach der Fortschreibung durch das 2007 eingeführte adressierbare Einwohnerregister (ADNKS).[8] Zusätzlich sind die Bevölkerungswachstumsrate und das Geschlechterverhältnis (Sex Ratio d. h. Anzahl der Frauen pro 1000 Männer) aufgeführt. Der Zensus von 2011 ermittelte 271.405 Einwohner, das sind knapp 35.000 Einwohner mehr als zum Zensus 2000.
Jahr
Bevölkerung am Jahresende
Wachstums- rate der Be- völkerung (in %)
Geschlechter verhältnis (Frauen auf 1000 Männer)
Rang (unter den 81 Provinzen)
gesamt
männlich
weiblich
2020
280.514
148.967
131.547
−0,17
883
63
2019
280.991
151.143
129.848
−1,91
859
63
2018
286.470
157.107
129.363
3,88
823
63
2017
275.761
148.490
127.271
2,97
857
63
2016
267.813
142.486
125.327
−3,93
880
64
2015
278.775
151.013
127.762
0,90
846
62
2014
276.287
148.538
127.749
1,19
860
62
2013
273.041
146.155
126.886
−2,48
868
63
2012
279.982
154.526
125.456
2,87
812
62
2011
272.165
147.567
124.598
8,30
844
63
2010
251.302
128.988
122.314
−2,13
948
65
2009
256.761
135.884
120.877
−0,71
890
63
2008
258.590
138.494
120.096
4,92
867
63
2007
246.469
128.904
117.565
–
912
65
2000
236.581
130.682
105.899
810
Volkszählungsergebnisse
Nachfolgende Tabellen geben den bei den 14 Volkszählungen dokumentierten Einwohnerstand der Provinz Hakkâri wieder. Die Werte der linken Tabelle sind E-Books (der Originaldokumente) entnommen, die Werte der rechten Tabelle entstammen der Datenabfrage des Türkischen Statistikinstituts TÜIK – abrufbar über diese Webseite:[9]
Jahr
Bevölkerung
Rang
Provinz
Türkei
1927
24.980
13.648.270
63
1935
–
16.158.018
–
1940
36.446
17.820.950
63
1945
35.124
18.790.174
63
1950
44.207
20.947.188
63
1955
54.824
24.064.763
67
1960
67.766
27.754.820
67
Jahr
Bevölkerung
Rang
Provinz
Türkei
1965
83.937
31.391.421
67
1970
102.312
35.605.176
67
1975
126.036
40.347.719
67
1980
155.463
44.736.957
66
1985
182.645
50.664.458
65
1990
172.479
56.473.035
70
2000
236.581
67.803.927
69
Anzahl der Provinzen bezogen auf die Censusjahre:
1927, 1940 bis 1950: 63 Provinzen
1935: 57 Provinzen
1955: 67 Provinzen
1960 bis 1985: 73 Provinzen
1990: 73 Provinzen
2000: 81 Provinzen
Geschichte
Altertum
Hakkâri ist seit alters her von Menschen besiedelt. Es gibt prähistorische Felszeichnungen, deren Datierung und Zuordnung nicht klar ist.
Von den Assyrern stammen die ersten Berichte über diese Region. Sie berichteten von unabhängigen Fürstentümern Hubuškia und Mazamua (900–700 v. Chr.). Zwei dieser Fürsten oder Könige hießen Hubuşki Kaki(a) und Data(na). Der Ursprung dieser Namen ist hurritisch. Manchmal tauchten diese Namen im Zusammenhang mit den Nairi auf. Aus den Quellen wird deutlich, dass die Fürstentümer aus Stammeskonföderationen bestanden. Diese Lebensart hat sich bei den Einwohnern Hakkâris bis zur Gegenwart erhalten. Nach den Einfällen der Assyrer nach Anatolien schlossen sich die Stämme der Nairi zusammen. Als Gegenspieler der Assyrer traten die Urartäer auf den Plan. Das erste urartäische Reich bestand vom 9. Jahrhundert bis zum 6. Jahrhundert v. Chr.
Mittelalter und Neuzeit
Im Jahre 1515 geriet die Region unter osmanische Oberhoheit. Allerdings bestand die Oberherrschaft des Sultans nur nominell. Es wurde eine Zeit lang als Sandschak des Vilâyet Vans betrachtet. In Wirklichkeit stand es unter der erblichen Herrschaft kurdischer Prinzen, die als Sandschak-Beyi fungierten (Fürstentum Hakkâri). Erst Mitte des 19. Jahrhunderts setzte die Pforte ihre Oberhoheit durch und machte es 1876 zu einem eigenständigen Vilayet. Bereits 1888 wurde es wieder der Provinz Van angegliedert. Bis zum Völkermord an den syrischen Christen (Sayfo) im Ersten Weltkrieg lebten hier zahlreiche und auch wehrhafte assyrische Stämme, die hier einen Großteil der Zugehörigen der Assyrischen Kirche des Ostens überhaupt bildeten.[10]
↑Shabo Talay (2008): Die neuaramäischen Dialekte der Khabur-Assyrer in Nordostsyrien: Einführung, Phonologie und Morphologie. Semitica Viva 41, Harrassowitz Verlag, Wiesbaden 2009. S. 15.