Von 1920 bis 1923 studierte er in Göttingen und München Jura, Nationalökonomie, Kunstgeschichte und russische Philologie. 1923 war er während der Inflationszeit als Kunsthändler in Dresden tätig. 1925/26 unternahm er eine Fußreise durch Südeuropa und den Orient. Kurz nach seiner Rückkehr nach Dresden im Jahre 1926 inspirierte ihn Cornelius Gurlitt, am Zweiten Kunsthistorischen Institut Wien ein Studium zu beginnen. 1927 beendete er in Wien sein Studium der Archäologie und der ostasiatischen Geschichte. Im selben Jahr kehrte er nach Deutschland zurück und hielt vor Arbeitern Vorträge über die Geschichte Chinas. 1928 wurde er mit seinem ersten Buch Krieg, einem vielgelesenen, nüchtern-sachlichen Antikriegsroman, berühmt.
Renn als kommunistischer Schriftsteller und Spanienkämpfer
Von den Nationalsozialisten angegriffen, wählte er für seinen Adelsnamen das Pseudonym „Ludwig Renn“, nach dem Helden seines Erfolgsromans, und schloss sich den Kommunisten an. Nach dem Eintritt 1928 in die KPD und den Roten Frontkämpferbund engagierte er sich auch als Sekretär im Bund proletarisch-revolutionärer Schriftsteller und Herausgeber der kommunistischen Literaturzeitschriften Linkskurve und Aufbruch. Renn war auch Mitglied des „Aufbruchkreises“, der von zehn Offizieren im März 1931 anlässlich des Übertritts Leutnant Richard Scheringers von der NSDAP zur KPD gegründet worden war. Seine Bücher Nachkrieg (1930) und Russlandfahrten (1932) machten ihn zum wichtigsten deutschen kommunistischen Schriftsteller der Zwischenkriegszeit. Er lebte damals im Berliner Arbeiterbezirk Friedrichshain in Alt-Stralau 70.[1] Im März 1933 wurde er nach dem Reichstagsbrand von Rudolf Diels aufgrund der Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutz von Volk und Staat zusammen mit Carl von Ossietzky und Ernst Torgler verhaftet und der ausländischen Presse vorgeführt. Im Januar 1934 wurde Renn „wegen Vorbereitung zum Hochverrat“ zu 2 ½ Jahren Gefängnis verurteilt, die er im Zuchthaus Bautzen[2] verbüßte. Nach seiner Entlassung nahm er Wohnsitz in Unteruhldingen/Meersburg und Überlingen am Bodensee, von wo aus er im Februar 1936 in die Schweiz flüchtete und um politisches Asyl ersuchte. Nach einem Monat Aufenthalt beim Verleger Emil Oprecht in Zürich zog er in den Kanton Tessin. Mitte August 1936 verließ Renn die Schweiz heimlich und ging nach Spanien, vorerst inkognito. Als Ende Oktober 1936 die XI. Internationale Brigade gegründet wurde, übernahm Renn das Kommando des Bataillons Ernst Thälmann und ab Dezember 1936 als Stabschef – gemeinsam mit Kommandeur Hans Kahle – die Führung der Brigade.[3]
Nach der Niederlage der Republikaner in Spanien gelangte Renn über England und die Vereinigten Staaten nach Mexiko ins Exil, wo er als Vorsitzender der Bewegung „Freies Deutschland“ tätig war und die Welthilfssprache Esperanto förderte. Im April 1937 wurde Vieth von Golssenau im Deutschen Reich ausgebürgert[4].
Renn in der SBZ/DDR
1947 kehrte Renn nach Deutschland zurück, ließ sich in der SBZ nieder und wurde Mitglied der SED. Er war Direktor des Kulturwissenschaftlichen Instituts und Professor an der Technischen Hochschule Dresden. Später wechselte er an die Humboldt-Universität zu Berlin. Renn war Mitglied des 1. Volksrates der SBZ.
Ab 1952 schrieb er als freier Schriftsteller militärhistorische und politische Abhandlungen, Reise- und Lebensberichte sowie Kinderbücher. Dabei blieb er streng auf Parteilinie.[5]
Der homosexuelle Renn lebte seit der Rückkehr aus dem mexikanischen Exil mit dem aus Dresden stammenden Max Hunger (1901–1973) zusammen. Zu beiden stieß 1949 noch Hans Pierschel (1922–1994). Von 1952 bis zu seinem Tod wohnte Renn mit seinen Freunden in Berlin-Kaulsdorf.
Er und seine Lebensgefährten wurden in einem gemeinsamen Grab in der „Künstlerabteilung“ auf dem Zentralfriedhof Friedrichsfelde in Berlin beigesetzt, das unter Denkmalschutz steht.[6]
Auszeichnungen und Ehrungen
In der DDR wurde Ludwig Renn nicht nur als Schriftsteller, sondern auch als Antifaschist und Widerstandskämpfer geehrt.
