Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa). Brechungsindex: Na-D-Linie, 20 °C
Benzylalkohol oder Phenylmethanol ist eine chemische Verbindung aus der Stoffklasse der Alkohole. Verwendung findet er als Duft- und Aromastoff.
Benzylalkohol bildet eine farblose, etwas ölige Flüssigkeit von mildem, angenehmem Duft, aber bitterem, betäubendem Geschmack. Der Normaldrucksiedepunkt liegt bei 206 °C.[4] Die Dampfdruckfunktion ergibt sich nach Antoine entsprechend log10(P) = A−(B/(T+C)) (P in bar, T in K) mit A = 4,47713, B = 1738,9 und C = −89.559 im Temperaturbereich zwischen 395 und 478 K.[10] Die Verbindung schmilzt bei −15,5 °C mit einer Schmelzenthalpie von 8,79 kJ·mol−1.[11] Die Wärmekapazität beträgt bei 25 °C 215,94 J·mol−1·K−1 bzw. 2,00 J·g−1·K−1.[12] Die Verbindung löst sich leicht in den meisten organischen Lösungsmitteln, auch in Wasser ist sie merklich löslich. Mit Wasser wird ein bei 99,9 °C azeotrop siedendes Gemisch gebildet, das 9,0 Ma% Benzylalkohol enthält.[9]
Chemische Eigenschaften
Benzylalkohol wird durch den Sauerstoff der Luft langsam zu Benzaldehyd oxidiert. Beim Erhitzen mit dehydratisierend wirkenden Stoffen wie Aluminiumoxid wird Dibenzylether, Toluol und Benzaldehyd gebildet. Dibenzylether kann auch in Gegenwart von starken Säuren und Basen erhalten werden.[9]
In der EU ist es als Lebensmittelzusatzstoff mit der Nummer E 1519 als Trägerstoff für die Herstellung von Aromen für bestimmte Getränke, Süß- und Backwaren zugelassen. Dabei gilt eine Höchstmengenbeschränkung von 5 mg pro Kilogramm Körpergewicht für Benzoesäure und Benzoate zusammengenommen.
Benzylalkohol gilt in solchen Konzentrationen als unbedenklich, ist jedoch als Allergen bekannt.
Benzylalkohol-Lotion gegen Kopfläuse
Benzylalkohol wird in Arzneimitteln gegen Kopfläuse (Pediculus humanus capitis) eingesetzt. Nach Kontakt mit Benzylalkohol können die Parasiten die Atmungsöffnungen vorübergehend nicht mehr schließen. Mit Ölen können dann die Atemwege verstopft und so die Läuse durch Ersticken abgetötet werden.
Unter dem HandelsnamenUlesfia® hat die US-amerikanische Arzneimittelbehörde FDA 2009 die Marktzulassung für ein Mittel zur Behandlung von Kopfläusen erteilt, welches als Wirkstoff 5 % Benzylalkohol und 5 % Mineralöl enthält.[15] Die Lotion wird auf trockenes Haar appliziert und nach einer Einwirkungszeit von zehn Minuten mit Wasser ausgespült. Die Behandlung muss nach 7 Tagen wiederholt werden, da das Produkt nicht gegen Nissen wirkt. In einer Studie mit mehr als 600 Probanden waren nach 14 Tagen 75 % der Probanden lausfrei gegenüber 15 % in der Kontrollgruppe (wirkstofffreie Lotion).[16] Als Nebenwirkungen können Reizungen der Haut und Augen auftreten.[17]
Sicherheitshinweise
Benzylalkohol wirkt haut- und schleimhautreizend. Er ist schädlich bei Verschlucken und Einatmen und verursacht schwere Augenreizungen.[17]
Benzylalkohol wurde 2015 von der EU gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (REACH) im Rahmen der Stoffbewertung in den fortlaufenden Aktionsplan der Gemeinschaft (CoRAP) aufgenommen. Hierbei werden die Auswirkungen des Stoffs auf die menschliche Gesundheit bzw. die Umwelt neu bewertet und ggf. Folgemaßnahmen eingeleitet. Ursächlich für die Aufnahme von Benzylalkohol waren die Besorgnisse bezüglich Exposition von Arbeitnehmern, hohes Risikoverhältnis (Risk Characterisation Ratio, RCR) und weit verbreiteter Verwendung sowie der möglichen Gefahr durch sensibilisierende Eigenschaften. Die Neubewertung fand ab 2016 statt und wurde von Deutschland durchgeführt. Anschließend wurde ein Abschlussbericht veröffentlicht.[18][19] Darin wurde eine RMOA (Regulatory management option analysis) sowie eine Einstufung als Acute Tox 4, Eye Irrit. 2 und Skin Sens. 1B mit den H-Sätze302‐319‐317 empfohlen.
Die Empfehlung wurde im Juli 2022 angenommen und wurde im Rahmen der 21. Adaptation to Technical Progress Ende 2023 übernommen und im Laufe des Jahres 2025 bindend.[20]
↑David R. Lide (Hrsg.): CRC Handbook of Chemistry and Physics. 90. Auflage. (Internet-Version: 2010), CRC Press / Taylor and Francis, Boca Raton FL, Physical Constants of Organic Compounds, S. 3-42.
↑R. J. Lewis, Sr.: Hawley's Condensed Chemical Dictionary. 15. Auflage. John Wiley & Sons, New York 2007, S.140 (englisch).zitiert in der PubChem-Datenbank: 244
↑Dreisbach, R.R.; Shrader, S.A.: Vapor Pressure--Temperature Data on Some Organic Compounds in Ind. Eng. Chem. 41 (1949) 2879–2880, doi:10.1021/ie50480a054.
↑Acree, W.E.: Thermodynamic properties of organic compounds: enthalpy of fusion and melting point temperature compilation in Thermochim. Acta 189 (1991) 37–56, doi:10.1016/0040-6031(91)87098-H.
↑Nichols, N.; Wads, I.: Thermochemistry of solutions of biochemical model compounds. 3. Some benzene derivatives in aqueous solution in J. Chem. Thermodyn. 7 (1975) 329–336.
↑ abcChemsafe Datenbank für sicherheitstechnische Kenngrößen im Explosionsschutz, PTB Braunschweig/BAM Berlin, abgerufen am 24. Januar 2022.
↑Juliane Daphi-Weber, Heike Raddatz, Rainer Müller: Untersuchung von Riechstoffen – Kontrollierte Düfte, S. 94–95, in Band V der Reihe HighChem hautnah – Aktuelles aus der Lebensmittelchemie (Herausgegeben von der Gesellschaft Deutscher Chemiker) 2010, ISBN 978-3-936028-64-5.
↑Terri L. Meinking, Maria E. Villar, Maureen Vicaria, Debbie H. Eyerdam, Diane Paquet, Kamara Mertz-Rivera, Hector F. Rivera, Javier Hiriart, Susan Reyna: The Clinical Trials Supporting Benzyl Alcohol Lotion 5 % (Ulesfia): A Safe and Effective Topical Treatment for Head Lice (Pediculosis Humanus Capitis). In: Pediatric Dermatology. Band27, Nr.1, Januar 2010, S.19, doi:10.1111/j.1525-1470.2009.01059.x (englisch).