Die Geologie um Flechtdorf ist insgesamt der Geologie des ostsauerländischen Gebirgsrandes zugeordnet. Im Nahraum finden sich Besonderheiten durch Schichtungen von Rhenaer Kalk und Posidonienkalk.[7] Vereinzelt wurde in der Nähe von Flechtdorf Bergbau betrieben. Die Geopark-Region Naturpark Diemelsee unterstützt Interessen im Rahmen der Geologie.[8]
Biostratigraphie
Durch Funde von Trilobiten wurde Flechtdorf mit den Fundorten „am Stunzenberg“ und „am Rottenberg“ (beide an der Aartalstraße), bekannt. 1962 wurde dazue eine Dokumentation von Klaus Dieter Meischner veröffentlicht.[7] Die Erkenntnisse werden seither zur Systematik von Trilobiten und als Referenz für den Fachbegriff „G. spriale“ genutzt.[9]
Geschichte
Ortsgeschichte
Die Geschichte des Ortes ist eng mit der Geschichte des Klosters Flechtdorf verbunden. Um die 830er Jahre wird der Ort bekanntermaßen erstmals in Urkunden des Klosters Corvey erwähnt.[10][11][6] Der Ortsname erscheint in älteren Urkunden und der Geschichtsschreibung in zahlreichen Varianten; belegt sind: Fliathorpe (826–876), Flahtthorpe (955), Fliahtthorpe (1025), Flietorp (1101), Fletorp (1104), Flicztorp (1120), Flictorp (1141), Flietorp (1163), Fleitorp (1240), Flechtorff (1537), Flechtorf (1733).[1] und Vletorpe, Vletorpensis, Flietorpensis, Flectorp, Vlechtorpe, -lorp, Vlechdorp, Fleich-, Fleictorph, Flectorpensis, Flichtorf, Flechtorpp, Vlechtorph.[12][10]
Das „Landeshospital Flechtdorf“ wurde 1702 von Graf Christian Ludwig eingeweiht. 1704 entstand die Stiftung „Landeshospital Flechtdorf“. Gemäß der Stiftungsurkunde sollten „wenigstens 30 arme Leute, Manns und Weibspersonen daselbst gehalten werden“. Aus den 1860er Jahren ist bekannt, dass die Einrichtung als „Irrenhaus“ im Sinne einer psychiatrischen Klinik für das Fürstentums Waldeck genutzt wurde.[14] Später wurde aus der Einrichtung ein Altenheim.[15]
Während des Kalten Krieges unterhielt das 62. belgische Artilleriebataillon mit Stützpunkt in Essentho von 1963 bis 1993 eine mobile Flugabwehrraketenstellung vom Typ MIM-23 HAWK in Flechtdorf.
2015 wurde die wirtschaftliche Vereinigung der Kirchengemeinden im Bereich der Gemeinde Diemelsee auch für Flechtdorf beschlossen. In der Urkunde vom 12. November 2015 sind alle Liegenschaften der Kirchengemeinde detailliert aufgeführt. In der Urkunde wurden mit den Positionen 1, 3 und 4 der Grundbesitz der evangelischen Kirche in der Gemarkung von Flechtdorf behandelt. Dies betraf einen Grundbesitz von etwa 12 Hektar, was angesichts der Ortshistorie nur einen Bruchteil des mittelalterlichen Kirchenbesitzes ausgemacht hat.[16]
Historisch befindet sich das Dorf im Ittergau[10] (auch als „Nitherga“ bekannt). Die politischen Grenzen und religiösen Zuordnungen in dieser Region haben sich mehrfach verschoben. Noch etwa 700 n. Chr. war die Region sächsisch, bis das fränkische Austrasien die Vormachtstellung übernahm. Flechtdorf befand sich am Verlauf der Grenzregion zwischen dem Herzogtum Sachsen im Norden und dem Herzogtum Franken im Süden. Gleichzeitig haben die Benrather Linie, die eine historische Sprachgrenze zwischen nordhessischem Dialekt und westfälische Dialekten wie dem Sauerländer Platt kennzeichnet, und die dat-das-Linie in dieser Region einen ähnlichen Verlauf. Kleinräumige sprachgeographische Grenzen zur Aussprache von Vokalen wurden um Flechtdorf bis in das 20. Jahrhundert nachgewiesen.[18] Bekannt ist die Gebietszugehörigkeit in den ehemaligen Waldecker Grafschaften und dem späteren Fürstentum Waldeck. Nach der Auflösung des Freistaates Waldeck im Jahr 1929 wurde Flechtdorf durch die Zuordnung nach Hessen-Nassau preußisch.
