Neben der offiziellen Außenpolitik und der Diplomatie Portugals beeinflussen naturgemäß auch andere staatliche und halbstaatliche Einrichtungen und private Institutionen die außenpolitischen Beziehungen Portugals.
Portugal gilt heute, trotz seines vergleichsweise geringen politischen, wirtschaftlichen und militärischen Gewichtes in der Welt, international als verlässlicher und vermittelnder Akteur. Diese vermittelnde Rolle Portugals spiegelt sich in der aktiven Präsenz des Landes in den verschiedensten multilateralen Kooperationsforen oder auch in der Wahl portugiesischer Politiker in internationale Gremien, etwa António Guterres Wahl zum neunten UN-Generalsekretär oder der zweimaligen Wahl José Manuel Barrosos zum EU-Kommissionspräsidenten.[1]
Die Portugiesische Republik verfolgt eine Außenpolitik, die der geografischen, historischen, kulturellen und weltpolitischen Situation Portugals folgt. Sie vermeidet dabei traditionell harte Konfrontationen. Selbst zu Zeiten der innenpolitisch repressiven Estado Novo-Diktatur (1932–1974) vermied das Land außenpolitisch meist direkte Konfrontationen oder gar Aggressionen.
Trotz der seither eingegangenen Bündnisse und Verpflichtungen kann daher die Außenpolitik des seit 1974 wieder demokratischen Portugals mit der inoffiziellen Maxime, „keine Feinde in der Welt“ zu haben, vereinfacht beschrieben werden. Dank der Geschichte Portugals sieht das Land sich zudem als historischer Mittler zwischen den Kulturen und als Vorläufer der Globalisierung, die Europas kulturelle, wirtschaftliche, wissenschaftliche und militärische Vormachtstellung in der Welt ab dem 15. Jahrhundert ermöglichte. So kündigte Portugal zuletzt für die Zeit seiner turnusmäßigen EU-Ratspräsidentschaft im ersten Halbjahr 2021 die Beziehungen zum Nachbarkontinent Afrika als Schwerpunktthema an, mit Bezug auf seine geografische Nähe und seiner vielfältigen und langen historischen Verbundenheit.[2]
Die ältesten und engsten, aber auch konfliktreichsten Beziehungen hat Portugal naturgemäß zu seinem einzigen direkten Nachbarn, das an Fläche und Einwohnern um ein Vielfaches größere Spanien. Die meisten seiner historischen Konflikte hatte das Land daher auch schon vor der Gründung des unabhängigen Königreichs Portugal 1139 mit dem heutigen Spanien auszutragen, mit dem es gleichzeitig bis heute so viele gemeinsame Interessen teilt, wie mit keinem anderen europäischen Land.
Der älteste Verbündete Portugals ist das Vereinigte Königreich. Der Windsor-Vertrag wurde 1386 geschlossen und ist bis heute gültig, womit er das älteste bestehende Bündnis mindestens in Europa, vermutlich auch weltweit darstellt. Der Windsor-Vertrag geht zudem auf ein erstes englisch-portugiesisches Bündnis aus dem Jahr 1275 zurück. Neben Großbritannien kann bis heute auch Frankreich als bedeutendster Partner in der EU gelten, zu dem traditionell vor allem kulturell, aber auch ökonomisch und politisch enge Beziehungen bestehen. Deutschland gehört dagegen vor allem wirtschaftlich zu den wichtigsten Partnern Portugals, während die USA heute zu seinen wichtigsten politischen Verbündeten gehört.
Ein wesentlicher Faktor für die außenpolitischen Beziehungen Portugals ist das Erbe des Portugiesischen Kolonialreichs als erstem tatsächlich erdumspannendem Weltreich der Geschichte, welches vom 15. bis ins 20. Jahrhundert bestand. Die Salazar-Diktatur in Portugal, die insgesamt von 1928 bis 1974 wirkte und strikt am Kolonialreich festhielt, sorgte für zeitweise stark belastete, bis heute aber auch besonders enge Verbindungen. Seit der Nelkenrevolution 1974, die 1975 das weitgehende Ende des portugiesischen Weltreichs bewirkte, und der folgenden kooperativen und freundschaftlichen Außenpolitik Portugals entwickelten sich die Beziehungen zu seinen ehemaligen Kolonien in Afrika und Asien beständig und gelten heute meist als gut bis ausgezeichnet. Diese Kolonialgeschichte, insbesondere vom 16. bis zum 18. Jahrhundert, ist zudem ein bis heute wirkendes Verbindungsglied zwischen Portugal und Ländern wie China, Indien, Japan oder dem Iran. Das engste Verhältnis besteht dabei zu Brasilien: begründet in der langen gemeinsamen Geschichte und der traditionellen, inzwischen auch gegenseitigen Migration verfügen die beiden portugiesischsprachigen Länder über tiefgehende wirtschaftliche, kulturelle und politische Verbindungen auf allen Ebenen.
