Caspar Ulenberg stammte aus evangelischem Elternhaus, sein Vater war Handwerker. Er besuchte die Lateinschulen in Lippstadt und Soest und ab 1567 das Gymnasium Martineum in Braunschweig.[1] Am 25. April 1569 nahm er das Studium der Philosophie und Theologie an der Universität Wittenberg auf. Nach einem ersten Studienabschluss war er 1570/1571 Lehrer in Lunden. Dann schickte ihn seine Familie an die Universität Köln, um dort seinen Cousin Andreas Roder, der zum Katholizismus übergetreten war, zur Rückkehr in die evangelische Kirche zu bewegen. Das gelang Ulenberg. Doch zugleich lernte Ulenberg durch seine kontroverstheologische Auseinandersetzung mit dem von ihm zunächst bekämpften katholischen Glauben diesen mehr und mehr zu schätzen.[2] 1572 konvertierte er zur katholischen Kirche.[1]
In Köln setzte Ulenberg seine Studien fort; am 19. Oktober 1572 trug er sich in die Matrikel ein. Dieses Studium schloss er am 11. März 1574 mit dem akademischen Grad eines Magisters ab und wurde 22. Dezember 1575 Professor am Gymnasium Laurentianum in Köln. 1576 empfing er die Priesterweihe; er wurde Pfarrer in Kaiserswerth.
1583 kehrte er nach Köln zurück. Zunächst war er Pfarrer an St. Kunibert, der damals größten Kölner Pfarrei, ab 1592 22 Jahre lang Regens des Laurentianum-Gymnasiums, dazu ab 1605 Pfarrer an St. Kolumba und von 1610 bis 1612 Rektor der Universität.[3] Seine Bibliothek gelangte durch Arnold Meshov, seinen Biographen, an das Laurentianum.
Ein Cousin gleichen Namens[4]Caspar Ulenberg († 1636) konvertierte ebenfalls 1572 zum katholischen Glauben und war von 1608 bis 1636 Abt des Benediktiner-Klosters St. Peter und Paul Groß Ammensleben.
Werk
Als Dichter
Sein Hauptwerk als Dichter sind Die Psalmen Davids in allerlei deutsche Gesangreime gebracht, eine Nachdichtung der biblischen Psalmen. Er schrieb sie in seiner Zeit als Pfarrer in Kaiserswerth; 1582 wurden sie veröffentlicht. Es ist der bedeutendste katholische Beitrag zum Psalmlied des 16. Jahrhunderts.[5] Allgemein als „Ulenbergs Psalmen“ bekannt, war dieses Buch bis ins 19. Jahrhundert die unter Katholiken meistgelesene (und gesungene) Psalmdichtung.[6] Es wurde bis 1835 immer wieder überarbeitet und aufgelegt.[7]
Als geistlicher und theologischer Autor
Seine Erfahrungen als Seelsorger ließen Ulenberg zum Autor geistlicher Schriften werden. Am meisten verbreitet war sein 1590 erschienenes Trostbuch für die Kranken und Sterbenden. Es steht in der Tradition der spätmittelalterlichen Ars moriendi. In gleicher Absicht gab er Schriften von Thomas von Kempen heraus.
Seine theologischen Werke waren – angesichts seiner Lebensgeschichte und seiner Konversionen wie auch der kirchlichen Verhältnisse in Köln naheliegend – apologetisch. Sein Hauptwerk war Erhebliche und wichtige Ursachen, warum die altgläubigen katholischen Christen bei dem alten wahren Christentum bis in ihren Tod beständiglich verharren. Es erschien auch in lateinischer Sprache. Sein Catechismus, den er als Pfarrer an St. Kolumba verfasst hatte, erschien posthum (1626).
Als Bibelübersetzer
Nachdem auf Veranlassung der Päpste Sixtus V. und Clemens VIII. die Vulgata überarbeitet worden war (Vulgata Sixtina bzw. Clementina), erwies es sich als nötig, auch die deutsche Übersetzung von Johann Dietenberger zu revidieren. Auf eine Empfehlung der Kölner Jesuiten beauftragte der Kölner Erzbischof Ferdinand von Bayern damit Ulenberg.[8] Ulenberg begann seine Arbeit 1614 und beendete sie kurz vor seinem Tod 1617. Das Manuskript der Revision blieb jedoch infolge des Dreißigjährigen Krieges zunächst unveröffentlicht. Erst 1630 wurde die überarbeitete Fassung bei Johan Kreps in Köln in einem mit Stichen verzierten Großfolioband unter Aufsicht der Jesuiten[9] gedruckt, das Neue Testament erschien gleichzeitig beim selben Verleger in einer schlichteren Oktavformat-Ausgabe.[10] Seit dieser Revision spricht man auch von der „Dietenberger-Ulenberg-Bibel“ oder einfach „Ulenberg-Bibel“. Sie erlebte zahlreiche Auflagen.[11]Adolph Gottfried Volusius überarbeitete ab 1655 Ulenbergs Übersetzung.[12] Volusius’ 1661/1662 fertiggestellte sogenannte „Mainzer Bibel“ blieb jedoch ungedruckt.
