Neben den zunächst im Familienbesitz gebliebenen Hausaltären wie den Sigmaringer Marientafeln, dem Falkensteiner Altar, dem Sigmaringer Hausaltärchen und dem Wildensteiner Altar und einigen ihm zugeordneten Porträts und Epitaphen sowie den Seccomalereien im Kloster Heiligkreuztal besteht das erhaltene Hauptwerk des Meisters aus der Altarausstattung für die Kirche Sankt Martin in Meßkirch. Diese Altarausstattung wurde in den Jahren 1535–1540 von ihm und, wie die unterschiedlichen qualitativen Ausfertigungen belegen, von seinen Werkstattmitarbeitern gefertigt. Auf der Basis der erhaltenen Mitteltafeln, Zuordnung einzelner Heiliger zu spezifischen Altarstiftungen und den baulichen Gegebenheiten, waren es bis zu zwölf Altäre mit jeweils einer Mitteltafel, zwei beidseitig bemalten Flügeln und je zwei Standflügeln,[3] also 12 Mittelstücke und 72 Flügelbilder. Heute bekannt sind 9 Mittelteile und eine Kopie eines Mittelteils sowie 58 Flügelbilder. Nur vier der Altäre, der Hauptaltar (Hochaltarretabel), zwei heute in Sankt Gallen befindliche Altäre (Abendmahlretabel, Versuchungsretabel) und ein weiterer Nebenaltar, lassen sich im ungefähren Werkszusammenhang rekonstruieren, auch wenn die Einzelteile über mehrere Museen und Standorte verteilt sind. Die Kirche wurde im Jahr 1772 unter der Mitarbeit von Meinrad von Au im Stil des Rokoko grundlegend umgestaltet und die Altäre zunächst eingelagert, möglicherweise auch in benachbarten Kirchen weiterverwendet.
Hochaltarretabel (Kirche Sankt Martin in Meßkirch)
geschlossen
geöffnet
Abendmahlretabel (Kirche Sankt Martin in Meßkirch)
geschlossen
geöffnet
Versuchungsretabel (Kirche Sankt Martin in Meßkirch)
geschlossen
geöffnet
Nebenaltarretabel (Kirche Sankt Martin in Meßkirch)
Bis auf einige wenige Ausnahmen – die Fresken in Heiligkreuztal, die aber nicht mehr sehr gut erhalten sind, das Bildnis des Eitelfriedrich III. von Zollern (1561), das Sigmaringer Hausaltärchen sowie die Mitteltafel des Dreikönigaltars – befinden sich die Werke heute nicht mehr in ihrem ursprünglichen Kontext, sondern verstreut in Museen und Sammlungen auf zwei Kontinenten.
Frühromantische Autoren wie Friedrich Schlegel, Wilhelm Heinrich Wackenroder und Ludwig Tieck hatten in ihren Schriften zu einer Wiederentdeckung der mittelalterlichen Tafelmalerei aufgerufen. Durch die Säkularisation, aber auch durch die Mediatisierung und die dadurch bedingte Neuorganisation der Kirchenverwaltung (im hier betrachteten Gebiet: Auflösung des Bistums Konstanz, Neugründung der Bistümer Freiburg und Rottenburg), war Kirchengut nicht nur in den Klöstern und Stiften, sondern auch in Stadt- und Dorfkirchen in neue und unsichere Eigentumsverhältnisse gekommen. Privatsammler bekamen die Möglichkeit, sich solches Kulturgut anzueignen. Obwohl heute oft die Klage über den Verlust von Kulturgut in jener Zeit in den Vordergrund gestellt wird, bewirkte dies, dass Kunstwerke der im Zeitalter von Barock und frühem Klassizismus verpönten spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Kunst, die sich bedingt durch diesen Stilwandel schon nicht mehr am originalen Aufstellungsort befand, sondern oft eingelagert war oder ganz zweckentfremdet[4] genutzt wurde, sowohl materiell gerettet als auch ästhetisch rehabilitiert werden konnten.[5]
Joseph von Laßberg
Johann Baptist von Hirscher
Bei den Werken des Meisters von Meßkirch waren dies hauptsächlich zwei Sammler: Joseph von Laßberg und Johann Baptist von Hirscher.
