Johannes Dyba wurde als drittes von vier Kindern des Lehrerehepaares Felix und Johanna Dyba, geb. Brüll, in Berlin-Wedding geboren und in der Pfarrkirche St. Georg in Berlin-Pankow getauft. Er besuchte in Berlin-Tegel die Volksschule und Oberrealschule für Jungen. 1941 wechselte er wegen der wachsenden Gefahr alliierter Luftangriffe auf Berlin an die Oberrealschule in Heiligenstadt (Eichsfeld), wo er nach verschiedenen Unterbrechungen bis zum Abitur im Jahr 1947 blieb. Nach bestandenem Abitur floh er über die Zonengrenze nach Fulda. In Bamberg studierte er Rechts- und Staatswissenschaften an der Philosophisch-Theologischen Hochschule. Hier wurde er am 14. Mai 1949 bei der Katholischen Deutschen Studentenverbindung Fredericia im CV als Urmitglied aufgenommen.
Schon seit seiner Gymnasialzeit engagierte sich Dyba in der Politik. Er gehörte dem Allgemeinen Studentenausschuss an und hielt im Wahlkampf 1948 Reden für die neu gegründete CSU. Im Rahmen des Demokratieförderprogramms der US-Regierung erhielt Dyba im Jahr 1949 ein Stipendium an der Duke University in Durham in den Vereinigten Staaten; 1950 wechselte er zur University of Denver.
Nach seiner Rückkehr immatrikulierte er sich an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, wo er im Jahr 1952 das erste juristische Staatsexamen ablegte. Seinen politischen Interessen ging er dort als Mitglied des Bundesvorstandes und zeitweilig als Pressereferent des RCDS nach. Zudem war er Mitglied der katholischen Studentenverbindung KDStV Arminia Heidelberg im CV.
Als Diplomat des Heiligen Stuhls war Dyba zunächst Attaché in der deutschsprachigen Abteilung der damaligen zweiten Sektion des Staatssekretariates und avancierte später zu deren Leiter. Am 1. Juli 1966 verlieh ihm PapstPaul VI. den EhrentitelÜberzähliger Geheimkämmerer Seiner Heiligkeit[1] (Monsignore). Im Zuge der nachkonziliaren Kurienreform von Papst Paul VI. wurde Dyba in den Außendienst versetzt: 1967 berief man ihn an die Apostolische Nuntiatur in Buenos Aires, ein Jahr später wechselte er als Botschaftssekretär nach Den Haag. 1968 wurde er offizielles Mitglied im Rat der römischen Kurie für Außenbeziehungen. Im Sommer 1972 wurde er als uditore an die Nuntiatur nach Kinshasa versetzt, wo er in einer kirchenpolitisch schwierigen Lage nach der Abberufung des Nuntius interimistischerGeschäftsträger wurde. 1974 erfolgte eine Versetzung als Nuntiaturrat nach Kairo. Am 29. Januar 1976 verlieh ihm Paul VI. den Titel Ehrenprälat Seiner Heiligkeit.[2]
In Liberia setzte sich Johannes Dyba unter anderem für den Bau von Krankenstationen für Lepra-Patienten ein. Mit Hilfe von Spenden aus Deutschland wurde so die Leprastation in Ganta erheblich aufgewertet.[3] In Liberia wurde er von Terroristen überfallen und musste schwer verwundet in ein Krankenhaus gebracht werden.[3]
Bischof von Fulda
1983 wurde Dyba nach der Resignation des Fuldaer Bischofs Eduard Schick vom dortigen Domkapitel zu dessen Nachfolger gewählt. Am 4. Juni 1983 ernannte ihn Papst Johannes Paul II. unter Beibehaltung des persönlichen Titels eines Erzbischofs zum Bischof von Fulda. Am 4. September wurde er in sein Amt eingeführt. Innerhalb der Deutschen Bischofskonferenz leitete Dyba von 1983 bis 1989 die Arbeitsgruppe für das neue Kirchenrecht und gehörte der Kommission Weltkirche an.[4]
Am 30. November 1990 wurde er zusätzlich mit dem Amt des Militärbischofs für die Deutsche Bundeswehr betraut. In dieser Eigenschaft war er von 1991 bis 1999 Mitglied des Zentralbüros für die Militärordinariate in Rom. Ferner war er ab 1993 Mitglied in der römischen Kongregation für die Bischöfe. 1994 wurde er mit dem Großen Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet. Anlässlich seiner letzten großen Predigt zum Bonifatiusfest am 4. Juni 2000 in Fulda äußerte Dyba seinen wohl bekanntesten Ausspruch:
„So wollen wir heute hier ein Zeichen setzen; unseren Glauben erneuern, unsere Treue bekennen und Gottes Segen empfangen! Ja, mehr noch: Als aufrichtige Gläubige selbst zum Segen werden für alle Wankenden und Schwankenden und Kleingläubigen unserer Zeit. Das ist der Sieg, der die Welt überwindet: Unser Glaube! Das Bekenntnis dieses Glaubens wollen wir jetzt vom Domplatz zu Fulda emporschallen lassen, dass man es hört im Himmel und auf Erden: Credo! Credo! Credo! Amen.“
– Johannes Dyba: Predigt zum Bonifatiusfest 2000[5]
Dyba war ein leidenschaftlicher Ansichtskartensammler.[6] Seine umfangreiche Sammlung lithografischer deutscher Ansichtskarten erbrachte nach seinem Tod bei mehreren Auktionen in den Jahren von 2001 bis 2005 über 500.000 €.[7]
Johannes Dyba starb am 23. Juli 2000 mit 70 Jahren in Fulda.
