Die erste urkundliche Erwähnung des zu Mähren gehörenden Ortes „Glubcici“, der über eine hölzerne Burg verfügte, erfolgte 1107. Die Siedlung befand sich auf der rechten Seite der Zinna, die seit dem Glatzer Pfingstfrieden von 1137 die Grenze zwischen Mähren und Schlesien bildete. 1224 ist in der mutmaßlich damals bereits von König Ottokar I. Přemysl nach Magdeburger Recht gegründeten Stadt „Lubschicz“ ein königlicher Zoll nachweisbar.[1] Der genaue Zeitpunkt der Stadtgründung ist nicht bekannt.
1241 wurde die Stadt im Mongolensturm zerstört und nach dem Wiederaufbau auch das linke Ufer des Flusses besiedelt. Von 1253 bis 1626 war Leobschütz Oberhof für zahlreiche mährische Städte und Dörfer, die das vom Magdeburger Recht abgeleitete Leobschützer Recht erhielten, das 1270 vom böhmischen König Přemysl Ottokar II. bestätigt wurde. Bereits 1265 hatte er der Stadt den Stadtwald geschenkt. 1275 erhielt Leobschütz das Meilenrecht. Im September 1278 bestätigte der römisch-deutsche König Rudolf I. Privilegien der Stadt Leobschütz.[2] 1281 stiftete Königin Kunigunde das Johanneshospital. Vor 1282 entstand die Stadtmauer mit Wachtürmen und Wassergraben. Das Patronat über die Pfarrkirche „Mariä Geburt“ kam 1259 an den Johanniterorden von Gröbnig, dessen Komtur von 1282 bis 1591 seinen Sitz in Leobschütz hatte. 1298 erhielt die Stadt weitere Rechte durch den böhmischen König Wenzel II. Im selben Jahr verfügte die Stadt über eine Tuchniederlage sowie ein städtisches Kaufhaus auf dem Ring, an dessen Stelle 1383 das Rathaus entstand. Im Jahre 1421 entstand das in deutscher Sprache verfasste Leobschützer Rechtsbuch, das zum sächsisch-magdeburgischen Rechtskreis gehört. 1433 besaß Leobschütz vorübergehend das Münzrecht.
Während des Dreißigjährigen Kriegs wurde die Stadt stark zerstört, am schwersten 1645 durch die Schweden. Im 18. Jahrhundert gehörte Leobschütz zur Steuerrätliche Inspektion in Neustadt O.S.[4]
Für Leobschütz wurde die nach 1945 vorübergehend der Namen Głąbczyce genutzt, der 1946 durch Głubczyce ersetzt wurde. In der Folgezeit wurden die allermeisten Deutschen vertrieben, wodurch die Einwohnerzahl zunächst deutlich zurückging.
Nach Kriegsende erhob die Tschechoslowakei Ansprüche auf mehrere nieder- und oberschlesische Gebiete, u. a. auch auf das Gebiet um Leobschütz und Ratibor. Durch die beiderseitige Propaganda verschlechterten sich die Beziehungen zwischen beiden Staaten derart, dass der Ausbruch eines bewaffneten Konflikts nur durch eine sowjetische Intervention vermieden werden konnte. Erst mit dem polnisch-tschechischen Grenzvertrag von 1958 wurden die Grenzstreitigkeiten beigelegt.[6] Von 1946 bis 1975 war Głubczyce Sitz des Powiat Głubczycki. Er wurde 1999 wieder neu errichtet.
Im Oktober 2022 wurde das Denkmal für die im Zweiten Weltkrieg gefallenen Soldaten der Roten Armee abgerissen. „Dieses Denkmal ist ein Lügenmonument. Die Sowjets haben 1945 nicht die Freiheit gebracht, sondern eine neue Versklavung“ erklärte Karol Nawrocki, Leiter des polnischen Instituts für Nationales Gedenken (IPN). Zeitgleich wurden auch ähnliche Denkmäler für Gefallene der Roten Armee in Byczyna, Staszów und Bobolice abgerissen.
Kirchlich gehörte Leobschütz/Głubczyce bis 1972 zum Bistum Olmütz; seither gehört es zum Bistum Opole.
Sehenswürdigkeiten
Altstadt und Marktplatz
Bemerkenswert ist die Altstadt mit einem in Europa einzigartigen Marktplatz in Viertelkreisform und einem Straßennetz, von denen die ältesten heutige ul. Wodna und ul. Kościelna sind. Die heutige Straße ul. Kozielska wurde auf dem Abschnitt vom Marktplatz bis zum St.-Floriens-Brunnen Pferdemarkt genannt.
Die Pfarrkirche „Mariä Geburt“ wurde erstmals 1259 erwähnt und von 1370 bis 1380 zu einer dreischiffigen Hallenkirche umgebaut. In den Jahren 1903 bis 1907 erfolgte durch den Architekten Max Hasak ein Umbau im Stil der Neugotik.