Laßbergs wissenschaftliches Interesse entsprang nicht nur der beginnenden Germanistik, sondern auch der ebenfalls gerade beginnenden Kunstgeschichte als Wissenschaft, geprägt von der oben erwähnten romantischenÄsthetik. Er betrieb langjährige Studien, in denen er eine oberschwäbische Abstammung der Holbein-Familie beweisen wollte, inklusive eines angeblichen Aufenthalts Holbeins bei den Grafen von Zimmern. Er schrieb die von ihm gefundenen Werke des Meisters von Meßkirch zeitlebens Hans Holbein zu.[6]
Neben dieser Holbein-Forschung waren die Tafelbilder für Laßberg Tauschobjekte, um damit Handschriften zu erwerben, so zum Beispiel die Sankt Galler Versuchungs- und Abendmahlsretabeln im Tausch mit Bischof Carl Johann Greith aus dessen Bibliothek noch in den 1850er Jahren. Oder sie waren Geschenke und Tausche unter Freunden und Verwandten wie Der Heilige Werner für Werner von Haxthausen.[7]
Johann Baptist von Hirscher war Theologe; in seinen Schriften finden sich keine Gedanken zu kunstgeschichtlichen Themen. Und dennoch stellen die 250 Gemälde und Schnitzwerke, die sich aus den Unterlagen über die Verkäufe aus seiner Sammlung rekonstruieren lassen, eines der geschlossensten Ensembles spätmittelalterlicher Kunst dar, die ein Privatsammler in Süddeutschland jemals zusammengetragen hat.[8]
1. Die Heilige Katharina (linker Drehflügel, innen)
Rückseite verschollen
2. Der Heilige Paulus (rechter Drehflügel, innen)
Rückseite verschollen
3. Die Heilige Agnes (rechter Drehflügel, innen)
Rückseite verschollen
4. Der Heilige Gangolf (linker Drehflügel, außen)
Der Heilige Crispinus (linker Drehflügel, innen)
5. Der Heilige Crispianus (rechter Drehflügel, innen)
Die Heilige Lucia (rechter Drehflügel, außen)
6. Heilige Walburga (li. Standflügel, Pendant Heilige Eulalia)
7. Heilige Eulalia (re. Standflügel, Pendant Heilige Walburga)
8. Heiliger Stephanus (linker Drehflügel, außen)
Der Heilige Veit (linker Drehflügel, innen)
9. Erzengel Michael als Seelenwäger (re. Drehflügel, innen)
Heiliger Cyriakus (rechter Drehflügel, außen)
10. Der Heilige Fabian (Innenseite, rechts)
Rückseite verschollen
11. Heiliger Ulrich (linker Standflügel)
12. Der Heilige Gregor (linker Standflügel)
13. Die Heilige Agatha (rechter Standflügel)
14. Tafel verschollen
15. Tafel verschollen
S1. Heilige Benedikt im Gebet
D1. Die Heilige Dreifaltigkeit
Mit dem Sammeln von Kunstwerken kam Hirscher erstmals beim Besuch der Galerie des Fürsten Ludwig zu Oettingen-Wallerstein im Jahr 1816 in Berührung. Er begann unmittelbar mit dem Sammeln mittelalterlicher Kunst und unterbreitete Wallerstein bereits 1821 ein Angebot, das dieser nicht annahm.[9] Aus dem Angebot lässt sich aber rekonstruieren, welche Werke des Meisters von Meßkirch damals schon in Hirschers Besitz waren.
„Von Hans Holbein - eine Grablegung 2 × 2 1/2 Schuhe“[10]
„Von demselben - eine Auferstehung Christi 2 1/4 × 2 Schuhe“[10]
„Von demselben - 15 Stücke, z.T. doppelt bemalt, und einzelne Heilige vorstellend. Es befindet sich auf je einer Seite ein Heiliger. Einige haben Goldgrund 2 × 3/8-4/8 Schuhe“[10]
„Außer der inneren Glaubwürdigkeit haben diese Bilder sämtlich das Zeugnis des Freiherrn von Laßberg (Herausgeber der Sammlung altdeutscher Gedichte) für sich, welcher von einer anderen Seite her einen Teil dieser ehemals zusammengehörigen Bilder erworben und versichert hat, daß er es urkundlich habe, daß dieselben von dem Basler Holbein seien […]“[10]
Die Tafeln scheinen zu diesem Zeitpunkt noch nicht gespalten worden zu sein. Nimmt man die heute der Sammlung Hirscher zugeschriebenen Werke, so fehlen zwei Tafeln. Vier Rückseiten scheinen ebenfalls verschollen zu sein. Wie seine späteren Verkäufe zeigen, besaß er über dieses Angebot hinaus noch weitere Werke des Meisters von Meßkirch, die er erst später zum Verkauf anbot.
Hirscher gab niemals Auskunft über den Ort, von dem seine Kunstwerke stammten oder von wem er sie erworben hatte. Dass es ihm dennoch nicht um den reinen Gelderwerb ging, wird dadurch deutlich, dass er seine Sammlung in der Regel en bloc an ausgewiesene Kunstsammler oder Institutionen verkaufte.
