Albert Szent-Györgyi wurde 1893 in Budapest geboren. Sein Vater Miklós Szent-Györgyi stammte aus Marosvásárhely in Siebenbürgen und gehörte dem dortigen ungarischen Kleinadel an. Er war von calvinistischer Konfession. Seine Mutter Jozefin, geb. Lenhossék, war römisch-katholisch und entstammte einer bürgerlichen Akademikerfamilie. Szent-Györgyi begann 1911 ein Studium der Medizin an der Vorgängerinstitution der heutigen Semmelweis-Universität in Budapest, bis er zum Beginn des Ersten Weltkrieges in die k.u.k. Armee eingezogen wurde. Seinen Dienst leistete er bis 1917 an italienischen und russischen Fronten und wurde für Tapferkeit ausgezeichnet.
Im Sommer 1914, als der Erste Weltkrieg ausbrach, absolvierte Albert Szent-Györgyi gerade seinen dreimonatigen Pflichtdienst für Studenten und meldete sich als Freiwilliger im 65. Infanterieregiment von Miskolc an die Ostfront, wo er bis 1916 als Militärarzt diente, als seine Einheit während der Brussilow-Offensive nur knapp der russischen Armee entkam. Er wurde mit der Silbernen Tapferkeitsmedaille ausgezeichnet, weil er sein Leben riskiert hatte, um Verwundete zu retten. Die Schrecken des Grabenkriegs machten ihn kriegsmüde, und einige Tage nach dem Rückzug schoss er sich in den linken Arm, um in ein Krankenhaus eingeliefert zu werden. Während seines Urlaubs setzte er sein Universitätsstudium fort und erwarb 1917 in einem Schnellkurs seinen medizinischen Abschluss. Am 15. September 1917 heiratete er Kornelia Demény, eine Tochter des Generaldirektors der ungarischen Post, die er ein Jahr zuvor kennen gelernt hatte. Kurz darauf, Ende September, wurde er nach Udine in Italien versetzt, wo er als Militärarzt in einem Krankenhaus etwa 80 km von der Front entfernt arbeitete. Im Herbst 1918 denunzierte er seinen Vorgesetzten im Hauptquartier, weil dieser Experimente an italienischen Kriegsgefangenen durchführte, und wurde daraufhin in ein Malariagebiet versetzt. Er erreichte seinen neuen Posten jedoch nie, weil am 3. Oktober 1918 seine Tochter Nelli geboren wurde. Für die Geburt seines Kindes erhielt er Sonderurlaub, und als sein Urlaub auslief, war der Krieg vorbei.
Die 1957 von der Universität Szeged abgetrennte Medizinische Universität in Szeged hieß ab 1987 Albert-Szent-Györgyi-Universität für Medizinische Wissenschaften. 2000 ging sie wieder in der Universität der Wissenschaften Szeged auf; die Medizinische Fakultät ist aber weiter nach Albert Szent-Györgyi benannt. Die US-amerikanische National Foundation for Cancer Research vergibt seit 2006 den Szent-Györgyi Prize für Krebsforschung. Am 16. September 2011 erinnerte Google mit einem Doodle an den 118. Geburtstag von Szent-Györgyi.[5]
Bedeutende Leistungen
Im Jahr 1927 entdeckte Szent-Györgyi, dass der bereits 1920 von Jack Cecil Drummond (1891–1952) „Vitamin C“ genannte, als „Anti-Skorbut-Faktor“ postulierte und in Zitrusfrüchten vorkommende Stoff, auch in der menschlichen Nebennierenrinde vorkommt. Er konnte die Summenformel der stark reduzierend wirkenden, sauren Substanz bestimmen und entdeckte, dass es sich um ein Kohlenhydrat handelt. In den folgenden Jahren untersuchte er die neu entdeckte Substanz während seiner Tätigkeiten an den Universitäten von Cambridge, Rochester und Szeged. Nachdem es ihm 1931 gelungen war, die Verbindung aus Paprika zu isolieren, nannte er sie Hexuronsäure; da er noch im selben Jahr die Identität mit Vitamin C beweisen konnte, benannte er sie in Ascorbinsäure (von A[nti]-Scorbut) um.[6]
