Nachdem 1564 infolge der Reformation die letzten katholischen Priester Halle verließen, waren die ersten Katholiken, die wieder zuzogen, Studenten der 1694 gegründeten Universität sowie Soldaten und ihre Familien des 1717 nach Halle verlegten Regiments Anhalt. Fürst Leopold I. von Anhalt-Dessau verfügte, dass ab 1723 katholische Gottesdienste öffentlich abgehalten werden durften. Per Dekret Friedrichs II. vom 11. Juni 1755 wurde den Katholiken der sogenannte „Bildersaal“ der Neuen Residenz als Kirche überlassen.
Durch weitere Zuzüge von Katholiken ab Mitte des 19. Jahrhunderts wuchs ihre Mitgliederzahl deutlich an und machte den Bau eines neuen katholischen Gotteshauses erforderlich. 1883 konnte ein Grundstück an der Mauergasse (heute Mauerstraße) zwischen der St.-Georgen-Kirche und den Franckeschen Stiftungen erworben werden. Durch den Kulturkampf zwischen dem preußischen Staat und der römisch-katholischen Kirche (1871–1887) verzögerte sich der Baubeginn um zehn Jahre. Die Grundsteinlegung erfolgte schließlich am 24. Mai 1894.
Das Preußenkonkordat vom 14. April 1929, durch die Bulle Pastoralis officii nostri vom 13. August 1930 in Vollzug gesetzt, errichtete die Mitteldeutsche Kirchenprovinz. Infolgedessen kam der vom Geistlichen Gericht Erfurt abgetrennte Regierungsbezirk Merseburg mit den Dekanaten Eisleben, Halle/Saale und Wittenberg an das nunmehrige Erzbischöfliche Kommissariat Magdeburg. Zum Dekanat Halle/Saale gehörte damals auch die Pfarrei Halle/Saale mit ihren Filialen Ammendorf, Halle-Giebichenstein, Halle-Süd, Schkeuditz und Zappendorf.
Am 15. November 1942 wurde die Kirche von Papst Pius XII. zur Propsteikirche ernannt.
Aufgrund von Kriegsbeschädigungen musste die Kirche in den 1950er und 1960er Jahren umfassend erneuert werden, wobei auch ein Teil der neugotischen Ausstattung verloren ging.
Die katholischen Einwohner der ab 1965 bezogenen Großsiedlung Halle-Neustadt und die sich dort ab 1966 bildende Kirchengemeinde gehörten zunächst zur Pfarrei St. Franziskus und Elisabeth. Am 15. Juli 1969 wurde die bisherige Kuratie Halle-Neustadt zur eigenständigen Pfarrei erhoben, mangels eines eigenen Kirchengebäudes pachtete sie ab 1970 die evangelische Moritzkirche.[2]
Am 1. April 2007 wurde der Gemeindeverbund Halle Mitte (Halle Propstei – Halle St. Mauritius und Paulus – Hohenthurm) errichtet,[3] zu dem neben der Propsteipfarrei St. Franziskus und St. Elisabeth auch die Pfarrei St. Mauritius und Paulus für Halle-Neustadt, welche die Moritzkirche nutzt, und die Kuratie St. Marien in Hohenthurm, welche die evangelische St.-Nikolai-Kirche in Landsberg nutzt, gehören.
Am 2. Mai 2010 wurden die beiden Pfarreien und die Kuratie des bisherigen Gemeindeverbundes Halle Mitte aufgelöst und daraus die heutige Pfarrei St. Mauritius und St. Elisabeth errichtet.[4] Nach dem Weggang von Propst Reinhard Hentschel zum 1. September 2023 wurde von Bischof Gerhard Feige kein neuer Pfarrer mehr eingesetzt, sondern ein „Leitungsteam“ aus vier Ehrenamtlichen und einem geistlichen Moderator, sodass auch der Titel des Propstes ruht.
Architektur und Ausstattung
Güldenpfennig gestaltete die Kirche als dreischiffige kreuzförmige Pfeilerbasilika mit Querhaus und einem hohen, stadtbildprägenden Turm, der asymmetrisch an der nordöstlichen Ecke des Langhauses steht.
Der Standort der Kirche war ursprünglich sehr wirkungsvoll an der 1847 angelegten neuen Promenade gewählt, die bei Niederlegung der Stadtbefestigungen entstand. Die heute unmittelbar vor der Kirche verlaufende vierspurige Hochstraße beeinträchtigt das Erscheinungsbild der Kirche erheblich.