Der erste dieser Verkäufe erfolgte an den Stuttgarter Kunstsammler Carl Gustav Abel im Jahr 1834. Dieser erwarb am 26. Juli insgesamt 61 Gemälde zum Preis von 2.100 Gulden.[11]
In einer Aufstellung zur Sammlung Abel bei Franz Kugler sind 1837 folgende Werke, welche dem Meister von Meßkirch zugeordnet werden können, vermerkt:[12]
Votivtafel der Familie von Bubenhofen (Sic dilexit Deus mundum)
Die Werke des Meisters von Meßkirch waren 1859 nicht im Verkauf der Sammlung Abel an Württemberg enthalten. Die an Abel verkauften Werke gingen alle in den privaten Kunsthandel. Aus der Sammlung Hirscher waren das die beiden Mitteltafeln M1, M2, die zwischenzeitlich von ihren Vorderseiten getrennten Rückseiten (Außenseiten) 4, 8, 9, eine Schauseite ohne bekannte Rückseite (10) und die nur einseitig bemalten Standtafeln 6, 7, 11, 12 und 13.
Die Heiligen Katharina / Der Heilige Paulus / Die Heilige Agnes (Verbleib der Rückseiten kann nicht mehr zurückverfolgt werden)
Der Heilige Crispinus und der Heilige Crispinianus (Rückseiten wurden an Abel veräußert)
Ein weiterer größerer Verkauf von insgesamt 109 Bildern zum Gesamtpreis von 16.000 Gulden aus der Sammlung Hirscher erfolgte im Jahr 1858 an das Großherzogtum Baden.[14]
Vom Meister von Meßkirch waren dies die Festagsseiten Der Heilige Veit und Der Erzengel Michael als Seelenwäger (Innenseiten 8 und 9) sowie Die Heilige Lucia (Außenseite 5) und die Mitteltafel M3 (Geißelung Christi und Christus vor Pilatus).
Ein Jahr vor seinem Tod wandte sich Hirscher an die württembergische Regierung. Er bot 47 Gemälde und 12 Skulpturen an, die er gerne als Teil der Staatsgalerie Stuttgart sehen wollte. Der Kaufvertrag kam, nur fünf Tage vor seinem Tod, am 29. August 1865 zu Stande. Von den Werken des Meisters von Meßkirch fand der Der Heilige Benedikt im Gebet (S1) Eingang in die Sammlung.[15] Ein weiteres Bild, das zu einem größeren Ensemble zusammenhängender Tafeln gehört, welches sich in Hirschers Sammlung befand, ist heute Bestandteil des Diözesanmuseums Rottenburg. Die Heilige Dreifaltigkeit (D1) kam mit der Sammlung Dursch des Georg Martin Dursch mit dem Ankauf von dessen Sammlung an das Museum. Dursch war ein Schüler Hirschers und wurde von diesem selbst zum Sammeln spätgotischer Holzbildwerke und Tafelmalereien inspiriert. Feurstein vermutet, dass es ebenfalls ursprünglich aus der Sammlung Hirschers stammt.[16]
Joseph von Laßberg als Sammler
Laßberg ist uns heute vornehmlich als Handschriften- und Büchersammler in Erinnerung. Aber seine Liebe zum Mittelalter inszenierte er auch im eigenen Leben hemmungslos, so in seiner Blauen Stube im Schloss Eppishausen.
„Die gemalten Glasscheiben mit den alten Wappen und Bildern; die Tafelrunde in der Mitte des Zimmers mit dem antiken Tintengefäß und alten Büchern und Werkzeugen überdeckt; deutsche Holzgemälde an den Wänden aufgehängt; alte Gewehre und Waffen in den Ecken hingestellt; Schränke mit schönen Bildern von eingelegter Arbeit verziert; ein großer Kopf mit türkischem Tabak gefüllt und eine Anzahl verschiedenartig geformter Tabakspfeifen; selbst die Krüge, Flaschen und Gläser und der Teller auf der Tafel - Alles machte auf den Betrachter einen überraschenden Eindruck.“[17]
Er reagierte auf das Trauma der Französischen Revolution, die darauf folgenden territorialen Umwälzungen und die Zerschlagung der altständischen Ordnung des Reiches mit einem Aufruf zum Sammeln. Er war bemüht, die durch den Wandel seiner Zeit und die Zerstörung der alten Ordnung dem Verlust und der Zerstreuung ausgesetzten Kulturgüter zu bewahren. Einem Kettenbruder, Friedrich Carl von und zu Brenken, schrieb er 1820: „Lassen Sie uns, jeder an seinem Orte, sammeln und bewaren, was wir aus der Flut der Zeiten zu retten vermögen.“[18] Und seinem Freund Johann Adam Pupikofer schrieb er „Ich habe gesammelt, so viel mir möglich war. Nun legen auch Sie, junger Freund, zum nämlichen Zwecke kräftig die Hand ans Werk! Richten Sie Ihr Augenmerk am schärfsten auf dasjenige, was dem Untergange nahe steht und, einem ungewissen Schicksal preisgegeben, der Rettung bedarf, damit es nicht spurlos verschwinde!“[19]
Nach einem Brief aus dem Jahr 1850 an seinen Freund Carl Johann Greith, dem späteren Bischof von Sankt Gallen, erwarb Laßberg 1817 oder 1818 die Altarflügel von den Meßkircher Kirchenpflegern.[20]
Einen Beleg für einen Kauf gibt es aber erst für die Jahre 1821/22.[21]Christian Altgraf zu Salm unterstellte Laßberg deshalb in seiner 1950 erstellten Dissertation zum Meister von Meßkirch einen altersbedingten Gedächtnisfehler.[6] Da Hirscher wie Laßberg bereits vor 1821 Werke des Meisters von Meßkirch besaß, ist davon auszugehen, dass Laßberg mehrfach Werke aus Meßkirch bezog. Da nicht bekannt ist, welche Werke er wann bezog, werden in Publikationen meist beide Daten „1817/18“ und „1821/22“ angegeben.
