Die haTikwa (hebräisch הַתִּקְוָה ha-Tiqwah bzw. unpunktiert und Plene התקווה, ‚die Hoffnung‘; auch Hatikva oder Hatikvah geschrieben) ist die Nationalhymne des Staates Israel. Der Text entstammt, in gekürzter Form, dem 1878 verfassten Gedicht Tikwatenu („Unsere Hoffnung“) von Naphtali Herz Imber (1856–1909). Der unter Verwendung einer älteren Melodie vom Komponisten Samuel Cohen vertonte Text wurde – vermutlich im Jahr 1888 – das erste Mal von ihm in seinem Wohnort Rishon LeZion gesungen.[1]
Schon seit 1897 ist die haTikwa die Hymne der zionistischen Bewegung. Mit der Gründung des Staates Israel am 14. Mai 1948 wurde der vertonte Text zur Nationalhymne erklärt. Am Schluss des Gedichts wurde jedoch eine Änderung vorgenommen: Statt der von Imber ausgedrückten Hoffnung, Juden mögen ins Land ihrer Vorväter zurückkehren, heißt es seitdem: „… zu sein ein freies Volk, in unserem Land Zion und in Jerusalem“. Das Orchester-Arrangement, das üblicherweise bei offiziellen Anlässen gespielt wird, schuf der Dirigent Bernardino Molinari im selben Jahr für das Israel Philharmonic Orchestra.[2] 2004 wurde der Nationalhymnen-Status durch die Knesset rechtlich festgelegt.
Die Melodie der haTikwa geht auf ein unbekanntes europäisches Volkslied zurück, das unter anderem in der spanischen, rumänischen und polnischen Volksmusik auftaucht und ins Liedgut vieler europäischer Länder (z. B. La Mantovana[3], Ack Värmeland, du sköna, Cucuruz cu frunza-n sus[4], Carul cu boi[5]) übernommen wurde. Auch das Hauptthema der sinfonischen Dichtung Vltava („Die Moldau“) von Bedřich Smetana weist Ähnlichkeiten mit dieser Melodie auf. In die heute gebräuchliche Fassung wurde die Musik vermutlich 1888 von Samuel Cohen gebracht; das Orchesterarrangement stammt von Paul Ben-Haim. Eine andere Bearbeitung für großes Orchester stammt von Kurt Weill.
Text
Der Text der haTikwa entstammt der ersten Strophe des Gedichts Tikwatenu (Unsere Hoffnung) von Naphtali Herz Imber (1856–1909) aus dem Jahre 1878. Als die haTikwa 1948 zur Nationalhymne des neu gegründeten Staates Israel erklärt wurde, wurde der Text, der vorher den Wunsch der Rückkehr nach Zion zum Gegenstand hatte, wie unten dargestellt geändert. Der Vers „Solange ist unsere Hoffnung nicht verloren“ ist eine Umdeutung des Bibelverses Ez 37,11 EU („Unsere Hoffnung ist verloren“) aus dem „Traum der verdorrten Gebeine“ des Propheten Ezechiel.
In der Folge wird der hebräische Originaltext der modernen Hymne mit Transkription und deutscher Übersetzung wiedergegeben.
כל עוד בלבב פנימה
נפש יהודי הומיה,
ולפאתי מזרח קדימה
עין לציון צופיה -
עוד לא אבדה תקותנו,
התקוה בת שנות אלפים,
להיות עם חופשי בארצנו
ארץ ציון וירושלים.
Od lo awda Tikwatejnu
haTikwa bat schnot Alpajim:
Lihjot am chofschi be-arzenu -
Erez Zijon wi-Jruschalajim.
Solange noch im Herzen
eine jüdische Seele wohnt
und nach Osten hin, vorwärts,
ein Auge nach Zion blickt,
so lange ist unsere Hoffnung nicht verloren,
die Hoffnung, zweitausend Jahre alt,
zu sein ein freies Volk, in unserem Land,
im Lande Zion und in Jerusalem!
Originaltext des Gedichtes Tikwatenu
Originaltext des Gedichtes Tikwatenu[6] mit Transkription (in moderner israelischer Aussprache) und deutscher Übersetzung.
Refrain Od lo avdah tikvatenu Hatikvah hannoshanah Lashuv le'eretz avoteinu Le'ir bah david chanah
Refrain Solange ist unsere Hoffnung nicht verloren, Die uralte Hoffnung, ins Land unserer Väter zurückzukehren, in die Stadt, wo David sein Lager errichtet hat;
8 Kol-od regesh ahavat halle'om Belev haiyhudi po'em Od nuchal kavvot gam haiyom Ki od yerachamenu el zo'em
8 Solange das Gefühl der Liebe zum Volk im Herzen des Juden pocht, können wir auch heute noch hoffen Dass ein zürnender Gott sich unser erbarmt;
פזמון
Refrain
9 שמעו אחי בארצות נודִי את קול אחד חוזינו, כּי רַק עִם אַחֲרוֹן הַיְּהוּדִי !גַּם אַחֲרִית תִּקְוָתֵנוּ
9 Shim'u achai be'artzot nudi Et kol achad chozeinu Ki rak im acharon hayehudi Gam acharit tikvatenu!
9 Hört, meine Brüder, in den Ländern meines Exils Die Stimme eines unserer Visionäre, (Der erklärt) dass nur mit dem letzten Juden, das Ende unserer Hoffnung erreicht ist!
10 Geh mein Volk, kehre in Frieden zurück, dein Balsam ist in Gilead, in Jerusalem ist dein Arzt, dein Arzt ist Gott, die Weisheit seines Herzens, geh mein Volk in Frieden, deine Heilung kommt bald…
פזמון
Refrain
Sonstiges
Die Vertonung des Liedes haTikwa durch Samuel Cohen diente auch als Vorlage für das christliche Lied Zünde an dein Feuer, Herr im Herzen mir von Berta Schmidt-Eller (vor 1961), das die Melodie verwendet, aber einen christlichen deutschen Text hat.
Regina Randhofer: Ha-Tikwa. In: Dan Diner (Hrsg.): Enzyklopädie jüdischer Geschichte und Kultur (EJGK). Band 2: Co–Ha. Metzler, Stuttgart/Weimar 2012, ISBN 978-3-476-02502-9, S. 554–556.
Weblinks
Commons: HaTikwa – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
↑Cohen schreibt in seinen Erinnerungen, wie er in Rishon LeZion den Text mit einer alten rumänischen Melodie vertonte: „I was the first one to start singing ‘Hatikvah’ with this foreign melody that I knew, the same one that is sung today in all the Jewish communities“. Englische Übersetzung in: Edwin Seroussi: Hatikvah: Conceptions, Receptions and Reflections. In: Yuval – Studies of the Jewish Music Research Centre. IX, 2015, The Hebrew University of Jerusalem, S. 1–44, hier S. 10; jewish-music.huji.ac.il (PDF; 2,04 MB).
↑Neil W. Levin: In Celebration of Israel. Liner Notes zur CD Naxos 8.559461 (2006). Abgerufen am 10. November 2022
↑So z. B. Uri Avnery, der als Knesset-Abgeordneter gar die Eingabe machte, das Lied anstelle der HaTikvah in der Rang der israelischen Nationalhymne zu erheben, in hagalil.com