Lage von Keyenberg (neu) im Abbaugebiet Garzweiler
Borschemich war ein ländlich geprägter Stadtteil der Stadt Erkelenz im Kreis Heinsberg in Nordrhein-Westfalen. Der Ort lag im Abbaugebiet des Tagebaus Garzweiler und wich diesem schrittweise bis 2017, da 2018 auf dem Gebiet des Dorfes die Braunkohleförderung begann. Die Umsiedlung der Bewohner begann 2007 und erfolgte nach Borschemich (neu), das jetzt ein neuer nördlicher Stadtteil von Erkelenz westlich von Mennekrath ist.
Die ehemalige Spezialgemeinde Borschemich hatte 1970 eine Fläche von 5,18 Quadratkilometer.
Gewässer
Die Köhm floss in West-Ost-Richtung und mündete in die Niers. Sie war nur nach starken Regenfällen und zur Schneeschmelze ein fließendes Gewässer. Vom Ortseingang in Borschemich aus Richtung Alt-Otzenrath war die Köhm entlang der St.-Martinus-Straße kanalisiert und floss erst wieder ab der Marienstiftstraße neben dem Pfarrhaus offen weiter in Richtung Keyenberg zur späteren Mündung in die Niers.
Als Birsmiki wurde der Ort erstmals im Jahr 898 urkundlich erwähnt. 1396 erschien der Name als Bursmich, 1618 als Borschemich.
Die Deutung des Ortsnamens ist nicht eindeutig zu klären. Das Grundwort -mich bedeutet Bach und könnte auf die Köhm hinweisen, die im frühen Mittelalter ein stärkeres Gewässer war.
Geschichte
Archäologen haben um 2013 im Vorfeld des Tagebaues Garzweiler aus der römischen Epoche der Germania inferior eine villa rustica und vier Brandgräber ausgegraben. Die Gräber wiesen bedeutende Funde auf: Reste einer Chalzedonschale, bronzenes Waschservice und Götterdarstellungen auf einem mit Schildpatt ummantelten Kästchen[2].
Im Ort war ein Rittergeschlecht begütert. Erstmals wurde es 1239 als von Birsmich erwähnt. 1289 war der Ritter Gottschalk von Birsmich Gerichtsherr. Um 1400 starb dieses Geschlecht aus. Bis 1837 befand sich das Rittergut Haus Borschemich in adeligem Besitz.
Im 13./14. Jahrhundert gelangte Borschemich an das Herzogtum Jülich. Zunächst bildete das Dorf mit dem benachbarten Holz die Dingbank Borschemich, die dem Amt Grevenbroich unterstand. 1500 besaß das Gericht Borschemich ein eigenes Schöffensiegel, auf dem der Heilige Martin als Reiter mit Bettler abgebildet war.
1554/55 wurde Borschemich in den DingstuhlOtzenrath eingegliedert. 1586 hatten die Einwohner unter dem Einfall spanischer Truppen im Truchsessischen Krieg zu leiden.
1794 wurde Borschemich in die französische MairieKuckum (Kanton Erkelenz) eingemeindet.
1848 wurde Borschemich innerhalb dieser Bürgermeisterei Spezialgemeinde.
1935 wurde die Bürgermeisterei aufgelöst und dem neuen Amt Holzweiler zugeschlagen.
Am 27. Februar 1945 nahmen während der Operation Grenade US-amerikanische Soldaten des 175. Regiments der 29. US-Infanterie Division das Dorf ein.
Am 1. Januar 1972 wurde Borschemich aufgrund des Neugliederungsgesetzes Aachen vom 21. Dezember 1971 in die heutige Stadt Erkelenz eingemeindet.[3]
Umsiedlung
Seit 2006 wurde Borschemich aufgrund der Ausdehnung des Tagebaus Garzweiler umgesiedelt. Borschemich (neu) befindet sich im Norden der Erkelenzer Kernstadt. Der Abriss von Borschemich begann 2012 und wurde im Frühjahr 2017 abgeschlossen. Die Kirche St. Martinus wurde im November 2014 profaniert. Im Dezember 2015 wurde Haus Paland abgerissen. Am 27. Februar 2016 kamen Borschemicher Bürger zusammen und fällten die historische Dorflinde, damit kein Fremder Hand an das trutzige Wahrzeichen des Dorfes legen konnte.
Schulgeschichte
Borschemich besaß bis 1968 eine eigene Schule. Die Anfänge gehen auf eine Küsterschule am Anfang des 18. Jahrhunderts in einem Fachwerkhaus neben der Kirche zurück. Als 1828 das Dorf den ersten ausgebildeten Elementarschullehrer zugewiesen bekam, bot die Schule das „Bild der völligen Verwahrlosung“.[4] So wurde 1836 ein neuer Schulsaal an das Küsterhaus angebaut, dem 1850 ein zweiter Schulsaal und eine Lehrerwohnung folgten. In dieser Form bestand die Schule in der Nähe der Kirche bis 1939, als eine neu errichtete Schule in der Nähe des Hauses Paland errichtet wurde. Dieses Gebäude wurde bis zur Schließung der Schule 1968 als Schule genutzt. Die Grundschüler besuchten die Grundschule in Keyenberg, die weiterführenden Schulen werden überwiegend in Erkelenz besucht. Das ehemalige Schulgebäude diente zusammen mit einem 1972 errichteten weiteren Anbau als Mehrzweckhalle für viele Veranstaltungen der Ortsvereine.