Laßberg hatte Elisabeth zu Fürstenberg in der Zeit der Mediatisierung des Fürstentums und in der Vormundschaft ihres Sohnes Karl Egon unterstützt und wurde auch von ihr in seiner Sammlertätigkeit unterstützt.
Laßberg scheint auch eine ziemlich freie Hand im Umgang mit den im fürstenbergischen Familienbesitz befindlichen Bildern gehabt zu haben. So sind die Umstände unklar, wie im Rahmen der Restaurierung des Falkensteiner Altars unter der Federführung der Gebrüder Boisserée in München im Jahr 1838 die Bilder des linken Drehflügels (Der Heilige Georg und Der Heilige Johannes der Täufer) an Werner von Haxthausen gelangen konnten, seinen Freund, Kettenbruder und Onkel seiner zweiten Frau Jenny von Droste zu Hülshoff.
Ab 1842 verhandelte er mit dem Haus Fürstenberg über den Verkauf seiner Sammlungen (Bücher und Gemälde), der Verkauf erfolgte aber erst 1852 zum Preis von 27.000 Gulden.[22]
Einige seiner Bilder kamen auch über den Familienbesitz seiner Töchter in den Kunsthandel.
Aus der Sammlung von Joseph von Laßberg
Hochaltarretabel (heute vorwiegend in der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe)
Viele der Werke des Meisters von Meßkirch fanden gemeinsam Eingang in größere Museen. Die Werke aus der Sammlung Laßberg fanden zunächst ihren Weg in die Fürstlich Fürstenbergischen Sammlungen, die Werke aus der Sammlung Hirscher in das Berliner Kaiser Friedrich Museum und in die Großherzögliche Gemäldegalerie Karlsruhe. Obwohl die Staatsgalerie Stuttgart auch Werke aus der Sammlung Hirscher übernahm, war darunter kein Werk des Meisters von Meßkirch. Der Grund liegt in der damaligen Ankaufpolitik dieser Sammlungen. In Karlsruhe beauftragte der Großherzog Friedrich I. von Baden den Historien- und Porträtmaler sowie Professor und Lehrer der Antiken- und Malklasse an der Karlsruher Kunstschule Ludwig des Coudres und als Zweitgutachter den Direktor der Großherzoglichen Gemäldegalerie Carl Ludwig Frommel mit der Begutachtung der Kunstwerke. Für die beiden hatte die Sammlung keine Galeriewürdigkeit. Aus dem Angebot Hirschers, das nach heutigem Verständnis illustre Namen beinhaltete[23], wurden nur fünf Bilder für vorzüglich befunden, 27 für gut, 34 als „respektabler Mittelschlag“ und 11 als „fast werthlos“.[24]
Es ist also wenig verwunderlich, dass die Werke des Meisters von Meßkirch, den diese akademischen Maler noch nicht einzuordnen wussten, über die Erben Hirschers und Abels im privaten Kunsthandel landeten, wie zum Beispiel die abgespaltenen Außenseiten der Drehflügel des nur noch rekonstruierbaren Nebenaltarretabels. Sie wurden 1863 über Lempertz an George Gillis Haanen in Köln verkauft, am 9. November 1909 mit der Sammlung von Édouard Louis François Fétis bei Le Roy Frères in Brüssel versteigert und kamen über Frederik Muller, Amsterdam an John G. Johnson, der sie 1917 mit seiner Sammlung dem Philadelphia Museum of Art vermachte.
