Nicht weit entfernt, zwischen Gleiberg und Dünsberg, liegt die Burgruine Vetzberg, eine ehemalige Zweitburg der Grafen von Gleiberg.
Geschichte
Bereits die Konradiner nutzten den Gleiberg als Standort einer Burg. Möglicherweise wurde diese schon von Otto, dem Bruder König Konrads, als Festung gegen die Popponen erbaut.
Im Jahr 1103 eroberte König Heinrich V. die Burg und ließ sie zerstören. Erst nachdem sich von den Grafen von Luxemburg die zweite Linie der Grafen von Gleiberg abgespaltet hatte, kam es im 12. Jahrhundert zum Wiederaufbau der Burg.
Eine bekannte historische Gestalt aus dem 12. Jahrhundert ist Clementia von Gleiberg. Sie gründete 1129 auf dem Schiffenberg bei Gießen das Augustiner-Chorherrenstift.
Mit dem Aussterben der Grafen von Gleiberg kamen im späten 12. Jahrhundert die Westhälfte der Burg und der Grafschaft an Hartrad II. von Merenberg. Die Osthälfte der Burg und der Grafschaft gelangten an die Pfalzgrafen von Tübingen. Die Merenberger konnten später die Osthälfte der Burg erwerben und sie wurde für 150 Jahre deren Sitz.
Nach dem Aussterben der Merenberger mit dem Tod von Hartrad VI. fiel die Burg im 14. Jahrhundert an das Haus Nassau-Weilburg. Sie wurde Mittelpunkt des „Lands an der Lahn“, hatte jedoch keine Residenzfunktion mehr.[2]
Im Dreißigjährigen Krieg wurde die Burg 1646 von Truppen der Landgräfin Amalie Elisabeth von Hessen-Kassel zerstört. Da ihr keine militärische Bedeutung mehr zukam, wurde auf einen Wiederaufbau verzichtet. Am 30. Juni 1816 kam die Burg durch Tausch vom Herzogtum Nassau an das Königreich Preußen.
Der Gleiberg war im 18. und 19. Jahrhundert oft Ziel von Protestzügen der Studentenschaft der Universität Gießen. Bekannt wurde auch das seit dem 16. Jahrhundert nachweisbare Gasthaus „Zur Spießpforte“ am Fuß der Burg. Seit etwa 1860 trägt es den Namen „Zum schwarzen Walfisch“. Hier wurde am 15. August 1852 der Gießener Wingolf gestiftet.[3] Die Gaststätte „Zum schwarzen Walfisch“ war nach Überlieferungen im Jahr 1879 das Gründungslokal des Gesangvereins „Hermanus“ Gleiberg, des ältesten Vorgängervereins der heutigen Sängervereinigung Gleiberg.
In der Burgruine wurde am 7. Mai 1870 der Gießener Freier Studentenverein (heutige Gießener Burschenschaft Adelphia) gegründet.[4]
Anlage
Die Burg ist in die ältere, ins Jahr 950 n. Chr. datierte Oberburg und die im 16. Jahrhundert erbaute Unterburg gegliedert.[5] In der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts entstanden der Albertusbau und der Nassauerbau der Unterburg.
