Emanuel Philipp Kemper, ursprünglich Emanuel Kempper (* 14. Juni1844 in Lübeck; † 10. Mai1933 ebenda) war ein deutscherOrganist und Orgelbauer und Begründer des Familienbetriebs E. Kemper & Sohn in Lübeck. Das Orgelbauunternehmen erwarb sich zu Lebzeiten des Firmengründers einen geachteten Ruf in der Erhaltung und Restaurierung von Barockorgeln, speziell denen im Alten Land. Nach 1945 entwickelte sich das Geschäftsfeld mit unzähligen Neubauten explosionsartig. Von den einst erbauten 1000 Opera an Nachkriegsinstrumenten existieren in der Nordkirche heute noch etwa 100 Orgeln, darunter das seinerzeit größte Instrument in der Lübecker Marienkirche.
Emanuel (Philipp) Kemper war der Sohn des Musiklehrers Adolf Kemper. Er erlernte nach dem Besuch der Lübecker Domschule den Beruf des Tischlers. Anschließend erfolgte eine Orgelbaulehre bei der dänischen Firma Marcussen & Søn. Im Orgelspiel und in der Harmonielehre erhielt er Unterricht durch den Jakobi-Organisten Johann Jochim Diedrich Stiehl und den Organisten der Reformierten Kirche, Konrad Geibel, den Bruder von Emanuel Geibel. Die eigene Firma wurde im Jahr 1868 begründet.[1] Da er in diesem Zuge die Orgelbaufirma von Theodor Vogt übernahm, wurde ihm die Verantwortung fast aller Orgeln Lübecks übertragen. Von 1872 bis zum Jahresende 1930 wirkte er als Nachfolger Stiehls zugleich als Organist an der Lübecker Jakobikirche, wo Hugo Distler sein Nachfolger wurde.
Karl (Reinhold) Kemper
Sein Sohn Karl (Reinhold) Kemper (* 1880 in Lübeck; † 1956 ebenda) übernahm im Jahr 1910 das Unternehmen und führte es unter dem Namen E. Kemper & Sohn. Er führte die mechanische Schleiflade wieder ein und wurde als bedeutender Vertreter der Orgelbewegung bekannt.[1] Seine Restaurierungen von Barockorgeln in den 1920er und 1930er Jahren hatten Vorbildcharakter für einen verantwortlichen Umgang mit dem Material, so zum Beispiel bei der Instandsetzung der Orgel in Altenbruch (1925) unter Beratung von Hans Henny Jahnn.[2] 1919 erfuhr der Betrieb eine Erweiterung.
1929 eröffnete Kemper eine Filiale in Bartenstein in Ostpreußen, in der Werner Renkewitz mitarbeitete.[3] Sie schuf bedeutende Umbauten im Frauenburger Dom (1935) und in der Danziger Marienkirche (1935/38), in denen sie jeweils die Chororgel mit der Hauptorgel durch elektrische Leitungen verband, in Danzig auf 120 Register. In Königsberg baute sie 1943 die größte Orgel Ostpreußens.
Der Enkel Emanuel (Magnus) Kemper (* 1906 in Apenrade; † 1978 in Lübeck)[4] beschränkte sich wieder auf Norddeutschland und den Mittelrhein.[5] Die Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs brachten eine hohe Nachfrage nach Neubauten. Seine neuen Instrumente werden aus der heutigen Perspektive oft kritisch gesehen.[6] Einige Orgeln wiesen bereits nach kurzer Zeit erhebliche Mängel auf und wurden nach wenigen Jahrzehnten wieder abgerissen oder nach Ost- und Ostmitteleuropa weiterverkauft.[7][8][9]
Emanuel Reinhold Kemper
1974 übernahm sein Sohn Emanuel Reinhold Kemper (* 8. Januar 1947 in Lübeck; † 10. November 2007 in Lübeck) das Unternehmen Lübecker Orgelbau GmbH (E. Kemper), das vier Jahre später insolvent wurde.[10][5] 1978 gründete er es als E. Kemper Lübecker Orgelbau erneut, 1981 mit seiner Mutter Ella Kemper dann als Kemper E. u. E. Orgelbau. Es führte einige Reparaturen und Umbauten an Orgeln durch.[11]
Werkliste (Auswahl)
Die Größe der Instrumente wird in der fünften Spalte durch die Anzahl der Manuale und die Anzahl der klingenden Register in der sechsten Spalte angezeigt. Ein großes „P“ steht für ein selbstständiges Pedal. Verlorene Orgeln sind kursiv gesetzt.
