Benjamin Godron war der Sohn des Malers, Grafikers und Ornamentzeichners Richard Godron (geboren in Speyer, gestorben um 1926). Richard Godron studierte an der Akademie der Bildenden Künste München mit Franz von Stuck (1863–1928). Er leitete die Schnitzerschule in Partenkirchen, die Zeichenschulen in Oberammergau und Ettal und die Geigenbauerschule in Mittenwald. 1906 übernahm er die Leitung der Graphischen Gewerbeschule in München und entwarf 1921 die Kriegergedächtniskapelle in Perlesreut, die von dem Zigarrenfabrikanten und Kunstmäzen Hermann Wolf gestiftet wurde. Die Mutter war eine geborene Koller. Sie stammte aus Maresberg bei Perlesreut im Bayerischen Wald.[2]
Porträts von Godron wurden in den 1920er Jahren, neben Arbeiten von Christian Schad, Otto Schön, Jeanne Mammen, Albert Birkle oder George Grosz, regelmäßig auf den Titelseiten der Zeitschrift Jugend abgebildet (Nr. 26/1924; Nr. 48/1927; Nr. 2/1928; Nr. 18/1928; Nr. 14/1934; Nr. 3/1935; Nr. 50/1937), einer illustrierten Wochenzeitschrift für Kunst und Literatur, die 1896 von Georg Hirth und Fritz von Ostini gegründet wurde und bis 1940 in München erschien.[6] Godrons Porträts wie das der AusdruckstänzerinEva Boy, die in den 1920er Jahren in München auftrat (Titelbild der Jugend, Nr. 2/1928), waren, auf einer sorgfältigen Zeichnung basierend, in einem strengen, linearen Stil ausgeführt und orientierten sich an den Alten Meistern wie Mathias Grünewald und Albrecht Altdorfer. Die von Godron porträtierten Personen strahlen eine verhaltene, introvertierte Stimmung aus mit einem Blick, der nach innen gerichtet ist. Godron wurde von der Galerie Neue Kunst vertreten, die von dem Kunsthändler Hans Goltz in der Hausnummer 8 der Brienner Straße geführt wurde. In der Galerie wurden moderne Kunstströmungen wie Fauvismus, Kubismus und Expressionismus gezeigt.
Nationalsozialismus und Nachkriegszeit
Mit seinen Landschaftsdarstellungen des Bayerischen Waldes, den Porträts und religiösen Themen, die sich auf die Malerei der Renaissance bezogen, geriet Godron nicht in Konflikt mit der Kunstauffassung des Nationalsozialismus. Im November 1935 erschienen sechs Schwarz-Weiß-Reproduktionen seiner Arbeiten in der LiteraturzeitschriftDas Innere Reich (Bildnis meiner Braut, Rohne und Wurzel, Liebespaar, Landschaft mit Krähe, Mädchenkopf und Venus Urania) sowie „Sprüche zu seinen Bildern“, in denen es heißt: „Das Letzte in der Kunst erringest Du erst dann, Schaust du in jedem Ding das göttlich Wunder an, Ob schön, ob mißgestalt auch sei sein äußrer Schein, Die ew´ge Gott-Natur schließt es auch in sich ein.“[7]
Godron war 1938 mit sechs Bildern auf der Großen Deutschen Kunstausstellung in München vertreten, von denen Hitler das Ölgemälde Zarathustra für 3500 RM erwarb.[8] 1939 zeigte er dort drei Bilder und 1942 eines. Zarathustra wird von Godron als Einsiedler mit den Zügen Leonardo da Vincis dargestellt, der am Meer vor aufgehender Sonne steht, zu seinen Füßen befinden sich Adler und Schlange (Kat.-Nr. 248, Abb. 42).[9] 1943 wurde sein Münchener Atelier ausgebombt, wobei ein Großteil seiner Arbeiten verbrannte.
1948 verkaufte Godron noch Arbeiten an diverse Sammler wie den Textilfabrikanten und Kunstsammler Karl Heinemann in Mönchengladbach, der ab 1969 den Vorsitz des an das Museum Abteiberg angeschlossenen Museumsvereins übernahm,[10] doch insgesamt konnte er den Anschluss an eine sich neu formierende Kunstszene nicht mehr finden. In den 1950er Jahren widmete er sich weiterhin der Darstellung kleinformatiger biblischer Themen (Christus am Kreuz (Gemälde); 1953; Maria (Lithografie), 1954; Der Allmächtige Vater (Gouache), 1959), die in der Regel Formate um 20 Zentimeter nicht überschritten. 1956 beteiligte er sich an einer internationalen Porträtausstellung, die vom Künstlerhaus Salzburg ausgerichtet wurde.