Ein weiterer Faktor der internationalen Beziehungen Portugals ist seine Diaspora, die Auslandsportugiesen. Das Land hat eine lange Auswanderungsgeschichte, so dass heute die Zahl der Auslandsportugiesen sehr viel größer ist als seine Einwohnerzahl von etwa 10 Mio. Das portugiesische Außenministerium ging Ende 2017 von etwa 15 Millionen portugiesischstämmigen Menschen im Ausland aus,[3] andere Quellen gehen unter Einbezug der Enkelgeneration von weit über 30 Millionen aus.[4] In verschiedenen Ländern wie Brasilien, Luxemburg, Südafrika, Venezuela, den USA oder der Schweiz stellen Portugiesen teils bedeutende Minderheiten, die damit auch die Handelsbeziehungen und die Außenpolitik Portugals beeinflussen.
Das Land unterhält weltweit rund 70 ständige Botschaften und eine Vielzahl Konsulate und Generalkonsulate. Dazu kommen noch Vertretungen bei internationalen Organisationen.
Neben der Diplomatie auf staatlicher Ebene sind auch die internationalen Kontakte auf kommunaler Ebene von Bedeutung. Wichtigstes Ausdrucksmittel sind hier die Städte- und Gemeindefreundschaften, die portugiesische Kreise (Municípios) und Gemeinden (Freguesias) mit Kommunen in anderen Ländern unterhalten. Diese Partnerschaften und Kooperationsabkommen dienen verschiedenen Zielen, darunter Erfahrungsaustausch und Wissenstransfer, Kulturaustausch, Wirtschaftsförderung und regionale Integration, logistische, technologische oder materielle Hilfe, gemeinsame Projekte, Jugendaustausch, Europäische Integration oder die Erhaltung und Aufarbeitung gemeinsamer Geschichte, u. a.
Damit ist das Instituto Camões ein wichtiger Entwicklungsmotor der Portugiesischsprachigen Welt. Daneben spielen auch eine Vielzahl anderer Initiativen eine Rolle bei der Annäherung der portugiesischsprachigen Welt, etwa die internationalen Kanäle des öffentlich-rechtlichen portugiesischen Fernsehens RTP, namentlich RTP África für die afrikanischen Länder portugiesischer Sprache und RTP Internacional, dessen Programm sich insbesondere an portugiesischstämmige und Portugalinteressierte Menschen in aller Welt richtet. Auch offizielle Unterstützungsprogramme und Kooperationen wie die der Biblioteca Nacional de Portugal mit den Nationalbibliotheken der portugiesischsprachigen Staaten in Afrika reiht sich in diese internationale Kulturpolitik Portugals ein.
Die vielbeachtete Weltausstellung 1998 in Lissabon brachte dem Land eine international besonders wirkungsvolle Darstellungsmöglichkeit, ebenso die portugiesischen Kulturhauptstädte Europas Lissabon (1994), Porto (2001) und Guimarães (2012), 2027 wird eine weitere, noch nicht bekanntgegebene Stadt in Portugal Kulturhauptstadt Europas.
Die Tourismusbehörde Turismo de Portugal (Visit Portugal) untersteht dem Wirtschaftsministerium Portugals und betreibt das Marketing für den portugiesischen Fremdenverkehr, der wirtschaftlich von weiterhin steigender Bedeutung für das Land ist. Dieses internationale Marketing und die Präsenz von Visit Portugal mit Büros in 21 Ländern und auf internationalen Tourismusmessen (wie der ITB in Berlin) ist dabei auch ein Faktor der Außenwirkung des Landes.[5]
Sport
Sport ist ein weiteres Verbindungselement Portugals mit anderen Staaten, vor allem der portugiesischsprachigen Welt. Die Jogos da Lusofonia sind die wichtigsten Spiele der Gemeinschaft der portugiesischsprachigen Länder, die daneben weitere Sportveranstaltungen ausrichten, die ebenfalls in wechselnden Gastländern stattfinden.
