Neukirchen liegt am Südwesthang des Knüllgebirges am Rand der Landschaft Schwalm. Durchflossen wird es von der Grenff, in die oberhalb Neukirchens der Buchenbach und im Ort die Urbach münden.
Die nächsten größeren Städte mit Funktionen eines Ober- bzw. Mittelzentrums sind Kassel (etwa 60 km nördlich), Marburg (etwa 40 km westlich), Fulda (etwa 60 km südöstlich) und Bad Hersfeld (etwa 25 km östlich).
Neukirchen wurde erstmals im Jahr 1142 in einer Urkunde der Abtei Hersfeld erwähnt. Von 1331 bis 1867 war Neukirchen Sitz des ziegenhainischen bzw. ab 1450 landgräflich-hessischenAmts Neukirchen. 1368 wurden dem Ort die Stadtrechte verliehen. Im Mittelalter wurde die Stadt mehrmals von Bränden heimgesucht; der Brandkatastrophe von 1533 fielen drei Viertel der Häuser zum Opfer.
Im Dreißigjährigen Krieg kam es am 15. November 1640 wenige hundert Meter nordwestlich des Stadtteils Riebelsdorf zu dem schweren Gefecht am Riebelsdorfer Berg zwischen weimaranischen Truppen, verstärkt durch ein französisches Bataillon und das Ziegenhainer Bürgerkorps, einerseits und kaiserlichen Truppen unter General Johann Rudolf von Breda andererseits, bei dem die zahlenmäßig überlegenen Kaiserlichen eine Niederlage erlitten und Breda mit 300 seiner Leute das Leben verlor. Der Überlieferung nach wurde Breda durch einen Schuss des Kapitäns Velten Muhly, Kommandant der 1539 gegründeten Ziegenhainer Bürgerwehr, getötet.[3] Im Jahr 1843 errichteten Ziegenhainer Bürger an der Stelle, wo Breda fiel, an der B 454, einen Obelisk; an dem Platz, an dem Velten Muhly auf Breda geschossen haben soll, steht seither eine schlanke Steinsäule.
Eine jüdische Gemeinde bestand in Neukirchen vom 17. Jahrhundert bis zu ihrer Vernichtung während der NS-Zeit. 1777 lebten in Neukirchen 28 Juden.[4]
Der Friedhof der untergegangenen Gemeinde liegt an der Schwarzenborner Straße wenige hundert Meter nordöstlich der Altstadt (50° 52′ 18″ N, 9° 20′ 48″ O50.87189.34675); er enthält heute noch rund 100 Grabsteine. Seit März 2014 nimmt Neukirchen am sogenannten „Stolpersteine“-Projekt teil: Liste der Stolpersteine in Neukirchen (Knüll).
Von 2000 bis 2022 trug die Kernstadt Neukirchen das Prädikat Kneippheilbad. Als Folge der Nichterfüllung mehrerer Kriterien wurde die Auszeichnung aberkannt. Die Kernstadt Neukirchen wird künftig als Kneippkurort geführt.[6] Es bleibt darüber hinaus weiterhin Luftkurort.[7]
Am 18. Juni 2016 ertranken drei Kinder in einem Teich im Stadtteil Seigertshausen.[13] Gegen den Bürgermeister der Gemeinde Neukirchen wurde am 7. September 2018 Anklage wegen fahrlässiger Tötung erhoben, weil er den Teich unzureichend gesichert und damit zum Tod der Kinder beigetragen haben soll.[14] Im Februar 2020 sprach das Amtsgericht Schwalmstadt eine Verwarnung mit Strafvorbehalt aus, wobei sich das Gericht eine Verhängung einer Geldstrafe von 12.000 Euro innerhalb von zwei Jahren vorbehielt, zudem sollte der Bürgermeister 4000 Euro an eine gemeinnützige Stiftung zahlen.[15] Auf die Berufung der Staatsanwaltschaft verschärfte das Landgericht Marburg das Urteil und verurteilte den Bürgermeister zu einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen (insgesamt 14.400 Euro); die Berufung des Bürgermeisters wurde verworfen.[16] Gegen das Urteil legten sowohl der Bürgermeister als auch die Staatsanwaltschaft Revision zum Oberlandesgericht Frankfurt am Main ein.[17] Auf die Revision des Bürgermeisters hob das Oberlandesgericht Frankfurt am 27. November 2023 das Urteil des Landgerichts Marburg auf und sprach den Bürgermeister rechtskräftig vom Vorwurf der fahrlässigen Tötung frei. Das Gericht sah es nicht als erwiesen an, dass Sicherungsmaßnahmen am Teich das Unglück hätten verhindern können.[18]