Der Innenraum zeichnet sich durch Blendtriforien im Langhaus und eine hallenartige Höherführung der Seitenkapellen im Bereich des Chors aus. Die Gewölbe wurden 1964 durch den halleschen Maler Fritz Leweke (1901–2001) neu ausgemalt.
Den Hochaltar, einen geschnitzten und polychromierten Flügelaltar, schufen Wiedenbrücker Künstler nach gotischen Vorbildern. Im östlichen Seitenchor befindet sich ein Marien-Altar, und im westlichen Seitenchor ein Josef-Altar. Ein Pfingstaltar wurde nach St. Nikolai in Bernburg abgegeben.
Die ursprünglichen drei Fenster im Altarraum wurden im Zweiten Weltkrieg stark beschädigt und in den Jahren 1949 bis 1951 nach Entwürfen des Magdeburger Malers Walter Schneider durch die Quedlinburger Glasereiwerkstatt Ferdinand Müller neu gestaltet. Die 14 Stationen des Kreuzwegs an den Seitenwänden schuf 1965 der Künstler Bernhard Langer aus Stolberg.
1922 wurde in der Turmvorhalle ein von dem Architekten Otto Glaw entworfenes Ehrenmal für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs mit einer expressionistischenPietà eingeweiht, die von dem halleschen Bildhauer Richard Horn stammen soll, in einer anderen Quelle jedoch seinem Vater Paul Horn zugeordnet wird.[5]
Zunächst wurde die um 1860 in der Pfarrkirche St. Hieronymus in der Neuen Residenz von August Ferdinand Wäldner mit zwei Manualen und dreizehn Registern errichtete Orgel übernommen und auf einer Empore im Querschiff aufgestellt[7][8], die 1922/1923 von der Orgelbauanstalt Wilhelm Rühlmann zu einer Orgel mit 24 Registern auf zwei Manualen und Pedal umgebaut wurde.[9][10]
Am 15. September 1941 erhielt das Orgelbauunternehmen Emanuel Kemper in Lübeck den Auftrag für eine der Größe der Kirche angemessene Orgelanlage für 50.300 Reichsmark. Sie sollte 61 Register auf 5 Manualen und Pedal und 4182 Pfeifen aufweisen, davon als Hauptorgel 37 Register über dem Eingang im Norden und als Chororgel 24 Register auf der Seitenempore. Wegen des Krieges konnte die Orgel nicht wie geplant bis Mai 1942 fertiggestellt werden, sondern die nötigen Teile wurden erst bis Dezember 1943 geliefert, aber nicht eingebaut, sondern in der Taufkapelle eingelagert und erst 1949 aufgebaut. Zahlreiche Schäden, so durch minderwertiges, durch die Einlagerung zusätzlich geschädigtes Material und die mangelhafte Ausführung der Montage, führten zu erfolglosen Versuchen, die Orgel durch Reparaturen zu retten. 1958–1961 wurde immerhin die Chororgel vom Bautzener Orgelbau Eule überholt und mit einem eigenen Spieltisch versehen, während die Hauptorgel 1964 stillgelegt und abgebaut wurde. Über einen Neubau der Hauptorgel wurde man sich mit Eule nicht einig, sodass der Auftrag für diesen 1968 zurückgezogen wurde.[11]
1968 erging darauf der Auftrag an den Orgelbau Schuster in Zittau für eine dreimanualige Orgel mit 41 Registern auf drei Manualen und Pedal, die am 7. September 1975 auf der 1964 erbauten Orgelempore über dem Nordeingang eingeweiht wurde; die Chororgel wurde 1976 an eine Schule in Genthin verkauft.[12] Den Prospekt entwarf Fritz Leweke. Diese Orgel wurde 2008–2009 durch Weimbs Orgelbau neuintoniert, wobei im dritten Manual die Vox humana 8′ durch ein Krummhorn 8′ ersetzt wurde.[13] Im Zuge der Reorganisation wurden weitere Koppeln ergänzt. Außerdem wurde das Hauptwerk mit einem Tremulanten ausgestattet, die Suboktavkoppel ergänzt und eine Setzeranlage installiert. Die Spieltrakturen sind mechanisch, die Registertrakturen seit dem Umbau 2008–2009 elektrisch, zuvor mechanisch.[14]
Im Turm von St. Franziskus und St. Elisabeth hängen vier Bronze-Glocken. Drei (1,2 und 4) wurden von der Gießerei Schilling in Apolda gegossen. Die Gießerei Otto aus Bremen lieferte im Jahr 1930 vier Bronzeglocken mit einem Gesamtgewicht von 2.816 kg und der Schlagtonreihe cis – dis – fis – gis. Drei der Glocken (cis – dis – gis) wurden im Zweiten Weltkrieg beschlagnahmt und eingeschmolzen, nur die fis-Glocke überdauerte den Krieg.[15][16] Die Glocken sind nach den Patronen der Kirche und den Patronen
der Bistümer Paderborn und Magdeburg benannt und tragen damit verbundene Inschriften, die auch auf die Geschichte der Glocken eingehen. Alle Glocken hängen an gekröpften Stahljochen in einem hölzernen Glockenstuhl.