Bischofswappen
Der gevierte Wappenschild zeigt in Feld 1 und 4 je in Silber ein schwarzes Balkenkreuz, das Wappen des Bistums Fulda (Fürstabtei Fulda), in Feld 2 in Rot drei, zwei zu eins gestellte, goldene Kronen, in Feld 3 in Gold einen schwarzen rotbewehrten Bär.
Das Wappen nimmt Bezug auf die Herkunft des Bischofs, Dyba selbst nannte die Wappenfiguren „Symbole für meine irdische Heimat“. Der Berliner Bär steht für den Vater, einen Berliner, und den Geburtsort des Bischofs. Die „Kölner Dreikönigskronen“ stehen für die rheinische Herkunft der Mutter und den Ort seiner Priesterweihe.
Hinter dem Schild das doppelte Bischofskreuz (Erzbischof) und der Krummstab, darüber der grüne Galero (Bischofshut) mit den jeweils zehn herunterhängenden grünen Quasten (fiocchi).
Der Wahlspruch Filii Dei Sumus (Wir sind Kinder Gottes) ist dem 1. Johannesbrief (1 Joh 1,3 2) entnommen.
Rezeption
Dyba galt innerhalb der Deutschen Bischofskonferenz als einer der konservativsten Repräsentanten der katholischen Kirche in Deutschland. Besonderes Echo, auch innerhalb der katholischen Kirche, verursachte im September 1993 sein Entschluss, das Bistum Fulda aus dem staatlichen System der Schwangerschaftskonfliktberatung auszunehmen. Er bezeichnete den für straffreie Abtreibung nach dem Gesetz benötigten Beratungsschein als „Lizenz zum Töten“.[8] Dyba war auch ein kompromissloser Gegner des von der rot-grünen Bundesregierung geplanten Lebenspartnerschaftsgesetzes für gleichgeschlechtliche Paare.[9] In diesem Zusammenhang bezeichnete Dyba in einem Gastbeitrag für den Spiegel „Homosexualität als eine Degeneration“ und fügte an, „importierte Lustknaben“ hätten keinen Anspruch auf die Fürsorge der Gemeinschaft.[10] Dem Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) warf er 1991 vor, aus „linken Grünen und kirchenfeindlichen Ideologen“ zu bestehen, und unternahm Bestrebungen, durch die Gründung eines eigenen Jugendverbandes, der Katholischen Jugend im Bistum Fulda, und durch Mittelentzug für den BDKJ in seinem Bistum die „gutwilligen Kräfte in der katholischen Jugend von dieser Mafia zu befreien“.[11]
Dybas unerwarteter Tod fand ein großes Medienecho. Zum Beispiel schrieb die Katholische Kirchenzeitung für das Erzbistum Berlin:
„Dyba führte als gebürtiger Berliner in seinem bischöflichen Wappen keinen Teddy, sondern einen Bären und erwies sich oft genug als solcher. In der Bischofskonferenz galt er manchen als ‚enfant terrible‘, die zugleich froh waren, dass er sagte, was sie so deutlich nicht zu sagen wagten; anderen galt er als das Salz in der Suppe. Für die Medien gab es kein Thema, zu dem sie neben, ja oft sogar vor dem Vorsitzenden der Bischofskonferenz nicht auch Johannes Dyba hören wollten.
Dyba war so häufig wie kein zweiter Bischof in den Medien präsent, weil sich andere Hirten davor drückten. In ihm vernahmen Fernsehen, Radio und Zeitungen nicht nur eine Stimme, sondern einen Begeisterten aus Fleisch und Blut, ein Original. Es sprach ein Mann, der manches zurücknehmen und sich bisweilen entschuldigen musste, aber das auch konnte, und dem nach seinem Tod verbale Fehltritte verziehen wurden, weil man nicht nur seine klare Haltung, sondern seine Person und sein Berliner ‚Herz mit Schnauze‘ vermisste.“[13]
„Als der Vatikan-Diplomat […] 1983 Bischof von Fulda wurde, war er bereits als ironisch-bissiger Kirchen-Fundi europaweit bekannt. Diese Linie – es gilt nur das päpstliche Wort – behielt er konsequent bei. Mit griffigen Sprüchen machte der gebürtige Berliner alles nieder, was in Deutschland altbackener katholischer Theologie und Moral widersprach: Abtreibung und Beratungsschein, Gays und Grüne, kritische Theologen und zögerliche Bischöfe, selbstbewusste Laien und jeglichen Demokratieversuch der Kirche. Zum Spiegel hegte der Oberhirte … eine Art Hassliebe. Einerseits hielt er das Blatt für ‚die Pressestelle des Teufels‘, und zum 50-jährigen Spiegel-Jubiläum gratulierte er: ‚Wenn eine gütige Fee mir drei Wünsche freistellen würde, wäre einer davon sicher die Bekehrung von Rudolf Augstein.‘ Andererseits benutzte er den SPIEGEL als willkommene Plattform, wann immer die Redaktion es ihm anbot. Nur einmal untersagte er die Publikation eines mit ihm geführten Gesprächs über die Ungereimtheiten in seinem Fundamentalismus. Grund für die Ablehnung: ‚Ich muss mich doch nicht freiwillig schlachten lassen‘.“[15]
Schriften
Der Einfluss des Krieges auf die völkerrechtlichen Verträge. Heidelberg, Diss. iur. 1954, XIV [masch.]
