Joris Ivens (bürgerlich George Henri Anton Ivens, * 18. November1898 in Nijmegen, Gelderland (Niederlande); † 28. Juni1989 in Paris) war ein niederländischer Dokumentarfilmer. Seine Werke porträtieren industrielle Produktionsprozesse, Naturgewalten, soziale Konflikte und sind von Sympathien für den Kommunismus inspiriert. Ivens gilt als einer der bedeutendsten Dokumentarfilmer des zwanzigsten Jahrhunderts.
Ivens wurde in eine wohlhabende Familie geboren. Er arbeitete in dem Fotobedarfsgeschäft seines Vaters, und daraus entwickelte sich sein Interesse am Film. Seinen ersten Film drehte er mit 13 Jahren. Später studierte er Wirtschaftswissenschaften und Fotografie mit dem Ziel, das Unternehmen seines Vaters zu übernehmen, aber sein Interesse am Klassenkampf ließ ihn eine andere Richtung einschlagen.
Ivens interessierte sich zunächst besonders für die Technik des Films und das Experiment. Unter seinen frühesten Filmen sind der zwölfminütige poetische Kurzfilm Regen, an dem er über zwei Jahre drehte, und De brug [Die Brücke] wohl die bekanntesten. Er wurde als eine wichtige Figur in der internationalen Film-Avantgarde betrachtet.
1931 und 1932 drehte Ivens in Magnitogorsk in der UdSSR Heldenlied. 1933 folgte Misère au Borinage [Elend im Borinage], ein bewegender und militanter Dokumentarfilm über die Arbeiter in einer Bergbauregion in Belgien.[1]
1945 wurde Ivens durch die niederländische Regierung beauftragt, einen Film über die Befreiung Indonesiens von den Japanern zu drehen. Als Sukarno am Ende des Krieges aber die indonesische Unabhängigkeit proklamierte, lehnte Ivens weitere Arbeit für die niederländische Kolonialregierung ab. In Australien drehte er seinen eigenen Film zur Unterstützung der indonesischen Unabhängigkeitsbewegung mit dem Titel Indonesia calling. Dies führte zu einem Konflikt mit der niederländischen Regierung. Zudem arbeitete Ivens zwischen 1947 und 1956 ununterbrochen in Ost-Europa; die Schwierigkeiten um seinen Pass begannen 1948 in Prag nach dem dortigen kommunistischen Staatsstreich. Bis Ende der 1950er Jahre musste er alle drei bis vier Monate für Verlängerung seines Passes zur niederländischen Botschaft. Im Jahre 1985 bot die niederländische Regierung für diese Aktionen ihre Entschuldigung an. Dass sein Pass jahrelang beschlagnahmt gewesen sein sollte, war allerdings ein Mythos aus späteren Zeiten.
Von 1947 bis 1956 arbeitete er für die Staatsfilmstudios in verschiedenen osteuropäischen Ländern. Für die DEFA in der DDR machte er den Film Lied der Ströme. Für diesen Film wurde in 32 Ländern gedreht; er erhielt 1954 auf dem internationalen Filmfestival von Karlovy Vary den Friedenspreis.
Seit 1956 lebte Ivens in Paris. Von 1965 bis 1970 drehte er in Nordvietnam während des Krieges und beteiligte sich an dem kollektiven Film Fern von Vietnam.
Von 1971 bis 1977 arbeitete er mit seiner dritten Ehefrau Marceline Loridan, die er 1977 heiratete, an How Yukong Moved the Mountain (Yü Gung versetzt Berge), einem 763 Minuten langen Dokumentarfilm über die Kulturrevolution in China.
Kees Bakker (Hg.): Joris Ivens and the Documentary Context, Paperback edition, Amsterdam University Press, 2000
J.-P. Barbian, W. Ruzicka (Hrsg.): Poesie und Politik: Der Dokumentarfilmer Joris Ivens (1898–1989), Trier: WVT – Wissenschaftlicher Verlag, 2001
Wolfgang Bergmann (Hg.): Yü Gung versetzt Berge. 12 Filme von Joris Ivens und Marceline Loridan, Köln: Neue Welt, 1977
Carlos Böker: Joris Ivens, Film-Maker, Ann Arbor, Michigan 1981
Rosalind Delmar: Joris Ivens. 50 years of film-making, London 1979
Joris Ivens: Die Kamera und ich, Reinbek: Rowohlt Taschenbuch Verlag, 1974, ISBN 3-499-25047-0.
Joris Ivens, Vladimir Pozner: Lied der Ströme, Berlin: Tribüne, 1957
Günter Jordan: Unbekannter Ivens: Triumph, Verdammnis, Auferstehung. Joris Ivens bei der DEFA und in der DDR 1948–1989, Bertz und Fischer, Berlin, 2018, ISBN 978-3-86505-407-4.
Wolfgang Klaue (Hg.): Joris Ivens, Staatl. Filmarchiv der Dt. Demokrat. Republik u. dem Club der Filmschaffenden der DDR, 1963
Klaus Kreimeier: Joris Ivens. Ein Filmer an den Fronten der Weltrevolution, Berlin: Oberbaum Verlag für Literatur und Politik, 1976
C. Scherer: Ivens, Marker, Godard, Jarman. Erinnerung im Essayfilm, München: Wilhelm Fink Verlag, 2001
↑Bert Hogenkamp: De mijnwerkersstaking van 1932 en de film van Joris Ivens en Henri Storck. Van Gennep, Amsterdam 1983. ISBN 90-6012-538-X.
↑Joris Ivens hoch geehrt, In: Neues Deutschland, 26. November 1963, S. 1
↑Verzeichnis der Ehrenpromotionen. Archiv der Universität Leipzig, archiviert vom Original am 22. Januar 2021; abgerufen am 13. November 2020 (Ordnung nach Graduierungsjahr).
↑Ian Aitken: Encyclopedia of the Documentary Film 3-Volume Set. Routledge, 2013, ISBN 978-1-135-20620-8 (google.co.uk [abgerufen am 19. Oktober 2021]).
↑Ian Aitken: The Concise Routledge Encyclopedia of the Documentary Film. Routledge, 2013, ISBN 978-1-136-51206-3 (google.co.uk [abgerufen am 19. Oktober 2021]).