Die Stadt liegt in Niederschlesien, ungefähr in der Mitte zwischen den Großstädten Cottbus und Breslau etwa 55 Kilometer westlich der Stadt Glogau. Nachbarorte sind Iłowa (Halbau) im Südwesten und Żary (Sorau) im Nordwesten. Kurz bevor der Bober die Stadtgrenzen erreicht, mündet der Queis in ihn.
Geschichte
Mittelalter und Frühe Neuzeit
Sagan wurde 1202 erstmals urkundlich erwähnt und erhielt um 1285 Stadtrecht. Nach der Teilung des Herzogtums Schlesien gehörte es ab 1249/51 zum Herzogtum Glogau, aus dem erstmals 1274 das Herzogtum Sagan[2] ausgegliedert wurde.
Das 1284 gegründete Augustiner-Chorherrenstift Sagan erlangte im späten Mittelalter überregionale Bedeutung. Die Wirtschaft Sagans war geprägt von Tuchmacherei, Bierbrauerei und Eisenhandel.
1472 verkaufte Hans von Sagan sein Herzogtum Sagan und Stadt an die Wettiner. Unter Herzog Heinrich dem Frommen (1539–1541) breitete sich die Reformation ungehindert aus. Kurfürst Moritz überließ Sagan 1549 dem böhmischen Landesherrn Ferdinand I.
1628 belehnte Kaiser Ferdinand II. in seiner Eigenschaft als König von Böhmen den General Wallenstein mit Sagan und verlieh ihm den Titel „Herzog von Sagan“. Durch die Ansiedlung der Jesuiten im verlassenen Franziskanerkloster förderte Wallenstein die Gegenreformation. Er rief den in Linz in Not geratenen Astronomen Johannes Kepler nach Sagan. Als sich dieser weigerte, sich den Feldherrn geneigt zu machen, fiel er in Ungnade, blieb jedoch. 1646 erwarb Wenzel Eusebius von Lobkowitz Herzogtum und Stadt; dieser ließ 1670 das Saganer Schloss nach Plänen des italienischen Architekten Antonio della Porta, der für ihn auch am Schloss Roudnice im Böhmen arbeitete, auf den von Wallenstein begonnenen Fundamenten erbauen. Seine gegenreformatorischen Maßnahmen führten auf die 1668 im Fürstentum Sagan durchgeführte Kirchenreduktion. Bis dahin diente noch die Kreuzkirche dem evangelischen Gottesdienst, danach besuchten die evangelischen Saganer sogenannte Grenz- und Zufluchtskirchen entlang der Grenzen des Fürstentums. Auf Grund der Altranstädter Konvention (1707) wurde 1709/10 die außerhalb der Stadt auf der rechten Boberseite liegende Gnadenkirche Zur Heiligen Dreifaltigkeit erbaut. Bis ins 17. Jahrhundert bestand eine herzogliche Münzstätte in Sagan.
1758 begann der Saganer Abt Johann Ignaz von Felbiger mit der Hebung des Volksschulwesens. Er war ein bekannter preußischer Schulreformer, der später in österreichischen Diensten stand.
Nach einem Edikt König Friedrichs II. zur Gründung von Kolonistendörfern wurden die Kolonien Neue Forst (1775), Schönthal (1777), Alte Forst (1781) und Georgenruh (1783) erbaut. Die Königliche Glogauer Kriegs- und Domänenkammer beaufsichtigte die Stadt Sagan beim Anlegen dieser neuen Kolonistendörfer mit freien Untertanen, die nur dem König von Preußen unterstellt waren. 1786 erwarb der kurländische Herzog Peter von Biron das Herzogtum, das aber weiterhin Preußen unterstand. Ihm folgte im Jahr 1800 seine Tochter Wilhelmine, die 1839 von ihrer Schwester Pauline beerbt wurde. Von ihr erwarb es 1842 die dritte Schwester Dorothea, die mit dem Grafen Edmond de Talleyrand-Périgord, einem Neffen des französischen Außenministers Charles-Maurice de Talleyrand verheiratet war. Sie ließ den Schlosspark durch Fürst Pückler anlegen. Bis zur Enteignung 1945 blieb die einstige Standesherrschaft mit dem Schloss Sagan und 20.000 ha Grundbesitz im Besitz der Herzöge von Talleyrand-Périgord, die aber meist in Frankreich lebten.[3]
Am Anfang des 20. Jahrhunderts hatte Sagan eine große evangelische Kirche, drei katholische Kirchen, eine Synagoge, ein Schullehrerseminar, eine Präparandenanstalt, bedeutende Textilindustrie (3000 Arbeiter) und ein Amtsgericht.[4] Das Staatliche Gymnasium Sagan ging auf das Kgl. Katholische Gymnasium zurück.[5]
Im Februar 1945 eroberte die Rote Armee in erbitterten Kämpfen die Stadt und unterstellte sie noch vor Kriegsende der Verwaltung der Volksrepublik Polen. Die Stadt erhielt den Namen Żagań in polnischer Schreibweise. In den folgenden Jahren wurden die Einwohner, soweit sie nicht schon vorher geflohen waren, vertrieben und durch Polen ersetzt (siehe Flucht und Vertreibung Deutscher aus Mittel- und Osteuropa 1945–1950).
