Im Zuge der Gebietsreform in Hessen genehmigte die Landesregierung mit Wirkung vom 31. Dezember 1971 die Eingliederung der Gemeinde Amönau und anderer Gemeinden in die Stadt Wetter (Hessen-Nassau) im damaligen Landkreis Marburg.[2] Für alle nach Wetter eingegliederten Gemeinden und die Kernstadt wurde je ein Ortsbezirk eingerichtet.[3]
Verwaltungsgeschichte im Überblick
Die folgende Liste zeigt die Staaten und Verwaltungseinheiten, denen Amönau angehört(e):[4][5]
ab 1972: Bundesrepublik Deutschland, Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Marburg, Stadt Wetter (Hessen)[Anm. 2]
ab 1974: Bundesrepublik Deutschland, Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Marburg-Biedenkopf, Stadt Wetter (Hessen)
ab 1981: Bundesrepublik Deutschland, Hessen, Regierungsbezirk Gießen, Landkreis Marburg-Biedenkopf, Stadt Wetter (Hessen)
Gerichte seit 1821
Mit Edikt vom 29. Juni 1821 wurden in Kurhessen Verwaltung und Justiz endgültig getrennt. Der Kreis Marburg war für die Verwaltung und das Justizamt Wetter war als Gericht in erster Instanz für Amönau zuständig.[10] Nach der Annexion Kurhessens durch Preußen 1866 erfolgte am 1. September 1867 die Umbenennung des bisherigen Justizamtes in Amtsgericht Wetter.[11][12] Auch mit dem Inkrafttreten des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) 1877 blieb das Amtsgericht bestehen. 1943 wurde das Amtsgericht Zweigstelle des Amtsgerichts Marburg und 1946 wurde auch die Zweigstelle geschlossen. Der Bezirk des Amtsgerichts Wetter ging im Bezirk des Amtsgerichts Marburg auf.
Bevölkerung
Einwohnerstruktur 2011
Nach den Erhebungen des Zensus 2011 lebten am Stichtag dem 9. Mai 2011 in Amönau 810 Einwohner. Darunter waren 15 (1,9 %) Ausländer.
Nach dem Lebensalter waren 132 Einwohner unter 18 Jahren, 320 zwischen 18 und 49, 207 zwischen 50 und 64 und 141 Einwohner waren älter.[13] Die Einwohner lebten in 339 Haushalten. Davon waren 93 Singlehaushalte, 90 Paare ohne Kinder und 120 Paare mit Kindern, sowie 30 Alleinerziehende und 6 Wohngemeinschaften. In 54 Haushalten lebten ausschließlich Senioren und in 237 Haushaltungen lebten keine Senioren.[13]
Familien: 66 nutzungsberechtigte, 8 nicht nutzungsberechtigte Ortsbürger, 2 Beisassen
Amönau: Einwohnerzahlen von 1776 bis 2020
Jahr
Einwohner
1776
369
1800
?
1820
499
1834
601
1840
559
1846
534
1852
549
1858
528
1864
512
1871
493
1875
494
1885
520
1895
513
1905
510
1910
556
1925
601
1939
639
1946
856
1950
881
1956
786
1961
795
1967
800
1976
827
1985
?
1995
974
2005
?
2011
810
2015
784
2020
781
Datenquelle: Historisches Gemeindeverzeichnis für Hessen: Die Bevölkerung der Gemeinden 1834 bis 1967. Wiesbaden: Hessisches Statistisches Landesamt, 1968. Weitere Quellen: LAGIS[4]; Städteatlas Hessen[15]; Stadt Wetter[16]; Zensus 2011[13]
Erwerbspersonen: zwei Müller, vier Schmiede, 6 Wagner, 6 Zimmerleute, ein Kalkbrenner, 5 Schneider, 5 Leineweber, ein Wirt, zwei Branntweinschenker und -brenner, 6 Tagelöhner, 9 Tagelöhnerinnen, 4 Schäfer.
• 1838:
Familien: 58 Ackerbau, 4 Gewerbe, 12 Tagelöhner.
