Mit dem auf Initiative Napoleons geschaffenen Rheinbundes wurde das Justizwesen reformiert, die Patrimonialgerichte abgeschafft und ein dreistufiger Instanzenzug eingeführt. Eine weitere Reform durch das Gerichtsverfassungsgesetz vom 27. Januar 1877, das als eines der sogenannten Reichsjustizgesetze zum 1. Oktober 1879 in Kraft trat, wurden die Landgerichte der untersten Ebene durch die Form der Amtsgerichte in der derzeit bekannten Form abgelöst. Mit der großherzoglichen Verordnung Die Eintheilung des Landes in Landraths- und Landgerichtsbezirke betreffend vom 14. Juli 1821 wurde Groß-Umstadt mit seinem ansehnlichen Renaissance-Rathaus, das seit alters her Gerichtssitz war, als Sitz eines ordentlichen Gerichts für das Großherzogtum Hessen festgelegt, während Dieburg Amtssitz der Verwaltung in dem damals geschaffenen Landratsbezirk wurde. Um die Jahrhundertwende trug Bürgermeister Krausmann auf Initiative der Dieburger Stadtverordneten erfolgreich Argumente für eine Wandlung des Gerichtssitzes vor und bot eine unentgeltliche Bereitstellung eines Baugrundstückes im Pfarrgarten an der Gnadenkapelle an. Unter Verweis auf die widrigen Verkehrsverhältnisse im Landkreis, insbesondere die fehlende Anbindung Groß-Umstadts an den Raum Dieburg und Umgebung befürwortete Justizminister Ditmar das Anliegen der Dieburger trotz heftiger Umstädter Proteste. Am 12. März 1903 bewilligte die Zweite Ständekammer mit den Stimmen des Zentrums und der Sozialdemokraten die finanziellen Mittel von 114.000 Mark für den Neubau eines Amtsgerichts in Dieburg. Im Jahre 1905 war der architektonisch attraktive, am Jugendstil orientierte Neubau des Gerichts fertiggestellt, eine geplante Einweihungsfeier zum 1. Juli 1905 fand aus unbekannten Gründen nicht statt. Unter Leitung von Oberamtsrichter Pullmann aus Groß-Zimmern begann unbemerkt die Arbeit in dem zugehörigen Amtsgerichtsbezirk mit den Orten Dieburg, Groß-Zimmern, Klein-Zimmern, Münster, Altheim, Altheimer Wald, Ober-Roden, Messenhausen, Eichen mit Thomashütte, Eppertshausen, Nieder-Roden und Gundernhausen mit insgesamt 18.808 Gerichtseingessenen.[1]
Mit Wirkung zum 1. Juli 1973 wechselten die Gemeinden Brensbach mit dem eingemeindeten Ortsteil Wersau und Fränkisch-Crumbach in den Bezirk des Amtsgerichtes Michelstadt.[4] Zur bislang letzten größeren Änderung des Dieburger Amtsgerichtsbezirk kam es am 1. Mai 1978 als die zwischenzeitlich zur Gemeinde Rödermark zusammengeschlossenen Orte Messenhausen, Ober-Roden und Urberach dem Amtsgericht Langen zugelegt wurden und der nach Rodgau eingemeindete Ortsteil Nieder-Roden in die Zuständigkeit des Amtsgerichts Seligenstadt fiel.[5]
In dem 1981 eingeweihten Gericht Bei der Erlesmühle sind aktuell 80 Personen beschäftigt, darunter zehn Richter, die sich im Jahr mit ca. 1400 Zivilrechtssachen, 960 Familienverfahren, 350 Strafverfahren gegen Erwachsene und 140 gegen Jugendliche und Heranwachsende, sowie 270 Ordnungswidrigkeiten befassen.[6]
Der Direktor des Amtsgerichts war seit dem 1. August 2010 Frank Richter, er folgte auf Joachim Blaeschke (2004 bis 2010), seit 2016 Präsident am Landgericht Wiesbaden und Günther Huther (1994 bis 2004), seit 2010 Präsident am Landgericht Darmstadt.[7] Am 15. September 2017 wurde Ernst Porschitz als neuer Direktor eingeführt.[8] Er übte dieses Amt bis zu seiner Versetzung in den Altersruhestand am 31. Oktober 2020 aus. Derzeit ist die Direktorenstelle vakant.
↑Bekanntmachung, die Errichtung eines Amtsgerichts in Dieburg betreffend vom 1. April 1904. In: Großherzoglsiches Ministerium der Justiz (Hrsg.): Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt. 1905 Nr.13, S.131–132 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 23,1MB]).