1883 trat er als Teilhaber und Technischer Leiter in die Farbwerke Cassella in Fechenheim ein, die damals von seinem Onkel Leo Gans geführt wurden. Gemeinsam mit seinem Bruder Carl machte er das Unternehmen Cassella um 1900 zum weltgrößten Hersteller synthetischer Farbstoffe. 1907 übernahmen Arthur und Carl die Gesamtleitung der Cassella Farbwerke. Weinberg war befreundet mit dem späteren NobelpreisträgerPaul Ehrlich, dessen Forschungen er unterstützte.
Privat galt Arthur von Weinbergs Leidenschaft den Pferden. In jungen Jahren war er ein erfolgreicher Herrenreiter. 1891 gründete er seinen eigenen Rennstall, aus dem später das berühmte Gestüt Waldfried hervorging, dessen Zuchtlinien noch heute eine bedeutende Rolle in der deutschen Vollblutzucht spielen. Insgesamt trugen sieben Derby-Sieger die blau-weiß gestreiften Waldfrieder Farben.
Er gehörte zu den größten Steuerzahlern von Frankfurt am Main zur Zeit des Deutschen Kaiserreichs.[11] Er förderte den Bau der 1908/09 in Gelnhausen-Haitz erbauten evangelische Dankeskirche, wie die Stiftertafel am Eingang belegt. 1909 richtete er die Arthur von Weinberg-Stiftung ein und stattete sie so großzügig aus, dass er daraus unter anderem dem Physikalischen Verein eine Professur für Physikalische Chemie finanzieren konnte. Er förderte die Senckenbergische Naturforschende Gesellschaft und war ab 1909 ihr gewählter Direktor. Weinberg und sein Bruder Carl gehörten 1914 zu den Stiftern der Universität Frankfurt.
Zu den von ihm geförderten kommunalen Einrichtungen gehörten neben der Universität das Städelsche Kunstinstitut, das städtische Hallenbad und das Kinderdorf Wegscheide. Weinberg handelte die ersten reichsweiten Tarifverträge für die chemische Industrie aus und richtete zahlreiche soziale Einrichtungen für Betriebsangehörige und ihre Familien ein, beispielsweise Werkswohnungen, eine Betriebskrankenkasse, betriebliche Altersversorgung, Stipendien und Beihilfen. Er und seine Ehefrau spendeten wiederholt für die vom Arzt und Wohltäter Wilhelm Hufnagel gegründete und geleitete Kinderheilanstalt in Bad Orb. Durch diese Förderung war die Errichtung des nach Weinbergs Ehefrau benannten „Willeminenhauses“ möglich.[12]
Zeit des Nationalsozialismus
Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten musste Weinberg seine Ehrenämter aufgeben und aus den Gremien der IG Farben ausscheiden. In Vollzug der Arierparagraphen wurde er 1935 aus der Philisterliste seines Corps gestrichen.[8]
Nach den Novemberpogromen 1938 wurde er gezwungen, seine 1908 erbaute Villa Haus Buchenrode in Frankfurt-Niederrad für einen Bruchteil des Wertes an die Stadt zu verkaufen und den Verkaufserlös als willkürliche Judenvermögensabgabe an die städtische Finanzkasse abzutreten. Zeitzeugen berichten, dass der damalige Oberbürgermeister Friedrich Krebs und andere nationalsozialistische Funktionäre sich gewaltsam Einlass verschafft und den fast achtzigjährigen, seit 1935 verwitweten Arthur von Weinberg mit dem Satz „Der Jud muss raus“ in den Park geschickt haben, um den Zwangsverkauf des Hauses vorzubereiten.[2] 1939 wurde dort das Musische Gymnasium untergebracht.
Weinberg zog zu seinen adoptierten Töchtern, erst zu Charlotte, später zu Mary Gräfin von Spreti auf Schloss Pähl am Ammersee in Bayern. Er hatte ihnen 1937 das Gestüt Waldfried überlassen. Auf Veranlassung des Gauleiters vom Gau München-Oberbayern, Paul Giesler, wurde er am 2. Juni 1942 verhaftet.[8] Ins Konzentrationslager Theresienstadt deportiert, starb er dort nach einer Cholezystektomie im Alter von 82 Jahren. Seine Asche wurde wie die tausender anderer Opfer in Theresienstadt in die Eger geschüttet.