Die Enttrümmerung der Stadt begann 1947, es folgten die Inbetriebnahme von Fabriken, Handwerksbetrieben und die Eröffnung von Schulen. In den 1970er Jahren entstanden Neubauviertel; 1983 konnten die Wiederaufbauarbeiten am Residenzschloss vollendet werden.[6]
Der Plac Słowiański (früher Ludwigsplatz) mit der Stadtverwaltung (Barockpalais) und der Jesuitenkirche
Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt
Heilig-Kreuz-Kirche
Heiliggeistkirche
Heilig-Grab-Kapelle
Turm der ehemaligen evangelischen Kirche
Rathausturm
Gerichtsgebäude
Bevölkerungsentwicklung
Jahr
Einwohner
Anmerkungen
1825
05.449
davon 4.054 Evangelische, 1.324 Katholiken und 71 Israeliten[7][8]
1840
06.603
davon 4.977 Evangelische, 1.558 Katholiken und 68 Juden[9]
1905
14.208
mit der Garnison (eine reitende Abteilung Feldartillerie Nr. 5), davon 3.243 Katholiken und 113 Juden[4]
1925
17.572
davon 13.415 Evangelische, 3.790 Katholiken, 51 sonstige Christen und 70 Juden[10]
1933
18.465
davon 14.132 Evangelische, 3.852 Katholiken, 23 sonstige Christen und 64 Juden[10]
1939
20.441
davon 15.373 Evangelische, 4.227 Katholiken, 115 sonstige Christen und sieben Juden[10]
Kriegsgefangenenlager
Während des Zweiten Weltkrieges wurde unweit der Stadt das Stalag VIII C und das Stalag Luft III errichtet; in letzterem waren zeitweilig 10.000 Kriegsgefangene untergebracht. Am 24. März 1944 gelang 76 alliierten Kriegsgefangenen durch einen 110 m langen und 10 m tiefen Tunnel die Flucht aus dem Lager. Die meisten der Entflohenen wurden in der Umgebung des Lagers wieder gefasst, und nur drei Männern gelang die Flucht. Auf direkten Befehl Hitlers wurden 47 der wieder eingefangenen Flüchtigen von der Gestapo unter Verletzung der Genfer Konvention erschossen. 21 der beteiligten Polizei- und Gestapobeamten wurden nach dem Krieg im London Cage verhört und später von einem britischen Militärgericht in Hameln abgeurteilt und zum Teil hingerichtet. Das Ereignis wurde 1963 in Gesprengte Ketten verfilmt.
Am Ende des Zweiten Weltkriegs wurde das Lager Nr. 78 in Sagan (polnisch Żagań) von der Roten Armee für die Internierung deutscher Kriegsgefangener genutzt und zum 1. September 1945 in polnische Leitung übergeben.[11] Die Gefangenen wurden zur Zwangsarbeit im schlesischen Kohlebergbau eingesetzt.
Der Bahnhof Żagań war früher ein Bahnknoten, durch den die Niederschlesisch-Märkische Eisenbahn führte. Sie kreuzte hier die heutige Bahnstrecke Łódź–Forst (Lausitz); auch endeten hier die Bahnstrecken Wolsztyn–Żagań, Jelenia Góra–Żagań und Jankowa Żagańska–Żagań. Das jetzige Bahnhofsgebäude wurde 1913 errichtet. Auf Gleis 1 des Bahnhofs ist eine Denkmal-Dampflok (ehemalige „2965 Bromberg“ von 1919) abgestellt.
