Sein Großvater war der hannoverische Hofbaumeister Heinrich Schmidt (1761–1812). Seine Eltern waren der PastorHeinrich Schmidt (1789–1838) und dessen Ehefrau Elisabetha Christiana Sybilla Härlin (1793–1847).
Leben und Wirken
Schmidt trat nach dem bei Adolf Breymann am Polytechnikum Stuttgart absolvierten Studium (1840–43), das er gleichzeitig durch die Steinmetzlehre sowie (mittels selbständiger) Studien der gotischen Baudenkmäler Schwabens ergänzte, 1843 in die DombauhütteKöln ein, wo er bis zum Werkmeister aufstieg. 1848 legte er die Meisterprüfung als Maurer und Steinmetz ab, 1856 die Baumeisterprüfung an der Berliner Bauakademie. Ab 1847 entwickelte er nebenberuflich eine umfangreiche Entwurfs- und Bautätigkeit, die architektonische Kleinobjekte ebenso einschloss wie Restaurierungen und Umbauten mit dem Schwerpunkt im sakralen Sektor. Ab 1851 betrieb er eine private Baufirma. Schmidts angeblich schon in den Jugendjahren bekundete Vorliebe für die Gotik verdichtete sich um die Jahrhundertmitte zu speziellem Expertentum, doch blieb ihm eine weitere Karriere innerhalb der Dombauhütte aufgrund von Auseinandersetzungen mit dem Dombaumeister Ernst Friedrich Zwirner, nicht zuletzt aber auch wegen seines protestantischen Glaubens versagt. Ein Versuch der Berufung Schmidts als Lehrer an die Architekturschule des Karlsruher Polytechnikums im Winter 1854/55 scheiterte am Widerspruch des früheren Stelleninhabers Heinrich Hübsch,[3] wenig später nahm er in Köln den Abschied, als er bei der Besetzung der Stelle des Dombauführers zugunsten des jüngeren Richard Voigtel übergangen wurde.
Der Auftrag für ein 1854/55 nach seinem Entwurf ausgeführtes Denkmal für 1794 gefallene österreichische Soldaten in Bensberg hatte Schmidt bereits Kontakte zu Österreich eröffnet, die sich 1855 vertieften, als er aus der Konkurrenz um die Wiener Votivkirche als einer der Preisträger hervorging. Erzherzog Ferdinand Maximilian war dadurch auf ihn aufmerksam geworden und ließ ihn 1857 durch den Unterrichtsminister Leo von Thun und Hohenstein an die Akademie in Mailand berufen, wo Schmidt (bis 1859) das Gebiet der mittelalterlichen Architektur betreute. 1859 konvertierte Friedrich Schmidt zum Katholizismus.[4]
1859 kam er als Professor für mittelalterliche Baukunst an die Akademie der bildenden Künste in Wien, wo er ab 1865 (gemeinsam mit Karl Roesner sowie August von Sicardsburg) die Architekturschule übernahm,[5] die er bis an sein Lebensende leitete (unter anderem als Rektor der Akademie 1872–74, 1876–78, 1882–84). Eine wichtige Grundlage seiner Lehrtätigkeit bildete der umfangreiche Bestand an mittelalterlichen Bauzeichnungen, der sich seit 1837 im Besitz der Akademie befand.[6]
Nach Überwindung anfänglicher Widerstände entwickelte sich Schmidt in Wien bald zu einer der führenden Künstlerpersönlichkeiten der Ringstraßenzeit und verschaffte sowohl im Sakral- wie im Profanbau der Neugotik entschiedene Geltung. 1860 wurde er Mitglied der Baukommission des Stephansdoms sowie der k.k. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale, 1862 übernahm er die Oberleitung der Bauhütte von St. Stephan und den Vorsitz des Vereines Wiener Bauhütte, 1863 wurde er Dombaumeister von St. Stephan. Zu seinen entscheidenden Maßnahmen gehörte gleich zu Beginn seiner Dombautätigkeit die Wiedererrichtung des aus statischen Gründen abgetragenen Südturmhelms;[8] die von ihm projektierte Vervollständigung des Nordturms unterblieb. In den Jahren 1866–68, 1870–72, 1874–77, 1879–81, 1883–85 stand er dem Oesterreichischen Ingenieur- und Architekten-Verein vor.[9]
Zu den herausragenden Arbeiten auf dem Gebiet des mittelalterlichen Profanbaus gehörte die zwischen 1884 und 1888 erfolgte Restaurierung von Schloss Runkelstein bei Bozen. Diese Restaurierung stellte einen Eingriff in ein Objekt mit komplexer Baugeschichte dar, wobei Schmidt für seine Zeit erstaunlich respektvoll mit den erhaltenen mittelalterlichen Resten umging.
