Bad Salzschlirf liegt in der Fuldaer Senke in 250 bis 495 Meter Höhe am Nordostrand des Vogelsbergs im Tal der Schlitz, die dort durch den Zusammenfluss von Lauter und Altefeld entsteht.
Bad Salzschlirf grenzt im Norden an den Schlitzer Ortsteil Ützhausen (Vogelsbergkreis) und im Osten an die Schlitzer Ortsteile Üllershausen und Hartershausen. Südlich liegt die Gemeinde Großenlüder (Landkreis Fulda) mit den Ortsteilen Eichenau und Müs, westlich die Gemeinde Wartenberg (Vogelsbergkreis) mit den Ortsteilen Landenhausen und Angersbach.
Klima
Aufgrund der Lage des Ortskerns in einem Talkessel ist das Klima verhältnismäßig mild. Aus drei Tälern resultierende Einschnitte in den Talkessel erlauben einen Durchzug der Winde und verhindern Luftstauungen und Schwüle im Sommer.[3] Eine von Egon Ihne für das Jahr 1911 erstellte phänologische Karte zeigt, dass in Bad Salzschlirf und Umgebung die Apfelblüte eher eintritt als in anderen Orten der Umgebung.[4]
Ortsgeschichte
Ersterwähnung und Name
Salzschlirf wurde im Jahre 885 erstmals urkundlich erwähnt.[5] Die Nennung als „Slierfero marcu“ (Schlirfer Mark) im Jahre 812 betrifft Altenschlirf. In dieser Urkunde von 885 heißt der erwähnte Ort „ulterior Sliferam“, da er von Altenschlirf („veteriorum Schlyerefam“) aus gesehen weiter unten jenseits des Baches „Sleraffa“ (Ersterwähnung für Altenschlirf: 786) liegt. Demnach bekam das heutige Bad Salzschlirf damals seinen Namen nach dem Flüsschen, an dem es liegt. Im Althochdeutschen erkennt man Gewässernamen an der Endung „affa“. Diese Endung lässt sich mit Bach übertragen, während das ahd. „slior“ Schlamm, Lehm bedeutet. Demnach war Schlirf der „schlammige, lehmige Bach.“[6]
Mittelalter
Schon früh war die Entwicklung des Ortes mit salzhaltigen Quellen verbunden. Erstmals wurde 1278 eine Saline in Salzschlirf erwähnt: „salinam in Sliriffe“ (Saline in Schlirf).[7]
So gewannen bereits im Mittelalter die Fuldaer Äbte das Salz in den Salinen von Bad Salzschlirf. Dorf und Salinen bildeten das Amt Salzschlirf.
Neuzeit
Nach dem Deutschen Bauernkrieg nutzten die Riedesel die zwischenzeitliche Schwäche der Fürstabtei und entzogen ihr eigenmächtig die Lehensherrschaft und einen erheblichen Teil ihrer Besitzrechte. Im 16. Jahrhundert besaß das Kloster NeuenbergZinseinkünfte in den Dörfern Steinfurt, Heistorff, Wünschen-Moos, Bannerod, Weidenau und Schlirf, welche der Fuldaer Fürstabt Johann III. von Henneberg-Schleusingen in mehreren Briefen an alle Riedesel zu Eisenbach anforderte.[8] Das Kloster Neuenberg war während der Bauernkriege zerstört worden.
Der Bonifaziusbrunnen wurde 1746 erbohrt und verhalf Salzschlirf zu seinem Ruf als Heilbad. Als die Gicht noch weit verbreitet und kaum medikamentös behandelbar war, war er der bekannteste Gichtbrunnen Europas.[9][10] Gegen Ende des 18. Jahrhunderts ließ der Fuldaer Fürstbischof Heinrich von Bibra die Brunnen tiefer bohren, um den Ertrag der Salzquellen zu steigern. Dies scheiterte, da Grundwasser in die salzhaltigen Quellen trat. 1798 wurden die Salinen geschlossen.
Am 15. Juni 1836 wurde der gesundheitlich angeschlagene Graf Friedrich Wilhelm von Schlitz, genannt von Görtz (1793–1839), von der Oberberg- und Salzwerksdirektion in Kassel mit den Brunnen von Salzschlirf belehnt.[11] Die Bonifaziusquelle, der obere Salzbrunnen, wurde wieder freigelegt.[12] In einem benachbarten Haus wurde eine Badewanne aufgestellt und diese mit Eimern aus der Quelle befüllt. Ein weiterer Ausbau der Quellen unterblieb vorerst. Doch noch vor seinem Tod hatte der Graf die Lehnsrechte auf seinen Arzt und Freund Eduard Martiny (1808–1876) übertragen.[13] Dieser baute 1837 mit Hilfe der ortsansässigen Bauern den Badebetrieb aus. Als Gegenleistung für die Unterstützung beim Ausbau der Quelle gewährte Martiny den Bad Salzschlirfer Bürgern das Recht, dort kostenlos Wasser zu entnehmen. Dieses Recht gilt heute noch.[14] 1838 wurde Salzschlirf zum staatlich anerkannten Heilbad.
