Grötschel studierte von 1969 bis 1973 Mathematik und Wirtschaftswissenschaften an der Ruhr-Universität Bochum. 1977 wurde er an der Universität Bonn mit einer Dissertation über Optimierung in Wirtschaftswissenschaften bei Bernhard Korte promoviert;[1] 1981 habilitierte er sich in Bonn mit einer Schrift im Gebiet Operations Research. Ein Jahr später nahm er einen Ruf auf einen Lehrstuhl für Angewandte Mathematik an die Universität Augsburg an. Von 1991 bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand Ende September 2015 war er Inhaber des Lehrstuhls für Informationstechnik an der TU Berlin. Martin Grötschel war von 1989 bis 1996 Mitglied des Vorstandes der Deutschen Mathematiker-Vereinigung und von 1993 bis 1994 ihr Vorsitzender. Er war von 1999 bis 2014 Mitglied des Exekutivkomitees der Internationalen Mathematiker Union (IMU) und von 2007 bis 2014 (als erster Deutscher) IMU-Generalsekretär. Seit 2011 gehört er dem Vorstand der Einstein-Stiftung Berlin an und hatte 2011–2015 den Vorstandsvorsitz inne. Er war Mitbegründer und langjähriger Sprecher des DFG-Forschungszentrums Matheon (seit 2014 nur noch Matheon).
Martin Grötschel ist seit 1976 mit seiner Frau Iris Grötschel verheiratet und hat drei Töchter.[2]
Mathematisch hat Martin Grötschel vor allem an Problemen der Graphentheorie, der linearen und gemischt-ganzzahligen Optimierung und des Operations Research gearbeitet. Bereits in seiner Doktorarbeit konnte Grötschel bedeutende Fortschritte in der Entwicklung von Lösungsverfahren zum Problem des Handlungsreisenden erzielen, insbesondere trug er viel zum Verständnis von Schnittebenenverfahren bei. Seine gemeinsamen Veröffentlichungen mit L. Lovász und A. Schrijver zur Ellipsoidmethode und deren Anwendung in der kombinatorischen und konvexen Optimierung haben weltweite Beachtung gefunden. In den letzten Jahren hat sich Martin Grötschel neben „klassischen“ mathematischen Problemen vor allem mit Fragen der mathematischen Modellierung und Lösung von realen Problemen der Wirtschaft und Industrie beschäftigt. Zu den von ihm behandelten Fragestellungen gehören die Optimierung von Produktionsabläufen, Optimierungsprobleme im Öffentlichen Nahverkehr und in der Logistik, die Steuerung von CNC-Maschinen und Robotern, die Reduzierung von Energieverbrauch, die Optimierung von Telekommunikationsnetzwerken und die Frequenzplanung im Mobilfunk.
Seit den frühen 1990er Jahren hat sich Grötschel intensiv mit Fragen der elektronischen Information und Kommunikation, Bibliothekssystemen, Open Access und Open Science beschäftigt und in vielen nationalen und internationalen Gremien zu diesem Themenkreis mitgewirkt.
2008 erhielt Grötschel den Berliner Wissenschaftspreis und die Goldene Ehrennadel der Technischen Universität Berlin. 2014 wurde Martin Grötschel für herausragende wissenschaftliche Leistungen bei der Entwicklung und Umsetzung von Entscheidungs- und Optimierungsmethoden im Verkehrswesen mit dem Life Time Award der Stiftung heureka ausgezeichnet. 2021 wird er mit der Georg-Cantor-Medaille der Deutschen Mathematiker-Vereinigung ausgezeichnet[5].
Schriften
mit Volker Mehrmann, Klaus Lucas (Hrsg.): Produktionsfaktor Mathematik – wie die Mathematik die Wirtschaft bewegt. Springer 2009.