Das Leobschützer Rathaus wurde erstmals 1383 erwähnt und nach einem Brand 1603 neu aufgebaut. 1863 bis 1864 erfolgte ein Umbau im Stil der Neugotik, der bei einer erneuten Umgestaltung ab 1930 vereinfacht wurde. Im März 1945 wurde es durch Bombenangriffe zerstört und die Ruine nach dem Krieg bis auf den Turm abgerissen. 2008 wurde das Rathaus mit EU-Fördergeldern in seinem hypothetischen Originalzustand von vor 1863 rekonstruiert.[13] Die für Kriegszwecke eingezogene Rathausglocke, die sich jahrzehntelang in Oldenburg befand, wurde 2009 an ihren Ursprungsort zurückgegeben.[14]
Die barocke Mariensäule „Maria Immaculata auf der Erdkugel“ wurde 1738 von dem Kamenzer Bildhauer Anton Jörg geschaffen und 1804 erneuert.
Franziskanerkloster
Das Franziskanerkloster wurde erstmals 1448 gegründet und 1480 als Stiftung des Leobschützer Herzogs Johann II. durch einen gemauerten Bau ersetzt. Von 1541 bis zur Rückkehr der Franziskaner 1667 war das Kloster in protestantischem Besitz. 1753 bis 1770 wurden die Klostergebäude nach Plänen des Prudniker Architekten Johann Innozenz Töpper neu errichtet. 1810 wurde es säkularisiert und nach einem Umbau als Schule genutzt. Ab 1921 war es wiederum im Besitz der Franziskaner. Im Jahre 2002 wurde es renoviert.
Klosterkirche St. Ägidius und Bernhard
Die Franziskaner-Klosterkirche „St. Ägidius und Bernhard“ von 1480 diente zwischen 1541 und 1667 als protestantisches Gotteshaus. Nach den Zerstörungen im Dreißigjährigen Krieg wurde sie von 1670 bis 1677 wieder aufgebaut. 1756 erfolgte ein Abriss und 1758 mit finanzieller Unterstützung des Fürsten Joseph von Liechtenstein ein Neubau nach Plänen von Johann Innozenz Töpper. Den Hauptaltar und die Kanzel schuf der Ratiborer Bildhauer Anton Oesterreicher, das Gemälde des Hauptaltars stammt vom Brünner Maler Josef Ignaz Havelka.
Ehemaliger Bahnhof
Der heute verfallene Bahnhof aus deutscher Zeit soll an eine Dampflokomotive erinnern. Der Turm stellt den Schornstein einer Lok, das Erdgeschoss und das erste Geschoss den Kessel und der Deckbau die Lokführerkabine dar. Im Herbst 1989 diente der Bahnhof als Kulisse für die Dreharbeiten zum US-amerikanischen Spielfilm Triumph des Geistes.[15]
Weitere Sehenswürdigkeiten
St.-Anna-Kirche von 1776 (ehemals Heilige Dreifaltigkeit), aus dem Jahr 1776, nach dem Zweiten Weltkrieg eine polnische katholische dem heiligen Josef geweihte, 1991 den Katholiken übergebene Kirche in der Sobieskiego-Straße.
Kapelle der Heiligen Fabian Sebastian und Ursula (Kaplica ŚŚ Fabiana, Sebastiana i Urszuli) von 1501, ein spätgotischer Saalbau, im Inneren eine spätbarocke Gruppe Christus mit Engeln auf dem Ölberg,
Neun Wehrtürme und die Reste der Stadtmauer (mury obronne), errichtet 1253–82, in den darauf folgenden drei Jahrhunderten verstärkt.
Der Jüdische Friedhof, ul. Wrocławska, bestand von 1890 bis 1939.
Ehemalige Gebäude
Die Synagoge Leobschütz an der König-Ottokar-Straße wurde in den Jahren 1864 und 1865 errichtet und war das Gotteshaus und der spirituelle und kulturelle Mittelpunkt der jüdischen Gemeinde der Stadt. Sie wurde in der Reichspogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 von Nazi-Schergen niedergebrannt und zerstört. Heute befindet sich an dieser Stelle eine unbebaute Wiese mit einem hieran erinnernden Gedenkstein.
Die 1787 erbaute Evangelische Kirche wurde 1955 im Auftrag der polnischen Behörden abgerissen.
Verkehr
Durch Głubczyce führen zwei überörtliche Straßen, darunter die Landesstraße Droga krajowa 38 sowie die Woiwodschaftsstraße Droga wojewódzka 416.
Das Wappen von Głubczyce zeigt einen silbernen Engel vor einem geteilten rot-goldenen Hintergrund, der als Schildhalter und Gemeine Figur zwei weitere Schilde (Wappen) in den Händen hält. Es geht zurück auf alte Siegel der Stadt aus dem 16. Jahrhundert. Der von dem Engel gehaltene heraldisch rechte Schild zeigt den Böhmischen Löwen, als aufgerichteten, links gewendeten, doppelgeschwänzten und goldgekrönten silbernen Löwen vor einem roten Hintergrund. Über ihm einen goldenen Stern. Der vom Engel gehaltene heraldisch linke Schild zeigt drei zum Dreieck angeordnete silberne Bootshaken vor einem blauen Hintergrund. Dieses Wappen war das Wappen der Leobschützer Vogtei und wurde ins Wappen der Stadt übernommen, als die Stadt die Vogtei erworben hat.