Der Ausbau des Badebetriebs überstieg alsbald die finanziellen Mittel des Arztes. So verkaufte er die Brunnen zunächst an den Staat, erwarb sie jedoch 1873 zurück und gründete die Gewerkschaft Bad Salzschlirf, die fortan das Bad betrieb. Nachdem diese in finanzielle Schwierigkeiten gekommen war, wurde das Bad 1884 an Louis Weber,[15] einen rheinischen Fabrikanten, verkauft.
Bei einem Großbrand am 9. September 1898 brannte fast das gesamte alte Ortszentrum ab. Nur wenige Gebäude, z. B. das Hotel Deutsches Haus, blieben erhalten.[16]
Im Jahr 1900 gründeten Hermann Vollrath und Ludwig Weber[17] die Aktiengesellschaft Bad Salzschlirf (AGBS) mit Jean Berlit als Badedirektor. Es entstand eine Badekultur wie in anderen renommierten Badeorten. 1911 wurde dem Kurort das Prädikat „Bad“ verliehen. Einige Szenen des Films Die Feuerzangenbowle mit Heinz Rühmann wurden 1944 im Kurpark in der Nähe des Hotels Badehof gedreht. 1973 wurde der letzte Brunnen, der Hermann-Vollrath-Brunnen, in einer Tiefe von 642 m erbohrt.[18] Bis Ende der 1990er Jahre übernahm die AGBS den gesamten Kurbetrieb.
Der Landkreis Fulda war Hauptaktionär der AGBS. In seiner Funktion war der damalige Landrat Fritz Kramer ab 1973 als stellvertretender bzw. Vorsitzender des Aufsichtsrats tätig. Anfang 2001 meldete die AGBS unter seinem Aufsichtsratsvorsitz Insolvenz an. Der Anteilsbesitz verteilte sich bei der Hauptversammlung am 21. Juli 2000 wie folgt: 45,22 % Landkreis Fulda, 25,54 % Landesbank Baden-Württemberg, 11,1 % Familie Retzmann[19]. Der Mantel der AG wurde nach der Insolvenz aufgekauft und am 24. Juni 2002 in Arques AG umbenannt.
Nach der hessischen Kommunalverfassung wird der Bürgermeister für eine sechsjährige Amtszeit gewählt, seit dem Jahr 1993 in einer Direktwahl, und ist Vorsitzender des Gemeindevorstands, dem in der Gemeinde Bad Salzschlirf neben dem Bürgermeister ehrenamtlich ein Erster Beigeordneter und vier weitere Beigeordnete angehören. Bürgermeister ist seit dem 1. Oktober 2024 Peter Klug (FWL), der bis 2021 zwölf Jahre lang Bürgermeister der Stadt Laubach war.[24] Er setzte sich am 9. Juni 2024 im ersten Wahlgang gegen Amtsinhaber Matthias Kübel, der sich um eine dritte Amtszeit beworben hatte,[25] bei 66,3 Prozent Wahlbeteiligung mit 59,8 Prozent der Stimmen durch.[26]
2003–2012 Armin Faber (FWL) (Amtsantritt am 1. April 2003, im März 2012 durch Ausscheiden einem Bürgerentscheid zur Abwahl zuvorgekommen; Erster Beigeordneter Karl Schüler leitete danach die Gemeindeverwaltung kommissarisch)[28]
Autobahn: A 5 – Abfahrt Alsfeld-Ost, A 7 – Abfahrt Niederaula, Hünfeld/Schlitz oder Fulda-Süd, aus dem Raum Frankfurt kommend: über die A 66/B 40 – Fulda;
Der Vulkanradweg ist inzwischen Teil des BahnRadwegs Hessen, der von Hanau auf ehemaligen Bahntrassen ca. 250 km durch den Vogelsberg und die Rhön führt. Auf dem Teilstück Bad Salzschlirf – Wartenberg führt er an der restaurierten Burgruine Wartenberg vorbei.
Die regionale Themenroute Gipfeltour verbindet die Wasserkuppe in der Rhön mit dem Hoherodskopf in Vogelsberg.
