Dieser Artikel beschreibt die Gemeinde im Landkreis Rastatt, zum gleichnamigen Stadtteil von Bietigheim-Bissingen im Landkreis Ludwigsburg siehe Bietigheim-Bissingen.
Bietigheim liegt in der 30 Kilometer breiten Oberrheinischen Tiefebene, die auf der einen Seite vom Schwarzwald, auf der anderen Seite von den französischen Vogesen und dem Pfälzerwald begrenzt wird. Der Großteil der Ortschaft liegt auf dem Hochgestade, ein kleinerer Teil befindet sich direkt an der Stufung zur Rheinniederung.
Die Endung -heim deutet darauf hin, dass Bietigheim eine fränkische Siedlung war.
Die älteste urkundliche Erwähnung Bietigheims stammt aus einem Güterverzeichnis des Klosters Weißenburg. Dort beschrieb der Abt Edelin im Codex Edelini auch die Besitzungen des Klosters Weißenburg in Bietigheim. Diese erste urkundliche Erwähnung im Jahre 991 ist jedoch nicht der Zeitpunkt der ersten Besiedlung des Ortes, dieser liegt viel früher.
Aus der Zeit von rund 4500 vor Christus sind Funde einer steinzeitlichen Besiedlung der Region bekannt.
50 nach Christus eroberten die Römer das Gebiet am Oberrhein und besiedelten es. Im 1. Jahrhundert nach Christus führte eine römische Militärstraße von Ladenburg nach Baden-Baden an Bietigheim vorbei. Nach dem Limesfall und der Rücknahme der römischen Militärgrenze auf das westliche Rheinufer[2] siedelten ab 259/260 Alamannen im heutigen Gemeindegebiet. Im Jahre 496 übernahmen die Franken die Herrschaft über das Gebiet nördlich der Murg.
Im 5. und 7. Jahrhundert wurden in der Bietigheimer Umgebung MerowingerReihengräberfriedhöfe angelegt. Der Salierherzog Otto eignete sich anno 985 Besitzungen des Klosters Weißenburg in Bietigheim an, und sechs Jahre darauf wurden Weißenburger Besitzungen in Bietigheim urkundlich erwähnt. 1150 wurde die Bietigheimer alte Kapelle erbaut, deren Turm noch aus dieser Zeit stammt. Das Kloster Herrenalb erwarb im Jahre 1271 Landbesitz in Bietigheim. Zwanzig Jahre darauf erhielt MarkgrafHermann VII. von Baden weißenburgische Besitzungen in Bietigheim. Bereits 1207 findet sich in den Württembergischen Urkundenbüchern der erste Hinweis auf einen Ortsadel.[3] Dort bezeugt ein Sifrido de Buticheim einen Vergleich den Eberhard von Eberstein bei einem Streit zwischen dem Kloster Herrenalb und einem Seitenverwandten eines Dienstmannes vermittelt hat. In späteren Urkunden wird dann noch ein Heinrich von Bütenkeyn erwähnt.
Das Dorf wurde 1389 an das Kloster Lichtenthal verpfändet. Im Jahre 1535 wurde die Markgrafschaft Baden geteilt, und Bietigheim gehörte fortan zur Markgrafschaft Baden-Baden. Etwas mehr als fünfzig Jahre darauf, 1584, wurde erstmals eine Schule in Bietigheim erwähnt. Im Rahmen der oberbadischen Okkupation stand Bietigheim von 1594 bis 1622 unter Zwangsverwaltung durch die Markgrafschaft Baden-Durlach. 1622 zogen die Truppen Tillys plündernd durch Baden. In den Jahren 1625 bis 1631 fanden in der Markgrafschaft Baden-Baden Hexenprozesse statt, in Bietigheim sind 1626 acht Opfer nachgewiesen. 1632 bis 1634 besetzten die Schweden das Land.
