Der Stadtbezirk entstand 1956 in seiner heutigen Ausdehnung aus dem gleichnamigen Stadtteil Stuttgart-Süd einschließlich des seinerzeit nicht mehr abgegrenzten Wohnbezirks Heslach und dem Stadtteil Kaltental.
Bei der Neugliederung der Stadtteile im Jahre 2001 wurde der Stadtbezirk Stuttgart-Süd in die sechs Stadtteile Bopser, Lehen, Weinsteige, Karlshöhe, Heslach und Südheim aufgeteilt, so dass der Stadtbezirk seither einschließlich des Stadtteils Kaltental aus sieben Stadtteilen besteht.
Geschichte
1350 erstmals erwähnt wurde die Alte Weinsteige, ein extrem steiler Karrenweg, den der gesamte Frachtfuhrwerksverkehr von Stuttgart nach Süden in Richtung Tübingen nehmen musste. Bis zu 16 Pferde waren als Vorspann nötig, um die Steigung zu bewältigen.
Um den stark angewachsenen Verkehr zu bewältigen, wurde zwischen 1826 und 1831 die Neue Weinsteige, eine breite Panoramastraße, durch Oberbaurat Gottlieb Christian Eberhard von Etzel erbaut. Seit 1884 fährt die Zahnradbahn entlang der Alten Weinsteige.
Heslach
Einer Sage nach wurde der württembergische Herzog Ulrich von Württemberg auf der Flucht aus Stuttgart anno 1518 von den Heslachern verraten. Als er zurückkehrte, mussten die Heslacher zur Strafe sonntags zum Kirchgang blaue Strümpfe tragen – daher ihr OrtsnecknameBlaustrümpfler.
Der Name „Heslach“, 1334 als Haslach erstmals erwähnt, 1350 Haselach, 1393 Häslach,[1] entwickelte sich aus dem Namen des heute verdolten Haselbachs.
Bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts lebten die Heslacher überwiegend vom Weinbau (→ Weinbau in Stuttgart). Noch zur Jahrhundertwende bestand der Südhang des Hasenberges aus drei großen Weinberglagen, die heute nur noch in Straßennamen fortleben: Afternhalde, Wanne und Gebelsberg. Seit der Gründerzeit füllte sich der Talkessel schnell mit Mietshäusern. Aus Anlass des 25-jährigen Kronjubiläums von König Karl I. von Württemberg trug Heslach ab 1889 vorübergehend den Namen Karlsvorstadt.
Am 1. September 1879 erhielt Heslach durch den Haltepunkt Stuttgart-Heslach am Kilometer 9,4 der Gäubahn einen Anschluss ans Eisenbahnnetz. Die Station am Rande Heslachs, weit oberhalb der eigentlichen Siedlung, wurde am 29. Mai 1960 wieder aufgelassen; eine kurze Blüte erlebte sie in den Jahrzehnten vor und nach dem Krieg durch die aus Böblingen und der Umgebung nach Heslach pendelnden Arbeiter, die bei dem Zeiss-IkonContessa-Werk in der Dornhalde Arbeit gefunden hatten; damals gab es eine Pferdekutschen-Verbindung für die Arbeiter und Angestellten des Contessa-Werkes in der Dornhaldenstraße hinauf zum Haltepunkt Heslach, vom Unternehmen Zeiss-Ikon eingerichtet. Zeiss-Ikon hatte das Contessa-Werk in der Dornhaldenstraße nach dem Krieg nochmals deutlich erweitert und an dem einzigen nach dem Krieg unzerstörten Kamera-Produktionsstandort von Zeiss-Ikon in Heslach die brachliegende Kamera-Produktion ab 1948 wieder aufgenommen. Die nahe einfache Wohnsiedlung „Eiernest“ wurde von 1926 an durch die Stadt Stuttgart im Zuge der Notstandsarbeiten für städtische Arbeiter und Angestellte errichtet.