Zum 31. Dezember 1971 entstand im Zuge der Gebietsreform in Hessen durch den freiwilligen Zusammenschluss der bis dahin selbständigen Gemeinden Adorf, Benkhausen, Deisfeld, Flechtdorf, Giebringhausen, Heringhausen, Ottlar, Rhenegge, Schweinsbühl, Stormbruch, Sudeck, Vasbeck und Wirmighausen die neue Gemeinde Diemelsee.[21] Sitz der Gemeindeverwaltung wurde Adorf.
Für die ehemals selbständigen Gemeinden von Diemelsee wurden gemäß HauptsatzungOrtsbezirke mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher errichtet. Die Grenzen der Ortsbezirke folgen grundsätzlich den Gemarkungsgrenzen.[22]
ab 1972: Bundesrepublik Deutschland, Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Waldeck, Gemeinde Diemelsee
ab 1974: Bundesrepublik Deutschland, Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Waldeck-Frankenberg, Gemeinde Diemelsee
Bevölkerung
Einwohnerstruktur 2011
Nach den Erhebungen des Zensus 2011 lebten am Stichtag dem 9. Mai 2011 in Flechtdorf 579 Einwohner. Darunter waren 18 (3,1 %) Ausländer.
Nach dem Lebensalter waren 102 Einwohner unter 18 Jahren, 219 waren zwischen 18 und 49, 96 zwischen 50 und 64 und 159 Einwohner waren älter.[25]
Die Einwohner lebten in 195 Haushalten. Davon waren 39 Singlehaushalte, 60 Paare ohne Kinder und 87 Paare mit Kindern, sowie 12 Alleinerziehende und 3 Wohngemeinschaften. In 36 Haushalten lebten ausschließlich Senioren und in 126 Haushaltungen leben keine Senioren.[25]
Einwohnerentwicklung
Historische Zahlen zur Entwicklung der Einwohnerzahlen: [1]
Jahr
Häuser
1541
36
1620
42
1650
22
1738
41
1770
49
Jahr
Einwohner
1770
325
1834
460
1840
458
1846
479
1852
508
1858
484
1864
495
1871
402
1875
394
1885
420
Jahr
Einwohner
1895
411
1905
402
1910
419
1925
437
1939
436
1946
586
1950
586
1956
518
1961
474
1967
574
Einwohner mit Hauptwohnsitz in Flechtdorf seit 2001:
Der Gemeinde Flechtdorf wurde am 8. Juli 1953 durch den Hessischen Minister des Innern die Führung eines Wappens genehmigt.[36] Die Blasonierung ist wie folgt beschrieben: „In Schwarz eine goldene, zweitürmige Kirche.“
Kultur und Sehenswürdigkeiten
Im Ortskern von Flechtdorf befinden sich einige historische Fachwerkhäuser. Eine Bücherei ist im Dorfgemeinschaftshaus. Mit und um den Komplex des ehemaligen Klosters finden sich neben der Abteikirche die renovierten Wirtschaftsgebäude des Klosters und ein Altenpflegeheim nebst dem Dorfteich. Bekannte Veranstaltungen sind der Weihnachtsmarkt im Gutshof des Klosters und Filmangebote im „Open-Air-Kino“.
Kirchen
Die evangelisch-lutherische Kirche des Orts befindet sich in der romanischen Klosterkirche der einstigen Abtei.
An der Aartalstraße liegt eine Einrichtung der Freien Evangelischen Gemeinde, in der ebenfalls Gottesdienste angeboten werden.