Um das Jahr 1750 gab es Auswanderungen der Bevölkerung nach Ungarn. Zuvor, 1733, fanden während des Polnischen Erbfolgekriegs Plünderungen in Durmersheim durch französische Truppen statt. In den Jahren 1769/70 wurde der Ort von Dauerregen, Überschwemmungen und Missernten heimgesucht, es gab wiederum viele Auswanderer. Ein Jahr darauf folgte die Wiedervereinigung der Markgrafschaft Baden.
Im Zuge der Französischen Revolution 1789 kam es auch zu Unruhen in Baden. Im Jahre 1794 gab es eine Missernte, und eine Typhusepidemie grassierte in der Gemeinde. Ein Jahr später brach die Rinderpest aus. Der Ort wurde 1796 durch befreundete österreichische Truppen besetzt. Bei der Schlacht bei Malsch am 9. Juli 1796 befand sich die französische Linie in Bietigheim.
1904 öffnete die erste Postagentur in Bietigheim, und nach dem Krieg begann im Jahre 1950 die Produktion von exklusiven Sportcabriolets durch die „Veritas Badische Automobilwerke GmbH“ in Bietigheim. 1963 zählte Bietigheim 5000 Einwohner. Drei Jahre darauf wurde das katholische Gemeindehaus eingeweiht, ebenso wie die neue Hauptschule 1972. Im Jahre 1975 wurde Rüdiger Schäfer in der Gemeinde jüngster Bürgermeister Baden-Württembergs. Zwei Jahre später wurde das evangelische Gemeindezentrum eingeweiht und ein Jahr darauf mit dem Bau der Mehrzweckhalle begonnen. Am 26. Dezember 1999 richtete der Orkan Lothar schwere Verwüstungen in der Gemeinde an.
Ortsnamen
Im Laufe der Geschichte hatte Bietigheim unterschiedliche Bezeichnungen; unter anderem waren dies:
1381 Batenkeyn; Cüntzel von Durmenz, Edelknecht, verkauft an Craft von Michelbach seinen Theil des Zehnten zu Batenkeyn um 13 Pfund Straßburger Pfennige
Biutincheim, Bütenkeyn, Biticken, Bitingen
Einwohnerentwicklung
Nachfolgende Tabelle gibt eine Übersicht über die Entwicklung der Einwohnerzahlen in Bietigheim.
Die Bewohner Bietigheims nennen sich selbst die „Bietjer“. Wie in fast jeder Gemeinde in dieser Region haben auch die Bietigheimer einen Spitznamen: Sie werden „Kieholzbuwe“ genannt. Der Spitzname kommt aus Zeiten, in denen die Bietigheimer noch überwiegend von der Landwirtschaft lebten und über jeden Zusatzverdienst in den schlechten Zeiten froh waren. Die Bietigheimer, aber nicht nur diese, ließen sich dabei etwas Besonderes einfallen, sie verkauften Kienholz. Das Kienholz wird aus dem Wurzelstock der Kiefer gewonnen und dient zum Anzünden von Holzfeuern und zum Vertreiben von Motten. Auf der Gemarkung von Bietigheim wuchsen früher sehr viele Kiefern, die von den Einwohnern zur Harzgewinnung angezapft wurden. Fällte man eine Kiefer, so blieb ihr Wurzelwerk noch einige Jahre im Boden, damit sich der Wurzelstock mit Harz anreichern konnte. Anschließend wurde dieser ausgegraben und unter großer Mühe in die Höfe verbracht. Dort zerteilte man das harzgetränkte Wurzelholz mit Axt, Hammer und Säge in kleine Stücke, die man zu Bündel zu zehn Stück schnürte. Diese Bündel wurden dann in den angrenzenden Städten Rastatt, Karlsruhe und Baden-Baden am Wochenmarkt, an Gaststätten, an Zwischenhändler oder von Haus zu Haus verkauft. Der Verdienst lag in den zwanziger Jahren bei rund 5 Pfennig pro Bündel Kienholz, was am Tagesende einen einträglichen Verdienst darstellte. Heute gibt es in Bietigheim keinen Kienholzhandel mehr, aber der Spitzname ist geblieben.