Weitere wichtige Arbeiten von Szent-Györgyi betreffen den körpereigenen Kohlenhydratstoffwechsel, insbesondere den Citratzyklus, und die Rolle des Energieträgers Adenosintriphosphat in Muskelzellen. Unter anderem bewies Szent-Györgyi, dass der aktive Sauerstoff den aktiven Wasserstoffoxidiert. Nach ihm und einem befreundeten Nobelpreisträger Hans Krebs wurde der Szent-Györgyi-Krebs-Zyklus benannt (dieser Name ist allerdings hauptsächlich in Ungarn verbreitet, anderswo kennt man diesen Bestandteil der aeroben Glykolyse eher unter Krebs- oder Citratzyklus). „Für seine Entdeckungen auf dem Gebiet der biologischen Verbrennungsprozesse, besonders in Beziehung auf das Vitamin C und die Katalyse der Fumarsäure“ erhielt er 1937 den Nobelpreis für Medizin. Nach dem Nobelpreis erzielte er auf dem Gebiet der Muskelkontraktion wichtige Erfolge für das Verständnis der Muskelbiologie und leistete dadurch Vorarbeiten u. a. für Setsurō Ebashi. Auf diese Zeit geht die Formulierung des Szent-Györgyi-Quotienten zurück. In den 1930er Jahren entdeckte er die Bioflavonoide, die er zunächst als Vitamin P bezeichnete.[7] – Die Flavonoide zählen zu den sekundären Pflanzenstoffen.
1970 erschien sein gesellschaftskritisches Buch The Crazy Ape (Der fehlentwickelte Affe), in dem er sich mit einer einseitigen Fixierung der heutigen Gesellschaft auf den technischen Fortschritt auseinandersetzt.
Veröffentlichungen (Auswahl)
Observations on the function of peroxidase systems and the chemistry of the adrenal cortex. In: Biochem. J.Band22, Nr.6, 1928, S.1387–1409, doi:10.1042/bj0221387.
Joseph Louis Svirbely, Albert Szent-Györgyi: The chemical nature of vitamin C. In: Biochem. J. Band26, Nr.3, 1932, S.865–870, PMC 1260981 (freier Volltext).
On Oxidation, Fermentation, Vitamins, Health and Disease. Baltimore 1939.
Chemistry of Muscular Contraction. New York 1947
Nature of Life. New York 1947
Contraction in Body and Heart Muscle. New York 1953
Bioenergetics. In: Science. Band124, Nr.3227. New York 2. November 1956, S.873–875, PMC 1252273 (freier Volltext).
Introduction to a Submolecular Biology., 1960
The Crazy Ape., 1970
Biology and Pathology of Water. In: Perspectives in Biology and Medicine. Band14, Nr.2, 1971, S.239–249, doi:10.1353/pbm.1971.0014.
The Living State. With Observations on Cancer., 1972
Literatur
Edgar Wöhlisch: Albert Szent-Györgyi. Der Entdecker des Vitamin C. In: Hans Schwerte, Wilhelm Spengler (Hrsg.): Forscher und Wissenschaftler im heutigen Europa, Teil 2: Mediziner, Biologen, Anthropologen (= Gestalter unserer Zeit, Band 4). Stalling, Oldenburg 1955, DNB451322002, S. 151–157.
Winfried R. Pötsch (Hrsg.): Lexikon bedeutender Chemiker. Deutsch, Thun / Frankfurt am Main 1988, ISBN 978-3-8171-1055-1, S. 414–415.
Ralph Moss: Free Radical Albert Szent-Gyorgyi and the Battle over Vitamin C Paragon House Publishers, New York 1988, ISBN 0-913729-78-7.
Manfred Wenzel: Szent-Györgyi von Nagyrapolt, Albert. In: Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. De Gruyter, Berlin/New York 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 1374 f.
↑Holger Krahnke: Die Mitglieder der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen 1751–2001 (= Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, Philologisch-Historische Klasse. Folge 3, Bd. 246 = Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften in Göttingen, Mathematisch-Physikalische Klasse. Folge 3, Bd. 50). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2001, ISBN 3-525-82516-1, S. 238.