Der portugiesische Fußball ist ein anderes, besonders wirksames Verbindungsglied zwischen Portugal und Menschen in aller Welt, vor allem in den früheren Kolonien Portugals, aber auch anderswo. So gibt es auf allen Kontinenten verstreut Filialvereine der traditionsreichsten portugiesischen Klubs wie Sporting Lissabon, Benfica Lissabon, FC Porto oder Académica Coimbra. Weltweit noch populärer sind bekannte portugiesische Fußballpersönlichkeiten wie der mehrfache Weltfußballer des Jahres Cristiano Ronaldo oder der bekannte Trainer José Mourinho.
Die Ausrichtung der Fußball-EM 2004 und der Gewinn der Fußball-EM 2016 sorgten für besonders viel internationale Berichterstattung über Portugal.
Portugal veranstaltete verschiedene Motorsportveranstaltungen wie die Rallye Portugal, mehrmalige Etappen der Rallye Dakar oder auch die langjährigen Formel-1-Rennen des Großen Preises von Portugal sind zu nennen, neben vielen weiteren Motorrad- und Rallye-Veranstaltungen.
Musik
Portugiesische Musik ist ein wirkungsvoller Botschafter portugiesischer Kultur. Zu nennen sind hier insbesondere der Fado und der Cante Alentejano, beide inzwischen UNESCO-Weltkulturerbe.
Die Opernsängerin Luísa Todi Ende des 18. und Anfang der 19. Jahrhunderts und der Tenor Lomelino Silva in den 1920er bis 1930er Jahren waren bereits international bekannte Sänger aus Portugal. Doch erst Ercília Costa ab den 1930er Jahren, vor allem aber ab den 1950er Jahren Amália Rodrigues trugen als vielbeachtete Fadosängerinnen nicht nur den Namen, sondern auch die Kultur ihres Landes in die Welt.
Unter den zeitgenössischen Künstlern ist heute Joana Vasconcelos eine der international bekanntesten Vertreterin der Bildenden Kunst aus Portugal.
Wirtschaft
Wirtschaftlicher Mittler ist die AICEP, die portugiesische Auslandshandelskammer. Sie unterhält eine Vielzahl Einrichtungen weltweit, teils als Kontaktbüros den portugiesischen Botschaften angeschlossen, teils in eigenständigen Niederlassungen.
Der Außenhandel hat für Portugal große Bedeutung gewonnen, insbesondere seit der Überwindung der tiefen Krise, in die das Land in der Eurokrise 2010 in Folge der Weltfinanzkrise ab 2007 geraten war. Portugals Bemühungen, seine Ausfuhren stetig zu steigern, zeigen inzwischen Erfolge. So erreichten die Exporte des Landes im Jahr 2018 den portugiesischen Rekordwert von 44,3 % des BIP,[6] die Planungen der Regierung zielen auf eine weitere Steigerung bis auf 50 % des BIP um das Jahr 2025 ab.[7]
Verfassungsrechtliche Vorgaben
Der Artikel Nr. 7 der Verfassung Portugals regelt in sieben Absätzen die Grundsätze für die internationalen Beziehungen Portugals.[8]
Absatz 1 nennt für die portugiesische Außenpolitik als Grundprinzipien die nationale Unabhängigkeit, die Respektierung aller Menschenrechte und die Gleichheit unter allen Staaten, die friedliche Lösung internationaler Konflikte, die Nichteinmischung in die internen Angelegenheiten anderer Staaten und die Zusammenarbeit mit allen anderen Völkern im Sinne der Emanzipation und des Fortschritts der Menschheit.
Absatz 2 befürwortet uneingeschränkt die Abschaffung von Imperialismus, Kolonialismus und jeder anderen Form von Aggression, Herrschaft oder Ausbeutung in den Beziehungen zwischen den Völkern. Außerdem wird eine allgemeine, gleichzeitige und kontrollierte Abrüstung, die Auflösung politisch-militärischer Blöcke und die Einrichtung eines kollektiven Sicherheitssystems befürwortet, mit dem Ziel, eine internationale Ordnung zu schaffen, die den Frieden und die Gerechtigkeit in den Beziehungen zwischen den Völkern sicherstellt.
In Absatz 3 anerkennt Portugal das Selbstbestimmungsrecht der Völker, ihr Recht auf Unabhängigkeit und auf Entwicklung, und ihr Recht auf Aufstand und Widerstand gegen alle Formen der Unterdrückung.