Durch den Beschluss des Augsburger Religionsfriedens, nachdem der Landesfürst die Religion der Untertanen bestimmen konnte, wechselte Bietigheim oft die Religionszugehörigkeit. Im Zeitraum von 1534 bis 1634 wechselte die Glaubensrichtung achtmal, um schließlich römisch-katholisch zu bleiben.
1714 gab es in Bietigheim einen evangelischen Einwohner. 1846 gab es in Bietigheim drei evangelische erwachsene Einwohner. Die heutigen evangelischen Gläubigen werden von Muggensturm aus geistlich betreut.
Politik
Gemeindeverband
Die Gemeinde Bietigheim ist Mitglied des Gemeindeverbandes MÖBS.
Gemeinderat
Der Gemeinderat hat 18 ehrenamtliche Mitglieder, die für fünf Jahre gewählt werden. Hinzu kommt der Bürgermeister als stimmberechtigter Gemeinderatsvorsitzender.
Die Kommunalwahl 2024 führte zu folgendem Ergebnis (in Klammern: Unterschied zu 2019):[8][9]
Das heutige Wappen beruht auf einem Entwurf des Generallandesarchivs in Karlsruhe von 1900 und wird seit Juni 1906 in der Gemeinde verwendet.
Dieses Wappen ist eine neue Zusammenstellung der Version von 1610 und besteht aus einem schwebenden roten Mühleisenkreuz auf Gold, belegt mit einem goldenen Herzschild, das einen roten Schrägbalken hat.
Bietigheim unterhält seit 2003 partnerschaftliche Beziehungen zum italienischen Saltara und zum ungarischen Kaposszekcső.
Des Weiteren bestehen Partnerschaften über den Landkreis zu der Stadt Vantaa in Finnland und der Provinz Pesaro und Urbino in Italien, in der auch die Partnergemeinde Saltara liegt.
In vergangenen Zeiten war Bietigheim ein bäuerlich geprägtes Dorf, das sich durch den Anbau von Kartoffeln, Getreide und die Viehzucht auszeichnete.
Durch die zentrale Lage im Zentrum Europas und die gute Verkehrsanbindung ist Bietigheim ein guter logistischer Standort für Speditionen geworden, die sich im Industriegebiet angesiedelt haben.
Verkehr
Die Bundesstraße 3 führt durch die Bietigheimer Gemarkung, ebenso wie die Bundesstraße 36 und die Bundesautobahn 5. Zusätzlich zur BAB5 liegen auch die PWC-Anlagen Schleifweg (Richtung Norden) und Silbergrund (Richtung Süden) auf der Gemarkung. Laut dem temporären Autobahnbetreiber Via Solutions Südwest GmbH & Co. KG ist eine Parkplatzerweiterung mittelfristig denkbar und in der Planfeststellungsphase.[11]
Neben vielen kleineren Unternehmen des Mittelstandes ist vor allem Lidl mit einem Zentrallager ein großer Arbeitgeber.
Bildung
Die Gemeinde hat neben zweier kirchlich getragenen Kindergärten St. Gabriel und St. Michael auch einen kommunalen Kindergarten, das Kinderhaus Schneidergarten und eine Grundschule. Die ehemalige Haupt- und Werkrealschule wird in eine Grundschule umgewandelt. Weiterführende Schulen sind in der Nachbargemeinde Durmersheim und in Rastatt zu finden.
Kultur und Sehenswürdigkeiten
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Die Gemeinde erreichte im Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“ im Jahre 2003 den 1. Preis und im Jahre 2006 den 2. Preis.