Zum Krankenhaus St. Elisabeth und St. Barbara gehören der Standort St. Elisabeth neben der Kirche und der Standort St. Barbara an der Barbarastraße.[17] Das Krankenhaus St. Elisabeth und St. Barbara gehört heute zum Elisabeth Vinzenz Verbund.[18]
Hans Georg Finken (Hrsg.): Die katholische Propsteikirche St. Franziskus und St. Elisabeth zu Halle (Saale). 1896−1996. Fliegenkopf, Halle 1996, ISBN 978-3-930195-08-4.
Holger Brülls, Thomas Dietzsch: Architekturführer Halle an der Saale. Dietrich Reimer Verlag, Berlin 2000, ISBN 3-496-01202-1. S. 162.
Peggy Grötschel, Matthias Behne: Die Kirchen in der Stadt Halle. Mitteldeutscher Verlag, Halle 2006, ISBN 3-89812-352-9, S. 74–77.
Rudolf Joppen: Das Erzbischöfliche Kommissariat Magdeburg. Band 7, Teil 2, Die Errichtung des mitteldeutschen Kommissariats 1811.St. Benno Verlag, Leipzig 1965, S. 267–274.
↑Rudolf Joppen: Das Erzbischöfliche Kommissariat Magdeburg. Band 31, Teil 11, Die Zeit von der Potsdamer Konferenz bis zur Gründung der Deutschen Demokratischen Republik 1945–1949. St. Benno Verlag, Leipzig 1989, S. 168–172.
↑Rudolf Joppen: Das Erzbischöfliche Kommissariat Magdeburg. Band 32, Teil 12, Geschichte und Rechtsstellung von der Gründung der DDR bis zur Ernennung des Apostolischen Administrators. St. Benno Verlag, Leipzig 1989, S. 166–171.
↑Hans Georg Finken (Hrsg.): Die katholische Propsteikirche St. Franziskus und St. Elisabeth zu Halle (Saale). 1896−1996. Fliegenkopf, Halle 1996, S. 64f.
↑Opusliste von Rühlmann bei orgelbauanstalt-ruehlmann.de, abgerufen am 16. März 2024. Anmerkung: Auf dieser Seite steht die Bemerkung „Die Orgel (op 405) in der Propsteikirche zu Halle (Saale): Der genaue Weg der Orgel, welcher doch keine richtige Orgel war, ist noch nicht abschließend gezeichnet. Weitere Informationen hierzu folgen im Laufe des Jahres 2024.“, sodass sich hier noch Änderungen ergeben können.
↑Roland Eberlein (Hg.): Hermann Mund Sammlung Orgeldispositionen Heft C. (walcker-stiftung.de [PDF; abgerufen am 24. Februar 2024] Disposition Nr. 651).
↑Hans Georg Finken (Hrsg.): Die katholische Propsteikirche St. Franziskus und St. Elisabeth zu Halle (Saale). 1896−1996. Fliegenkopf, Halle 1996, S. 65–67.
↑Hans Georg Finken (Hrsg.): Die katholische Propsteikirche St. Franziskus und St. Elisabeth zu Halle (Saale). 1896−1996. Fliegenkopf, Halle 1996, S. 68.
↑Siehe die alte Disposition bei Hans Georg Finken (Hrsg.): Die katholische Propsteikirche St. Franziskus und St. Elisabeth zu Halle (Saale). 1896−1996. Fliegenkopf, Halle 1996, S. 70.
↑Gerhard Reinhold: Otto-Glocken. Familien- und Firmengeschichte der Glockengießerdynastie Otto. Selbstverlag, Essen 2019, ISBN 978-3-00-063109-2, S.588, hier insbesondere S. 70f., S. 535, S. 558.
↑Gerhard Reinhold: Kirchenglocken. Christliches Weltkulturerbe, dargestellt am Beispiel der Glockengießer Otto, Hemelingen/Bremen. Nijmegen 2019, S.556, hier insbesondere S. 495, S. 513, urn:nbn:nl:ui:22-2066/204770 (Dissertation an der Radboud Universiteit Nijmegen).