Absatz 5 schreibt das Engagement Portugals für die europäische Identität und für eine Stärkung der Bemühungen der europäischen Staaten um Demokratie, Frieden, wirtschaftlichen Fortschritt und Gerechtigkeit in den Beziehungen der Völker vor.
Gemäß Absatz 6 kann Portugal allgemein, in Kooperationen oder mit Institutionen der Gemeinschaft, die Übernahme von Aufgaben vereinbaren, die für Aufbau und Vertiefung der Europäischen Union nötig sind, unter der Voraussetzung der Gegenseitigkeit, des Respekts rechtsstaatlicher demokratischer Grundwerte und des Prinzips der Unterstützung, mit den Zielsetzungen des ökonomischen, sozialen und territorialen Zusammenhalts, der Schaffung eines Raumes der Freiheit, Sicherheit und des Rechts, und der Definition und Umsetzung einer gemeinsamen Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik.
Laut Absatz 7 kann Portugal die Zuständigkeit des Internationalen Strafgerichtshofs zur Durchsetzung eines internationalen Rechts, das die Respektierung der Menschenrechte und des Völkerrechts fördert, anerkennen, in Ergänzung und unter den übrigen Bedingungen des Römischen Statuts.
Militärische Auslandseinsätze
Die Grundlage für Auslandseinsätze des portugiesischen Militärs stellt die Verfassung Portugals dar. Sie legt in Artikel 275 die Aufgaben der Streitkräfte in sieben Absätzen fest. U.a. sind sie demnach nur zur Verteidigung der Republik vorgesehen (Absatz 1), dürfen sich nur aus portugiesischen Staatsbürgern zusammensetzen (Absatz 2), gehorchen nur den verfassungs- und rechtsgemäß zuständigen Organen (Absatz 3), dienen dem Volk Portugals, sind unparteiisch, und dürfen sich weder ihrer Waffen noch ihres Postens noch ihrer Funktion für politische Ziele bedienen (Absatz 4). Es ist ihre Aufgabe, gemäß geltenden Rechts, die internationalen militärischen Verpflichtungen des portugiesischen Staates zu erfüllen und an humanitären und Friedensmissionen internationaler Organisationen teilzunehmen, in denen Portugal Mitglied ist (Absatz 5). Die Streitkräfte Portugals können beauftragt werden, an rechtskonformen Einsätzen des Zivilschutzes, an Aufgaben im Zusammenhang mit der Sicherstellung von Grundbedürfnissen und der Verbesserung der Lebensqualität der Bevölkerung sowie bei militärisch-technischen Kooperationen im Rahmen innenpolitischer Zusammenarbeiten (Absatz 6) teilzunehmen. Die gültigen Gesetze zu Belagerungs- und Notstandssituationen regeln die Bedingungen für den Einsatz der Streitkräfte in diesen Situationen (Absatz 7).[9]
Gemäß dieser verfassungsrechtlichen Maßgaben sind die Auslandseinsätze der portugiesischen Streitkräfte auf legitimierte Missionen der Vereinten Nationen, der NATO, der EU und der Gemeinschaft der Portugiesischsprachigen Länder begrenzt.
Erstmals wurden sie 1991 im Balkankonflikt eingesetzt. Seither nahmen sie mit insgesamt 36.000 Soldatinnen und Soldaten aller drei Waffengattungen an 18 militärischen und zivilen Missionen auf vier Kontinenten teil, vor allem in Ländern Afrikas (u. a. Zentralafrikanische Republik, Somalia, Mali, Guinea-Bissau, Elfenbeinküste und Mosambik) und auf dem Balkan (v. a. Bosnien und Kosovo), aber auch die häufigen Militär-Einsätze in Afghanistan und im Irak sind zu nennen.[10] Neben Soldaten der drei Waffengattungen werden auch Beamte der Sicherheitspolizei Guarda Nacional Republicana (GNR) in Auslandsmissionen eingesetzt. Die GNR zählt ebenfalls zu den Streitkräften.
Im Juni 2017 verzeichneten die portugiesischen Streitkräfte ihren 20. Toten bei militärischen Auslandseinsätzen, als ein Sargento-adjunto bei einem Terroranschlag in Mali umkam.[11]
Zuletzt waren die umfangreichen Hilfseinsätze der portugiesischen Streitkräfte nach dem Zyklon Idai in Mosambik im März 2019 Gegenstand der Berichterstattung.[12]