Ein weiteres Bauwerk ist der 125 Meter lange Schwabtunnel, dieser wurde in den Jahren 1894 bis 1896 unter dem Stadtbaurat Carl Kölle erbaut und verbindet die Stuttgarter Stadtbezirke Süd und West. Der 10,50 Meter breite und 8,50 Meter hohe Straßentunnel unterquert hierbei sowohl die Wannenstraße als auch die Hasenbergsteige (seinerzeit die Hauptverkehrsachse in Richtung Birkenkopf), an dessen höchster Stelle bis zu seiner Sprengung im Kriegsjahr 1943 der Hasenbergturm als höchste Erhebung im Stuttgarter Süden stand, und stellt die Verbindung zwischen der Schwabstraße im Stuttgarter Westen mit der Schickhardtstraße im Süden her.
Zum Zeitpunkt seiner Eröffnung am 29. Juni 1896 war der Schwabtunnel der breiteste und einer der ersten innerstädtischen Tunnel Europas. Zudem ist er der erste Tunnel der Welt, der von Automobilen befahren wurde. Durch den Tunnel führen zwei Fahrspuren (eine je Richtung) sowie rechts und links der beiden Fahrbahnen jeweils ein abgesetzter Gehweg. Beiderseits der in barockem Sandstein verzierten Tunnel-Portale befinden sich Treppenaufgänge zu den weiter oben gelegenen Teilen Heslachs wie der Karlshöhe und der Hasenbergsteige, die als Zugang/Zufahrt zum hochgelegenen Birkenkopf dient, der nach seiner Aufschüttung mit Kriegs-Bauschutt („Scherbelino“) und der vorhergehenden Sprengung des Hasenbergturms nunmehr den höchsten Punkt des südlich gelegenen Hasenbergs oberhalb der Gäubahn bei Heslach darstellt.
Südheim
Der Südheimer Platz entstand mit der Siedlung Südheim (1901–1903) nördlich des Alten Schützenhauses (1895), beide erbaut vom Stuttgarter Architekten Karl Hengerer. Vom Südheimer Platz aus verbindet bereits seit 1929 die Standseilbahn Stuttgart Heslach mit dem höher gelegenen Waldfriedhof.
Die östliche Randbebauung entstand gegen 1928, darunter auch die heute denkmalgeschützte Siedlung Ziegelklinge im Bauhausstil. Heute stehen die Südheim-Siedlung als städtebauliche Gesamtanlage und Sachgesamtheit wie auch das Alte Schützenhaus unter Denkmalschutz. Bis in die 1970er Jahre befand sich am Südheimer Platz auch ein kleines Straßenbahn-Depot der SSB, der „Betriebshof Südheim“, welcher heute verlegt worden ist zur anschließenden SSB-Haltestelle Vogelrain und an dessen Stelle sich heute die Senioren-Residenz Hohentwiel am unteren Ende der Hohentwielstraße befindet. Erwähnt werden sollte ebenfalls, dass das neben der SSB-Haltestelle Vogelrain – an der B 14 liegende – markante Bauknecht-Hochhaus das einzige Hochhaus in der „Frischluftschneise nach Kaltental“ geblieben ist.
Kaltental
Burg Kaltental, nach der der Stadtteil Kaltental benannt wurde, wurde 1125 erstmals urkundlich erwähnt. Nach der teilweisen Zerstörung der Burg zogen die Herren, später auch Burggrafen von Kaltental nach Aldingen am Neckar. Die wieder aufgebaute Burg wechselte daraufhin immer wieder ihre Besitzer, bis sie nach zunehmenden Verfall ab 1796 abgetragen wurde. Um die Burg entwickelten sich ursprünglich drei Siedlungen, die später zu Kaltental zusammengeschlossen wurden: „Unterweiler“ in der Nesenbachaue, „Oberweiler“, wo sich heute die Grundschule und die ev. Kirche befinden und „Schloßberg“ zwischen Burgstraße, Schloßbergstraße und Burggrafenweg mit der früheren Burg Kaltental, wo seit 1932 die katholische Kirche St. Antonius steht. 1809 wurde die Kaltental durchschneidende Verbindungsstraße von Stuttgart nach Vaihingen entlang des Nesenbachs gebaut. 1922 wurde Kaltental eingemeindet.
Die Aktennotiz von Graf Eberhard im Bart „Der von Kaltental glaubt das nicht“ wurde zum Markenzeichen der Kaltentaler. Überregional bekannt wurde Kaltental durch das Lied Oh Anna Scheufele aus Kaltental („Mir schmeckt koi Veschber meh’, Seit i dees Mädle gseh’“). In dem Lied besingt der Humorist Werner Veidt die Kunstfigur der Anna Scheufele, „e pfondigs Bolleweib, mit ‚sex appeal‘ im Leib“.