• 1961:
Erwerbspersonen: 216 Land- und Forstwirtschaft, 131 Produzierendes Gewerbe, 42 Handel und Verkehr, 25 Dienstleistungen und Sonstiges.
Politik
Ortsbeirat
Für Amönau besteht ein Ortsbezirk (Gebiete der ehemaligen Gemeinde Amönau) mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher nach der Hessischen Gemeindeordnung.[3] Der Ortsbeirat für den Ortsbezirk Wetter besteht aus sieben Mitgliedern. Die Wahlbeteiligung zur Wahl des Ortsbeirats bei der Kommunalwahl 2021 betrug 55,75 %. Alle Kandidaten gehörten der „Freien Wählergemeinschaft“ an.[17] Der Ortsbeirat wählte zur Ortsvorsteherin.[18]
Blasonierung: „In Rot über goldenem Schildfuß mit blauem Wellenbalken ein silberner Kirchturm mit blauem Tor und blauem Dach mit 2 Ecktürmchen; beseitet von silbernem Stern und silbernem zunehmenden Halbmond.“[19]
„Die Flagge zeigt das Wappen auf 2 blau-gold gedrittelten Flaggenbahnen in verwechselten Farben.“[20]
Eine amtliche Hissflagge führte die Gemeinde nicht. Lokal wird jedoch, angelehnt an die Bannerflagge, eine blau-gold gevierte Flaggenbahn, belegt mit dem Gemeindewappen verwendet.
Kultur und Sehenswürdigkeiten
Kultur- und Naturdenkmale
Einen für Amönau markanten und malerischen Bereich bildet die, über dem Zusammenfluss von Asphe und Treisbach, etwas außerhalb gelegene Gebäudegemeinschaft aus Wehrkirche und Schloss.
Wehrkirche
Die Evangelische Kirche ist eine ehemalige Wehrkirche und stammt in ihrer heutigen Form aus dem 16. Jahrhundert. Teile der Kirche sind jedoch wesentlich älter. Der hochmittelalterliche Kirchturm wurde wahrscheinlich nach 1200 erbaut, der frühgotische Chor um 1300. Der Kirchplatz vor dem Kirchhof war auch der mittelalterliche Gerichtsplatz.[21] Auf ihm stand die historische Gerichtslinde des Dorfes.
Schloss
Das Schloss Amönau mit seinem berühmten „Lusthäuschen“ (Foto s. u.) auf der alten Sandsteinmauer. Das Schloss soll im Wesentlichen im 15. Jahrhundert von der Familie von Hohenfels erbaut worden sein. Die Familie war bereits vor 1226 in Amönau begütert. Um 1615/16 ließ Hedwig von Bodenhausen ein Teehaus, das sogenannte „Lusthäuschen“, im Fachwerkstil mit oktogonalem Erker erbauen.[22] Der Hessenmaler Otto Ubbelohde wählte es als Motiv für den „Rapunzelturm“ aus, eine seiner schönen Illustrationen der Grimmschen Märchen. Nennenswerte Umbauten am Schloss erfolgten um 1800/05[23], das „Lusthäuschen“ wurde 1997 renoviert.[22]
Alte Linde
Die sogenannte Gerichtslinde Amönau ist ein Naturdenkmal in exponierter Lage auf einer Wiese etwa 300 m nordöstlich des Dorfes. Das genaue Alter des markanten Baumes ist nicht bekannt. Es wird angenommen, dass er in der Zeit um 1650, als „Friedenslinde“ aus Dankbarkeit über das Ende des Dreißigjährigen Kriegs gepflanzt wurde. Die Bezeichnung „Gerichtslinde“ gab ihr in den 1950er Jahren der örtliche Schulleiter, welcher damals die Dorfchronik neu überarbeitete.
Im Jahre 2004/2005 nahm Amönau am europäischen Wettbewerb der Dorferneuerungsorte teil.