Vereine
Das Vereinsleben von Adorf widmet sich öffentlichen Aufgaben, der Natur sowie sozialen und kulturhistorischen Interessen. Mit der hessischen Verfassungsreform 2018 wurde die Förderung des ehrenamtlichen Engagements als Staatsziel aufgenommen. Das ehrenamtliche Engagement in nordhessischen Orten wie Adorf wurde in Untersuchungen als bemerkenswerter Bestandteil der Zukunftssicherung erkannt.[37] Nennenswerte Vereine des Ortes sind:
Den hessischen Denkmalschutzpreis des Jahres 2015 erhielt Flechtdorf für die Renovierung des „Abtshauses“ vom Landesamt für Denkmalpflege Hessen. Das mit dem Tor zum Kloster verbundene Abtshaus stammt aus dem 12. Jahrhundert und zählt zu den wenigen in Deutschland erhaltenen Anlagen dieser Art.[44]
Wirtschaft und Infrastruktur
In Flechtdorf gibt es die Aartalhalle mit Sportplatzareal und ein Dorfgemeinschaftshaus. Es gibt einen örtlichen Bäckereifachbetrieb mit Café. Neben kleineren Handwerksbetrieben gibt es ökologische Betriebe zur Aufzucht von Pflanzen, Gemüse und Obst. Seit 1960 hat die Firma Weidemann GmbH, als Hersteller von Maschinen für die Land- und Bauwirtschaft, ihren Sitz in Flechtdorf. Ähnliche Geräte und Hoflader werden in Flechtdorf ebenfalls von den Firmen Striegel Maschinenbau (seit 1978)[45] und Schmidt Landtechnik (seit 1990)[46] entwickelt, hergestellt und vertrieben. Mit Bezug auf die Tradition des „Landeshospital Flechtdorf“ betreibt das Waldecksche Diakonissenhaus Sophienheim (WDS) in Flechtdorf ein Alten- und Pflegeheim.[15]
Im südlichen Bereich der Gemarkung befindet sich die „Mülldeponie Flechtdorf“. Der Eigenbetrieb „Abfallwirtschaft des Landkreises Waldeck – Frankenberg“ betreibt dort die Abfallentsorgungsanlagen: zentrale Siedlungsabfalldeponie mit Recyclinglager, Sickerwasserkläranlage, 2 Kompostwerke 2 Müllumladestationen.[47]
Der Deutsche Wetterdienst (DWD) betreibt eine Radarstation zur Erfassung von meteorologischer Daten in der Flechtdorfer Gemarkung. Der „Stahl-Gittermast-Turm“ mit der Radarkuppel ist 73 Meter hoch und befindet sich etwa 200 Meter westlich der Mülldeponie.[48]
Die deutsche Luftwaffe hatte folgende Friedenseinsatzstellungen (FAST) in Flechtdorf: FAST 1./FlaRakGrp 38, und FAST 3./FlaRakGrp 38. Auf Teilen des ehemaligen Sperrgebietes werden im 21. Jahrhundert Windkraftanlagen betrieben.
Ulrich Bockshammer, Ältere Territorialgeschichte der Grafschaft Waldeck, Schriften des Hessischen Amts für geschichtliche Landeskunde, Marburg 1958.
Gottfried Ganßauge, Die Bau- und Kunstdenkmäler im Regierungsbezirk Kassel. 3. Kreis des Eisenberges, Kassel, 1939
Heinrich Finke: Westfälisches Urkunden-Buch: Fortsetzung von Erhards Regesta historiae Westfaliae, Vierter Band, Dritte Abteilung, Drittes Heft, Regenbergsche Buchhandlung, Münster, 1890 Digitalisat-online
Heinrich Hochgrebe: Waldeckische Bibliographie, Waldeckischer Geschichtsverein, 1998, Herausgeber: Jürgen Römer, 2010, 562 Seiten (online-PDF 1,5 MB) (Memento vom 1. November 2010 im Internet Archive)
Thomas Klein (Hrsg.): Grundriß zur deutschen Verwaltungsgeschichte 1815–1945, Johann-Gottfried-Herder-Institut, Marburg/Lahn, Reihe B: Mitteldeutschland (außer Preußen), Band 16: Mitteldeutschland (Kleinere Länder), Teil V: Waldeck, 1981, ISBN 3-87969-131-2.
