Das Bayerische Staatsschauspiel, das aus dem königlichen Hoftheater hervorging, ist eines der traditionsreichsten und bedeutendsten Sprechtheater in Deutschland. Folgende Spielstätten gehören derzeit zum Staatsschauspiel: das Neue Residenztheater, das Cuvilliés-Theater (Altes Residenztheater) und der Marstall (Studio-Bühne).
Kurfürstliches Hofschauspiel
Schon im 16. und 17. Jahrhundert waren am Hof immer wieder Schauspielertruppen aufgetreten, darunter auch die Truppe von Thomas Sackville. Im Georgssaal der Neuveste der Residenz gab es unter Kurfürst Max II. Emanuel Aufführungen insbesondere von französischen Hofschauspielern. Er schloss auch in Venedig einen Vertrag mit dem Komödienprinzipal Francesco Calderoni, dessen Schauspielergesellschaft er für die nächsten Jahre an seine Residenz holte.
1740 hat dann der auch als Bühnenbildner tätige Maler Nikolaus Gottfried Stuber unter Kurfürst Karl Albrecht diesen Georgssaal in ein modernes Logentheater verwandelt, das zehn Jahre später einem Brand zum Opfer fiel, worauf das Residenztheater entstand, das unter Hofintendant Joseph Anton von Seeau vorwiegend mit Opern bespielt wurde. Dennoch wurde unter Max III. Joseph bereits eine »National-Schaubühne« angestrebt, Seeaus Bemühungen in dieser Richtung wurden finanziell und personell unterstützt. 1775 wohnte Gotthold Ephraim Lessing der Aufführung einiger seiner Werke bei. Kurfürst Karl Theodor von der Pfalz regierte seit Ende 1777 auch in Bayern. Karl Theodor hatte in diesem Jahr seine französischen Schauspieler entlassen und in Mannheim ein deutsches Nationaltheater gegründet. Unter seiner Regierung zog dann auch die erste stehende deutsche Theatertruppe Münchens in das „Kurfürstliche Hof- und Nationaltheater“ (wie ab 1795 das Hoftheater genannt wurde) ein.
Königliches Hofschauspiel
Mit der Erhebung Bayerns zum Königreich entstand 1806 das „Königliche Hof- und Nationaltheater“.
1831 gastierte erstmals Ferdinand Raimund mit seinen Werken und 1845 trat Johann Nestroy in einigen Rollen auf. Zur Mitte des Jahrhunderts gewann das Sprechtheater, das lange im Schatten der Oper gestanden hatte, an Bedeutung. 1852 wurde aus der Uraufführung von HebbelsAgnes Bernauer ein Skandal. Schauspielerinnen wie Marie Dahn-Hausmann oder Lilla von Bulyovsky spielten zuweilen auch bei Hof eine Rolle.
Unter Ludwig II. kam es zu Separatvorstellungen für den Monarchen im Hoftheater, auch Josef Kainz trat damals auf. Klara Ziegler hatte ebenfalls ein Engagement am Hoftheater. 1880 erwuchs aus der Uraufführung von Ibsens neuer Fassung von Nora oder Ein Puppenheim ein weiterer Skandal.
1893 wurde Ernst von Possart Generaldirektor und Intendant der königlichen Hoftheater, womit eine der glanzvollsten Perioden dieser Bühne ihren Anfang nahm. Er trat dort auch weiterhin als Schauspieler und Regisseur auf. Später gehörten Ludwig Thomas Stücke alljährlich zum Programm.
Bayerisches Staatsschauspiel
Als die revolutionären Unruhen Ende 1918 auch München erfassten, wurde Viktor Schwanneke als Interimsdirektor an die nun Bayerische Staatstheater genannten Bühnen (Staatsoper und Staatsschauspiel) nach München zurückgeholt. Aus dem königlichen Hofschauspiel war somit das Staatsschauspiel geworden.
