Die Jura-Simplon-Bahn (JS oder J-S), kurz Jura-Simplon, französisch Compagnie des Chemins de fer Jura-Simplon, war eine Eisenbahngesellschaft in der Schweiz. 1903 wurde sie als damals grösstes Bahnunternehmen der Schweiz verstaatlicht und in die SBB integriert.
Die Jura-Simplon-Bahn (JS) entstand am 1. Januar 1890 durch die Fusion der beiden wichtigsten Westschweizer Bahngesellschaften Jura-Bern-Luzern (JBL), einschliesslich der dem Kanton Bern gehörenden Linie Gümligen–Luzern, und Suisse-Occidentale-Simplon (SOS). Am Zusammenschluss beteiligte sich durch freihändigen Aktienkauf auch der Bund. Am 1. Januar 1891 wurde die von den SOS betriebene Pont-Vallorbe-Bahn angekauft.
Das Grundkapital der neuen Gesellschaft wurde aus 52 Millionen Franken Vorzugsaktien und 34 Millionen Stammaktien gebildet. Die Vorzugsaktien setzen sich zusammen aus 38 Millionen bisheriger Aktien der JBL und 14 Millionen der SOS. Der Nominalwert der SOS-Stammaktien wurde von 500 auf 200 Franken reduziert und der dadurch freigestellte Betrag von 52,4 Millionen Franken zu Abschreibungszwecken verwendet. Der Bund erhielt das Recht für einen Rückkauf der JS.
Bau des Simplontunnels
Obwohl die Jura-Simplon-Bahn nur 13 Jahre lang als Bahngesellschaft bestand, verhalf sie den jahrzehntelangen Bemühungen Berns und der Westschweiz zum Bau des Simplontunnels von Brig nach Iselle in Italien zum Durchbruch. Die Studien für den Bau des Tunnels waren schon von den SOS den eidgenössischen und kantonalen Behörden vorgelegt worden. 1891 legte die JS als junger, unternehmerischer Bahnkonzern dem Bundesrat ein definitives Projekt für einen Simplontunnel vor.
Am 25. November 1895 war der Staatsvertrag mit Italien für den Bau des bis dahin längsten Tunnels der Welt unter Dach und Fach. Die Baukosten für den einspurigen Tunnel wurden auf 58'820'000 Franken veranschlagt. Der Staatsvertrag verpflichtet die Schweiz zu 15 Millionen Franken Subventionen und Italien zu 4 Millionen. Italien war im Verwaltungsrat der JS mit vier Mitgliedern vertreten. 1898 begannen die Bauarbeiten an diesem 19’803 Meter langen Tunnel.
Betrieb
Die Jura-Simplon-Bahn besorgte den Betrieb etlicher anderer Bahnlinien:
Am 14. Juni 1891 war die Jura-Simplon-Bahn von der bis anhin grössten Eisenbahnkatastrophe der Schweiz betroffen. Beim Eisenbahnunfall von Münchenstein brach unter einem aus Basel kommenden Extrazug die von Gustave Eiffel erbaute Eisenbahnbrücke über die Birs unterhalb des Dorfes Münchenstein zusammen.[3] 73 Passagiere kamen dabei ums Leben, 171 wurden verletzt. Ein Soldat starb an den Verletzungen, die er sich bei den Aufräumarbeiten zugezogen hatte. Das Unglück führte zu einer strengeren Aufsicht über die Eisenbahnen. Die Eisenbahnbrücken wurden systematisch untersucht und erste Baunormen geschaffen.[4]
Beim Eisenbahnunfall von Zollikofen prallte am 17. August 1891 in Zollikofen ein Schnellzug Bern–Paris auf einen vor dem geschlossenen Einfahrsignal wartenden Extrazug. Durch den Aufprall wurden 14 Reisende des Extrazuges getötet und 122 verletzt. Der Unfall wurde durch Fehler verschiedener Betriebsstellen verursacht. Dem Schnellzug wurde die Fahrt in einen belegten Zugfolgeabschnitt freigegeben. Durch die ausgeschaltete Druckluftbremse verminderte sich zudem die Bremswirkung.[5][6]
Trotz den Investitionen in den Bau des Simplontunnels konnte die JS alljährlich eine Dividende ausschütten.