Im historischen Barockgehäuse; die Kemper-Orgel besaß ausschließlich Prospektpfeifen aus Kupfer (!); 1975 ersetzt durch Neubau Kleuker unter Verwendung der kupfernen Prospektpfeifen in den Pedaltürmen.
Hauptorgel mit 37 und Chororgel mit 24 Registern; 1941 Auftrag, Material bis 1943 angeliefert, aber erst 1949 aufgebaut; von Anfang an schwer mängelbehaftet, Hauptorgel 1964 stillgelegt, Chororgel 1958–1961 von Eule mit eigenem Spieltisch versehen, 1976 an eine Schule in Genthin verkauft.[17]
bei Fertigstellung bedeutendste Nachkriegsorgel Berlins, 1970 Umbau und Neugestaltung des Prospekts, 1995 an die Stadtpfarrkirche Peitz verschenkt, seitdem mehrere Register ausgetauscht[19]
2012 wurde eine gebrauchte Zweitorgel angeschafft, die 1960 von der Firma Ott für die Schlosskirche Bonn erbaut worden war. Seitdem wird die Kemper Orgel seltener genutzt, befindet sich aber immer noch im alten Kirchenteil der Wallfahrtskirche.
1966 wurde nur ein Teilausbau fertiggestellt. Die zwei Manualwerke Schwellpositiv (IV) und Rückpositiv (I) waren noch gänzlich vakant und erhielten 1975 durch Kemper ihre Pfeifen. 1993 fand eine Dispositionsänderung durch Sauer statt.
Johann Hennings und Wilhelm Stahl: Musikgeschichte Lübecks. Band II: Geistliche Musik. Bärenreiter, Kassel und Basel 1952.
Uwe Pape: Kemper. In: Uwe Pape, Wolfram Hackel, Christhard Kirchner (Hrsg.): Lexikon norddeutscher Orgelbauer. Band 4. Berlin, Brandenburg und Umgebung einschließlich Mecklenburg-Vorpommern. Pape Verlag, Berlin 2017. S. 277–279.
Werner Renkewitz, Jan Janca, Hermann Fischer: Geschichte der Orgelbaukunst in Ost- und,Westpreußen von 1333 bis 1945. Band II,2. Von Johann Preuß bis E. Kemper & Sohn, Lübeck/Bartenstein. Siebenquart, Köln 2015. S. 612–644.
↑ abFischer: 100 Jahre Bund deutscher Orgelbaumeister. 1991, S. 221.
↑Vogel: Orgeln in Niedersachsen. 1995, S. 13, 221.
↑ausführlich beschrieben in Werner Renkewitz, Jan Janca, Hermann Fischer: Geschichte der Orgelbaukunst in Ost- und Westpreußen von 1333 bis 1944. Band II,2. Von Johann Preuße bis E. Kemper & Sohn, Lübeck/Bartenstein. Siebenquart, Köln 2015. S. 612–642.
↑Orgel in Lübeck, Johanneum (von 1960) bereits 2001 abgerissen, die in Nassau, Johanniskirche (von 1960) und Hamburg, St. Katharinen (1962) wegen erheblicher Mängel abgebaut und verkauft. In Hamburg verschwanden 496 von 1020 historischen Barockpfeifen nach Neubau spurlos, Johann Sebastian-Bachs Hamburger Orgeltraum von Matthias Gretzschel, in: Hamburger Abendblatt vom 5. Juni 2013, vierter Absatz, ebenfalls in Eine neue Orgel aus dem Barock. In: Die Welt vom 5. Juni 2013.
↑Hans Georg Finken (Hrsg.): Die katholische Propsteikirche St. Franziskus und St. Elisabeth zu Halle (Saale). 1896–1996. Fliegenkopf, Halle 1996, S. 65–68.
↑Dietrich Wölfel: Die wunderbare Welt der Orgel. Lübeck als Orgelstadt. Hrsg.: Dietrich Wölfel. 2., neu überarbeitete und erw. Auflage. Schmidt-Römhild, Lübeck 2004, ISBN 3-7950-1261-9, S.384.