Schriften (Auswahl)
Dichtungen
Die Psalmen Davids in allerlei deutsche Gesangreime gebracht, 1582 und zahlreiche weitere Auflagen
Ein schön new gemacht Lied, 1583
Geistliche Schriften
Trostbuch für die Kranken und Sterbenden, 1590 und zahlreiche weitere Auflagen
Zur Bibel
Einfältige Erklärung der sieben Bußpsalmen, 1586
Sacra Biblia, das ist, die gantze Heilige Schrifft Alten und Neuen Testaments. Nach der letzten Römischen Sixtiner Edition mit Fleiß übersetzt durch Casparum Ulenbergium, 1630
Zur Theologie
Erhebliche und wichtige Ursachen, warumb die altgleubige catholische Christen bey dem alten waren Christenthumb bis in ihren Tod bestendiglich verharren, 1589
lateinische Ausgabe: Graves Et Justae Causae, Cur Catholicis In Communione Veteris, Eiusque Veri Christianismi, Constanter Usque Ad Vitae Finem permanensum sit, 1589
Die Psalmen Davids: wie die hiebevor in allerlej Art Reymen u. Melodejen durch Casparum Ulenbergium in Truck verfertiget / newlich abgesetzt u. allen anfangenden Schülern d. Music … mit 4 Stimmen zugerichtet durch Cunradus Hagium. - Düsseldorff: Buyss, 1589. Digitalisierte Ausgabe der Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf
Andreas Räß: Die Convertiten seit der Reformation nach ihrem Leben und ihren Schriften dargestellt. Band 2: Von 1566 bis 1590. Herder, Freiburg im Breisgau 1866, S. 550–570.
Nikola Esser: Rutger Edinger und Kaspar Ulenberg, zwei Kölner Psalterübersetzer. Ein Beitrag zur Geschichte des deutschen Kirchenliedes im 16. Jahrhundert (= Beiträge zur Literaturgeschichte und Kulturgeschichte des Rheinlandes, Band 3). Bonn 1913.
Joseph Solzbacher: Kaspar Ulenberg. Eine Priestergestalt aus der Zeit der Gegenreformation in Köln. Aschendorff, Münster 1948.
Joseph Solzbacher: Die Psalmen Davids, in allerlei deutsche Gesangreime gebracht durch Kaspar Ulenberg. In: Kirchenmusikalisches Jahrbuch, Jg. 34 (1950), S. 41–55.
Johannes Overath: Untersuchungen über die Melodien des Liedpsalters von Kaspar Ulenberg (Köln 1582). Dissertation. Universität zu Köln 1960. Volk, Köln 1960 (Beiträge zur rheinischen Musikgeschichte, Heft 33).
Uwe Köster: Studien zu den katholischen deutschen Bibelübersetzungen im 16., 17. und 18. Jahrhundert (= Reformationsgeschichtliche Studien und Texte, Band 134). Aschendorff, Münster 1995, ISBN 3-402-03796-3.
Hans Müskens: Der Wahrheit verpflichtet. Kaspar Ulenberg – Pfarrer und Lehrer. In: Friedrich Spee und das nördliche Rheinland. Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf, Düsseldorf 2000, S. 61–70.
Wilhelm Janssen: Kaspar Ulenberg – sein Leben und seine Zeit. In: Monatshefte für evangelische Kirchengeschichte des Rheinlandes, Jg. 52 (2003), S. 1–19.
Daniela Wissemann-Garbe: Der Psalter Ulenbergs. In: Monatshefte für evangelische Kirchengeschichte des Rheinlandes, Jg. 52 (2003), S. 21–48.
