The Trial of the Chicago 7 ist ein dramatischer Spielfilm von Aaron Sorkin, der am 16. Oktober 2020 bei Netflix erschien und von den Chicago Seven erzählt, gegen die 1969 ein Prozess wegen Verschwörung und Aufhetzung angestrengt wurde. Im Rahmen der Oscarverleihung 2021 erhielt der Film in sechs Kategorien eine Nominierung, so als bester Film und für das beste Originaldrehbuch.
Ohne sich persönlich zu kennen und mit unterschiedlichen Beweggründen, aber mit einem gemeinsamen Ziel begeben sich im Jahr 1968 acht Männer nach Chicago, um an Großdemonstrationen gegen den Vietnamkrieg anlässlich des Parteitags der Demokratischen Partei teilzunehmen. Tom Hayden und Rennie Davis sind Mitglieder der Students for a Democratic Society. Der Pazifist Dave Dellinger ist Mitglied von MOBE, dem Nationalen Mobilisierungskomitee zur Beendigung des Krieges in Vietnam. Abbie Hoffman und Jerry Rubin sind Mitglieder der Youth International Party oder Yippies. Lee Weiner sowie John Froines sind nach Chicago gekommen, um für ihre Ideale einzutreten, und Bobby Seale von den Black Panthers kommt nur wenige Stunden zu den Demonstrationen, um hier eine Rede zu halten.
Eigentlich sollen die von der Hippie-Kultur geprägten Demonstrationen rund um den Parteitag friedlich ablaufen. Doch aufgrund des Vorgehens der Polizei, die eine Ausgangssperre verhängt, eskaliert die Veranstaltung. Es kommt fünf Tage und Nächte lang zu Krawallen, bei denen Hunderte Menschen, teils Demonstranten, teils aber auch Journalisten, die über die Vorfälle berichten wollen, durch Tränengas und die von den Polizisten eingesetzten Schlagstöcke verletzt werden.
Monate später finden sich sieben der Männer, die eigentlich mit friedlichen Mitteln gegen den Einsatz von US-Soldaten im Vietnamkrieg demonstrieren wollten, vor Gericht wieder, ebenso auch Bobby Seale. Der von Präsident Richard Nixon neu eingesetzte Justizminister John Mitchell sieht in ihnen die vermeintlichen Rädelsführer der Unruhen. Während Mitchell für den Fall Richard Schultz und Thomas Foran beauftragt hat, werden die sieben Männer vor Gericht von den Bürgerrechtsanwälten William Kunstler und Leonard Weinglass vertreten.
Es zeigt sich bald, dass der vorsitzende Richter Julius Hoffman voreingenommen ist. Bobby Seales Antrag, den Prozess zu vertagen, da sein Anwalt erkrankt ist, wird abgelehnt, ebenso sein späterer Antrag, sich selbst verteidigen zu dürfen. Eine Verteidigung durch Kunstler lehnt er ab. Als er immer wieder zu sprechen versucht, lässt ihn der Richter schließlich von Wachtmeistern abführen, die ihn zusammenschlagen und gefesselt und geknebelt wieder in den Saal bringen. Schultz beantragt daraufhin die Abtrennung und Einstellung des Verfahrens gegen ihn als fehlerhaft. Der Richter muss dem stattgeben. Die Angeklagten verweigern Hoffmann, sich bei dessen Abgang zu erheben, außer Hayden, der reflexartig aufsteht.
Kunstler ruft den ehemaligen Justizminister Ramsey Clark in den Zeugenstand, dessen Vernehmung der Richter nur ohne Anwesenheit der Geschworenen gestattet. Clark sagt aus, eine Untersuchung seines seinerzeitigen Ministeriums sei zu der Auffassung gelangt, dass nicht die Demonstranten, sondern die Polizei die Ausschreitungen zu verantworten hatte. Eine Anklageerhebung sei daher seinerzeit abgelehnt worden. Der Richter gibt dem Einwand des Staatsanwaltes statt, wonach es nur auf die Sichtweise des jetzigen Ministeriums ankomme, und entlässt den Zeugen, ohne die Jury zu informieren.