In seinem Sterbejahr wurden seine Arbeiten ein letztes Mal in einer Porträtausstellung gezeigt, die im Prinz-Carl-Palais in München stattfand. Benjamin Godron starb 1965. Er wurde auf dem Münchener Waldfriedhof beigesetzt.[11] Seine neu-sachlichen Arbeiten aus den 1920er Jahren waren in Vergessenheit geraten. 1969 veröffentlichte die Schriftstellerin Hertha Wittmann-Kirschbaum im Selbstverlag eine Gedenkschrift über den Maler mit Auszügen aus seinem Tagebuch und 14 Schwarz-Weiß-Tafeln von Gemälden. Der Band erschien in weiteren Auflagen 1972 und 1978.
In einigen Werken Benjamin Godrons findet sich das Gesicht seiner Frau Gertraud (* 18. Juni 1910; † 9. September 2001) wieder, so zum Beispiel:
Titelseite der Nummer 50 von 1937 der Zeitschrift Jugend (Schwarz-Weiß-Zeichnung)
Ölfarbgemälde Venus Urania von 1938
Ölfarbgemälde Mutter Gottes von 1955
Darüber hinaus stellte Benjamin Godron seine Frau (im Alter von etwa 40 bis 45 Jahren) in einer Symbiose zwischen stolzer Spanierin und Aristokratin auf einem Ölgemälde dar. Dieses zeigt sie in einer roten Robe, die eine Stola umhüllt, mit oberarmlangen weißen Handschuhen, einen schwarzen Fächer in den Händen und ein Diadem auf dem Kopf tragend.
Nach dem Tod ihres Mannes kümmerte sich Gertraud Godron, die seither als selbstständige Kosmetikerin arbeitete, engagiert darum, das künstlerische Andenken an ihn zu erhalten und stand deswegen auch immer wieder in Kontakt mit den Leitern von Münchner Pinakotheken.
Godron, Benjamin. In: Hans Vollmer (Hrsg.): Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler des XX. Jahrhunderts. Band2: E–J. E. A. Seemann, Leipzig 1955 (archive.org – Leseprobe).
Franz Roh: Nach-Expressionismus. Der Magische Realismus. Probleme der neuesten europäischen Malerei. Klinkhardt & Biermann, Leipzig 1925.
Arnold Weiss-Rüthel: Der Maler Benjamin Godron – München. In: Deutsche Kunst und Dekoration. Illustrierte Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst und künstlerisches Frauen-Arbeiten. Heft 69, 1931–1932, S. 148–151.
Jugend. 42. Jahrgang, Nr. 50, 1937, (Titelbild und S. 785–790).
Heinrich Hoffmann (Hrsg.): Kunst dem Volk. Monatsschrift für bildende und darstellende Kunst, Architektur und Kunsthandwerk. 10. Jahrgang 1939, Folge 7 und Folge 8 (Juli / August), Sonderheft Große Deutsche Kunstausstellung I. / II. Teil, Wien, Heinrich Hoffmann Verlag, 1939.
Jugendlust. Monatsschrift mit Kunstbeilagen. 64. Jahrgang, Nr. 14., 1. Mai 1939, hrsg. von Josef Bauer, Jugendlustverwaltung der W. Tümmel’s Buchdruckerei, Nürnberg 1939.
Hertha Wittmann-Kirschbaum: Benjamin Godron in memoriam. Selbstverlag, München 1969 (zweite Auflage 1972, dritte Auflage 1978).
Dennis Crockett: German Post-Expressionism. The Art of the Great Disorder 1918–1924. The Pennsylvania State University Press, 1999, ISBN 0-271-01796-1, S. 159.
Hans F. Schweers: Gemälde in deutschen Museen. Katalog der ausgestellten und depotgelagerten Werke. Teil II, K. G. Saur Verlag, München 2002, ISBN 3-598-24166-6.
Beate Reese: Die „Würzburger Sachlichen“. Carl Grossberg, Hans Otto Baumann, Fitz Mertens. In: Tradition und Aufbruch. Würzburg und die Kunst der 1920er Jahre. Ausstellungskatalog Museum im Kulturspeicher Würzburg, Königshausen & Neumann, Würzburg 2003, ISBN 3-8260-2763-9, S. 85.
Werner Ebnet: Persönlichkeiten in München von 1275 bis heute. Verlag Dr. Huth, München 2005, ISBN 3-89963-900-6.
Ines Schlenker: Hitler’s Salon. The Große Deutsche Kunstausstellung at the Haus der Deutschen Kunst in Munich 1937-1944. In: German Linguistic and Cultural Studies. Band 20, Verlag Peter Lang, Bern 2007, ISBN 978-3-03910-905-0, S. 235.
Werner Ebnet, Sie haben in München gelebt. Biografien aus acht Jahrhunderten. Allitera Verlag, München 2016, ISBN 978-3-86906-744-5, S. 219, 220.
↑Dennis Crockett: German Post-Expressionism. The Art of the Great Disorder 1918–1924. The Pennsylvania State University Press, 1999, ISBN 0-271-01796-1, S. 159.
↑Ines Schlenker: Hitler’s Salon. The Große Deutsche Kunstausstellung at the Haus der Deutschen Kunst in Munich 1937-1944. In: German Linguistic and Cultural Studies. Band 20, Verlag Peter Lang, Bern 2007, ISBN 978-3-03910-905-0, S. 235.