Digitale Welt bezeichnet alles, was im Zusammenhang mit digitalen Sachverhalten steht. Der Begriff umfasst also die Gesamtheit aller Einzelerscheinungen, die mit Digitalsignalen beschrieben oder von diesen beeinflusst werden können.[1]
Eine der frühesten Erwähnungen des englischen digital world, wenn auch als wenig konkrete Aussage, findet sich bei Douglas Hartree 1947: „In the digital world, great things were about to happen, but had not happened yet.“[2] Eine Konkretisierung des Begriffes erfolgte Ende der 1950er-Jahre im Kapitel A Digital World in einer Publikation der Bell Telephone Laboratories.[3]
Im Deutschen lässt sich der Begriff „digitale Welt“ – der Gegensatz zur „analogen Welt“ – Anfang der 1970er-Jahre nachweisen.[4][5]
Die Reduktion von Fakten und Zusammenhängen auf im Computer speicherbare Daten wird als Verdatung der Welt bezeichnet; die dadurch gewonnenen großen Mengen an Daten und die Technologien zum Sammeln und Auswerten dieser Datenmengen werden weitläufig unter dem Begriff Big Data zusammengefasst.
Personen, die in der digitalen Welt aufgewachsen sind, werden als Digital Natives bezeichnet. Erwerbstätige, die ihre Arbeit mit digitalen Technologien verrichten und dabei räumlich mobil sind, werden als digitale Nomaden bezeichnet.
Die in Geräten integrierte Software, wie zum Beispiel bei eingebetteten Systemen, wird als Firmware bezeichnet. Auch hier können durch Aktualisierung dieser Software Programmfehler behoben oder der Funktionsumfang der Geräte verändert werden.
Vernetzung
Seit der Erfindung von Rechnernetzen können digitale Daten mit hoher Geschwindigkeit im Rahmen der digitalen Kommunikation zwischen verschiedenen Geräten ausgetauscht werden. Die Techniken der Telekommunikation und der Informatik werden durch die Technik der Telematik verknüpft. Mit der Etablierung des Internets besteht ein weltumspannendes Netzwerk, in dem die Datenübertragung zu jedem Zeitpunkt zwischen beliebigen Netzwerkknoten erfolgen kann. Die Kommunikation erfolgt in der Regel mit Netzwerkprotokollen und der Datenaustausch kann mit Hilfe von Auszeichnungssprachen strukturiert und realisiert werden.
Kognitive Systeme sind auf vielfältige Art und Weise einsetzbar, um über Sensoren und Aktoren die reale Welt mit der digitalen Welt zu vernetzen. Hierbei gibt es mit dem Energy Harvesting Möglichkeiten, zum Beispiel Sensoren über lange Zeiträume aus der Umwelt mit Energie zu versorgen und somit deren drahtlose digitale Kommunikation zu ermöglichen.[6]
Analog-Digital-Wandlung, Erstellung von Digitalisaten
Die analogen Signale können aus physikalischen Größen mit verschiedener Intensität wie zum Beispiel der Helligkeit oder dem Druck gewonnen werden und werden hierbei in der Regel mit Hilfe von Sensoren in elektrische Signale umgeformt. Diese Information kann registriert und mit Analog-Digital-Umsetzerndigitalisiert werden. Es ist sowohl eine einmalige als auch eine wiederholte, zeitdiskrete Digitalisierung der Messwerte möglich, und es können die Signale von mehreren Sensoren synchronisiert werden. Diese Information kann also in Feldern räumlich verteilt oder zusätzlich in Wellen zeitlich variabel vorhanden sein.
Mit der Entwicklung, dem technischen Aufbau des Internet seit den 1960er Jahren, seiner Freigabe für private Nutzer um das Jahr 1997 herum, hat sich dieses im Laufe der darauffolgenden Jahrzehnte zu einem weltumspannenden Hochleistungs-Netzwerk mit Millionen von Nutzern entwickelt. Die Etablierung des Internets, einhergehend mit der rasanten technischen Entwicklung, hat jedoch zugleich tiefgreifende gesellschaftliche Wandlungsprozesse mit sich gebracht. Basis der Wandlungsprozesse sind eine digitale Infrastruktur sowie die – traditionell als Informationstechnik bezeichneten – digitalen Technologien, die in einer immer schneller werdenden Folge entwickelt werden und somit den Weg für wieder neue digitale Technologien ebnen.