Bergfried
Vom Parkplatz unterhalb der Oberburg erreicht man die Ruine der Burg mit dem um 1200[5] errichteten imposanten Bergfried. Er verfügt über eine vorgelagerte und gerundete Mantelmauer und hat eine Höhe von 30 m.[5] Bis zu dem in 15 m Höhe liegenden früheren Hocheingang hat der Turm einen Durchmesser von etwa zwölf Meter, darüber verjüngt er sich auf elf Meter. Im Bereich des heutigen Eingangs beträgt die Wandstärke gut vier Meter. Im Inneren führt eine Betontreppe mit 150 Stufen bis zur Aussichtsplattform, die über 54 Stufen als linksdrehende Wendeltreppe ausgeführt ist. Darüber erweitert sich der Innendurchmesser des Bergfrieds von 3,7 Meter auf 5,7 Meter und die Treppe führt mit etlichen geraden Segmenten und Absätzen bis zum überdachten Austritt auf die Plattform. Der Treppenaufgang wird über Bewegungsmelder durch Lampen sowie eine verglaste Öffnung im Boden der Plattform erhellt, auf der zum Schutz eine Metallgitter-Pyramide aufgesetzt ist. Von der Plattform auf dem Bergfried, auf der ein fest installiertes Fernrohr angebracht ist, hat man eine schöne Aussicht über das Gießener Becken zu Vogelsberg, Westerwald und Taunus. Der Bergfried wurde 2013 einer gründlichen Sanierung unterzogen und präsentiert sich seither in sehr guter Erscheinung.[6]
Palas
Die Ruine des Palas mit einer noch stehenden Giebelwand und Spitzbogenpforten wird auf das 13. Jahrhundert datiert. Man erkennt die Lichtschlitze der Kellergewölbe. Die Burg ist von einer Ringmauer eingefasst, wurde auf einem etwas höher liegenden Gelände erbaut und war für sich allein verteidigungsfähig.
Heutige Nutzung
Die Ruine ist heute ein beliebtes Ausflugsziel. Seit 1879 befindet sich die Ruine im Besitz des Gleibergvereins, der sich um ihre Erhaltung bemüht.
In einem Gebäude im Innenhof zur Unterburg befindet sich das Restaurant „Burg Gleiberg“ mit Biergarten.
Literatur
Alexander Thon, Stefan Ulrich, Jens Friedhoff: Mit starken eisernen Ketten und Riegeln beschlossen .... Burgen an der Lahn. Schnell & Steiner, Regensburg 2008, ISBN 978-3-7954-2000-0, S. 56–61.
Gemeinde Wettenberg (Hrsg.): Historischer Bildband Wettenberg. 1991.
Gleiberg Verein (Hrsg.): Burg Gleiberg – Ein Führer für Fremde und Einheimische. Gießen 1921.
Gleibergverein (Hrsg.): Der Gleiberg in Natur und Geschichte. 1929.
Rudolf Knappe: Mittelalterliche Burgen in Hessen. 800 Burgen, Burgruinen und Burgstätten. 3. Auflage. Wartberg-Verlag, Gudensberg-Gleichen 2000, ISBN 3-86134-228-6, S. 285–287.
Jürgen Leib: Krofdorf-Gleiberg zwischen Tradition und Fortschritt. Heimatbuch zur 1200-Jahrfeier der Gemeinde Krofdorf-Gleiberg. Gießen 1974.
Jürgen Leib: Burg und “Thal” Gleiberg. Bilder aus einer tausendjährigen Geschichte. Krofdorf-Gleiberg 1978.
Hugo von Ritgen: Geschichte von Burg Gleiberg. Herausgegeben vom Oberhessischen Verein für Localgeschichte, Gießen 1881.
Friedrich Kraft: Geschichte von Gießen und der Umgebung von der älteren Zeit bis zum Jahr 1265. Darmstadt 1876.
Ministerium der öffentlichen Arbeiten: "Centralblatt der Bauverwaltung", Berlin Jahrgang IX. 1889, S. 467–470, S. 484–486.
Eduard Duller: Gleiberg und Vetzberg, Gießen 1905.
Ernst Happel: Die Burgen im oberen Hessen, Marburg 1905, S. 79–88.
Zweiter Jahresbericht des Oberhessischen Vereins für Localgeschichte, Vereinsjahr 1880–1881, Gießen 1881.
Curt v. Münchow: Geschichte der Burg Gleiberg und des Gleiberger Geselligkeits – Vereins, Universitäts – Druckerei, Gießen 1888.
↑Spielmann, Christian: Geschichte der Stadt und Herrschaft Weilburg; Stadt Weilburg, 1896 (Neuauflage 2005) ohne ISBN, S. 42ff
↑Gemeinde Krofdorf-Gleiberg (Hrsg.): Krofdorf-Gleiberg zwischen Tradition und Fortschritt: Heimatbuch zur 1200-Jahrfeier der Gemeinde Krofdorf-Gleiberg. Gießen 1974, ISBN 978-3980302319, S. 140.