1877 wurde Schmidt Ehrenbürger der Stadt Innsbruck,[10] 1883 wurde Friedrich Schmidt anlässlich der Fertigstellung des von ihm errichteten Rathausneubaus das Ehrenbürgerrecht der Stadt Wien verliehen, 1886 aus Anlass der Vollendung des Baus des kaiserlichen Stiftungshauses am Schottenring 7 der Freiherrnstand.[2] Zuvor wurde er 1872 aus England mit der Royal Gold Medal ausgezeichnet.[11] Von 1866 bis 1870 war er Mitglied des Wiener Gemeinderats und ab 1889 Mitglied des Herrenhauses.
Er war Ehrenmitglied im Deutsch Leseverein an der Technischen Hochschule Wien.[17]
Familie
Schmidt heiratete 1849 Katharina Mohr (1827–1910). Das Paar hatte mehrere Kinder:
Heinrich (1850–1928), ab 1887 österreichischer Freiherr ⚭ Antonia Hase (1855–1906), Tochter des Conrad Wilhelm Hase (1818–1902), Professor für Baukunst in Hannover
Friederica (1851–1905) ⚭ Otto Jarl (1858–1915), Bildhauer
Einschätzung und Rezeption
Friedrich von Schmidts Bedeutung beruht vor allem auf drei Tätigkeitsbereichen: als internationaler Baukünstler, als Denkmalpfleger und als Lehrer mit signifikanter Schulwirkung. Der Künstler und der Restaurator lassen sich in seinem Schaffen nicht trennen, was manche Werke trotz aller Großartigkeit zwiespältig erscheinen lässt, da das Schöpferische in den Umgestaltungen oft überwiegt (Stephansdom, Stift Klosterneuburg, Burg Vajdahunyad usw.). Schmidt gilt in erster Linie als Gotiker, was aber nicht doktrinär zu verstehen ist, da sich in seinem Œuvre nicht nur divergente gotische Traditionen kreuzen, sondern auch verschiedene, das Spezialistentum relativierende Stilidiome, die teilweise der Neorenaissance und der Neoromanik angehören. Zu den Französisches wie Niederländisches einschließenden Grundlagen der Kölner Zeit gesellten sich die italienischen Erfahrungen, die Eindrücke des süddeutschen und südosteuropäischen Spätmittelalters und sogar des Barocks. Demgemäß verschränkte er die – gleichwohl dominierenden – strenghistoristischen Stilelemente sowohl mit romantischen Tendenzen wie mit späthistoristischen Zügen. Nicht nur zahlenmäßig treten im Sakralbau die Pfarrkirchen hervor. Schmidt nützte die für Wien von Hermann von Bergmann (1817–1886) begründete Tradition des neugotischen Backsteinbaus und erhob diesen zum dominanten Modus (St. Othmar 1863 usw.). Den Höhepunkt brachte die Kirche Maria vom Siege in Wien (1868–1875), in der die Gotik mit dem barocken Zentralkuppelschema verschmilzt.[9]
Die 1867 abgebrannte Kirche wurde am 21. November 1869 neu geweiht.[18] Treibende Kraft war Pfarrer Bartholomäus Hutter, ein Mitglied der K.K. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale,[19] heute BDA.
Max Fleischer: Das neue Wiener Rathhaus, entworfen und ausgeführt von dem Architekten Friedrich Schmidt. Bambach und Grebner, Wien 1884.
Peter Haiko: Friedrich von Schmidt (1825–1891). Ein gotischer Rationalist. 12. September bis 27. Oktober 1991, Rathaus, Volkshalle. Sonderausstellung/Historisches Museum der Stadt Wien, Band 148, ZDB-ID 881004-7. Eigenverlag der Museen der Stadt Wien, Wien 1991, ISBN 3-85202-102-2. (Mit Werkverzeichnis).