Eine besondere touristische Sehenswürdigkeit ist der grenzüberschreitende PAMINA-Rheinpark (siehe Regio Pamina), ein Ökomuseum, das Wissenswertes über die Lebensräume des Oberrheins vermittelt. Ein gut ausgeschildertes Radwegenetz führt durch die einzigartige Auenlandschaft hin zu den Stationen und Museen an beiden Seiten des Rheins. Auch der mit den Nachbargemeinden initiierte MÖBS-Radrundweg bietet viele Gelegenheiten in der freien Natur gezielt Sehenswürdigkeiten anzusteuern.
Ferner führt der im Januar 2001 durch die Durmersheimer Arbeitsgruppe Agenda 21 installierte Planetenweg durch Bietigheim.
Bauwerke
Das Wahrzeichen von Bietigheim ist die alte Kapelle, die im Jahre 1150 erbaut wurde. Die Kirche stellt die älteste erhaltene Kirche der Hardt dar und beinhaltet einen Taufstein aus dem 13. Jahrhundert. Die Kirche hat 1748 nach Plänen von Johann Peter Ernst Rohrer ein barockes Aussehen erhalten.
Das die Ortschaft überragende Bauwerk ist die in der Umgebung höchste katholische Kirche Heilig Kreuz von Heinrich Hübsch, deren Kirchweihe 1863 stattfand.
In ihr befinden sich zwei Fenster des Künstlers Emil Wachter. Das erste Fenster befindet sich direkt über dem Hauptportal der neuen Kirche, das zweite Fenster ist in der Sakristei zu sehen. Ein drittes Fenster findet sich in der Leichenhalle, dieses war zuvor im Chor der neuen Kirche installiert.
Kirche Heilig Kreuz
Kirche Heilig Kreuz Innenansicht
Alte Kapelle
Alte Kapelle
Regelmäßige Veranstaltungen
Jährlich findet im August das Bietigheimer Volksfest statt.
Alle zwei Jahre findet seit 1978 inmitten des Ortskerns, rund um die Kirche, das Dorffest am ersten Wochenende im September statt.
Roman Zitzelsberger (* 1966), Gewerkschafter, war Mitglied des Gemeinderats von Bietigheim
Namen
Die zehn häufigsten Nachnamen in Bietigheim sind: Bertsch, Dürrschnabel, Ganz, Hartmann, Heck, Hettel, Jung, Kühn, Matz, Schmitt und Volz.
In früheren Zeiten fanden sich noch folgende ausgestorbene oder ausgewanderte Familiennamen: Asprian, Dung, Hahn, Herbst, Koppert, Lausch, Natalis und Scheider.
Die frühesten am Ort erwähnten Familiennamen sind:
In Bietigheim sind ca. 40 Vereine und Organisationen eingetragen. Den Bürgern wird eine Vielzahl an Möglichkeiten geboten, sich in sportlicher, kultureller bzw. sozialer Art und Weise zu engagieren.
Literatur
Uwe Rummel: 1000 Jahre Bietigheim. Aus der Geschichte eines Hardtdorfes. Hrsg. von der Gemeinde Bietigheim. Dürrschnabel, Elchesheim-Illingen 1991, ISBN 3-87989-215-6.
Der Landkreis Rastatt. Jan Thorbecke Verlag, Stuttgart 2002, ISBN 3-7995-1364-7.
David Depenau: Die Ortsnecknamen in Stadt und Landkreis Rastatt und dem Stadtkreis Baden-Baden. Von Gälfießler, Käschdeigel un Schdaffelschnatzer. verlag regionalkultur, Ubstadt-Weiher 2003, ISBN 3-89735-247-8.
Karl Rittler: Bietigheimer Wörterbuch. Die Mundart an der fränkisch-alemannischen Sprachgrenze. Selbstverlag, Baden-Baden 1991, ISBN 3-87989-205-9.
↑Christian Witschel: Krise – Rezession – Stagnation? Der Westen des römischen Reiches im 3. Jahrhundert n. Chr. (= Frankfurter Althistorische Beiträge. Band 4). Marthe Clauss, Frankfurt am Main 1999, ISBN 3-934040-01-2, S. 210.