Landesarchiv NRW Abteilung Westfalen, Titel: Kopiar des Klosters Flechtdorf (Sammlung Urkunden und Aufzeichnungen zum Kloster Flechtdorf), Digitalisat-online
Johannes Linneborn: Die Reformation der westfälischen Benedictiner-Klöster im 15. Jahrhundert durch die Bursfelder Congregation, Brünn, 1889 Digitalisat-online
Klaus Dieter Meischner: Rhenaer Kalk und Posidonienkalk im Kulm des nordöstlichen Rheinischen Schiefergebirges und der Kohlenkalk von Schreufe, in Abhandlungen des Hessischen Landesamtes für Bodenforschung, Ausgaben 38–42, Wiesbaden, 1962
John Edward Prentice: Lower Carboniferous trilobites of North Devon and related species from northern England, Bulletin of The British Museum (Natural History) Geology, Vol. 14, No. 6, 1967
↑
John Edward Prentice: Lower Carboniferous trilobites of North Devon and related species from northern England, Bulletin of The British Museum (Natural History) Geology, Vol. 14, No. 6, 1967, Seite 212 (online)
↑ abcd
Ernst Friederich Mooyer: Das Kloster Flechtdorf und seine Urkunden, (online-einsehbar)
↑
Johannes Linneborn: Die Reformation der westfälischen Benedictiner-Klöster, Seite 65, Anmerkung 5. (Varnhagen, Curtze)
↑
Albrecht Erlenmeyer: Uebersicht der öffentlichen und privaten Irren und Idioten Anstalten aller europäischen Staaten, Heuser'sche Buchhandlung, Neuwied, 1863, Seite 34 (online)
↑
Hessisches Kultusministerium: Urkunde über die Vereinigung der Evangelischen Kirchengemeinden Adorf, Benkhausen, Flechtdorf, Giebringhausen, Heringhausen, Ottlar, Rhenegge, Stormbruch, Sudeck und Wirmighausen, Hessischer Staatsanzeiger, Wiesbaden, Ausgabe Nr. 49/2015, Seite 1254 (Digitalisat online) (eingesehen am 5. Mai 2019).
↑
Verein für niederdeutsche Sprachforschung, Jahrbuch 1903, Diedr. Soltau’s Verlag, 1903, S. 132, S. 135 Online-Digitalisat, abgerufen am 10. März 2017.
↑Gemeindegebietsreform in Hessen: Zusammenschlüsse und Eingliederungen in Hessen vom 14. Dezember 1971. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1972 Nr.01, S.5, Punkt 8; Abs. 10. (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 4,9MB]).
↑Hauptsatzung. (PDF; 149 kB) § 6. In: Webauftritt. Gemeinde Diemelsee, abgerufen im Mai 2021.
↑
Genehmigung zur Führung eines Wappens an die Gemeinde Flechtdorf im Landkreis Waldeck, Regierungsbezirk Kassel vom 8. Juli 1953. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1953 Nr.30, S.655, Punkt 839 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 2,2MB]).
↑
Bernd Wecker, Stefanie Koch: Rückblick und Zukunftsfähigkeit nordhessischer Dörfer in Dieter Gawora: Traditionell zukunftsfähig, kassel university press GmbH, 2018, Seiten 241 ff., ISBN 978-3-7376-0610-3
Нижненемецкий язык Самоназвание Nedderdüütsch, Plattdütsch, Plattdüütsch, Plattdütsk, Plattdietsch; Plautdietsch Страны Германия Нидерланды Дания Общее число говорящих ок. 5 млн чел. (кон. 2000-х, оценка) Статус в безопасности Классификация Категория Языки Евразии Индоевропейская семья Германская ветвь...
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