Von 1983 bis 1985 lehrte er moderne arabische Geschichte an der Universität Odense, Dänemark; 1985 wurde er auf den Lehrstuhl für außereuropäische Geschichte an der Universität Essen berufen. Seit 1988 war er zudem Professor für europäische Geschichte an der Universität Tel Aviv und leitete von 1994 bis 1999 deren Institut für deutsche Geschichte.[7]
Von 1999 bis 2014 war Dan Diner Direktor des Simon-Dubnow-Instituts[8] sowie Professor am Historischen Seminar der Universität Leipzig. An der Hebräischen Universität Jerusalem nimmt er seit 2001 eine Professur für Moderne Geschichte wahr. An der Sächsischen Akademie der Wissenschaften leitet er das Projekt „Europäische Traditionen – Enzyklopädie jüdischer Kulturen“ in dessen Rahmen die siebenbändige „Enzyklopädie jüdischer Geschichte und Kultur“ gefertigt wurde sowie eine Editionsreihe vornehmlich zur jüdischen Politik-, Rechts-, Institutionen- und Diplomatiegeschichte erarbeitet und publiziert wird. Von 2014 bis 2020 stand er an der Hebräischen Universität Jerusalem einem European Research Council (ERC)-Advanced Grant JudgingHistories - Experience, Judgement and Representation of World War II in an Age of Globalization vor.
2006 wurde Dan Diner mit dem Ernst-Bloch-Preis der Stadt Ludwigshafen am Rhein zur Würdigung einer „Stimme des Verstehens und der Vernunft“ ausgezeichnet[9], im Jahre 2007 mit dem italienischen Capalbio-Preis. Im akademischen Jahr 2004/2005 war er Member des Institute for Advanced Study, Princeton. Er war Gastprofessor an verschiedenen Universitäten und Forschungseinrichtungen des In- und Auslands und ist Mitglied in wissenschaftlichen Gremien. 2013 wurde er mit dem Leipziger Wissenschaftspreis ausgezeichnet. 2015 wurde er von der Ludwig-Börne-Stiftung zum Preisrichter des Ludwig-Börne-Preises 2015 bestimmt.[10] Im selben Jahr verlieh ihm der Fachbereich Philosophie und Geisteswissenschaften der Freien Universität Berlin die Ehrendoktorwürde. Zudem wurde er 2015 mit dem mitteldeutschen Wirtschafts- und Kommunikationspreis „Heiße Kartoffel“ ausgezeichnet.[11]
Wirken
In seinem Werk verknüpft Dan Diner thematisch Stränge europäischer Geschichte mit denen des Nahen und Mittleren Ostens sowie jüdischer Geschichte in universalhistorischer Absicht. Dabei sucht er räumliche wie kulturelle Unterscheidungen mittels einer peripherial angelegten Perspektive erkenntnistheoretisch zu überschreiten.
Derzeit gelten seine Forschungen zwei wesentlichen Themenstellungen: Der Konzeptualisierung einer jüdischen Geschichte der Moderne sowie einer globalen Gedächtnisgeschichte des Zweiten Weltkrieges. Der Komplex der jüdischen Geschichte ist der Forschungsagenda des Leipziger Simon-Dubnow-Instituts hervorgegangen und findet seine Umsetzung im von der Union der Akademien geförderten und an der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig angesiedelten Projekt „Europäische Traditionen – Enzyklopädie jüdischer Kulturen“.[12] Im Rahmen des ERC-Projektes JudgingHistories - Experience, Judgement and Representation of World War II in an Age of Globalization wurde unter seiner Leitung als Principal Investigator die Universalisierungsbefähigung historischer Erfahrungen im Zweiten Weltkrieg untersucht, indem es vor allem darum geht kontinentale und koloniale Gewalterfahrungen miteinander abzugleichen. Historisches Verstehen und moralisches Urteilen werden vor dem Hintergrund einer sich globalisierenden Gedächtniskultur abgebildet.
Diner gilt als der Autor, der das deutsche Wort Narrativ in der Bedeutung einer sinnstiftenden Erzählung geprägt hat. In seiner Essaysammlung Kreisläufe. Nationalsozialismus und Gedächtnis schrieb er im Jahr 1995: „Die Massenvernichtung der europäischen Juden hat eine Statistik, kein Narrativ.“[13]
Aufklärungen: über Varianten von Moderne, illustriert von Martial Leiter (= Vontobel-Schriftenreihe, Band 1850). Vontobel-Stiftung, Zürich 2008, DNB990760286.
Gegenläufige Gedächtnisse. Über Geltung und Wirkung des Holocaust (= Toldot Reihe. Band 7). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2007, ISBN 978-3-525-35096-6.
Neuauflage mit arabischer Übersetzung: Gegenläufige Gedächtnisse / thakirat moutaddah. Über Geltung und Wirkung des Holocaust / Bisadad sihhat wa athar al-holokoust. Vandenhoeck und Ruprecht, Göttingen 2020, ISBN 978-3-525-31085-4.
