Hans Neuenfels studierte Schauspiel und Regie am Max-Reinhardt-Seminar in Wien sowie von 1960 bis 1964 an der damaligen Folkwang Hochschule in Essen-Werden (heute Folkwang Universität der Künste). Am 2. Februar 1962 nahm er an der Bühne für sinnliche Wahrnehmung – KONZIL, einem im Rahmen des „Studium Universale“ der Universität Bonn von Gerd Hergen Lübben gegründeten kulturellen Forum, mit seinen Gedichten ABSPRUNG IN ANDEREN ATEM teil.[2] Über ein Jahr war Hans Neuenfels Assistent von Max Ernst und lebte mit ihm in Paris.
Im Jahr 1983 führte Neuenfels Regie bei der imaginären Jean-Genet-Biographie Reise in ein verborgenes Leben, dessen Drehbuch er auch verfasste. Nach der Uraufführung im Rahmen der Berliner Festwochen am 30. September 1983 wurde der Film jedoch nicht ausgestrahlt. Die Filmproduzentin Regina Ziegler begründete dies: «Der Film war in der damaligen Zeit dann doch zu viel des Guten. Verschiedene ARD-Sender warfen uns eine unerträgliche Fäkalsprache vor und verweigerten die Ausstrahlung. Der Stoff, in dem Genets Homosexualität eine Hauptrolle spielt, war seiner Zeit voraus und ist bis heute nicht gesendet worden». Der Film wurde erst wieder 2020 online gezeigt. Von 1986 bis 1990 leitete Neuenfels als Intendant das Theater der Freien Volksbühne in West-Berlin in der Nachfolge von Kurt Hübner.
Zeit seines Lebens war er schriftstellerisch tätig. Zahlreiche Artikel erschienen in Theater heute, in Die Zeit und anderen Zeitungen. 1991 veröffentlichte er seinen ersten Roman Isaakaros. 2000 wurde sein erstes eigenes Stück Frau Schlemihl und ihre Schatten am Münchener Residenztheater und sein erstes Libretto Giuseppe e Sylvia – eine Überarbeitung seines Original-Stoffes von 1991 – mit der Musik von Adriana Hölszky 2001 an der Staatsoper Stuttgart unter seiner Regie uraufgeführt. Für seine Rede über die Klassik, die er anlässlich der Eröffnung einer Antikenausstellung in Berlin hielt, wurde er 2003 mit dem Cicero-Rednerpreis ausgezeichnet.
In Neuenfels’ Idomeneo-Inszenierung, welche im März 2003 an der Deutschen Oper Berlin Premiere hatte, gibt es im Epilog eine Szene, in der Idomeneo die abgeschlagenen Köpfe von Poseidon, Christus, Mohammed und Buddha aus einem Laken holt und diese auf vier Stühle stellt. Nach einer Warnung des Landeskriminalamts setzte die Deutsche Oper Berlin Idomeneo am 25. September 2006 aus Angst vor islamistisch motivierten Anfeindungen gegen diese Szene ab. Nach heftigen öffentlichen Protesten und einer Entwarnung des LKA wurde die Oper (in unveränderter Inszenierung) ab Dezember 2006 wieder aufgeführt.
Hans Neuenfels starb im Februar 2022 im Alter von 80 Jahren in Berlin.
Privates
Neuenfels war mit der im Januar 2024 verstorbenen Schauspielerin Elisabeth Trissenaar verheiratet, die er während seines Studiums am Max-Reinhardt-Seminar kennengelernt hatte. Sie lebten in Berlin. Aus der Ehe ging der gemeinsame Sohn Benedict Neuenfels hervor, der als Kameramann tätig ist.
1959: Ovar und Opium. Ein manieristisches Diktat – Zyklos aus fünf Gedichten, Eremitenpresse, Stierstadt im Taunus
1963: Mundmündig, Galerie der Spiegel, Köln
1991: Isaakaros, Residenz Verlag, Salzburg
2001: Neapel oder die Reise nach Stuttgart, Jung und Jung, Salzburg
2009: Wie viel Musik braucht der Mensch? Über Oper und Komponisten, Bertelsmann, München, ISBN 978-3-570-58005-9 (= Edition Elke Heidenreich bei C. Bertelsmann).
2011: Briefe an Vater und Sohn, mit Grafiken von Bernhard Jäger, Corvinus Presse
2011: Das Bastardbuch. Autobiografische Stationen. Bertelsmann, München, ISBN 978-3-570-58028-8 (= Edition Elke Heidenreich bei C. Bertelsmann).
2012: Ich war der Kater von Dmitri Schostakowitsch, in: Katzenmusik und Katerstimmung: Tierisch-musikalische Geschichten, herausgegeben von Elke Heidenreich und illustriert von Rudi Hurzlmeier, Bertelsmann, München, ISBN 978-3-570-58036-3 (= Edition Elke Heidenreich bei C. Bertelsmann).
2022: Fast nackt. Letzte Texte. Mit einem Nachruf von Elke Heidenreich. Eisele, München 2022, ISBN 978-3-96161-147-8.
↑Vgl. Vom Experiment zur Form. Dritter Abend: ‚bühne für sinnliche wahrnehmung‘. In: Bonner Rundschau vom 6. Februar 1962. Darin heißt es, dass Neuenfels, als Autor zugleich „ein vortrefflicher Interpret seiner Verse“, „eine bewegte Gedankenfülle aus der Empfindungswelt von heute in eine bilderreiche Sprache kleidet“.
↑Wolf-Dieter Peter in: nmz Magazin, Nachrufe (März 2022), S. 6.
↑Das Gespräch führte Andreas Fasel: Warum mögen Sie Wagner, Herr Neuenfels? In: DIE WELT. 23. März 2008 (welt.de [abgerufen am 6. Mai 2020]).