Religion
Im 12. Jahrhundert wurde der romanische Turm der Kirche erbaut, diese war eine der ältesten Kirchen im Erkelenzer Land. Urkundlich wurde sie aber erst 1423 erwähnt. Einen Hinweis auf das Alter gibt auch das Patrozinium der Kirche, ist sie doch dem heiligen Martin, dem Nationalheiligen der Franken, geweiht. Ein Friedhof wurde schon 1300 in einer Urkunde überliefert. Anders als im benachbarten Otzenrath konnte die Reformation in Borschemich nicht Fuß fassen und der Ort blieb überwiegend katholisch. Erst 1804 wurde Borschemich selbständige Pfarre, vorher hatte der Ort als Filialkirche zur katholischen Pfarre Keyenberg gehört. Am 1. März 1804 erließ der erste Aachener Bischof Berdolet ein Dekret der neuen Pfarrumschreibung, durch welches auch Borschemich selbständige Pfarrei wurde. Nach über 200 Jahren der Selbständigkeit wurde die Pfarre St. Martinus Borschemich mit Ablauf des 31. Dezember 2008 aufgelöst durch Zusammenschluss mit der Pfarre St. Lambertus Erkelenz. Die bisherigen beiden kirchlichen Gremien Kirchenvorstand und Pfarrgemeinderat wurden durch den sogenannten Kapellenvorstand ersetzt. Die bisherige Pfarre St. Martinus Borschemich ist daher seit dem 1. Januar 2009 Kapellengemeinde der Pfarre St. Lambertus Erkelenz.
Die Kirche wurde, da sie zu klein geworden war, 1906/07 nach einem Entwurf des Kölner DiözesanbaumeistersHeinrich Renard (1868–1928) an anderer Stelle neu erbaut. 2016 wurde die Kirche abgerissen.
Die Borschemicher Linde am Ortseingang (1689 gepflanzt und 2016 gefällt)
Haus Borschemich, auch Haus Paland genannt. Das Gebäude war ein ehemaliges Wasserschloss, bestehend aus einer Vorburg und einem Haupthaus. Das Grabensystem wurde früher von der Köhm gespeist. Ein Teil der Gräben war bis zum Abriss im Dezember 2015 noch erhalten.[6]
kirchliche Parkanlage zwischen Pfarrkirche und Haus Paland. Im Park fanden sich eine 1921 errichtete „Lourdesgrotte“, eine Kreuzigungsgruppe als Grotte am Kalvarienberg, ein St.-Martinus-Denkmal aus dem Jahr 1936 anlässlich des 300-jährigen Bestehens der Bruderschaft, sowie ein Ehrenmal, Kriegergedächtnisgrotte an der Kirche, errichtet 1922, neugestaltet 1954
Statz Bekleidungswerke hatten in Borschemich ihren Ursprung. Boss Raumgestaltung ist vor mehr als 100 Jahren aus einer Schreinerei hervorgegangen. Mehrere Gartenbaubetriebe lagen am Ortsrand. Von einst 25 Landwirten wirtschafteten 2006 noch drei. Das Gestüt Arab el Haira betrieb bis 2010 die Pferdezucht von Vollblutarabern. Von der Risch-Gruppe, die mit einer Baumaterialienhandlung in Essen von Carl Risch im 19. Jahrhundert begründet wurde, gab es ein Baustoffwerk mit Kiesgruben.
Die Stadtbuslinie EK 3 (Erkelenz–Keyenberg) fuhr Borschemich an.
Straßen
Westlich von Borschemich verlief die A 61. Im Norden Borschemichs befindet sich die Anschlussstelle MG-Wanlo. Anfang September 2018 wurde der Autobahnabschnitt zwischen der Anschlussstelle Wanlo und dem Autobahndreieck Jackerath gesperrt und wird künftig vom Tagebau in Anspruch genommen. Er wird durch den Abschnitt der A 46 von Dreieck Wanlo zum Autobahnkreuz Holz und der A 44 von Holz nach Jackerath ersetzt.
Die Straßennamen in Borschemich lauteten: Alter Kirchweg, Am Schwarzen Berg, Glockengasse, Hochneukircher Weg, Im Palandsfeld, Immerather Straße, Keyenberger Straße, Linde Borschemich, Marienstiftstraße, Otzenrather Straße, Sankt-Martinus-Straße, Schöffenstraße, Spenrather Weg, Von-Birsmich-Weg, Von-Paland-Straße.
Literatur
Karl L. Mackes: Erkelenzer Börde und Niersquellgebiet. In: Schriftenreihe der Stadt Erkelenz. Nr. 6, Mönchengladbach 1985.
Arbeitskreis der Borschemicher Vereinsvorstände in Verbindung mit der Pfarrgemeinde St. Martinus, Texterstellung Heinrich Goebels: 1100 Jahre Borschemich, 898–1998, Geschichte und Geschichten. Herausgabe 10. Dezember 1997.
↑Bericht einer Kommission der lokalen Polizeirevision vom 8. Juli 1834 zit. n. Karl L. Mackes: Erkelenzer Börde und Niersquellgebiet. In: Schriftenreihe der Stadt Erkelenz. Nr. 6, Mönchengladbach 1985, S. 423.
↑Karl L. Mackes: Erkelenzer Börde und Niersquellgebiet. In: Schriftenreihe der Stadt Erkelenz. Nr. 6, Mönchengladbach 1985, S. 86