Technologischer Wandel und sozioökonomische Prozesse
Durch die Eliminierung der „alten“ analogen Welt und durch die konsequente Schaffung neuer technologischer Möglichkeiten verändert die Digitalisierung die Rahmenbedingungen der Wirtschaft, insbesondere in der Produktion, im Marketing und im Vertrieb.[7] Insbesondere werden auch über das Nutzerverhalten von Internetnutzern computerisierte Daten gesammelt, die an anderer Stelle für geschäftliche Zwecke genutzt werden: man spricht von „Datafizierung“. Daten werden auf diese Weise zu einer besonderen Ware.
Zunächst begann zur Jahrtausendwende der Siegeszug des digitalen Vertriebs von Waren und Dienstleistungen. Der Internet-Handel (E-Commerce) mit seinen vielfältigen Möglichkeiten ist heute für nahezu jedes Unternehmen nicht mehr wegzudenken. Da die Digitalisierung jedoch nicht Halt macht und in kurzen Abständen immer neue technologische Innovationen entstehen, müssen sich die Unternehmen diesen Entwicklungen anpassen.[8] So entstehen manche Geschäftsmodelle im Rahmen der Digitalisierung völlig neu, während sich andere erst durch einen transformativen Prozess von einem anlogen herkömmlichen Geschäftsmodell hin zu einem digitalen Geschäftsmodell weiterentwickeln. Das Ausmaß der Umstellung von Unternehmens-internen Prozessen auf digitalisierte Abläufe hängt von den Randbedingungen ab. Ein besonderes Augenmerk gilt der Planung, Steuerung, Optimierung und Umsetzung der Wertschöpfungskette eines Unternehmens. Hierzu werden zum Beispiel digitale Zwillinge von realen oder geplanten Gegenständen oder Prozessen gebildet, um diese virtuell optimieren zu können und die daraus gewonnenen Erkenntnisse in die reale Welt zurückzuspielen. Im Zentrum steht die Identifikation von Auswirkungen der Digitalisierung auf bestehende Geschäftsmodelle, auf die Umsätze, Erlösströme und Differenzierungsmerkmale eines Unternehmens im Markt. Ganze Wertschöpfungsketten verändern sich. Nicht nur einzelne Funktionen und Unternehmensbereiche sind betroffen. Die nachhaltige Veränderung und Neuausrichtung von Kommunikation, Marketing, Vertrieb und Service sind essentiell.
Eine Hauptperspektive der Digitalisierung liegt in der Erschließung von bislang unerschlossenen Märkten oder aber auch im Angebot von neuen innovativen Dienstleistungen, welche das bereits bestehende Angebot an die Kunden erweitern.[9]
Durch die massive Vernetzung von Sensoren, Rechnern und Datenspeichern kann nach dem Paradigma der Ambient Intelligence für die Anwender ein Nutzwert entstehen. In der digitalen Welt werden die entsprechenden Daten und Geräte ubiquitär genannt.
Der Zugang zu Freien Inhalten kann Im Rahmen des Konzepts der Open Data ermöglicht werden. Auch Behörden können den Bürgern Inhalte im Rahmen des Open Government zur Verfügung stellen. In der Forschung und Wissenschaft können Ergebnisse und Erkenntnisse im Rahmen der Offenen Wissenschaft verbreitet werden.
Es besteht bei Datenmengen, die die Rechenkapazität der Computer überfordern würden, die Möglichkeit, nur pseudozufällige Untermengen der Datengesamtheit auszuwerten (siehe Monte-Carlo-Simulation). Durch die Auswertung von großen Datenmengen mit umfangreichen Kombinationsmöglichkeiten der Daten sowie mit hinreichend schnellen Algorithmen und Computern können Computerprogramme leistungsfähiger als Menschen sein, wie es zum Beispiel bei vielen Schachprogrammen der Fall ist. Wenn die Algorithmen der Datenverarbeitung durch die Auswertung von Daten lernfähig gemacht werden, indem sie ihr Verhalten über der Zeit den realen Daten immer besser anpassen, können unter Umständen Aufgaben gelöst werden, die mit determinierten Algorithmen gar nicht ohne zumindest nicht ohne weiteres lösbar sind. Mit solchen Anwendungen können Computerprogramme wie beispielsweise AlphaGo des Unternehmens Google DeepMind seit 2016 die besten menschlichen Spieler im extrem komplexen Brettspiel Go schlagen. Solchen Systemen wird häufig künstliche Intelligenz zugesprochen. Künstliche neuronale Netze können mit komplexen Lernalgorithmen (Deep Learning) optimiert werden.