Söhne und Töchter der Stadt
Geordnet nach Geburtsjahr
Franz Kram, auch Chram, Crammius, Chrammen (1516–1568), Rechtswissenschaftler und kurfürstlich sächsischer Kanzler
Paul Clapius, Kantor (1573) Rektor am Gymnasium in Sagan, 1573 Pfarrer in Petersdorf und Buchwald bei Sprottau, sein Sohn Paul Clapius junior studierte 1583 an der Universität Wittenberg[17]
Alexander Vogel (1698–1756), römisch-katholischer Geistlicher und Abt des Klosters Waldsassen
Karl Gottlob von Nüßler (1700–1776), preußischer Verwaltungsbeamter und Landrat von Niederbarnim
Otto Wolff: Kritische Sichtung der Geschichte der Stadt und des Herzogthums Sagan, wie sie namentlich von A. Leipelt, Mathematikus am königlich katholischen Gymnasium von Sagan, dargestellt worden ist. Grünberg 1854; archive.org.
A. Leipelt: Geschichte der Stadt und des Herzogthums Sagan. Sorau 1853; archive.org.
Karl August Müller: Vaterländische Bilder, oder Geschichte und Beschreibung sämmtlicher Burgen und Ritterschlösser Schlesiens beider Antheile und der Grafschaft Glatz. Zweite Auflage. Glogau 1844, S. 222–229 (books.google.de).
Katarzyna Adamek, Marian Ryszard Świątek: Żagań znany i nieznany. Rada i Zarząd Miasta Żagania, Żagań 2002, ISBN 83-912320-3-4.
Werner Bein (Hrsg.): Sagan und Sprottau in der schlesischen Geschichte. „Les vues de Sagan“. Bergstadtverlag Korn, Würzburg 1992, ISBN 3-87057-164-0.
Johann Gottlob Worbs: Geschichte des Herzogtums Sagan (1795). Neu herausgegeben und mit Bildern, Berichtigungen und Erläuterungen versehen von Georg Feilhauer und Max Krüger. W. Daustein, Sagan 1930.
↑Eduard Ludwig Wedekind: Neue Chronik der Stadt Züllichau von den ersten Zeiten ihrer Entstehung bis auf die gegenwärtige Zeit. G. Sporleder, Züllichau 1846, S. 60; books.google.de
↑Udo von Alvensleben: Besuche vor dem Untergang, Adelssitze zwischen Altmark und Masuren, aus Tagebuchaufzeichnungen zusammengestellt und herausgegeben von Harald von Koenigswald. Frankfurt a. M. / Berlin 1968, S. 216 f. Danach sei das Eigentum des Hauses Talleyrand durch eine eigene Bestimmung des Versailler Vertrags nicht nur garantiert, sondern sogar steuerfrei gestellt worden. Nach 1918 hätten sie Sagan aber nie mehr aufgesucht.
↑Johann Georg Knie: Alphabethisch-Statistisch-Topographische Uebersicht der Dörfer, Flecken, Städte und andern Orte der Königl. Preuß. Provinz Schlesien, mit Einschluß des jetzt ganz zur Provinz gehörenden Markgrafthums Ober-Lausitz und der Grafschaft Glatz; nebst beigefügter Nachweisung von der Eintheilung des Landes nach den verschiedenen Zweigen der Civil-Verwaltung. Breslau 1830, S. 1011–1013; books.google.de
↑Johann Georg Knie: Kurze geographische Beschreibung von Preußisch-Schlesien, der Grafschaft Glaz und der Preußischen Markgrafschaft Ober-Lausitz oder der gesamten Provinz Preußisch-Schlesien: Zum Gebrauch für Schulen. Erstes Bändchen. Breslau 1831, S. 197–200 von Kapitel I: Bezirk der königl. Regierung zu Breslau. S. 385–388 (Digitalisat der Bibliothek Gyfrowa).
↑Johann Georg Knie: Alphabetisch-statistisch-topographische Uebersicht der Dörfer, Flecken, Städte und andern Orte der Königl. Preusz. Provinz Schlesien. 2. Auflage. Breslau 1845, S. 914–918.
↑ abcMichael Rademacher: Sprottau. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com. Abgerufen am 1. Januar 1900
↑Jerzy Kochanowski: In polnischer Gefangenschaft. Deutsche Kriegsgefangene in Polen 1945–1950. Deutsches Historisches Institut Warschau, fibre-Verlag, 2004, S. 47 ff., 54.
↑Dietmar Neß: Schlesisches Pfarrerbuch. Hrsg.: Verein für Schlesische Kirchengeschichte. 8. Band: Regierungsbezirk Liegnitz, Teil III. Evangelische Verlagsanstalt, Leipzig 2016, ISBN 978-3-374-04479-5, S.242 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).