Werke, die Laßberg nicht an die Fürstenbergsammlung verkaufte, wie die beiden Standflügel „Der Heilige Kosmas“ und „Ein Heiliger Diakon“, kamen an die Freiin Carla Droste zu Hülshoff als Erbin und sind zuletzt 1934 in der Galarie Caspari in München nachgewiesen. Sie gelten seither als verschollen.
Nachdem sich das Haus Fürstenberg in den 1990ern bereits von seinem alten Bibliotheksbestand getrennt hatte, begann es Anfang der 2000er, seine Gemäldesammlung Alter Meister aufzulösen. Der Industrielle Reinhold Würth erwarb für einen zweistelligen Millionenbetrag[25] den Großteil der Sammlung, bis auf die Werke, die sich bereits als Dauerleihgaben in der Staatlichen Kunsthalle in Karlsruhe und in der Staatsgalerie Stuttgart befanden.
So kamen die in der Fürstenbergsammlung verblieben Tafeln der Drehflügel des Hauptaltarretabels nach Karlsruhe; die vierte Tafel befindet sich wie oben erwähnt als geschütztes nationales Kulturgut in den Niederlanden. Die beiden Standflügel waren schon früh als Werke Albrecht Dürers in den Pariser Kunsthandel gelangt und 1869 von Franz von Rinecker erworben worden. Sie sind heute Teil der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen und befinden sich in der Staatsgalerie Altdeutsche Meister in Augsburg. Nur die Mitteltafel „Die Anbetung der Heiligen Drei Könige“ befindet sich – nun als Seitenaltar – am ursprünglichen Ort, der Stadtpfarrkirche Sankt Martin in Meßkirch.
Der Wildensteiner Altar, der sich seit 2002 als Leihgabe in der Staatsgalerie Stuttgart befand, konnte im Jahr 2012 mit Unterstützung der Kulturstiftung der Länder und der Ernst von Siemens Kunststiftung endgültig erworben werden.[26] Nach dem „Ausverkauf kultureller Bedeutung durch das Adelshaus Fürstenberg“[27][28] wurde er als „Die Trophäe unter den Neuerwerbungen“ bezeichnet.[29]
Liste der Werke des Meisters von Meßkirch
Heinrich Feurstein hatte 1933 seine Liste nach der alphabetischen Sortierung der damaligen Standorte nummeriert.[1] Dies stimmt mit den heutigen Standorten nicht mehr überein. Die Große Landesausstellung vom 8. Dezember 2017 bis 2. April 2018 in Stuttgart[2] stellte die bisher vollständigste Schau der Werke des Meisters von Meßkirch dar. In der Ausstellung und im Katalog wurde versucht, die einstigen Werkzusammenhänge wieder darzustellen. Da einige wenige Werke nicht ausgestellt werden konnten (mit n.a. markiert), ist die Ausgangssortierung dieser Liste chronologisch nach dem Entstehungsjahr der Werke, bei den Altären aus St. Martin noch nach den dem Stuttgarter Katalog folgenden, rekonstruierten Werkzusammenhängen eingeordnet. Die Liste ist sortierbar: Nach Werkzusammenhang, Sammlung, Inventarnummer, Standort, nach der Katalognummer der Landesausstellung Stuttgart (Tabellenspalte LaSt) und nach Feursteinnummer (Tabellenspalte Fst).