Versiegelte Zeit. Über den Stillstand in der islamischen Welt. Propyläen Verlag, Berlin 2005, ISBN 3-549-07244-9.
Gedächtniszeiten. Über jüdische und andere Geschichten. Beck, München 2003, ISBN 3-406-50560-0.[20]
Feindbild Amerika. Über die Beständigkeit eines Ressentiments. Propyläen, Berlin 2002, ISBN 3-549-07174-4.
Beyond the Conceivable. Studies on Germany, Nazism and the Holocaust. University of California Press, Berkeley, CAL 2000, ISBN 0-520-21345-9.
Das Jahrhundert verstehen. Eine universalhistorische Deutung. Luchterhand, München 1999, ISBN 3-630-87996-9.[21]
Übersetzung ins Englische: Cataclysms. A History of the Twentieth Century from Europe’s Edge. University of Wisconsin Press, Madison, Wisconsin 2008, ISBN 978-0-299-22350-2.
Kreisläufe: Nationalsozialismus und Gedächtnis. Berlin-Verlag, Berlin 1995, ISBN 3-8270-0157-9.
Weltordnungen. Über Geschichte und Wirkung von Recht und Macht. Fischer Taschenbuch 11736, Frankfurt am Main 1993, ISBN 3-596-11736-4.
Der Krieg der Erinnerungen und die Ordnung der Welt (= Rotbuch-Taschenbuch, Band 50). Rotbuch, Berlin 1991, ISBN 3-88022-060-3.
Israel in Palästina. Über Tausch und Gewalt im Vorderen Orient. Athenäum, Königstein im Taunus 1980, ISBN 3-7610-8219-3 (teilweise zugleich Habilitationsschrift an der Universität Frankfurt am Main, Fachbereich 03 – Gesellschaftswissenschaften, 1979, unter dem Titel: Tausch und Gewalt, zur zionistischen Struktur israelischer Politik).
Der Einfluss von Kriegsbegriff und Waffenstillstandsvertrag auf das Kriegsende im modernen Völkerrecht. Frankfurt am Main 1973, DNB740989650 (als Donald Diner, DissertationUniversität Frankfurt am Main, Fachbereich 01 – Rechtswissenschaften, 1973).
Herausgeberschaften
EJGK Band 1 (2011)
Enzyklopädie jüdischer Geschichte und Kultur (EJGK). 7 Bände. Metzler, Stuttgart / Weimar 2011 ff., ISBN 978-3-476-02500-5 (alle sieben Bände).
Jahrbuch des Simon-Dubnow-Instituts, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen, 2001–2014.
Tel Aviv Yearbook for German History, Bleicher, Gerlingen 1994–1999.
Synchrone Welten. Zeitenräume jüdischer Geschichte. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2005, ISBN 978-3-525-35090-4.
Zivilisationsbruch: Denken nach Auschwitz. Fischer Taschenbuch 4398, Frankfurt am Main 1988, ISBN 3-596-24398-X.
Ist der Nationalsozialismus Geschichte? Zu Historisierung und Historikerstreit. Fischer Taschenbuch 4391, Frankfurt am Main 1987, ISBN 3-596-24391-2.
Mitherausgeberschaften
Roads not taken. Oder: es hätte auch anders kommen können. Deutsche Zäsuren 1989-1848, C.H. Beck, München 2023, ISBN 978-3-406-80094-8.
History & Memory. Studies in Representation of the Past (1988–1998)
Jewish History Quarterly (Warschau)
Leo Baeck Institute Year Book
Naharaim. Zeitschrift für deutsch-jüdische Literatur und Kulturgeschichte / Journal of German-Jewish Literature and Cultural History
Storia della Shoah. La crisi dell'Europa, lo sterminio degli ebrei e la memoria del XX secolo
Tabur. Yearbook for European History, Society, Culture and Thought
mit Carl Friedrich Gethmann: Herrschaft des Konkreten. Wallstein Verlag, Göttingen 2020, ISBN 978-3-8353-3758-9
mit Michael Stolleis: Hans Kelsen and Carl Schmitt. A juxtaposition (= Schriftenreihe des Instituts für Deutsche Geschichte, Band 20). Bleicher, Gerlingen 1999, ISBN 3-88350-466-1
Arndt Engelhardt, Lutz Fiedler, Elisabeth Gallas, Natasha Gordinsky, Philipp Graf (Hrsg.): Ein Paradigma der Moderne: Jüdische Geschichte in Schlüsselbegriffen. Festschrift für Dan Diner zum 70. Geburtstag. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2016, ISBN 978-3-525-30084-8.
↑Schon kleine Länder lösen einen Sturm aus – Professor Dr. Dan Diner zu Gast im Ulrich-von-Hutten-Gymnasium in Schlüchtern. In: Gelnhäuser Neue Zeitung (GNZ), 24. Juli 2015, S. 29.
↑Vgl.: Donald Diner: Der Einfluß von Kriegsbegriff und Waffenstillstandsvertrag auf das Kriegsende im modernen Völkerrecht. Univ. Frankfurt am Main, Diss., 1973.