Die Stadt- und Land-Gemeinde
Die Stadt-und-Land-Gemeinde (gmina miejsko-wiejska) Głubczyce erstreckt sich über eine Fläche von 294,33 km² und umfasst neben der Stadt weitere 45 Dörfer mit Schulzenämtern.
Die beiden größten Firmen vor Ort sind die Molkerei Okręgowa Spółdzielnia Mleczarska OSM und der Produzent für Heizungszubehör Galmet. OSM ist die Bezirksmolkereigenossenschaft die Milchproduzenten aus Głubczyce und den umliegenden Städten in den Woiwodschaften Oppeln und Schlesien vereint. Die Genossenschaft verarbeitet jährlich 20 Millionen Liter Milch und beschäftigt 100 Mitarbeiter. Zu den Produkten gehören verschiedene Sorten Milch, Sahne, Joghurt, Buttermilch, Kefir und Hüttenkäse. Galmet beschäftigt über 700 Mitarbeiter in Hallen mit einer Fläche von über 22.000 m². Das Unternehmen stellt elektrische Warmwasserbereiter, Kessel mit zentraler Heizschlange, bivalente Wärmetauscher, kombinierte Wärmespeicher, Pufferspeicher und ökologische Zentralheizungskessel sowie Solarkollektoren oder Wärmepumpen her.
Sport
Der Sportklub Polonia Głubczyce wurde 1945 gegründet. Größte Erfolge sind Aufstiege in die dritte Fußballliga und die Teilnahme am polnischen Pokal.
Johann Georg Knie: Alphabethisch-Statistisch-Topographische Uebersicht der Dörfer, Flecken, Städte und andern Orte der Königl. Preuß. Provinz Schlesien, mit Einschluß des jetzt ganz zur Provinz gehörenden Markgrafthums Ober-Lausitz und der Grafschaft Glatz; nebst beigefügter Nachweisung von der Eintheilung des Landes nach den verschiedenen Zweigen der Civil-Verwaltung. Breslau 1830, S. 957 (books.google.de).
Johann Georg Knie: Alphabetisch-statistisch-topographische Uebersicht der Dörfer, Flecken, Städte und andern Orte der Königl. Preusz. Provinz Schlesien. 2. Auflage, Breslau 1845, S. 853–854 (books.google.de).
Karl August Müller: Vaterländische Bilder, oder Geschichte und Beschreibung sämmtlicher Burgen und Ritterschlösser Schlesiens beider Antheile und der Grafschaft Glatz. Zweite Auflage. Glogau 1844, S. 171–172 (books.google.de)
Elżbieta Dziegieć, Edward Dziegieć, Stanisław Pączka, Franciszek Zając: Głubczyce jako ośrodek lokalny. Opole, 1964.
↑Gustav Adolf Harald Stenzel: Der Römische König Rudolf bestätigt die Privilegien der Stadt Leybschütz. In: Allgemeines Archiv für die Geschichtskunde des Preußischen Staates. Band 8, Heft 1, Berlin / Posen / Bromberg 1832, S. 370–371; Textarchiv – Internet Archive.
↑ abcdeMichael Rademacher: Leobschuetz. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com. Abgerufen am 1. Januar 1900
↑Alexander August Mützell und Leopold Krug: Neues topographisch-statistisch-geographisches Wörterbuch des preussischen Staats. Band 3: Kr–O. Halle 1822, S. 91, Ziffer 1477; Textarchiv – Internet Archive.
↑Johann Georg Knie: Alphabethisch-Statistisch-Topographische Uebersicht der Dörfer, Flecken, Städte und andern Orte der Königl. Preuß. Provinz Schlesien, mit Einschluß des jetzt ganz zur Provinz gehörenden Markgrafthums Ober-Lausitz und der Grafschaft Glatz; nebst beigefügter Nachweisung von der Eintheilung des Landes nach den verschiedenen Zweigen der Civil-Verwaltung. Breslau 1830, S. 957 (books.google.de).
↑Johann Georg Knie: Alphabetisch-statistisch-topographische Uebersicht der Dörfer, Flecken, Städte und andern Orte der Königl. Preusz. Provinz Schlesien. 2. Auflage, Breslau 1845, S. 853–854 (books.google.de).
↑Kraatz: Topographisch-statistisches Handbuch des Preußischen Staats. Berlin 1856, S. 345; Textarchiv – Internet Archive.
↑Gustav Neumann: Geographie des Preußischen Staats. 2. Auflage, Band 2, Berlin 1874, S. 181–182, Ziffer 13 (books.google.de).