Chronologisches Verzeichnis der Werke des Meisters von Meßkirch
Bild
Beschreibung
Werkzusammenhang
Sammlung
Inventarnummer
Standort
Provenienz
Verzeichnisse
LaSt (2017)
Fst (1933)
Bildnis des Eitelfriedrich III. von Zollern 1520 22 × 32,8 cm Nadelholz, geleimt auf parketierter Holzplatte WD
noch zu Lebzeiten Eitel Friedrich III. erstellt, dann aber erst ab 1909 nachgewiesen, als die beiden Porträts von den „magazzini“ in die Pinacoteca überstellt wurden
1
Bildnis der Johanna Corsselar van Witthem 1520 22 × 32,8 cm Nadelholz, geleimt auf parketierter Holzplatte WD
noch zu Lebzeiten Eitel Friedrich III. erstellt, dann aber erst ab 1909 nachgewiesen, als die beiden Porträts von den „magazzini“ in die Pinacoteca überstellt wurden
2
Sigmaringer Marientafeln Die Verkündigung 1520 75 × 159 cm Nadelholz, links oben angestückt WD
möglicherweise ein älteres Frauenkloster (Laiz, oder Hedingen), Franziskanerinnenkloster Gorheim 1575, nach dessen Aufhebung 1815 für die Pfarrkirche St. Mauritius in Harthausen auf der Scher erworben
7
50a
Die Kreuzigung Christi um 1530 Nadelholz, geleimt auf parketierter Holzplatte 98 × 73 cm Rahmen aus Ebenholz mit Silberapplikationen von Matthias Walbaum, um 1620 WD
ab 1699 mit weißer Tünche überdeckt, 1950er-Jahre teilweise wieder freigelegt[31]
64
Ausmalung der Klosterkirche Heiligkreuztal Drei Wetter und Pestpatrone (Sankt Theodolus, Sankt Sebastian, Sankt Cyrillus von Alexandrien) 1532–1535 Kalk-Seccomalerei
ab 1699 mit weißer Tünche überdeckt, 1950er-Jahre teilweise wieder freigelegt[31]
67
Die Heiligen Martin und Apollonia Mitte 1530er-Jahre Feder in Schwarz und Braun, türkisblau und zart rot aquarelliert, auf gebräuntem Papier 39,5 × 24 cm WD
Scheibenriss des Hercules Göldlin mit den Heiligen Konrad, Pelagius und Petrus 1543 Feder in Schwarz, teilweise grau laviert und rot aquarelliert Monogramm mit eingestelltem, halbseitig geschachtetem Kreis „Mw“ (Marx Weiß) 39,5 × 24 cm WD
Entwurf für das Rahmenwerk des ehemaligen Hochaltarretabels von St. Martin in Meßkirch
um 1535/38 Feder in Schwarz und Grau, grau und braun laviert auf bräunlichenm Papier (größtenteil dem Umriss folgend ausgeschnitten und in vier Stücken auf cremefarbenes Trägerpapier aufgezogen) 41,6 × 45,8 cm WD
Der Heilige Martin mit Bettler und dem Stifter Gottfried Werner von Zimmern (Abgespaltene Innenseite des linken Drehflügels) 1535/38 Nadelholz 166 × 44 cm WD
Stadtpfarrkirche St. Martin, Meßkirch, bis 1772 Hochaltar, nach 1772 Seitenaltar
27
79
Der Heilige Johannes der Täufer mit der Stifterin Apollonia von Henneberg (Abgespaltene Innenseite des rechten Drehflügels) 1535/38 Nadelholz 166 × 40 cm WD
Sankt Martin, Meßkirch bis 1772, Pariser Kunsthandel vor 1869, Franz von Rinecker 1869–1888, Oberleutnant Wirsing, Würzburg, 1888–1900, Bayerische Staatsgemäldesammlungen ab 1900
n.a.
81
Der Heilige Werner (Abgespaltene Außenseite des linken Drehflügels) 1535/38 Nadelholz 164,5 × 36,6 cm WD
Sankt Martin, Meßkirch bis 1772, Pariser Kunsthandel vor 1869, Franz von Rinecker 1869–1888, Oberleutnant Wirsing, Würzburg, 1888–1900, Bayerische Staatsgemäldesammlungen, ab 1900
Christus vor Kaiphas und die Verleugnung Petri (Kopie nach der Mitteltafel eines ehemaligen Nebenaltarretabels) 1535/40 Öl auf Zinn 34 × 25,7 cm Marx Weiß d.J. WD
Sankt Martin, Meßkirch, Original bis 1772, Anfertigung einer maßstabgetreuen Kopie in der Werkstatt des Meisters von Meßkirch, 3. Viertel des 16. Jahrhunderts, Wien, Erwerb durch Dominique-Vivant Denon für das Musée Napoléon, 1809
43
89
Die Geißelung Christi und Christus vor Pilatus (Mitteltafel eines ehemaligen Nebenaltarretabels) 1535/40 Tannenholz 64 × 66,3 cm WD
Die Heiligen Sebastian und Vitalis (Nicht zusammengehörige, abgespaltene linke und rechte Flügelinnenseiten zweier ehemaliger Retabel, zu einer Tafel montiert) 1535/40 Nadelholz 64 × 42 cm WD
Die Heiligen Märtyrer Johannes und Paulus (Abgespaltene Außenseiten des linken und rechten Drehflügels, zu einer Tafel montiert) 1535/40 Fichtenholz 64 × 41 cm WD
Der kniende Stifter Graf Gottfried Werner von Zimmern – Christus am Ölberg Wildensteiner Altar (Retabel mit Dreh- und Standflügeln in erneuertem Rahmen, doppelseitig bemalter linker Drehflügel) Tannenholz 1536 68,6 × 28,2 cm, allseitig beschnitten, rechts und links Anstückung einer ca. 1 cm breiten Leiste
Die durch Engel bekrönte Muttergottes mit Kind im Kreise der 14 Schutzheiligen des Hauses Zimmern Wildensteiner Altar (Retabel mit Dreh- und Standflügeln in erneuertem Rahmen, Mitteltafel) Tannenholz 1536 64 × 60 cm
Die kniende Stifterin Gräfin Apollonia von Henneberg – Christus am Ölberg Wildensteiner Altar (Retabel mit Dreh- und Standflügeln in erneuertem Rahmen, doppelseitig bemalter rechter Drehflügel) Tannenholz 1536 68,5 × 28,3 cm, allseitig beschnitten, rechts und links Anstückung einer ca. 1 cm breiten Leiste
Christi Abschied von seiner Mutter Wildensteiner Altar (Retabel mit Dreh- und Standflügeln in erneuertem Rahmen, linker Standflügel) Nadelholz 1536 71,8 × 30,7 cm
Die Gefangennahme Christi Wildensteiner Altar (Retabel mit Dreh- und Standflügeln in erneuertem Rahmen, rechter Standflügel) Nadelholz 1536 72,2 × 31 cm
Heinrich Feurstein: Der Meister von Meßkirch im Lichte der neuesten Funde und Forschungen. Urban, Freiburg i.Br. 1933.
