Werner Maihofer wurde als Sohn des Verwaltungsdirektors eines Konstanzer Klinikums geboren. Seine Schulausbildung durchlief er in Konstanz und wechselte hier von der Volksschule an die Konstanzer Graf Zeppelin Oberrealschule. In seiner Jugend war Maihofer Eiskunstläufer, 1936 gehörte er dem olympischen Kader an.[2] Nach dem Abitur an der damaligen Graf Zeppelin-Oberrealschule, dem heutigen Konstanzer Alexander-von-Humboldt-Gymnasium, leistete er 1937 seinen Reichsarbeits- und Wehrdienst ab und nahm dann bis 1945 als Soldat (zuletzt Oberleutnant) am Zweiten Weltkrieg teil.
Von 1955 bis 1969 hatte Werner Maihofer als ordentlicher Professor den Lehrstuhl für Rechts- und Sozialphilosophie, Strafrecht und Strafprozessrecht an der Universität des Saarlandes in Saarbrücken inne. In dieser Zeit leitete er auch das Institut für Rechts- und Sozialphilosophie an der Universität. Er war mitbeteiligt an der Gründung des Arbeitskreises Alternativ-Entwurf, der Alternativen zu den bisherigen Schritten der Nachkriegs-Reform des Strafrechtes für den Strafrechtsausschuss entwickelte.[3] Daneben arbeitete er an einer Reform zum Hochschulgesetz als Initiativentwurf der FDP/DPS mit. Von 1967 bis 1969 amtierte er als Rektor der Universität des Saarlandes. 1970 nahm er den Ruf der Universität Bielefeld auf den Lehrstuhl für Strafrecht, Strafprozessrecht, Rechtssoziologie, Rechtstheorie, Rechts- und Sozialphilosophie an. Neben seinem Lehramt war er Direktor des Zentrums für Interdisziplinäre Forschung.
Nachdem er seine politischen Ämter niedergelegt hatte, kehrte Werner Maihofer im Oktober 1978 an den Lehrstuhl der Universität Bielefeld zurück. Von 1980 bis 1982 war er Präsident der Studienstiftung des deutschen Volkes, danach von 1982 bis 1988 Präsident des Europäischen Hochschulinstituts in San Domenico di Fiesole (bei Florenz, Italien). An der Universität Konstanz hatte er darüber hinaus eine Honorarprofessur inne.[4] Er war zeitweilig Mitglied im Kuratorium der Wolf-Erich-Kellner-Gedächtnisstiftung. Von 1973 bis 1996 war er Mitglied, zeitweise stellvertretender Vorsitzender, des Kuratoriums der Friedrich-Naumann-Stiftung. Von 1971 bis 1981 war er im Auftrag der Stiftung als einer der Herausgeber der Zeitschrift liberal tätig.
Politik
Seit 1969 war Maihofer Mitglied der FDP. Als Vorsitzender der FDP-Programmkommission ab 1970 war er einer der Väter der Freiburger Thesen. Im Vorfeld des Kieler Bundesparteitags von 1977 führte er den Vorsitz in der Perspektivkommission, deren Leitung er an Gerhart Baum abgab. Von 1970 bis 1978 war er außerdem Mitglied im Präsidium der FDP. Maihofer war Mitglied der Programmkommission der FDP von 1994 bis 1996 und prägte das Wiesbadener Programm, das zweite Grundsatzprogramm der Partei. Unmittelbar nach der Bundestagswahl 1972 war Werner Maihofer Mitglied des Deutschen Bundestages.
Er wurde am 15. Dezember 1972 als Bundesminister für besondere Aufgaben in die von BundeskanzlerWilly Brandt geführte Bundesregierung berufen. Nach dem Rücktritt Brandts trat er am 16. Mai 1974 in die von Helmut Schmidt geleitete Bundesregierung als Bundesminister des Innern ein; der bisherige Innenminister Hans-Dietrich Genscher wechselte an die Spitze des Auswärtigen Amtes. Anfänglich war es nicht einfach für Werner Maihofer, aus dem Schatten seines Vorgängers herauszutreten. Doch auch nach der Bundestagswahl 1976 behielt er das Amt inne. Seine Amtszeit war überschattet von den Terroraktivitäten der Gruppe Rote Armee Fraktion (RAF). Das betraf vor allem die Mordanschläge auf den Generalbundesanwalt Siegfried Buback (1920–1977) am 7. April 1977, den Bankier Jürgen Ponto (1923–1977) am 30. Juli 1977 und den Arbeitgeberpräsident Hanns Martin Schleyer (1915–1977) am 18. Oktober 1977. Darüber hinaus war er im Zuge der Fahndung nach den Mördern in die Lauschaffäre Traube und weitere illegale Aktivitäten des Bundesverfassungsschutzes verwickelt.[5] Als diese Rechtswidrigkeiten in der Öffentlichkeit bekannt wurden, geriet er unter heftige Kritik und verlor außerdem den Rückhalt seiner Partei, da er diese Praktiken gebilligt hatte. Am 6. Juni 1978 trat er von seinem Amt zurück. Dabei wies er auf seine Verantwortung für eine Fahndungspanne bei der Entführung von Hanns Martin Schleyer im so genannten Deutschen Herbst 1977 hin. Er kandidierte nicht wieder für den Bundestag. Während seiner Amtszeit als Minister gehörte er drei Kabinetten (Brandt II, Schmidt I und Schmidt II) an.[6] Als Innenminister folgte ihm sein bisheriger Staatssekretär Gerhart Baum.