Wappen
Blasonierung: „In Rot ein zehnendiges silbernes Hirschgeweih mit silbernem Grind.“
Wappenbegründung: Das Wappen wurde 1912 angenommen und orientiert sich am Wappen der Herren von Kaltental, die im frühen Mittelalter im Dorf lebten. Das Dorf benutzte früher ein Siegel, aber das Bild auf dem Siegel ist nicht mehr bekannt.
Die Ergebnisse der Gemeinderatswahlen in den Stadtbezirken sind maßgebend für die Anzahl der Sitze der Parteien in den Bezirksbeiräten. Die letzte Kommunalwahl von 2024 ergab die in der nebenstehenden Grafik abgebildeten Stimmenanteile und die folgende Verteilung der 16 Sitze des Bezirksbeirats.[3]
Städtische Einrichtungen
Schulen
In Stuttgart-Süd gibt es fünf Grundschulen, die Lerchenrainschule, die Heusteigschule, die Marienschule (früher Römerschule), die Wilhelm-Hauff-Schule und die Grundschule Kaltental. Weiterführende Schulen sind das Schickhardt-Gymnasium und die Schickhardt-Realschule, das Evangelische Mörike-Gymnasium und die Evangelische Mörike-Realschule, das Karls-Gymnasium und die Kaufmännische Schule Süd. Daneben existieren zwei Sonderschulen, die Immenhoferschule für Schwerhörige und die Lehenschule (Förderschule). Zudem gibt es die private Torwiesenschule der Diakonie Stetten e.V für Grund-, Realschülerinnen und -schüler sowie Schülerinnen und -schüler mit einer geistigen Behinderung und ein Hort.
Bürgerbüro
Bürgerbüro 4 Süd (Bürgerservicezentrum Süd, Jella-Lepman-Straße 3, 70178 Stuttgart)
Altes Feuerwehrhaus Heslach, erbaut 1887/1888 als ehemalige Feuerwache mit Turnhalle und Steigerturm von Architekt Stadtbaurat Emil Mayer. Das Gebäude wurde bis 1920 als Feuerwehrhaus genutzt, danach waren ein Knabenhort, ein Waisenhaus und eine Suppenküche untergebracht. Dient heute als Veranstaltungssaal und Gemeinwesenzentrum.
Heslacher Friedhof im Zentrum von Heslach mit Benckendorff-Grabkapelle von 1823 in Form eines griechischen Rundtempelchens mit Kuppel und zwei ionischen Säulen von Giovanni Salucci. Auf diesem Friedhof befinden sich auch die Gräber prominenter politischer Hitler-Gegner und Widerstandskämpfer: Anton Hummler, Fritz Rau und Jakob Weimer.[4]
Kaltentaler Friedhof in der Feldbergstraße, mit Gedenkstein zu Ehren der Verstorbenen des Wichernhauses
Blick über Heslach zur Karlshöhe, dahinter Stuttgart-West
Heslacher Friedhof
Matthäuskirche
Literatur/Heimatbücher
Kaltenthal. In: Karl Eduard Paulus (Hrsg.): Beschreibung des Oberamts Stuttgart, Amt (= Die Württembergischen Oberamtsbeschreibungen 1824–1886. Band28). J. B. Müller, Stuttgart 1851, S.169–174 (Volltext [Wikisource]).
Siegfried Bassler, unter Mitarbeit von Stefan Hammer: Heimatbuch Heslach. 3. Auflage. Adolphi, Stuttgart 1987. (208 Seiten: Ill. und Kt. – behandelt die Geschichte des Ortes ab der Vor- und Frühgeschichte mit einem Schwerpunkt auf der Sozial- und Wirtschaftsgeschichte).
↑Helmut Dölker: Die Flurnamen der Stadt Stuttgart in ihrer sprachlichen und siedlungsgeschichtlichen Bedeutung (= Tübinger Germanistische Arbeiten, Band 16). Stuttgart 1933, S. 140.
↑Gedenkstätten für die Opfer des Nationalsozialismus. Eine Dokumentation, Band 1. Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 1995, ISBN 3-89331-208-0, S. 90.