Nach der hessischen Kommunalverfassung wird der Bürgermeister für eine sechsjährige Amtszeit gewählt, seit dem Jahr 1993 in einer Direktwahl, und ist Vorsitzender des Magistrats, dem in der Stadt Neukirchen neben dem Bürgermeister ehrenamtlich ein Erster Stadtrat und neun weitere Stadträte angehören.[23] Bürgermeister ist seit dem 21. November 2020 der parteiunabhängige Marian Knauff, der bis dahin büroleitender Beamter und Kämmereileiter der Stadtverwaltung war.[24] Er wurde als Nachfolger von Klemens Olbrich, der nach fünf Amtszeiten nicht mehr kandidiert hatte, am 1. November 2020 im ersten Wahlgang ohne Gegenkandidaten bei 45,4 Prozent Wahlbeteiligung mit 95,0 Prozent der Stimmen gewählt.[25]
Für die stadtteile Asterode, Christerode, Hauptschwenda, Nausis und Wincherode, Neukirchen, Riebelsdorf, Rückershausen und Seigertshausen bestehen Ortsbezirke nach Maßgabe der §§ 81 und 82 HGO und des Kommunalwahlgesetzes in der jeweils gültigen Fassung. Die Ortsbeiräte bestehen aus fünf bis neuen Mitgliedern. Der Ortsbeirat des Ortsbezirks wird im Rahmen der Kommunalwahlen gewählt und bestimmt aus seiner Mitte den/die Ortsvorsteher/in. Die Ortsbezirksgrenzen entsprechen den Gemarkungen der eingegliederten ehemaligen Gemeinden.[11]
Bei der Kommunalwahlen in Hessen 2021 betrug die Wahlbeteiligung zum Ortsbeirat Neukirchen 40,75 %. Es erhielten die SPD mit 24,77 % der Stimmen zwei Sitze, die CDU mit 30,21 % drei Sitze, die FDP mit 13,36 einen Sitz, die „Unabhängige Bürgerliste“ mit 15,34 % einen Sitz, das Bündnis 90/Die Grünen mit 8,94 % einen Sitz und die „Freien Wähler“ mit 7,39 % einen Sitz.[27] Der Ortsbeirat wählte Peter Jöckel (CDU) zum Ortsvorsteher.[28]
Von 1959 bis 2002 bestand abgelegen im Wald zwischen Neukirchen und Hauptschwenda das Reha-Centrum Urbachtal, das auf die Krebsdiagnostik und -behandlung spezialisiert war. Die nach der Insolvenz noch heute leerstehenden Gebäude sind dem Verfall und Vandalismus überlassen.
Sport
Überregional bekannt wurde Neukirchen durch die 1. Fußballmannschaft des SC Neukirchen, die von 1995 bis 1999 in der Regionalliga spielte.
Seit 2007 gibt es im Wald zwischen Seigertshausen und Neukirchen einen Nordic-Walking-Park mit vier unterschiedlich langen Strecken quer durch den Neukircher Wald.
Der „Bahnradweg Rotkäppchenland“ verbindet die Landschaft der Schwalm in Treysa mit dem Fuldatal in Niederaula. Der ca. 60 km lange Radweg führt direkt am südlichen Stadtrand Neukirchens vorbei. Im August 2022 wurde am Bahnradweg Rotkäppchenland auf dem Gelände eines ehemaligen Sportplatzes ein Pumptrack und Bikepark eröffnet.[32]
Vereine
Über die Grenzen der Region hinaus hat der Steno- und Maschinenschreibverein Neukirchen die Stadt bekannt gemacht. Die Mitglieder des Vereins beteiligten sich an mehreren Weltmeisterschaften, wurden mehrmals deutscher Einzel- und Mannschaftsmeister und stellen zahlreiche Hessenmeister (Einzel- und Mannschaftswettbewerbe).
Wirtschaft und Infrastruktur
Pro Neukirchen e. V.
Die Wirtschaftsvereinigung, die seit 2006 Pro Neukirchen e. V. heißt, hat die Entwicklung der Stadt zum Ziel – jedoch nicht nur in wirtschaftlicher, sondern auch kultureller und touristischer Hinsicht.[33]
Barbara Greve Eine kleine Stadt in Hessen – Neukirchen, die Juden und der Nationalsozialismus. (kobra.uni-kassel.de).
Historische Quellen
Das Stadtarchiv Neukirchen wird im Hessischen Staatsarchiv Marburg aufbewahrt (Bestand 330 Neukirchen). Der Bestand ist nahezu vollständig erschlossen und ist online recherchierbar.[34]
↑Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung: 81. Sitzung des Fachausschusses für Kurorte, Erholungsorte und Heilbrunnen in Hessen vom 13. Oktober 2015. Staatsanzeiger für das Land Hessen 7/2016 Seite 218
↑Gemeindegebietsreform in Hessen: Zusammenschlüsse und Eingliederungen in Hessen vom 14. Dezember 1971. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1972 Nr.01, S.5, Punkt 8; Abs. 46. (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 4,9MB]).