Claus Grimm und Bernd Konrad: Die Fürstenbergsammlungen Donaueschingen. Altdeutsche und schweizerische Malerei des 15. und 16. Jahrhunderts. Prestel, München 1990, ISBN 3-7913-1000-3.
Glaube Kunst Hingabe. Johann Baptist Hirscher als Sammler. In: Diözesanmuseum Rottenburg (Hrsg.): Participare. Schriften des Diözesanmuseums Rottenburg. Band1. Jan Thorbecke Verlag, Ostfildern 2015, ISBN 978-3-7995-0690-8.
Staatsgalerie Stuttgart, Elsbeth Wiemann (Hrsg.): Der Meister von Meßkirch. Katholische Pracht in der Reformationszeit. Hirmer, München 2017, ISBN 978-3-7774-2918-2.
↑ abHeinrich Feurstein: Der Meister von Messkirch im Lichte der neuesten Funde und Forschungen. Urban-Verlag, Freiburg im Breisgau 1933, ISBN 978-3-95491-207-0, S.45–74 (KlassikArt, Paderborn, Nachdruck des Originals von 1933).
↑ abGroße Landesausstellung – Der Meister von Meßkirch – Katholische Pracht in der Reformationszeit, 8, Dezember 2017 bis 2. April 2018 in Stuttgart. Beschrieben in: Staatsgalerie Stuttgart, Elsbeth Wiemann (Hrsg.): Der Meister von Meßkirch. Katholische Pracht in der Reformationszeit. Hirmer, Stuttgart 2017, ISBN 978-3-7774-3043-0.
↑Andreas Tacke: Halle - Berlin - Meßkirch. Drei Heiligen- und Passionszyklen von europäischem Rang. In: Staatsgalerie Stuttgart, Elsbeth Wieman (Hrsg.): Der Meister von Meßkirch - Katholische Pracht in der Reformationszeit. Hirmer, Stuttgart 2017, ISBN 978-3-7774-3043-0, S.48–51.
↑Verzeichnis der Gemälde. Fürstlich-Fürstenbergische Sammlungen zu Donaueschingen, Donaueschingen, 4. Auflage 1934 Digitalisat, UB Heidelberg, S. 72, wo berichtet wird, dass Altartafeln als Schmuck eines Himmelbettes genutzt wurden
↑Enno Krüger: Frühe Sammler altdeutscher Tafelgemälde nach der Säkularisation von 1803. In: Katalog der Deutschen Nationalbibliothek. Dissertation, Philosophische Fakultät der Rupprechts-Karls-Universität Heidelberg, ZEGK - Institut für Europäische Kunstgeschichte, 21. Januar 2009, S. 8, abgerufen am 4. Juni 2022.
↑ abStaatsgalerie Stuttgart, Elsbeth Wiemann (Hrsg.): Der Meister von Meßkirch. Katholische Pracht in der Reformationszeit. Hirmer, Stuttgart 2017, ISBN 978-3-7774-3043-0, S.26, 42, 165.
↑Staatsgalerie Stuttgart, Elsbeth Wiemann (Hrsg.): Der Meister von Meßkirch. Katholische Pracht in der Reformationszeit. Hirmer, Stuttgart 2017, ISBN 978-3-7774-3043-0, S.166.
↑Diözesanmuseum Rottenburg (Hrsg.): Glaube – Kunst – Hingabe. Johann Baptist Hirscher als Sammler. Jan Thorbecke, Ostfildern 2015, ISBN 978-3-7995-0690-8, S.13, 69f.
