Verhoeven wuchs als Sohn eines Fuhrunternehmers in einfachen Verhältnissen auf und hatte dreizehn Geschwister. Nach seinem Realschulabschluss wollte er zunächst Architekt werden und besuchte eine Kunstgewerbeschule, ließ sich dann aber von einem Freund überreden, es mit der Schauspielerei zu versuchen. Nach seinem Debüt in München spielte er unter anderem in Dresden, Wien und Frankfurt am Main, wobei er schon früh als Regieassistent Erfahrungen sammelte.[1] In den 1930er Jahren wurde er zu einem erfolgreichen Schauspieler und Regisseur im Theater.[2] 1935 schrieb er – zusammen mit Toni Impekoven – das Libretto zu dem musikalischen Lustspiel Das kleine Hofkonzert von Edmund Nick, welches nur ein Jahr später verfilmt wurde. Auch entstanden vier Hörspielfassungen unter der Regie von Gustav Burmester (NWDR 1948), Heinz-Günter Stamm (BR 1952 und 1964) sowie von Ferry Bauer (ORF Oberösterreich 1969).
Ab 1935 arbeitete Verhoeven als angesehener Theaterregisseur am Deutschen Theater in Berlin.[3] Zugleich stieg er Mitte der 1930er Jahre ins Filmgeschäft ein: 1936 gab er sein Spielfilmdebüt als Barmixer Billy in Der Kaiser von Kalifornien; 1937 führte er bei seinem ersten Film Die Fledermaus, nach der gleichnamigen Operette von Johann Strauss, Regie. Bis zum Jahr 1972 drehte er über 60 weitere Film- und Fernsehproduktionen, alleine bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges entstanden 20 Filme unter Verhoevens Regie.[4] Das Kriegsende verlebte er mit seiner Familie auf einem Bauernhof nahe Coburg.[5]
Von 1945 bis 1948 war Verhoeven Intendant am Bayerischen Staatsschauspiel. Später fungierte er viele Jahre als Schauspieldirektor bei den Münchener Kammerspielen.[6] Er war dabei von einem für die Münchener Kammerspiele prägenden Realismus im Stile von Hans Schweikart beeinflusst.[7] Neben seiner Tätigkeit als Regisseur und Autor blieb Verhoeven zugleich ein Schauspieler, der auch unter anderen Regisseuren arbeitete. Der Spiegel schrieb in seinem Nachruf auf ihn, der untersetzte Verhoeven sei nie gewesen, „was man einen Star nennt, aber die zweiten Rollen, die er spielte, hat er von aller Kraftmeierei, zu der ihn seine Statur hätte verführen können, freigehalten.“[8]
1949 gründete er seine eigene Filmproduktionsfirma, deren erster Film Du bist nicht allein mit Carola Höhn und Peter Pasetti war. Erzählt wurde darin die Geschichte einer jungen Frau, die zusammen mit ihrem Sohn auf die Rückkehr des Kindesvaters aus dem Krieg wartete.[9] Im folgenden Jahr drehte Verhoeven bei der DEFA mit Das kalte Herz, basierend auf dem Märchen von Wilhelm Hauff, seinen heute wohl noch bekanntesten Film. Er überstieg das sowieso aufwendige Budget noch einmal deutlich. Der Film in Agfacolor wurde ein großer Publikumserfolg und gewann später auch viel Anerkennung bei Kritikern. Später konzentrierte sich Verhoeven auf Regiearbeiten in der BRD und drehte dort mit den größten Stars, so Liselotte Pulver und O. W. Fischer bei der Heidelberger Romanze (1951), Bernhard Wicki bei der Johann-Strauss-Filmbiografie Ewiger Walzer (1954), Ruth Leuwerik und Curd Jürgens bei Die goldene Brücke (1956) und Heinz Rühmann bei Der Jugendrichter (1960). Ab den 1960er Jahren war er auch für das beliebter werdende Fernsehen als Regisseur aktiv.
Paul Verhoeven starb im Alter von 73 Jahren während der Gedenkfeier für die kurz zuvor verstorbene Schauspielerin Therese Giehse an Herzversagen.[10] Er saß an einem Tisch auf der Bühne der Münchner Kammerspiele und hatte gerade die ersten Sätze ihres Nachrufs gesprochen, als er plötzlich tot zusammenbrach.
Grabstätte
Die Grabstätte von Paul Verhoeven befindet sich auf dem Münchner Waldfriedhof (Grabnr. 95-W-3)[11]. Im Grab sind auch seine Gattin Doris (1902–1973) und die gemeinsame Tochter Lis Verhoeven (1931–2019) beigesetzt.
Die Verhoevens. Dokumentarfilm von Felix Moeller, Deutschland 2003, 75 Minuten
Namensgeber für Straße
Nach Paul Verhoeven wurde 1981 in München im Stadtteil Neuperlach (Stadtbezirk 16 – Ramersdorf-Perlach) die Verhoevenstraße benannt. Lageplan48.0965311.64201[12]
Literatur
C. Bernd Sucher (Hg.): Theaterlexikon. Autoren, Regisseure, Schauspieler, Dramaturgen, Bühnenbildner, Kritiker. Von Christine Dössel und Marietta Piekenbrock unter Mitwirkung von Jean-Claude Kuner und C. Bernd Sucher. 1995, 2. Auflage, Deutscher Taschenbuch Verlag, München 1999, ISBN 3-423-03322-3, S. 727.
Kay Weniger: Das große Personenlexikon des Films. Die Schauspieler, Regisseure, Kameraleute, Produzenten, Komponisten, Drehbuchautoren, Filmarchitekten, Ausstatter, Kostümbildner, Cutter, Tontechniker, Maskenbildner und Special Effects Designer des 20. Jahrhunderts. Band 8: T – Z. David Tomlinson – Theo Zwierski. Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin 2001, ISBN 3-89602-340-3, S. 160 f.