Amönau wurde als einzige hessische Ortschaft ausgewählt. Bei diesem Wettbewerb für besondere Leistungen in einzelnen oder mehreren Bereichen der Dorfentwicklung wurde über Amönau während der Preisvergabe folgendes gesagt:
Amönau zeichnet sich in besonderer Weise dadurch aus, dass Dorferneuerung in erster Linie als Hilfe zur Selbsthilfe verstanden wird und dass die Menschen mit ihren unterschiedlichen Bedürfnissen im Zentrum des Entwicklungsgeschehens, das von einer intakten Gemeinschaft und kulturellen Institutionen getragen wird, stehen, wie eine Reihe von herausragenden Projekten – Übergangswohnheim, Betreutes Wohnen, Jugendclub – aus dem Sozialbereich beweist. Vorbildlich ist Amönau aber auch hinsichtlich der Revitalisierung von wertvoller Bausubstanz, der Arbeitsplatzschaffung und der erreichten sozialen und funktionalen Vielfalt.
Kulturverein
Neben dem „Rapunzelturm“ wird alljährlich die Bühne aufgebaut. Der Turm ist vermutlich Westdeutschlands ältestes Lusthäuschen und diente Otto Ubbelohde als Vorlage zur Illustration von Grimms Märchen.
Seit dem Jahr 2000 gibt es in Amönau einen Theater- und Kulturverein, mit dem Namen „Turmwerkstatt – Kultur im Dorf“.
Dank diesem Verein und vielen talentierten Menschen entstehen im Rhythmus von ungefähr zwei Jahren Musicals im Dorf, die sehr viele Besucher anlocken.
Bisherige Musicals:
2000: Rapunzel
2002: Suaine – die Wasserfrau
2004: Los Banditos
2006: Ciella aus den Wolken
2008: Märchennacht (Zusammenfassung der bisherigen vier Musicals, das anlässlich der 1000-Jahr-Feier von Amönau im Jahre 2008 gezeigt wurde).
↑Gemeindegebietsreform in Hessen; Zusammenschlüssen und Eingliederungen von Gemeinden vom 22. Dezember 1971. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1972 Nr.2, S.47, Punkt 50 Abs. 1 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 4,8MB]).
↑ abHauptsatzung. (PDF; 245 kB) § 7. In: Webauftritt. Stadt Wetter, abgerufen im Juni 2021.
↑
Kur-Hessischer Staats- und Adress-Kalender: 1818. Verlag d. Waisenhauses, Kassel 1818, S.123f. (online bei Google Books).
↑Verordnung vom 30sten August 1821, die neue Gebiets-Eintheilung betreffend, Anlage: Übersicht der neuen Abtheilung des Kurfürstenthums Hessen nach Provinzen, Kreisen und Gerichtsbezirken. Sammlung von Gesetzen etc. für die kurhessischen Staaten. Jahr 1821 – Nr. XV. – August. (kurhess GS 1821) S. 73 f.
↑
Neueste Kunde von Meklenburg, Kur-Hessen, Hessen-Darmstadt und den freien Städten, aus den besten Quellen bearbeitet. im Verlage des G. H. G. privil. Landes-Industrie-Comptouts., Weimar 1823, S.158ff. (online bei HathiTrust’s digital library).
↑Verordnung über die Gerichtsverfassung in vormaligen Kurfürstentum Hessen und den vormals Königlich Bayerischen Gebietstheilen mit Ausschluß der Enklave Kaulsdorf vom 19. Juni 1867. (PrGS 1867, S. 1085–1094)
↑
Johann Daniel Albrecht Höck: Statistik und Topographie des Kurfürstenthums Hessen nach der neuesten Eintheilung. T. Fischer, Kassel 1842, S.201 (online bei HathiTrust’s digital library).
↑Ortbeirat Amönau. In: Webauftritt. Stadt Wetter (Hessen), abgerufen im August 2023.
↑Genehmigung eines Wappens und einer Flagge der Gemeinde Amönau, Landkreis Marburg vom 11. Oktober 1971. In: Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1971 Nr.41, S.1650, Punkt 1362 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF]).
↑Genehmigung eines Wappens und einer Flagge der Gemeinde Amönau, Landkreis Marburg vom 11. Oktober 1971. In: Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1971 Nr.41, S.1650, Punkt 1362 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF]).