Dieter Gutknecht: Die Rezeption des Genfer Psalters bei Caspar Ulenberg. In: Eckhard Grunewald, Henning P. Jürgens, Jan R. Luth (Hrsg.): Der Genfer Psalter und seine Rezeption in Deutschland, der Schweiz und den Niederlanden. 16.–18. Jahrhundert. Niemeyer, Tübingen 2004, ISBN 3-484-36597-8, S. 253–262.
Herbert Ulrich: Caspar Ulenberg (1549–1617). Lieder der Gegenreformation im Reformierten Gesangbuch der Schweiz. In: Peter Ernst Bernoulli, Frieder Furler (Hrsg.): Der Genfer Psalter. Eine Entdeckungsreise. 2. revidierte Auflage. Theologischer Verlag Zürich (TVZ), Zürich 2005, ISBN 3-290-17226-0, S. 71–84.
Klaus Düwel: Ulenberg, Kaspar. In: Wilhelm Kühlmann (Hrsg.): Killy Literaturlexikon. Autoren und Werke des deutschsprachigen Kulturraumes. 2., vollst. überarb. Auflage. Band 11: Si–Vi. de Gruyter, Berlin 2011, S. 665.
↑ abHerbert Ulrich: Caspar Ulenberg (1549–1617). Lieder der Gegenreformation im Reformierten Gesangbuch der Schweiz. In: Peter Ernst Bernoulli, Frieder Furler (Hrsg.): Der Genfer Psalter. Eine Entdeckungsreise. 2. revidierte Auflage. Theologischer Verlag Zürich (TVZ), Zürich 2005, S. 71–84, hier S. 73.
↑Andreas Räß: Die Convertiten seit der Reformation nach ihrem Leben und ihren Schriften dargestellt. Band 2: Von 1566 bis 1590. Herder, Freiburg im Breisgau 1866, S. 550–570.
↑Herbert Ulrich: Caspar Ulenberg (1549–1617). Lieder der Gegenreformation im Reformierten Gesangbuch der Schweiz. In: Peter Ernst Bernoulli, Frieder Furler (Hrsg.): Der Genfer Psalter. Eine Entdeckungsreise. 2. revidierte Auflage. Theologischer Verlag Zürich (TVZ), Zürich 2005, S. 71–84, hier S. 74.
↑Georg Wolfgang Panzer, Versuch einer kurzen Geschichte der römisch=catholischen deutschen Bibelübersetzung. Nürnberg 1781, S. 140f.
↑ abKlaus Düwel: Ulenberg, Kaspar. In: Killy Literaturlexikon. Band 11. 2. Auflage. S. 665.
↑Niels Kranemann: Caspar Ulenberg und sein Psalter. In: Gaesdoncker Blätter, Jg. 15 (1962), S. 21–28.
↑Herbert Ulrich: Caspar Ulenberg (1549–1617). Lieder der Gegenreformation im Reformierten Gesangbuch der Schweiz. In: Peter Ernst Bernoulli, Frieder Furler (Hrsg.): Der Genfer Psalter. Eine Entdeckungsreise. 2. revidierte Auflage. Theologischer Verlag Zürich (TVZ), Zürich 2005, S. 71–84, hier S. 75.
↑Franz Xaver Stickl: Lebensabriß Ulenberg’s. In: Kaspar Ulenberg: Trostbuch für Kranke und Sterbende. Lentner, München 1858, S. IX–XL, hier S. XXIX.
↑Emmy Rosenfeld: Friedrich Spee von Langenfeld. Eine Stimme in der Wüste. Walter de Gruyter & Co., Berlin 1958 (= Quellen und Forschungen zur Sprach- und Kulturgeschichte der germanischen Völker. Neue Folge, 2), S. 128 und 161.
↑Uwe Köster: Die Bibelübersetzung von Caspar Ulenberg. In: Ders.: Studien zu den katholischen deutschen Bibelübersetzungen im 16., 17. und 18. Jahrhundert. Aschendorff, Münster 1995, S. 106–128.
↑Uwe Köster: Studien zu den katholischen deutschen Bibelübersetzungen im 16., 17. und 18. Jahrhundert. Aschendorff, Münster 1995, S. 165–187.
↑W. Gordon Marigold: Mainz. Ein musisches Zentrum des katholischen Deutschland. In: August Buck (Hrsg.): Europäische Hofkultur im 16. und 17. Jahrhundert. Band 2: Referate der Sektionen 1 bis 5 (= Wolfenbütteler Arbeiten zur Barockforschung, Band 9). Hauswedell, Hamburg 1981, ISBN 3-7762-0211-4, S. 147–155, hier S. 152.