Die Gründe für die einseitige Aufhebung von internationalen Verträgen und Konkordaten. Rom, Diss. iur. utr., Lateran-Univ. 1962 [masch.]
Das Wort des Bischofs. In: Bonifatiusbote. Kirchenzeitung für das Bistum Fulda, 1986–2000.
Geistige Grundlagen der europäischen Einigung. Melle, 1988.
mit Karl Lehmann: Zu den künftigen Aufgaben der Streitkräfte. Bonn, Kath. Militärbischofsamt, 1992.
Werner Kathrein (Hrsg.): Worte in die Zeit. Predigten, Ansprachen, Beiträge, im Auftr. d. Bischöfl. Domkapitels. Frankfurt am Main, 1994.
Literatur
in der Reihenfolge des Erscheinens
Josef Leinweber: Fuldaer Äbte und Bischöfe. Frankfurt am Main, 1989, S. 187f.
Jürgen Nabbefeld (Hrsg.): „Meinen Frieden gebe ich Euch“. Aufgaben und Alltag der Katholischen Militärseelsorge. Festschrift für den Katholischen Militärbischof für die Deutsche Bundeswehr Erzbischof Dr. Dr. Johannes Dyba Bischof von Fulda, Köln 1999.
Jürgen Nabbefeld (Hrsg.): In Respekt und Dankbarkeit. Der 70. Geburtstag von Erzbischof Dr. Dr. Johannes Dyba, Bischof von Fulda, Katholischer Militärbischof für die Deutsche Bundeswehr, am 15. September 1999. Bonn 1999.
CV-Handbuch. Hrsg. von der Gesellschaft für Studentengeschichte und studentisches Brauchtum e. V., 3. Auflage. Regensburg 2000, S. 542f.
Werner Kathrein (Hrsg.): Kinder Gottes sind wir. Zum Gedenken an Erzbischof Johannes Dyba. Bischof von Fulda 1983–2000. (im Auftr. des Bischöfl. Domkapitels), Fulda, 2001.
Michael Schwab, Bea Nolte-Schunck (Hrsg.): Mit Bonifatius verbunden – den Menschen zugetan. Zur Erinnerung an Leben und Wirken von Erzbischof DDr. Johannes Dyba und Bischof Prof. Dr. Dr. h. c. Eduard Schick (= Dokumentationen zur Stadtgeschichte Fulda, herausgegeben vom Magistrat der Stadt Fulda, Band 21). Imhof, Petersberg 2001, ISBN 3-935590-14-8.
Erwin Gatz (Hrsg.), unter Mitarbeit von Franz Xaver Bischof u. a.: Die Bischöfe der deutschsprachigen Länder 1945 bis 2001. Ein biographisches Lexikon. Duncker & Humblot, Berlin 2002, ISBN 3-428-10684-9, S. 231–233.
Gotthard Klein, Monica Sinderhauf: „Unverschämt katholisch“. Erzbischof Johannes Dyba (= Quaestiones non disputatae, Band VI., herausgegeben von Ulrich-Paul Lange). Schmitt, Siegburg 2002, ISBN 3-87710-263-8.
Felizitas Küble (Hrsg.): Der Löwe von Fulda. Ökumenische Würdigung eines guten Hirten. 33 Autoren schreiben über Johannes Dyba. Komm-Mit-Verlag, Münster 2015, ISBN 978-3-921090-98-5.
Franz Weidemann: Erzbischof Johannes Dybas geistige Silhouette. Christiana-Verlag, Kißlegg-Immenried 2020, ISBN 978-3-7171-1324-9.
↑Annuario Pontificio per l’anno 1977, Città del Vaticano 1977, S. 1726.
↑ abEdmund Dillinger: Wir arbeiten für Christus. In: Felizitas Küble (Hrsg.): Der Löwe von Fulda. Ökumenische Würdigung eines guten Hirten. 33 Autoren schreiben über Johannes Dyba. Komm-Mit-Verlag, Münster 2015, S. 33–44.
↑Vgl. Uta Rasch: Die Leidenschaft des Erzbischofs. Johannes Dyba und seine Sammlung aus ungezählten Ansichtskarten. In: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung. 6. Juni 1999, S. 16; AK Express Nr. 101, S. 6.
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