Bruno Meusburger (Hrsg.): Friedrich von Schmidt und seine Wiener Wahrzeichen. Begleitheft zur Sonderschau in der römisch-katholischen Pfarrkirche Fünfhaus – Maria vom Siege in Wien, 29. Mai bis 18. September 2011, zum Anlass seines 120. Todestages am 23. Jänner 2011. S. n., s. l. 2011.
Erwin Neumann: Friedrich von Schmidt. Ein Beitrag zu seiner Monographie und zur Kunstgeschichte des 19. Jahrhunderts. Dissertation. Universität Wien, Wien 1952.
Ulrike Planner-Steiner: Friedrich von Schmidt. Die Wiener Ringstraße/Die Bauten und ihre Architekten, Band 8/2, ZDB-ID 560642-1. Steiner, Wiesbaden 1978, ISBN 3-515-02483-2. (Mit Werkverzeichnis).
Michael Werling: Architekturlehrer der FH Köln. Teil I: Die Ehemaligen. Hrsg. anlässlich des 35-jährigen Jubiläums des Fachbereichs bzw. der Fakultät für Architektur der FH Köln, Köln 2006, S. 175 ff.
Alexandra Zingler: Die Sakralbauten Friedrich von Schmidts in den preußischen Provinzen Rheinland und Westfalen. Diss., Universität Köln, 2011 (online).
Gothaisches genealogisches Taschenbuch der freiherrlichen Häuser 1905, S.709
↑Paul Kaiser: Die unterbliebene Berufung des Baumeisters Friedrich von Schmidt nach Karlsruhe. In: „Eine etwas bankerotte Kunstanstalt…“. Die Alt-Karlsruher Schule zwischen Heinrich Hübsch und Josef Durm. Karlsruhe 2017, S. 135–176 (Materialien zur Baugeschichte, 22).
↑Unterrichts-Anstalten. Akademie der bildenden Künste, k. k. In: Karl Weiss (Red.): Alt- und Neu-Wien in seinen Bauwerken. Zweite, vermehrte und verbesserte Auflage. Gerold, Wien 1865, S. 12. – Text online.
↑Friedrich von Schmidt: Die Pergamentzeichnungen der alten Bauhütte zu Wien. In: Mitteilungen der Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale 12, 1867, S. 1–10.
↑Ehrengeschenk des österr. Ingenieur- und Architekten-Vereines in Wien, gewidmet Herrn Oberbaurath Fr. Schmidt. In: Josef Melan (Red.): Zeitschrift des oesterreichischen Ingenieur- und Architekten-Vereins. Band 34.1882. Eigenverlag, Wien 1882, S. 89. – kobv.de/btu (PDF; 21,5 MB).
↑Friedrich Schmidt: Der Neubau des Turmhelmes zu St. Stephan. In: Zeitschrift des österreichischen Ingenieur- und Architekten-Vereins 18, 1866, S. 63f.
↑Vermischtes. In: Centralblatt der Bauverwaltung. Nr.26, 1882, S.235 (zlb.de – Die königliche goldene Medaille des „Royal Institute of British Architects“).
↑DI Helge Dvorak; "Einführende Worte zur Ausstellung »Studentische Exlibris« und »Korporierte auf Briefmarken«". In: Beiträge zur Österreichischen Studentengeschichte. Band 3. S. 26.
↑ÖKT 25: Die Denkmale des politischen Bezirkes Zell am See, Baden bei Wien 1933, S. 251.
↑Mittheilungen der k.k. Central-Commission der Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale, Wien 1870 (Jahrgang 15), Personalstand, n.p.
↑Dieter Hübener: Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland, Denkmale in Brandenburg. Band 16.1: Landkreis Spree-Neiße. Teil 1: Städte Forst (Lausitz) und Guben, Amt Peitz und Gemeinde Schenkendöbern. 1. Auflage. Wernersche Verlagsgesellschaft und Brandenburgisches Landesamt für Denkmalpflege und Archäologisches Landesmuseum, 2012, ISBN 978-3-88462-334-3, Seite 120–121