Eine Gedenkstele der Leopoldina zum Andenken von neun Mitgliedern der Akademie, die in den Konzentrationslagern der Nationalsozialisten ermordet wurden oder an den unmenschlichen und grausamen Bedingungen der Lagerhaft starben, erinnert auch an Arthur von Weinberg.[14] Am 12. Mai 2012 verlegte der Künstler Gunter Demnig an der Stelle seiner ehemaligen Villa Haus Buchenrode einen Stolperstein für Arthur von Weinberg.
Nach ihm benannt sind der Arthur-von-Weinberg-Steg zwischen Fechenheim und Offenbach-Bürgel, die Arthur-von-Weinberg-Straße in Frankfurt-Kalbach-Riedberg, der Arthur-von-Weinberg-Park in Frankfurt-Niederrad sowie das Arthur-von-Weinberg-Haus,[15] vormals die „Alte Physik“ der Goethe-Universität bzw. des Physikalischen Vereins.
Ernst Mack: Die Frankfurter Familie von Weinberg. Im Zeichen der Kornblumenblüten. Henrich, Frankfurt am Main 2000, ISBN 3-921606-55-1.
Angela von Gans, Monika Groening: Die Familie Gans 1350–1963. Verlag Regionalkultur, Heidelberg 2006, ISBN 3-89735-486-1.
Michael Stolleis: Wissenschaftler, Unternehmer, Mäzen, NS-Opfer. Zur Erinnerung an Arthur von Weinberg (1860–1943). In: Forschung Frankfurt, Wissenschaftsmagazin der Johann Wolfgang Goethe-Universität, Heft 1/2007, S. 94–98.
Hansjörg W. Vollmann: Arthur von Weinberg. Chemiker, Naturforscher. In: Chemie in unserer Zeit, 42. Jahrgang 2008, Heft 3, S. 216–225, doi:10.1002/ciuz.200800442.
Hannes Heer, Sven Fritz, Heike Brummer, Jutta Zwilling: Verstummte Stimmen. Die Vertreibung der „Juden“ und „politisch Untragbaren“ aus den hessischen Theatern 1933 bis 1945. Metropol, Berlin 2011, ISBN 978-3-86331-013-4, S. 386 f.
Monika Groening: Leo Gans und Arthur von Weinberg. Mäzenatentum und jüdische Emanzipation. (= Gründer, Gönner und Gelehrte.) Societätsverlag, Frankfurt am Main 2012, ISBN 978-3-942921-86-2.
↑Kai Drewes: Jüdischer Adel. Nobilitierungen von Juden im Europa des 19. Jahrhunderts. Frankfurt am Main 2013, ISBN 978-3-593-39775-7, S. 394, Anm. 36.
↑Paul Friedlaender und Arthur Weinberg, Ber. Dt. Chem. Ges. Bd. 15, 1421, 2103, 2679 (1882) und Bd. 18, 1528 (1885).
↑Nachruf von A. Weinberg für seinen Freund Friedlaender 1924 in den Berichten der Deutschen Chemischen Gesellschaft.
↑ abcdWinfried Hofmann, Herbert Neupert, Heinz Schreck, Christian Theusner: Geschichte des Corps Transrhenania 1866–1990. München 1991.
↑Henning Roet: Frankfurt als Garnisonsstadt zwischen 1866 und 1914. Mit besonderem Blick auf die Kriegervereine der Stadt. In: Robert Bohn, Michael Epkenhans (Hrsg.): Garnisonsstädte im 19. und 20. Jahrhundert. Bielefeld 2015, ISBN 3-7395-1016-1, S. 109–118, hier S. 115.
↑A. Freiherr von Houwald: Brandenburg-Preußische Standeserhebungen und Gnadenakte für die Zeit 1873-1918. Görlitz 1939, S. 162.
↑Henning Roet de Rouet: Frankfurt am Main als preußische Garnison. Von 1866 bis 1914. Societäts Verlag, Frankfurt am Main 2016, ISBN 978-3-95542-227-1, S. 135.
↑J. Blumenthal: Dr. med. Wilhelm Hufnagel, seine Familie und Kinderheilanstalt Bad Orb. In: Zentrum für Regionalgeschichte (Gelnhausen), 39. Jahrgang 2014, S. 69.