Zug mit einer B 3/4 am Ufer des Genfersees, im Hintergrund Savoyer Alpen.
Zwei Beamte der JS im Stationsbüro von Kaiserstuhl.
Die Jura-Simplon-Bahn machte mit einer Reihe von Plakaten Werbung. Ein Teil davon stammte von Hugo d’Alési.
Verstaatlichung
Noch während des Baus des Simplontunnels wurde in der Volksabstimmung vom 20. Februar 1898 die Verstaatlichung der Jura-Simplon-Bahn und der anderen vier Hauptbahnen beschlossen. Die Jura-Simplon-Bahn wurde am 1. Mai 1903 von den Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) übernommen, die den Simplontunnel im Jahre 1906 vollendeten.
Grafische Zusammenfassung
Übersicht über die Geschichte der Jura-Simplon-Bahn (E: Eröffnung; Ü: Übernahme):
Die Bahnhöfe Basel, Bern und Bahnhof Luzern der Centralbahn (SCB) sowie der Bahnhof Genf-Cornavin der Paris-Lyon-Mittelmeer-Bahn (PLM) wurden von der Jura-Simplon-Bahn mitbenutzt.
Streckennetz
Das Streckennetz von 937 km Länge führte von Basel, Genf und den Juragrenzübergängen Delle, La Chaux-de-Fonds, Les Verrières und Vallorbe bis nach Brig und Luzern. Zudem war die schmalspurige Brünigbahn von Luzern nach Brienz Teil des 937 km langen Streckennetzes. Es setzte sich aus den Strecken der Vorgängerbahnen zusammen:
Strecken der Jura-Bern-Luzern → Abschnitt Streckennetz im Artikel Chemins de fer du Jura bernois
Strecken der Suisse-Occidentale-Simplon → Abschnitt Streckennetz im Artikel Chemins de fer de la Suisse Occidentale
Die Jura-Simplon-Bahn führten den Doppelspur-Ausbau ihrer Vorgängerinnen weiter. Bei der Übernahme der JS durch die SBB im Jahre 1903 waren 131,20 km (14 %) des Streckennetzes doppelspurig.
Als Eigentumsmerkmal trugen alle Wagen der Gesellschaft das Kürzel „J.S.“ oder „J-S“. Personenwagen waren grün lackiert und hatten eine gelbe Beschriftung. Güterwagen hatten einen grauen Anstrich mit weißer Beschriftung. Wagen mit Luftdruckbremse die für den Transport von Eilgut in Reisezügen verkehrten hatten einen rotbraunen Anstrich mit gelber Aufschrift.[13]
Literatur
Jura–Simplon. In: bahndaten.ch. Daten zu den Schweizer Eisenbahnen 1847–1920. Thomas Frey und Hans-Ulrich Schiedt, ViaStoria, abgerufen am 1. Februar 2014.
↑Neuenburg-Vauseyon–Neuenburg vorher Parallelgleise der beiden Linien nach Lausanne und La Chaux-de-Fonds
↑Gemeinsam benutzter Abschnitt der Strecken Bern–Lyss–Biel der JS und Lyss–Solothurn der Centralbahn
↑Die SBB nummerierten die übernommen Lokomotiven nach der Fälligkeit der Kesselrevisionen.
↑Lokomotive Nr. 301 trug zunächst die Betriebsnummer 231.
↑Die Lokomotiven 6513, 6515 und 6517–6529 wurden 1922 bis 1928 in der SBB-Hauptwerkstätten Rorschach und Biel umgebaut in Ec 3/5 6601–6615.
↑Verein Deutscher Eisenbahn-Verwaltungen (Hrsg.): Alphabetisches Verzeichniss der Eigenthums-Merkmale der Eisenbahn-Güterwagen der Vereinsbahnen sowie folgender Nicht-Vereinsbahnen. 1896, S.22 (Sächsische Landesbibliothek (SLUB)).