Schließlich werden fünf der sieben Angeklagten schuldig gesprochen. Hayden wird es gestattet, vor Verkündung des Strafmaßes eine Erklärung abzugeben. Er verliest unter Protest des Richters die Namen der über 4.752 US-amerikanischen Soldaten, die seit Prozessbeginn in Vietnam gefallen sind.[2] Während einige Zuschauer den Gerichtssaal verlassen, erheben sich andere mit den Angeklagten aus Respekt vor den Gefallenen. Schließlich erhebt sich auch Schultz.
Produktion
Entwicklung und Stab
Aaron Sorkin, der Regie führte, hatte bereits im Jahr 2007 das Drehbuch geschrieben, das vom Prozess gegen die Chicago Seven handelt.[3] Ursprünglich wollte Steven Spielberg Regie führen. Nach einem Streik der Writers Guild of America, der im November 2007 begann und 100 Tage dauerte, wurde das Projekt ausgesetzt. Im Oktober 2018 wurde Sorkin als neuer Regisseur bekannt gegeben.[4] Im Dezember 2018 wurde der Film aus Budgetgründen abermals ausgesetzt, bis Paramount Pictures schließlich die Vertriebsrechte erwarb.[5]
Die Filmmusik komponierte Daniel Pemberton.[20] Das Soundtrack-Album mit insgesamt 17 Musikstücken wurde am 16. Oktober 2020 von Varese Sarabande als Download veröffentlicht. Eine Veröffentlichung auf CD erfolgte am 20. November 2020.[21] Als vorletztes Stück auf dem Soundtrack-Album enthalten ist Hear My Voice, gesungen und mitgeschrieben von der britischen Singer-Songwriterin Celeste und während des Abspann des Films zu hören, das von Polydor Records am 8. Oktober 2020 vorab als Download veröffentlicht wurde.[22] Zeitgleich wurde ein Video zu Hear My Voice veröffentlicht.[23] Im Februar 2021 wurde Hear My Voice als einer von 15 Songs in eine Vorauswahl der Academy of Motion Picture Arts and Sciences für die Oscarverleihung 2021 aufgenommen.[24]
Mitte September 2020 wurde der erste Trailer vorgestellt.[25] Der Film sollte ursprünglich am 25. September 2020 in ausgewählte US-Kinos kommen und am 16. Oktober 2020 landesweit starten.[26] Aufgrund der COVID-19-Pandemie wurden die Filmrechte an Netflix für 56 Millionen US-Dollar verkauft. Nach einem limitierten Kinostart in den USA am 25. September 2020 erschien der Film am 16. Oktober 2020 und damit noch vor der Präsidentschaftswahl in den Vereinigten Staaten 2020 im November bei dem Streaminganbieter.[27][28] Neben der Veröffentlichung bei Netflix wird der Film ab 1. Oktober 2020 in ausgewählten deutschen Kinos gezeigt, ebenso in der Schweiz. In Österreich startete der Film am 2. Oktober 2020 in ausgewählten Kinos.[29][30]
Am 19. Februar 2021 lud Netflix den Film für 48 Stunden frei verfügbar auf YouTube hoch.[31]
Rezeption
Altersfreigabe
In den USA erhielt der Film von der MPAA ein R-Rating, was einer Freigabe ab 17 Jahren entspricht.[32] In Deutschland wurde der Film von der FSK ab 16 Jahren freigegeben. In der Freigabebegründung heißt es, der Film sei in erster Linie ein Gerichtsdrama, das seine Dramatik vor allem aus den Dialogen bezieht. Vereinzelt gebe es jedoch Szenen teils drastischer Gewalt, insbesondere bei den Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Demonstranten. Dabei werden auch Minderjährige Opfer von Gewalt und Einschüchterung. Diese Szenen seien emotional intensiv, würden aber nicht reißerisch ausgespielt, zudem würden die Gewalthandlungen in keiner Weise verherrlicht, sondern kritisiert.[33]
Kritiken