Nach dem Zweiten Weltkrieg erlebte das Staatsschauspiel besonders unter der Intendanz von Kurt Meisel eine Glanzzeit. Dieser schaffte es, besonders viele Münchner an das Haus zu binden. Zu seinem Ensemble zählten unter anderen Walter Schmidinger und Ingmar Bergman, der einige Jahre in München lebte, insgesamt zehn Inszenierungen umsetzte und „Szenen einer Ehe“ als Theaterfassung hier sogar 1981 uraufführte.
Meist wird das Bayerische Staatsschauspiel im allgemeinen Sprachgebrauch und auch in allen Publikationen mit der Spielstätte Residenztheater namentlich gleichgesetzt.[2]
Ensemble
Neben der Bayerischen Staatsoper und dem Gärtnerplatztheater ist das Bayerische Staatsschauspiel heute eines der drei Bayerischen Staatstheater, die in der Hauptstadt beheimatet sind. Das Ensemble von über 50 Schauspielern und 450 Mitarbeitern ist auch eines der größten Deutschlands. Es steht im Wettbewerb zu den Kammerspielen der Stadt München, die ebenfalls zu den wichtigsten Sprechtheatern des deutschen Sprachraumes gehören.
Seit 2019 ist Andreas Beck Intendant. Das Residenztheater unter seiner künstlerischen Leitung steht für ein Ensembletheater, das den Schwerpunkt auf zeitgenössische Dramatik mit Uraufführungen und Neudichtungen neben der Pflege eines klassischen Repertoires legt. Klassische Stoffe und Texte werden aus dem Hier und Jetzt heraus befragt und erfahren eine Neudichtung oder Übertragung. Mit der Uraufführung von Ewald Palmetshofers für das Residenztheater als Auftragswerk entstandenem Theatertext „Die Verlorenen“ wurde die erste Spielzeit der neuen Intendanz am 19. Oktober 2019 im Residenztheater eröffnet.[3]
Verein der Freunde des Bayerischen Staatsschauspiels e. V.
Der Verein wurde am 21. Oktober 1976 von den damaligen bayerischen Landtagsabgeordneten Jürgen Böddrich (SPD), Roland-Friedrich Messner und Erich Schosser (CSU), dem Bankier Wilhelm Arendts, dem Verleger Günter Olzog, dem Schauspieler Karl Lieffen und dem damaligen Ministerialdirektor Lothar Müller vom bayerischen Kultusministerium gegründet. Gründungsvorsitzender war Roland-Friedrich Messner. Es folgten 1982 Günter Olzog, 1990 Hermann Clemm, 1997 Reinhard Hinne, 2006 Kurt Baike, 2009 Horst Avenarius, 2012 Stefan Meissner. Dereit ist Marissa Biebl Vorsitzende. Zeitweise gehörten die Schauspieler Christine Ostermayer und Martin Benrath dem Vereinsvorstand an.
Der Verein unterstützt die Theaterarbeit insbesondere durch die Förderung verschiedener Projekte.
Der Verein vergibt seit 1997 jährlich im Gedenken an den früheren Intendanten Kurt Meisel den derzeit mit 7.500 Euro ausgestatteten Kurt-Meisel-Preis zur Anerkennung großer Schauspielkunst sowie seit 1999 in der Regel jährlich zwei mit derzeit je 2.500 Euro ausgestattete Förderpreise für herausragende künstlerische Leistungen am Bayerischen Staatsschauspiel. Zwischen 1983 und 1996 wurde unregelmäßig ein Preis des Vereins für eine herausragende schauspielerische Leistung vergeben, im Jahr 2021 erstmals der „Resi sendet – Digitalpreis 2021“.
↑Peter Jungblut, Bayerischer Rundfunk: Von Basel nach München: Andreas Beck neuer Intendant am Bayerischen Staatsschauspiel. 12. Dezember 2017 (br.de [abgerufen am 20. August 2019]).