Kur- und Fremdenverkehr
Ein wichtiges wirtschaftliches Standbein des Ortes ist der Fremdenverkehr. Ein Großteil der Belegung resultiert aus medizinischen Rehabilitationsmaßnahmen der Sozialleistungsträger, früher als Kur bezeichnet. Einen starken Auftrieb erfuhr die Belegung des Ortes durch das Rentenversicherungs-Neuregelungsgesetz von 1957, mit dem der Grundsatz „Reha vor Rente“ eingeführt wurde. Die Zahl der Übernachtungen stieg von 368.804 im Jahr 1960 auf 506.540 im Jahr 1974.[33] Im Jahre 1967 wurde das zentrale Moorbadehaus in Betrieb genommen. Über fünf Stockwerke verteilt waren 24 Moorbadekabinen mit jeweils drei Ruheräumen, 30 Moorpackungsräume mit je zwei Ruhekabinen und weitere Räume für medizinische Therapiemaßnahmen. Jede Moorbadekabine und jeder Moorpackungsraum wurden von einer zentralen Aufbereitungs- und Förderanlage mit Badetorf versorgt. Analog erfolgte die Entsorgung des abgebadeten Badetorfs.[34] Aufgrund restriktiverer Genehmigungspraxis der Sozialleistungsträger verringerten sich die Übernachtungszahlen bis zum Jahr 1978 auf 300.281.[35] Im selben Jahr wurde das Thermalbad in Betrieb genommen. Die Aqua Salis Therme musste allerdings 2017 dauerhaft geschlossen werden, da die defekte Enteisenungsanlage der Therme sich als nicht reparabel erwies.[36] Ein Thermen-Neubau ist aus finanziellen Gründen derzeit nicht absehbar.[37] Durch die dezentrale Struktur der Leistungserbringer und das damalige Kurmittelmonopol der AGBS konnte eine von den Kostenträgern bevorzugte Klinifizierung der Reha-Maßnahmen nur eingeschränkt umgesetzt werden. Ein weiterer Einbruch erfolgte durch das zum 1. Januar 1997 in Kraft getretene Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz (WFG).[38] Allein die von der Deutschen Rentenversicherung erbrachten Leistungen zur medizinischen Rehabilitation brachen im gesamten Deutschland von 960.622 im Jahr 1996 auf 629.752 Leistungen im Jahr 1997 ein.[39] Die gesetzlich vorgegebene Verweildauerverkürzung von vier auf drei Wochen je Reha-Maßnahme und die Verlängerung der Anspruchsintervalle von drei auf vier Jahre ergaben einen Belegungsausfall von etwa 50 %.
Im Jahr 2019 in Bad Salzschlirf wurden 212.000 Übernachtungen registriert,[40] im Jahr 2023 rund 200.000 Übernachtungen verzeichnet.[41]
Aktuell gibt es in Bad Salzschlirf drei Rehabilitations-Kliniken: Die Reha-Klinik Naturana (136 Betten), das Klinik und Gesundheitszentrum am Kurpark (130 Betten), die Fachklinik Tomesa (98 Betten) und als Akutklinik die Verus Bonifatius Klinik (60 Betten)[42].
Industrie
Außerhalb des Ortszentrums befindet sich das Hauptwerk der EMOD Motoren GmbH. Ein Zweigwerk befindet sich in Fulda.
Wandelhalle des Kurhauses Bad Salzschlirf
Sturmius-Brunnen im Kurpark
Martiny-Brunnen im Kurpark
Detail der Säulenhalle am Hotel Badehof in Bad Salzschlirf
Graf Friedrich Wilhelm von Schlitz (1793–1839), Freund Eduard Martinys und Förderer des Bades
Louis Weber, Schwiegervater Herrmann Vollraths und Besitzer des Bades in den Jahren 1885–1891
Hermann Vollrath (1840–1912), Gründer und stv. Aufsichtsratsvorsitzender der Aktiengesellschaft Bad Salzschlirf
Heinrich Retzmann (1872–1959), fand hier seine letzte Ruhestätte, ehemaliger Aufsichtsratsvorsitzender der AGBS
Max Hirsch (1875–1945), Begründer der Rheumatologie in Deutschland, leitete von 1911 bis 1914 das damalige Zander-Institut[44]
Friedrich Kramer (* 1938), letzter Aufsichtsratsvorsitzender der AGBS vor deren Insolvenz.
Literatur
Michael Mott: Ein Wasserturm „für“ Seine Majestät / Ein Stück Bahngeschichte: Wo einst die Dampfloks Wasser tankten, lebt heute der neue Eigentümer zentimetergenau geplant. In: Fuldaer Zeitung. 7. September 1995, S. 12 (Serie: DENK-mal!).