Der Film wurde von 90 Prozent aller bei Rotten Tomatoes erfassten Kritiker positiv bewertet und erreichte hierbei eine durchschnittliche Bewertung von 7,8 der möglichen 10 Punkte.[34] Bei Metacritic erhielt der Film einen Metascore von 76 von 100 möglichen Punkten.[35] Durch die Bank weg wurde dabei hervorgehoben, der Film sei hervorragend besetzt.[36][37][38]
Eric Kohn von IndieWire hebt dabei Sacha Baron Cohen hervor, der seinen Kollegen die Show stehle und einen ansonsten bühnenhaft wirkenden Film in etwas weitaus Überzeugenderes verwandele. Da er in der Rolle von Abbie Hoffman wie auch Jerry Rubin, gespielt von Jeremy Strong, von Anfang an wusste, dass sie „verarscht werden“, versuchten sie den Gerichtssaal zum Lachen zu bringen. Den Regisseur Aaron Sorkin nennt Kohn den amtierenden Maestro des Gerichtsfilms, der die Regeln dieses Spiels kenne, das er wie ein Profi spiele. Er sei sich des Potenzials dieser Materie bewusst gewesen, habe sich in diese eingelebt, und der genutzte wortreiche Schreibstil passe zu ihm.[39]
Stephanie Zacharek vom Magazin Time schreibt, The Trial of the Chicago 7 sei so flott wie andere Filme, für die Sorkin die Drehbücher schrieb, so Moneyball (2011) und Der Krieg des Charlie Wilson (2007), aber auch so scharfsinnig wie The Social Network (2010). Das Beste jedoch sei, dass er aus jedem einzelnen Schauspieler in dieser riesigen Besetzung das Beste herausholt, was dieser zu bieten hat. Jeder Charakter werde mit lupenreiner Klarheit dargestellt, und selbst das langsam aufkeimende Misstrauen zwischen bestimmten Mitgliedern der Gruppe wie die Verachtung des Intellektuellen Abbie Hoffman für die „Hayden-Shows“ sei fest in den Stoff des Films eingewoben: „Jedes Detail ist am Ende von Bedeutung“.[40]
Kathrin Häger schreibt in ihrer Kritik für den Filmdienst, so unterschiedlich Hoffman und Hayden als diese beiden Wortführer der Rebellion auch seien, in der gegenseitigen, abwertenden Unterschätzung glichen sie sich. Gewohnt stark erweise sich Sorkin im Etablieren einer eingeschworenen Gemeinschaft, deren Mitglieder sich untereinander kabbeln, während sie sich gegen den immensen Druck von außen wappnen: „Rasanter Aufstieg, tiefer Fall – und dann die umso größere Katharsis.“ Sorkin gelinge es auch, die Anschlusspunkte zwischen dem Hier und Jetzt mit der Friedens- und Bürgerrechtsbewegung von damals zu verknüpfen, und im Grunde sei der Film „zutiefst patriotisch, aber im positiven und die Gesellschaft befriedenden Sinne.“[8]
Roger-Ebert-Kritiker Brian Tallerico bemerkt, der Zeitpunkt der Veröffentlichung des Films, da die Gesetze gegen Protestbewegungen in den USA an Bedeutung gewinnen und eine der wichtigsten Wahlen in der Geschichte des Landes am Horizont steht, sei kein Zufall. Sorkin und Netflix hätten die Aktualität ihres Projekts verstanden. Der Film solle zu Gesprächen darüber führen, wie weit man seit den Unruhen von 1968 und dem anschließenden Prozess gegen die Männer in Chicago gekommen sei, denen vorgeworfen wird, sie hätten sich verschworen, um Gewalt auf den Straßen zu provozieren. Dennoch findet Tallerico den Film zu poliert: „es gibt keinen Schmutz unter den Fingernägeln, selbst nicht bei Jerry und Abbie.“ Hierdurch habe der Film nicht die emotionale Wirkung, die er haben sollte.[36]
Auszeichnungen (Auswahl)
Vom American Film Institute wird The Trial of the Chicago 7 zu einem der zehn „Movies of the Year 2020“ gezählt.[41] Der Film befindet sich auch in der Vorauswahl für die British Academy Film Awards 2021. Im Folgenden eine Auswahl weiterer Nominierungen und Auszeichnungen.