↑Diözesanmuseum Rottenburg (Hrsg.): Glaube – Kunst – Hingabe. Johann Baptist Hirscher als Sammler. Jan Thorbecke, Ostfildern 2015, ISBN 978-3-7995-0690-8, S.13.
↑Diese Tafeln passen eher zu den Drehflügeln des Hochaltarretabels von Sankt MartinWD, also zur Sammlung Laßberg. Die Vermutung liegt nahe, dass das Trennen von Tafelbildern nur von einigen wenigen Werkstätten vorgenommen wurde und Laßberg in diesem Falle auf Abel als Auftragsmittler zurückgegriffen hatte, so dass Abel zwischenzeitlich Zugriff auf die Werke hatte.
↑Diözesanmuseum Rottenburg (Hrsg.): Glaube – Kunst – Hingabe. Johann Baptist Hirscher als Sammler. Jan Thorbecke, Ostfildern 2015, ISBN 978-3-7995-0690-8, S.82ff.
↑Diözesanmuseum Rottenburg (Hrsg.): Glaube – Kunst – Hingabe. Johann Baptist Hirscher als Sammler. Jan Thorbecke, Ostfildern 2015, ISBN 978-3-7995-0690-8, S.87ff.
↑Heinrich Feurstein: Der Meister von Messkirch im Lichte der neuesten Funde und Forschungen. Urban-Verlag, Freiburg im Breisgau 1933, ISBN 978-3-95491-207-0, S.63 (KlassikArt, Paderborn, Nachdruck des Originals von 1933).
↑U. Gaier/H. Weidhase, Joseph Freiherr von Laßberg (1770-1855), in Marbacher Magazin Sonderheft 82/1998, S. 103, zitiert nach Klaus Graf: Joseph von Laßberg und sein Ritterschlag auf der Burg Trifels. Archivalia, 20. Juli 2010, abgerufen am 3. Mai 2022.
↑Claus Grimm und Bernd Konrad: Die Fürstenbergsammlungen Donaueschingen. Altdeutsche und schweizerische Malerei des 15. und 16. Jahrhunderts. Prestel, München 1990, ISBN 3-7913-1000-3, S.25–26.
↑Martin Schongauer, Bartholomäus Zeitblom, Martin Schaffer, Hans Holbein d.Ä., Hans Holbein d.J., Hans Burgkmaier, Christoph Amberger, Albrecht Altdorfer, Albrecht Dürer, Bartel Beham, Hans Baldung Grien, Hans Schäufelein, Matthias Grunewald, Lucas Cranach d.Ä., Lucas Cranach d.J., Hans Memling, Quentin Massys, Jan Massys, Israel can Meckenem, Jan van Scorel, Hugo van der Goes, Joachim Patinir und Lucas van Leyden
↑Melanie Prange: Der „Boisserée Süddeutschlands“: Geschichte und Bedeutung der Kunstsammlung Johann Baptist Hirschers. In: Glaube Kunst Hingabe -Johann Baptist Hirscher als Sammler. Jan Thorbecke Verlag, Ostfildern 2015, ISBN 978-3-7995-0690-8, S.83.
↑EW (Elsbeth Wiemann): Der Wildensteiner Altar, 1536. Katalogtext. In: Staatsgalerie Stuttgart, Elsbeth Wiemann (Hrsg.): Der Meister von Meßkirch. Katholische Pracht in der Reformationszeit. Hirmer, Stuttgart 2017, ISBN 978-3-7774-3043-0, S.132.
↑ abcdefghijklmnopOlaf Siart: Monument des alten Glaubens. Die Ausmalung der Klosterkirche der Zisterzienserinnen von Heiligkreuztal. In: Staatsgalerie Stuttgart, Elsbeth Wiemann (Hrsg.): Der Meister von Meßkirch. Katholische Pracht in der Reformationszeit. Hirmer, Stuttgart 2017, ISBN 978-3-7774-3043-0, S.68–75.
↑ abcStaatsgalerie Stuttgart, Elsbeth Wiemann (Hrsg.): Der Meister von Meßkirch. Katholische Pracht in der Reformationszeit. Hirmer, Stuttgart 2017, ISBN 978-3-7774-3043-0, S.208.
↑ abHeinrich Feurstein: Der Meister von Messkirch im Lichte der neuesten Funde und Forschungen. Urban-Verlag, Freiburg im Breisgau 1933, ISBN 978-3-95491-207-0, S.46 (KlassikArt, Paderborn, Nachdruck des Originals von 1933).
↑Staatsgalerie Stuttgart, Elsbeth Wiemann (Hrsg.): Der Meister von Meßkirch. Katholische Pracht in der Reformationszeit. Hirmer, Stuttgart 2017, ISBN 978-3-7774-3043-0, S.209.