Walter Georgi: Bad Salzschlirf, eine Bädermonographie. Dietsch & Brückner AG, Weimar o. J. (ca. 1930).
Max Hirsch: Bad Salzschlirf als Kurort. Berghäuser, Lauterbach 1913.
Rudolf Post: Die Mundart von Bad Salzschlirf (Kreis Fulda). Einführung, Wörterbuch, Haus- und Flurnamen. Aufgrund der Sammlung von Karl Post (1903–1983). Bad Salzschlirf 2013, DNB1044870222.
↑Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung: 81. Sitzung des Fachausschusses für Kurorte, Erholungsorte und Heilbrunnen in Hessen vom 13. Oktober 2015. Staatsanzeiger für das Land Hessen 7/2016 Seite 218
↑Franz bei der Wieden: Von A–Z durch Bad Salzschlirf. Herausgeber Aktiengesellschaft Bad Salzschlirf, 6. Auflage 1974, Seite 28
↑Rudolf Müller, Hans Rothe, Fritz Severin: Chronik von Bad Salzschlirf. Parceller und Co., Fulda, 1976 Seite 63 f.
↑Johannes Pistorius: Rerum Germanicarum veteres scriptores VI. Ffm 1607, S. 526.
↑Lutz Reinhard: Die Siedlungsnamen der Kreise Gießen, Alsfeld und Lauterbach in Hessen. Namenbuch. Dissertation Göppingen 1973, S. 331.
↑Franz bei der Wieden: Von A–Z durch Bad Salzschlirf. Herausgeber Aktiengesellschaft Bad Salzschlirf, 6. Auflage 1974, Seite 56
↑Eduard Martiny: Der Bonifaciusbrunnen und die Bade-Anstalt zu Salzschlirf im Kreise Fulda. In: Jahrbuch für practische Pharmacie und verwandte Fächer, 1845, Seite 128 (Digitalisat)
↑Osthessen News, 28. März 2003: Neuer Bürgermeister: Armin FABER für Ernst-August STENDER. „Faber, der sein Amt am 1. April 2003 antritt, folgt damit dem parteilosen Bürgermeister Ernst-August Stender.“ - FNP, 15 November 2018: Hessens böse Bürgermeister „Armin Faber, Ex-Bürgermeister von Bad Salzschlirf“ … „Seine sogenannte „Hotel-Affäre“ kostete ihn im März 2012 das Amt. Faber war nicht nur Rathauschef, sondern auch noch Teilhaber des Vier-Sterne-Hotels Badehof.“ - Hessenschau, 3. Juni 2022: Schon für 18 Rathaus-Chefs in Hessen war vorzeitig Schluss - FWL Klausur und Ehrung, 10. Juli 2021: Laudatio an Karl Schüler u. a. „Von 2011–2021, zwei Wahlperioden also, warst Du lieber Karl der 1. Beigeordnete unserer Gemeinde.“
↑Gemeinde Bad Salzschlirf, 20. Juni 2023: Bürgermeister a.D. Ernst-August Stender verstorben „Stender lenkte in den Jahren von 1991 bis 2003 als parteiunabhängiger Bürgermeister die Geschicke der Kurgemeinde.“
↑Gemeinde Bad Salzschlirf, 24. März 2021: Trauer um Bürgermeister i.R. Fritz Severin „Severin war in den Jahren von 1961 bis 1991 Bürgermeister der Gemeinde Bad Salzschlirf. In dem osthessischen Kurort wurde 1961 die Stelle eines hauptamtlichen Bürgermeisters neu geschaffen. … ist am Tage seines 91. Geburtstages verstorben.“
↑Verleihung des Rechts zur Führung eines Wappens an die Gemeinde Bad-Salzschlirf, Kreis Fulda vom 15. Januar 1948. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1948 Nr.4/5, S.33, Punkt 50 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 1,4MB]).
↑Verleihung des Rechts zur Führung einer Flagge an die Gemeinde Bad Salzschlirf, Landkreis Fulda, Reg.-Bez. Kassel vom 15. November 1951. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1951 Nr.49, S.739, Punkt 1162 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 2,2MB]).
↑Rudolf Müller, Hans Rothe, Fritz Severin: Chronik von Bad Salzschlirf. Parzeller und Co., Fulda 1976, Seite 85 ff.
↑Franz bei der Wieden: Von A–Z durch Bad Salzschlirf. Hrsg.: Aktiengesellschaft Bad Salzschlirf, 6. Auflage 1974, Seite 44
↑Geschäftsbericht für das Jahr 1978. Herausgeber: Aktiengesellschaft Bad Salzschlirf, Seite 1