Kryptowährungen werden als digitale Zahlungsmittel verwendet.
Energiebedarf
Durch die zunehmenden Informationsangebote in der digitalen Welt steigt der Energiebedarf, der für die Bereitstellung, die Speicherung, die Verteilung und die Übertragung der Daten anfällt. 2015 lag allein der Energiebedarf der weltweiten Rechenzentren bei über 400 Terawattstunden und somit über dem gesamten Energiebedarf des Vereinigten Königreiches.[10] Dies entspricht einer durchschnittlichen elektrischen Leistung von gut 45 Gigawatt und bei einem Kilowattstundenpreis von 30 Eurocent einem jährlichen Geldbetrag von 120 Milliarden Euro.
2015 fielen rund zwei Drittel des Datenverkehrs im Internet auf Video-Streaming, und es wird erwartet, dass dieser Anteil bis 2020 auf vier Fünftel steigt.[11]
Datenmenge
Es wird geschätzt, dass sich die Datenmenge im Internet von 16 Zettabyte im Jahr 2016 über 33 Zettabyte Ende 2018 bis zum Jahr 2025 auf 175 Zettabyte mehr als verzehnfachen wird.[12] Ein zunehmend großer Anteil wird durch das Internet der Dinge bedingt sein, dessen Anteil 2025 etwa die Hälfte der gesamten Datenmenge im Internet ausmachen wird. Daher ist abzusehen, dass Edge Computing mit seiner dezentralen Datenhaltung an Bedeutung gewinnen wird.[13]
Die Digitalisierung hat die Arbeitswelt erheblich verändert und führt zu neuen Geschäftsmodellen, Wettbewerbsstrukturen und verändert Arbeitsinhalte sowie Produktions- und Arbeitsprozesse. Die Einführung digitaler Werkzeuge wie Laptops, Tablets und Smartphones ermöglicht flexibles und mobiles Arbeiten. Dies bietet zahlreiche Chancen, wie eine bessere Work-Life-Balance und mehr Autonomie, aber auch Herausforderungen, insbesondere in Bezug auf die Trennung von Arbeit und Privatleben.
Die Digitalisierung ermöglicht die Nutzung von Homeoffice und flexiblen Arbeitsformen. Dies kann die Vereinbarkeit von Beruf und Familie verbessern, birgt aber auch Risiken wie die Gefahr einer „Verfügbarkeitskultur“, in der Arbeitnehmer ständig erreichbar sein müssen. Betriebsvereinbarungen zur Regelung der Erreichbarkeit und klare Richtlinien können hier Abhilfe schaffen.
Bildung und Weiterbildung
Lebenslanges Lernen gewinnt an Bedeutung, da die Digitalisierung die Anforderungen an Qualifikationen und Kompetenzen stetig verändert. Gestaltungskompetenz wird wichtiger als reines Faktenwissen. Das Bildungssystem muss sich anpassen, um die Fähigkeit zu vermitteln, sich auf neue Situationen einzustellen und eigenständig Wissen zu erwerben. Auch betriebliche Weiterbildung spielt eine entscheidende Rolle, um Beschäftigte für neue Aufgaben fit zu machen.[15]
Zudem beeinflusst die Digitalisierung den Arbeitsmarkt und den Wirtschaftsstandort, indem sie neue Arbeitsplätze schafft, aber auch bestehende Arbeitsplätze durch Automatisierung und künstliche Intelligenz (KI) gefährdet.[16]
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Die Digitalisierung wirkt sich auch auf soziale Beziehungen und die Lebensführung aus. Die Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien verändert die Art und Weise, wie Menschen miteinander interagieren. Während digitale Kommunikation viele Vorteile bietet, wie die Möglichkeit, jederzeit und überall in Kontakt zu bleiben, wird sie eher negativ bewertet, wenn die digitale Kommunikation als Verlust des Menschlichen empfunden wird. Dies kann Auswirkungen auf den sozialen Zusammenhalt und die Qualität der zwischenmenschlichen Beziehungen haben. Jüngere Menschen erleben diesen sozialer Wandel als kontinuierliche Entwicklung, während ältere Menschen ihn als stärkeren Einschnitt empfinden.[17]
Herausforderungen
In der digitalen Welt liegen Vertrauen, insbesondere der Schutz der Privatsphäre, und Sicherheit, hier wiederum insbesondere die Informationssicherheit, im gemeinsamen Interesse von Staat, Wirtschaft und Verbrauchern.[18] Durch die neuen Technologien ergeben sich Herausforderungen, wie zum Beispiel den Schutz der Privatsphäre und der Datenschutz oder beim Urheberrecht.[1] Die Politik versucht zunehmend, steuernd in die Entwicklung der digitalen Welt einzugreifen, unter anderem um das Vertrauen in die digitalen Technologien zu fördern[19] und um Computerkriminalität und Datendiebstahl einzudämmen.[20] Insbesondere kritische Infrastrukturen müssen zur Aufrechterhaltung wichtiger gesellschaftlicher Funktionen auch in der digitalen Welt durch entsprechende Maßnahmen eine hohe Verfügbarkeit und Datensicherheit aufweisen.