In Berlin-Marzahn ist die Ludwig-Renn-Straße[7] sowie in seiner Geburtsstadt Dresden die Ludwig-Renn-Allee nach ihm benannt.
Auch in Zwickau gibt es im Stadtteil Weißenborn eine Ludwig-Renn-Straße. An der Volkshochschule Zwickau hielt er ab Oktober 1927 – erstmals unter seinem Pseudonym Ludwig Renn – Vorträge für Arbeiter über die Geschichte Chinas und Russlands.
Eine heute geschlossene Kinderbibliothek in der Berliner Leipziger Straße trug ebenfalls seinen Namen. Noch heute ist eine Grundschule in Potsdam nach Renn benannt. Ein Hochseetrawler (ROS 337) der DDR-Fischereiflotte war ebenfalls nach ihm benannt.
Darstellung Renns in der bildenden Kunst (Auswahl)
mit dem Titel: Trini. Die Geschichte eines mexikanischen Landarbeiterjungen während der mexikanischen Revolution. Bilder Diego Rivera, Alfaro Siqueiros. Weismann Frauenbuchverlag, München 1978, ISBN 3-921040-16-7
Der spanische Krieg. Aufbau, Berlin 1955; wieder (ungekürzt): Das Neue Berlin, 2006 ISBN 978-3-360-01287-6
Krieger, Landsknecht und Soldat. (zusammen mit Helmut Schnitter) Kinderbuchverlag, Berlin 1976
In Mexiko. Aufbau, Berlin 1979
Anstöße in meinem Leben. Aufbau, Berlin 1980 (Autobiographie)
als Übersetzer
Ermilo Abreu Gómez: Geschichten von den Maja-Indianern. Aufbau, Weimar 1948; Teilnachdruck: Jacinto Kaneck, in Die schönsten Erzählungen der Welt. Hausbuch unvergänglicher Prosa. Geleitwort Thomas Mann. Kurt Desch, München 1956, 2. Teil, S. 806 – 828 (Héroes Mayas: Zamná, Cocom. Canek. Mexico 1942)
Literatur
Renn, Ludwig. In: Kurt Böttcher (Gesamtredaktion): Lexikon deutschsprachiger Schriftsteller von den Anfängen bis zur Gegenwart. VEB Bibliographisches Institut Leipzig, 1975; Band 2, S. 206–208
Annemarie Auer: Ludwig Renn. Ein ungewöhnliches Leben. Der Kinderbuchverlag, Berlin 1964.
Sebastian Bargon: Die Darstellung des „Nebenfeindes“ in der kommunistischen Spanienkriegsliteratur, insbesondere bei Ludwig Renn und Willi Bredel. Hamburg, Univ., Mag.-Schr., 1987.
Edith Mertens: Ludwig Renn : Literatursoziologische und persönlichkeitstheoretische Aspekte der biographischen Entwicklung des Offiziers Arnold Friedrich Vieth von Golßenau zum Schriftsteller Ludwig Renn, Univ. Diss., Münster 1981.
Susanne Römer, Hans Coppi (Hrsg.), Vorwort von Peter Steinbach: AUFBRUCH. Dokumentation einer Zeitschrift zwischen den Fronten. (Reprint). Fölbach, Koblenz 2001, ISBN 3-923532-70-9.
Lars-Arne Dannenberg, Matthias Donath (Hrsg.): Lebensbilder des sächsischen Adels I, Adel in Sachsen, Band 5, Via Regia Verlag Dr. Andreas Bednarek, Bernstadt a.d. Eigen 2014, ISBN 978-3-944104-09-6, S. 159–180 Arnold Vieth von Golßenau alias Ludwig Renn (1885–1979)
↑Hans-Jürgen Mende und Kurt Wernicke (Hrsg.): Berliner Bezirkslexikon Friedrichshain-Kreuzberg. Haude & Spener, Berlin 2003, S. 313.
↑Ernst Klee: Das Kulturlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. S. Fischer, Frankfurt am Main 2007, ISBN 978-3-10-039326-5, S. 480.
↑Erich Günthart, Romy Günthart: Spanische Eröffnung 1936. Rotes Zürich, deutsche Emigranten und der Kampf gegen Franco. Chronos-Verlag, Zürich 2017, ISBN 978-3-0340-1375-8, S.21–41, 125–137.
↑Michael Hepp (Hrsg.): Die Ausbürgerung deutscher Staatsangehöriger 1933–45 nach den im Reichsanzeiger veröffentlichten Listen. Band 1: Listen in chronologischer Reihenfolge. Saur, München 1985, S. 13
↑So behandelte er Ernest Hemingway, mit dem er in Spanien mehrfach zusammengekommen war, in seinem Spanien-Buch als Unperson, weil dieser in der DDR bis Mitte der 1950er als spätbürgerlicher Modernist kritisiert wurde. Er sprach lediglich von einem „Amerikaner“. (Der Spanische Krieg, Berlin 1956, S. 250).