Familie
Im Jahre 1942 heiratete er Margrit Schiele. Aus der Ehe gingen fünf Töchter hervor. Seine Tochter Andrea Maihofer war Professorin für Geschlechterforschung an der Universität Basel. In den letzten Lebensjahren wohnte er in Bad Homburg vor der Höhe und später in Überlingen am Bodensee. Er war Musikliebhaber und spielte Geige und Bratsche.
Hrsg. mit Gerhard Sprenger: Praktische Vernunft und Theorien der Gerechtigkeit. Göttingen, 18. bis 24. August 1991, Steiner, Stuttgart 1992, ISBN 3-515-06085-5.
Hans Günter Hockerts: Vom Ethos und Pathos der Freiheit – Werner Maihofer (1918–2009). In: Bastian Hein, Manfred Kittel und Horst Möller (Hrsg.): Gesichter der Demokratie. Porträts zur deutschen Zeitgeschichte, Oldenbourg, München 2012, ISBN 978-3-486-71512-5, S. 245–268.
Arthur Kaufmann (Hrsg.): Rechtsstaat und Menschenwürde. Festschrift für Werner Maihofer zum 70. Geburtstag, Klostermann, Frankfurt am Main 1988, ISBN 3-465-01849-4.
Stephan Kirste, Gerhard Sprenger (Hrsg.): Menschliche Existenz und Würde im Rechtsstaat. Ergebnisse eines Kolloquiums für und mit Werner Maihofer aus Anlass seines 90. Geburtstages. Berliner Wissenschafts-Verlag, Berlin 2010, ISBN 978-3-8305-1827-3, mit einem Schriftenverzeichnis (S. 181–191) und Anmerkungen von Werner Maihofer.
Gunther Hermann Schäfer: Die Rechtsontologie Werner Maihofers. Möglichkeiten und Grenzen einer Rechtsphilosophie im Anschluß an Martin Heidegger, Tübingen 2004.
Frauke Nicola Schulz: Werner Maihofer – im Zweifel für die Freiheit. In: Robert Lorenz, Matthias Micus: Seiteneinsteiger. Unkonventionelle Politiker-Karrieren in der Parteiendemokratie. Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2009, ISBN 978-3-531-16483-0, S. 61–80, doi:10.1007/978-3-531-91569-2_3.
Frauke Nicola Schulz: „Im Zweifel für die Freiheit“. Aufstieg und Fall des Seiteneinsteigers Werner Maihofer in der FDP (= Göttinger junge Forschung. Bd. 7). Stuttgart 2011, ISBN 978-3-8382-0111-5.
Klaus Weber: Der Linksliberalismus in der Bundesrepublik um 1969. Konjunktur und Profile, Peter Lang, Frankfurt a. M. 2012, ISBN 978-3-631-63940-5.
↑Klaus Weber: Der Linksliberalismus in der Bundesrepublik um 1969. Konjunktur und Profile, Peter Lang, Frankfurt a. M. 2012, S. 40.
↑Vgl. Thomas Duve: Ein Gespräch mit Claus Roxin, in: Forum historiae iuris, 15. Mai 2006, Randnummer 7.
↑Erhard Roy Wiehn (Hrsg.): Jüdisches Leben und Leiden in der Ukraine. BoD – Books on Demand, 2021, ISBN 3-86628-707-0, S. 165 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche)
↑James G. Carr: Wiretapping in West Germany. In: The American Journal of Comparative Law. 29. Jahrgang, Nr.4, 1981, ISSN0002-919X, S.607–645, S. 621.