Seit Frühjahr 2015 soll der Marktwächter Digitale Welt in Deutschland den Markt der digitalen Produkte und Dienstleistungen beobachten und helfen, Lösungen für Probleme zu finden, die Interessen der Verbraucher durchzusetzen und mehr Transparenz bei den Angeboten zu schaffen.[26] Die Initiative ist ein gemeinsames Vorhaben der Verbraucherzentralen und wurde finanziell durch das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz angeschoben.[27]
Ende November 2016 hat eine größere Zahl von Initiatorinnen und Initiatoren in Deutschland die Charta der Digitalen Grundrechte der Europäischen Union veröffentlicht, die als eine Grundlage für eine gesellschaftliche Diskussion über Grundrechte im digitalen Zeitalter dienen soll. Der Unterstützer und Psychologe Gerd Gigerenzer, der auch Mitglied im Sachverständigenrat für Verbraucherfragen ist, wies Im Februar 2018 darauf hin, dass Milliardensummen in digitale Technik investiert werden, die auch in digitale Bildung investiert werden müssten, anstatt zuzusehen, wie Algorithmen die Psyche und das Leben der Menschen verändern.[28] 2022 wird in Hessen die Einführung eines Schulfaches „Digitale Welt“ vorbereitet.[29]
Digitale Barrieren
Wenn es für bestimmte Bevölkerungsgruppen Hindernisse gibt, die eine Teilhabe an der digitalen Welt erschweren oder verhindern, führt dies zur digitalen Kluft zwischen diesen Bevölkerungsgruppen und denen, die an der digitalen Welt teilhaben.
Martin Barth, Gregor Maria Hoff (Hrsg.): Digitale Welt – Künstliche Intelligenz – Ethische Herausforderungen. Verl. Karl Alber (in der Nomos Verlagsges.), Baden-Baden 2023, ISBN 978-3-495-99416-0.
Volker Gerhardt: Licht und Schatten der Öffentlichkeit: Voraussetzungen und Folgen der digitalen Innovation. (= Wiener Vorlesungen im Rathaus; Bd. 176) Picus-Verlag, Wien 2014, ISBN 978-3-85452-576-9.
Thomas Klauß, Annika Mierke: Szenarien einer digitalen Welt – heute und morgen: wie die digitale Transformation unser Leben verändert. C. Hanser Verl., München [2017], ISBN 978-3-446-45202-2.
Marc Knoppe (Hrsg.): Unternehmerische Wertschöpfung neu aufstellen: Volatile, disruptive, digitale Welt – Anforderungen an das Management der Zukunft. Springer Gabler, Wiesbaden 2024, ISBN 978-3-658-42269-1.
↑Douglas Rayner Hartree (1947). Calculating machines: recent and prospective developments and their impact on mathematical physics; and, Calculating instruments and machines. MIT Press, ISBN 978-0-262-08147-4.
↑Bell Telephone Laboratories: Bell Telephone System Technical Publications. 1957 (google.com).
↑Mitteilungen aus dem Gebiete der Lebensmitteluntersuchung und Hygiene: Travaux de chimie alimentaire et d'hygiène. Drucksachen- und Materialzentrale, 1971 (google.com).